LDC_-_LDCKaum einer Neuveröffentlichung habe ich im noch frühen 2011 so entgegengefiebert wie der neuen LONG DISTANCE CALLING! Die fünf wackeren Instrumental-Hexer aus Münster konnten mich mit der Vorgängerscheibe "Avoid The Light " auf Anhieb aus den Latschen kloppen und schrammten knapp an der Höchstwertung vorbei. Dieser verdammt gute Eindruck bestätigte sich seitdem auf den Bühnen unseres Landes (u.a. im Vorprogramm von KATATONIA, ANATHEMA, OPETH und den DEFTONES, auf der Solo-Tour mit NIHILING, sowie beim magischen Nacht-Gig des letztjährigen SUMMER BREEZE...Junge, ich konnte offensichtlich echt nicht genug von den Burschen bekommen) und ließ die Fan-Gemeinde des sympathischen Quintetts stetig wachsen.

Nun steht also das "verflixte dritte Album" an. Das Album, das normalerweise den zukünftigen Weg einer Band zu weisen vermag. Und was soll ich sagen? Die Release-Shows waren zum Teil bereits im Vorfeld ausverkauft, die Scheibe stieg mittlerweile auf Platz 35 der deutschen Album-Charts ein und die Kritiker überschlagen sich reihenweise. Mit ein wenig Verspätung, aber dafür mit umso intensiverer Begutachtung nun also auch meine Sicht der Dinge bei Neckbreaker!

Und eines ist mir ganz schnell bewusst geworden: Diese "intensivere Begutachtung" war auch absolut vonnöten! Denn wenn ich ehrlich sein soll, machte sich nach den ersten Durchläufen ein wenig Ernüchterung breit. Der Überraschungs-Effekt des Vorgängers war weg, die magischen Momente sollten mir möglichst schnell in den Schoss fallen, ich verlangte von LDC ungeduldigerweise quasi seichte und allzu nachvollziehbare Kost.

Ich Idiot! Denn all das wird es auch weiterhin nur in Ansätzen geben. Diese Musik muss ergründet, erforscht und entdeckt werden, nach wie vor. Nur dann kann man die vielen kleinen Arrangements, die Tempowechsel, die Soli, sprich: den Zauber von LONG DISTANCE CALLING er- und be-greifen.  

Bestes Beispiel: Das im Voraus für lau downloadbare und auch schon live erprobte "The Figrin D´an Boogie" diente als Appetizer, der mir im ersten Durchlauf aber lediglich die Parallelen zu OPETH´s "The Funeral Portrait" offenbarte. Dabei vermag allein schon der Klimax und das Solo am Ende des Tracks die so typische LDC-Magie zu versprühen.
Und ja, diese ersehnten magischen Momente häuften sich dann doch von Hördurchgang zu Hördurchgang: "Invisible Giants" bietet einfach nur monumentales Kopfkino - hier stapfen Weltraumriesen mit weitgreifenden Schritten von Planet zu Planet, schnupfen Staub von Planetenringen und mampfen Asteroiden zum Frühstück.
Das chillig-groovige "Timebends" (sogar mit funkigem Slap-Bass-Part gewürzt) versetzt uns in die nächstgelegene Space-Rock-Lounge, inklusive ausserirdisch-exotischen Cocktails und spaciger Flammenoptik.
Der Opener "Into The Black Wide Open" und der Rausschmeisser "Beyond The Void" sind an musikalischer Tiefe kaum zu überbieten und sollten losgelöst von den anderen Tracks betrachtet werden: Der Opener bildet mit einem gar Trip-Hop-artigen Beginn und zum Gesamtkontext passenden Samples einen optimalen Beginn dieser Scheibe - ich verwette meinen Arsch, dass die Nummer künftige Live-Shows eröffnen wird! Für "Beyond The Void" ist zudem Geduld gefragt: Ganze drei Minuten wabert uns ein Intro entgegen, bevor der Song Fahrt aufnimmt. Ein markantes Riff übernimmt hierbei die Führung im Song und wird bis auf´s Letzte exerziert und zelebriert.
Und dann wäre da noch in bewährter LDC-Tradition dieser Eine-pro-Album-mit-Gesang-versehene Track, "Middleville" - "Wir werden einen Sänger haben, mit dem keiner rechnet!" spannte mich hierzu beim letzten Aufeinandertreffen im Oktober letzten Jahres die Band auf die Folter.
Recht hatten die Jungs: Auf John Bush (ANTHRAX, ARMORED SAINT) hätte ich sicherlich nicht gesetzt! Dafür macht dieser seine Aufgabe mehr als anständig und verleiht dem an ALICE IN CHAINS angelehnten Song seinen ureigenen Charme.

Konzeptionell lässt sich bei dieser Scheibe eine extreme Orientierung himmelwärts in die Weiten des Weltalls feststellen. Dies wird mit der Benennung des STAR WARS-Tatooine-Spelunken-Musikers erst in Ansätzen, dann mit Songtiteln wie "Arecibo (Long Distance Calling)" (im übrigen der härteste Track der Scheibe!) oder "Into The Black Wide Open" deutlich. Wenn ich die Jungs nach fremdem Leben im Weltall befragen würde, bekäme ich sicherlich eine eindeutige Antwort.

Auch das Artwork gerät auf den ersten Blick schlicht-schwarz-weiß, eröffnet bei genauerem Hinschauen allerdings fabelhafte Zeichnungen, für die sich die Anschaffung einer Lupe durchaus lohnen würde! Das audielle Band-Prinzip wird so gewissermaßen auch auf das Visuelle übertragen - vielleicht ja auch mal eine Idee für kommende Live-Geschichten...

Puh, fassen wir also noch einmal (mein wohl bisher längstes Review im übrigen) zusammen: LONG DISTANCE CALLING machen einmal mehr sehr sehr viel richtig und werden die Fanschar auch mit diesem Album erreichen und wachsen lassen. Ich bin sehr gespannt, wie hoch das Quintett in Zukunft noch fliegen und in welche Galaxien noch vorgestossen werden kann... (Brix)

Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs: 7
Spielzeit: 55:44 min
Label: Superball Music / SPV
Veröffentlichungstermin: 18.02.11

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