helrunar_SolGerade einmal zehn Jahre ist es her, als sich eine Band von motivierten Heidernjüngern dazu entschloss, unter dem Namen HELRUNAR das europäische Metalaufgebot kräftig aufzuwerten. Bereits auf der ersten Veröffentlichung, „Grátr“(2003), konnte man hören, dass diese Band keineswegs nur eine weitere unter vielen ist.
Die gekonnte Zusammenführung von leidenschaftlichem Schwarzmetall und epischen Pagan Metal Einschüben wusste wohl zu gefallen und fand auf dem Debütalbum „Frostnacht“(2005) letztlich ihre Perfektionierung. Das Nachfolgewerk „Baldr Ok Íss“(2007) setzte die Erfolgssträhne fort und gilt in manchen Kreisen sogar als eines der wichtigsten Black/Pagan Metal Releases überhaupt.
In den letzten Jahren ist es etwas ruhiger um die Fast-Kult-Band geworden. Lediglich eine Besetzungsänderung 2008 erregte Aufsehen, da die Rolle des Gitarristen „Dionysos“ von „Alsvartr“ übernommen wurde, der bis dahin als Schlagzeuger und Basser für HELRUNAR wirkte. Damit wurde aus der konventionellen Kombo eine zünftige Zwei-Mann-Band.
Nun, gut drei Jahre nach ihrem letzten Release kommt es ganz dick. Statt eines weiteren „normalen“ Albums gibt es nämlich ein Konzeptalbum, das alle bekannten Rahmen zu sprengen scheint. Satte 15 Tracks, verteilt auf über 90 Minuten Spielzeit werden dem Hörer zugemutet, weshalb das Gesamtwerk auf zwei CDs gesplittet werden musste, die der Fan sich nun entweder einzeln, oder im Set zusammen kaufen kann. Das monumentale Mammutwerk trägt den Namen „Sól“ und setzt sich aus den Teilalben „Sól I: Der Dorn Im Nebel“ und „Sól II: Zweige Der Erinnerung“ zusammen. Da ein Konzeptalbum meiner Ansicht nach als ganzes betrachtet werden sollte, werde ich nicht explizit auf die Besonderheiten der Teilalben eingehen.

Eigenen Angaben zufolge handelt es sich bei „Sól“ um das dunkelste und nihilistischste Werk von HELRUNAR. Eine fast schon anmaßende Aussage angesichts der früheren Alben, die leider jeder für sich selbst bestätigen muss. Denn egal ob man Konzeptalben mag oder nicht – Alben, die einen derartigen Umfang haben, werden sehr oft nicht ganz an einem Stück angehört.
Die Thematik ist ungewohnt sozialkritisch gewählt. Statt epischer Heldengesänge und schlachtenglorifizierender Hymnen gibt es, wie versprochen, Nihilismus, der Nietzsche die Neidesröte ins Gesicht steigen lassen würde.
Um die Hörer nicht den roten Faden verlieren zu lassen, wurde ein Erzähler eingesetzt, der als Bindeglied des musikalischen Kontextes zwischen den Liedern dient. Dieser gibt nicht nur populistische Feststellungen über die heuchlerische, oberflächliche Gesellschaft und poetische Metaphern philosophischer Denkansätze zum Besten, sondern bietet auch eine chronologische Orientierung der Gesamtbotschaft. Dadurch ist es nicht allzu schwierig, bis an den Kern des Albumkonzeptes vorzudringen, was bei vielen Konzeptalben leider allzu oft vernachlässigt wird.

Die meist geäußerte Befürchtung der Fans seit dem großen Besetzungswechsel war, dass HELRUNAR nie wieder den einstigen Standart erreichen könne, den „Dionysos“ einschlägig geprägt hatte. Immerhin war sein Gitarrenspiel ausschlaggebender Faktor für die unkonventionelle Qualität der bisherigen Alben.
Ob „Sól“ nun musikalisch besser oder schlechter ist, kann man so gar nicht beantworten. Zumindest ist der Klang in einer urvertrauten Art und Weise anders und neu. HELRUNAR zeigen sich immer noch von ihrer eigenständigen Seite, vernachlässigen jedoch komplizierte Läufe, Zwischenspiele, Übergänge und Ähnliche Kunstgriffe zu Gunsten von weniger ausgefeilten, dennoch sehr eindrucksvollen Riffs und Melodien.

