Nachtgeschrei - Ardeo

NACHTGESCHREI_-_Ardeo_artworkDie frankfurter Band NACHTGESCHREI bietet vor allem eines: märchenhafte Mittelalterromantik, verpackt in einem Mix aus konventionellem, deutschem Folklore und modernerem Metal. Das ist soweit nichts Besonderes, denn an derartiges dürfte man spätestens seit SUBWAY TO SALLY, SCHANDMAUL und Co. längst gewohnt sein. NACHTGESCHREI jedoch sticht deutlich aus dem Mittelalter-Einheitsbrei heraus, denn diese Kombo vertont ihre Lieder mit einer ungewöhnlich hohen Ernsthaftigkeit, die mit einer bodenständigen Authentizität begeistern kann. Trotz ihrer gerade einmal vierjährigen Bandgeschichte fesselt diese Band durch ihr musikalisches Potential, das durch und durch professionell in Szene gesetzt wird.
Das nun dritte Album der hessischen Bardenkapelle, „Ardeo“, erscheint nun, gerade mal ein Jahr nach dem Vorgängeralbum („Am Rande Der Welt“, 2009) und zwei Jahre nach dem Debütalbum („Hoffnungsschimmer“, 2008). Trotz der hochfrequentösen Veröffentlichungsrate scheinen sie mit jedem Album besser zu werden.

Als eine Zusammenkunft von erfahrenen Mitgliedern der Folk-Rock Band BLACK SHEEP und der Melodic-Death-Metal Band PAIMON war NACHTGESCHREI schon von Anfang an als ein professionelleres Projekt prädestiniert. Man hört auf „Ardeo“ einfach, dass erfahrene Musiker am Werke waren.
Mit Drehleiern, Dudelsäcken, Flöten und Akustikgitarren werden ohrwurmverursachende Melodien erzeugt, die anmutig wie bei alten, deutschen Folkinterpreten, eine Gänsehaut nach der anderen herbeizaubern.
Der Dudelsack dient dabei überwiegend als gemäßigt eingesetztes Hauptinstrument, das mit der Drehleier für schöne, typisch mittelalterliche Läufe sorgt. Besonders gefällt mir aber, dass eben diese Instrumente auch als einfache Begleitinstrumente Verwendung finden, wodurch die Lieder allesamt außerordentlich flüssig wirken.
Auch der Akustikgitarrist sorgt durch seine „traditionelle“, gezupfte Spielweise dafür, dass der Anteil des Folks nicht zu knapp kommt.
Fast durchweg begleitend werden E-Gitarre und Schlagzeug eingesetzt. Abgesehen von ein paar wenigen lockeren Läufen und dem konventionellen Pflichtprogramm-Riffing, gibt es nicht allzu viel Virtuoses vom Sechssaiter zu hören. Auch das Schlagzeug hält sich mit gleichmäßigem, wenig variiertem Getrommel im Hintergrund.
Die Songs rocken zwar ordentlich, aber man merkt, dass NACHTGESCHREI eben keine „Hauptsache Laut“-Folk-Metal Band ist. Dadurch dass E-Gitarre und Schlagzeug bewusst etwas zurücktreten kommen die andern Aspekte nämlich etwas besser zur Geltung.
Was NACHTGESCHREI jedoch wirklich zu einer Perle der deutschen Metallandschaft macht, ist der Gesang. Fest, tief und sicher in jedem Ton begeistert der Sänger mit Texten über ergreifende Emotionen und finstere Melancholie. Fast schon heroisch wirken die Refrains durch die unübliche Intonation des Sängers. Er versteht es, allein durch seinen Gesang, die Bedeutung eines jeden Verses akustisch zu vertonen. Die Texte selbst sind, wie ich finde, sehr poetisch gestaltet worden, und das ganz ohne kitschig zu wirken. Dadurch wird „Ardeo“ zu einem Album, das man sich definitiv nicht nur einmal anhört.

Durch die gekonnten, durchweg begeisternden Songstrukturen hat dieses Album keine Schwachstelle. Jeder Song ist auf NACHTGESCHREIs Art und Weise ausgestaltet worden. Dadurch kann man sich darauf verlassen, dass „Ardeo“ gute fünfzig Minuten hochwertigstes Klangmaterial bietet.
Wer auf ELUVEITIE, SUBWAY TO SALLY, LIEDERJAN, VOGELFREY und Co. steht, den aber entweder die Death Metal Einschübe, die kitschigen, immer gleichen Melodien, die original überlieferten Texte oder einfach die fehlende Ernsthaftigkeit schon immer gestört hat, dürfte in NACHTGESCHREI eine neue Lieblingsband gefunden haben. Ansonsten kann ich nur jedem, der auf ordentliche, gute Musik ohne Schnörkel abfährt empfehlen, sich mit dieser Band vertraut zu machen. (Jannick)


Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 50:06
Label: Massacre Records
Veröffentlichungstermin: 26.11.2010

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