Wenn es eine Band aus Frankreich gibt, die wohl immer eine lebende Legende bleiben wird, dann ist das wohl definitiv BLUT AUS NORD. Seit 1994 verzaubern sie weltweit ihre Fans mit tiefgängigem Black Metal, der nicht nur eigenständig, sondern geradezu virtuos fantastisch ist.

Die ersten beiden Alben, „Ultima Thulée“ (1995) und „Memoria Vetusta I“ (1996) begeisterten durch ihre feinfühlig verträumte Mixtur aus vorsichtig integrierten Ambientklängen, ganzen Ambient Tracks, sowie absolut rohem Black Metal.
Die späteren Werke, „The Mystical Beast Of Rebellion“ (2001) und „The Work Which Transforms God“ (2003) waren jedoch anders. Und zwar so anders, wie noch nie zuvor Alben anders waren.  Ein treibender, abgedrehter und absolut verspulter Black Metal, der dennoch ästhetisch, knallhart und vor allem durchweg gut durchstrukturiert war, erblickte das Licht der Welt. Dabei wurden hier Nägel mit Köpfen gemacht. Weder Brachialität noch Rohheit wurden zu Gunsten des virtuosen Spiels vernachlässigt.
Die daraufhin folgenden Werke „MoRT“ (2006) und „Odinist“ (2007) trieben das Avantgarde-Gehabe fast schon auf die Spitze des Erträglichen. Harmonische Läufe wurden endgültig durch diffuse, nicht enden wollende Disharmonien ersetzt und der sonst recht ordentliche Kreischgesang wich einem verstörendem Röcheln. Auch blieb eine Songstrukturierung komplett aus, weshalb diese grenzgängerischen Alben wohl niemals von einer breiteren Masse angenommen wurden.
Die bis heute letzte Full-Length-Veröffentlichung, „Memoria Vetusta II“ (2009) beendete diese bemerkenswert eigenwillige Phase des Schaffens von BLUT AUS NORD. Plötzlich waren wieder Tracks zu hören, die einem zum Träumen, zum nachdenken und mentalem wegtreten verleiten. Durch feinfühlige Melodien, gut aufeinander abgestimmte Riffarbeit und eine äußerst reife Songstrukturierung gewann BLUT AUS NORD wieder zahlreiche Freunde des niveauvollen, guten Black Metals für sich.

Das dritte Album der Franzosen, „The Mystical Beast Of Rebellion“, ist das Schwellenwerk, auf welchem BLUT AUS NORD erstmals einen ganz neuen Stil ausprobierten. Damit dieses großartige Werk nicht gänzlich in Vergessenheit gerät, wird es nun wieder veröffentlicht. Diese Wiederveröffentlichung kommt mit gleich zwei CDs. Zu dem regulären Album gibt es nämlich auf der zweiten Scheibe drei weitere Tracks, die insgesamt wohl als dreiviertelstündige Fortsetzung des Albums anzusehen sind.

„The Mystical Beast Of Rebellion“ ist ein tonnenschweres, gehaltvolles und tiefgründiges Brett, dass den Hörer voll und ganz in seinen Bann zieht. Hypnotisch bis zum geht nicht mehr, harmonisch bis ins kleinste Detail und unglaublich spannend erzeugen die Tracks eine ganz besondere Atmosphäre, die sowohl bedrückend als auch befreiend zugleich ist.

Am tragendsten ist die Rolle des Gitarristen. Mit seinen brachial schweren Riffs sorgt er für eine gewisse musikalische Grundstimmung. Minimalistisch wie präzise gibt er ein gutes Leitmotiv nach dem anderen von sich. Doch wandelt er diese Motive im Laufe seinen Spiels so ab, dass man sich plötzlich, nichts ahnend, in einer Art Klangkäfig gefangen wieder findet. Es sind die sich ständig wiederholenden, bedrückend kurzen Klangfolgen, welche dem Hörer ein regelrechtes Black-out verpassen. Zudem kommen Effekte, die durch manuelle Fähigkeiten des Gitarristen diese hypnotische Struktur zudem in ein extrem surreales Licht rücken.
Der Schlagzeuger nervt zum Beginn des Albums etwas. In den normalen Knüppelpassagen drischt er fast schon penetrant auf sein Instrument ein, was jede Feinfühligkeit vermissen lässt. Dieses produktionsbedingte Problem verschwindet jedoch von alleine, da dieses Album im Laufe der Zeit immer außergewöhnlicher wird und die Knüppelpassagen dadurch zunehmend in den Hintergrund rücken. So zeigt der Drummer sein wahres, avantgardistisches Talent erst in den abgedrehten Passagen. Er variiert sein Spiel nicht nur, sondern gibt ihm durch unterschiedlich lange Abstände zwischen den Tönen eine Spannung, wie man sie so nur von BLUT AUS NORD kennt.
Gesangstechnisch wird auf „The Mystical Beast Of Rebellion“ mehr geboten, als auf allen anderen Alben dieser Band. Ein vollmundiges Kreischen, wie es dunkler und bedrohlicher nicht klingen könnte, wirkt mitten auf der tonnenschweren Klangwalze zusätzlich erdrückend.

Es gibt nicht viele Klangwerke, die ohne ihre Authentizität zu verlieren, derartig virtuoses Material beinhalten. Nicht mal die gerade sehr angesagten DEATHSPELL OMEGA können mit BLUT AUS NORD zu Zeiten der Jahrtausendwende mithalten, obwohl die Musik in eine ähnliche Richtung geht.
Besonders genial an diesem Re-Release ist, dass, wie bereits erwähnt, eine Fortsetzung des Albums in Form einer zweiten CD enthalten ist. Diese besteht aus drei Tracks (alle mit dem Namen „Chapter 7“), die zusammen eine gute Dreiviertelstunde andauern. Diese hätten ebenso ein ganz eigenständiges Album ausfüllen können, weshalb auch langjährige Fans und Besitzer der Erstauflage ruhig zugreifen können.
Wer „The Mystical Beast Of Rebellion“ noch nicht hat und sich nur etwas für vielseitigen, außergewöhnlichen Black Metal interessiert, muss diese Scheibe einfach besitzen. Sie bietet, wie alle BLUT AUS NORD Alben in gewisser Weise, musikalische Perfektion, wie man sie sonst nirgendwo bekommt.
Da ich keine Bewertung für Re-Releases gebe, kann ich nur schreiben, dass hier die volle Punktzahl absolut angemessen wäre. (Jannick)


Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 78:27
Label: Debemur Morti Productions
Veröffentlichungstermin: 17.01.2011