Ein typisches Merkmal von „Sól“ sind die teils sehr langen Spielzeiten der Tracks. Diese bewegen sich durchweg zwischen gut fünf bis zehn Minuten.
Einige Tracks, die gehäuft gegen Ende des Werkes vertreten sind, wirken aufgrund ihres minimalistischen Melodienumfangs einfach etwas langweilig. Es mangelt in diesen einfach an Highlights und hörenswerten Passagen, da sich die ohnehin unspektakulären Riffs einfach immer nur wiederholen und in kein fassbares Ende münden. Ob diese Songs wirklich auf „Sól“ vertreten sein mussten ist fraglich; vielleicht dienten sie zum Kontextverständnis, was in diesem Falle jedoch leider unter Beeinträchtigung des Hörgenusses geschieht.

Die meisten Lieder überzeugen jedoch von einem sehr eindrucksvollen Kompositionstalent, das sich in breit angelegten Strukturen äußert. Von einer kleinen Einleitungsmelodie an, die solange immer weiter ausgebaut wird, bis sich eine regelrechte Wand  durch die Gehörgänge der Hörer bahnt, entwickeln sich teils gewaltige Höreindrücke. Diese begeistern mit virtuoser Vielfalt und werden zusätzlich durch den altgewohnten Gesang dezent unterstrichen. Die regen Wechsel zwischen gezupften Melodien und geschlagenen Riffs, die immer wieder variiert und gewechselt werden, machen diese Lieder zu großartigen Klangerlebnissen.  
Das durchweg deutsche Songwriting ist wohl wieder einmal ein Streitthema. Viele mögen das nicht besonders, andere dafür ums mehr. Ich bin der Meinung, dass eine Band nur dann auf Deutsch singen sollte, wenn die Texte das erlauben, was bei HELRUNAR definitiv durchweg der Fall ist. Es wurde sogar darauf geachtet, wichtige Textstellen so einzusingen, dass man sie problemlos verstehen kann.

„Sól“ ist wohl eher weniger ein Produkt für die breite Masse als vielmehr ein Werk von tiefgründiger Tristesse und emotionaler Substanz, dem vermutlich nicht die Aufmerksamkeit zuteil werden wird, welches es eigentlich verdient. Die Fangemeinschaft von HELRUNAR wird sich dieses Album wohl nicht entgehen lassen wollen, obwohl ich bezweifle, dass „Sól“ ähnlich gut wegkommt wie die Vorgänger. Leider sind die meisten Pagan/Black Metal Fans nicht auf derartige monumentale Gesamtkunstwerke bedacht, sondern auf schnelle, lustige Trinkmusik, zu der man rhythmisch die Matte kreisen lassen kann, oder auf symphonische Epik, die so gefällig gehalten ist, dass man sie gar nicht schlecht finden kann.  Derartiges gibt es auf „Sól“ einfach nicht, was meiner Ansicht nach auch gut so ist. Zumindest den Hörern, denen das Gespür für aufwändige Musik mit Message nicht abhanden gekommen ist, und die genügend Zeit aufbringen können, sich „Sól“ öfters komplett durchzuhören, wird sich die Schönheit dieses Albums früher oder später zeigen.
Zudem kommt selbstverständlich noch der subjektive Faktor hinzu. Oftmals wird HELRUNAR nämlich als maßlos überbewertet bezeichnet, was bestimmt auch seine Gründe hat. Wem der Stil dieser Band also noch nie gefallen hat, wird an „Sól“ erst recht keinen Gefallen finden.

Demnach kann ich keine explizite Kaufempfehlung machen und verbleibe mit dem Urteil: „Sól“ ist ein großartiges Album mit kleineren Schwächen, sowie ein mit gut 30€ Gesamtpreis sehr teures Album, das liebevoll in Szene gesetzt wurde und sein Geld absolut wert ist, wenn man es erst einmal zu schätzen gelernt hat. (Jannick)


Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 15
Spielzeit: 92:51
Label: Prophecy Productions / Lupus Lounge
Veröffentlichungstermin: 07.01.2011

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