STRANGEWAYS_-_Perfect_World_artworkEs gibt Reunions, die braucht keiner, es gibt wiederum andere auf die freut man sich unglaublich. Nachdem was uns allerdings die Melodicrocker STRANGEWAYS in den Neunzigern um die Ohren gehauen haben hätte ich die in die erstere Kategorie gesteckt. Dabei hatte man Ende der Achtziger drei vielversprechende Alben am Start, von denen vor allem "Goodnight L.A." und "Walk Through Fire" hervorzuheben sind. Damals schwang ein gewisser Terry Brock das Mikro, bevor ihn die leider geplatzte Chance bei DEEP PURPLE einzusteigen von den Schotten wegtrieb.

Und genau der Mann ist der Grund dafür, plötzlich wieder ganz hellhörig zu werden, denn sein Organ war damals eines der besten im Hardrock-Genre. Und ist es immer noch, wie er erst jüngst mit seinem Soloalbum "Diamond Blue" bewiesen hat. Und wenn man dann noch seine Leistung auf dem zu Jahresbeginn erschienenen GIANT-Werk "Promise Land" zu Rate zieht, kommt sogar richtige Vorfreude auf. Mit dem fast identischen Line-Up wie in den besseren Zeiten hat man nun "Perfect World" eingespielt und die Rockwelt zeigt sich gespannt.

Einer der größten Einflüsse hat schon beim titelgebenden Opener seine Spuren hinterlassen. Der flotte Rocker erinnert ziemlich an die AOR-Heroen JOURNEY, was aber beileibe nicht verkehrt sein muss. Vor allem wenn man solotechnisch ähnlich gut wie Neal Schon daher kommt, wie im Falle Ian J. Stewart. Das zeigt er auch bei den feinen Leads im folgenden "Borderlines", das allerdings wesentlich ruhiger als das Eröffnungsstück ausfällt und eine gewisse Melancholie ausstrahlt.
Erinnern tut das schon ein wenig an ihre Landsleute RUNRIG, die zwar gänzlich unmetallisch aber dennoch eine meiner Faves sind. Vor allem die tolle Melodieführung macht Nummern wie das sehr schöne "Time"  zu echten Ohrwürmern. Insgesamt hätten es von derartigen Liedern ein paar weniger sein dürften, auch wenn diese eher sphärisch als balladesk sind. Ein wenig von den Neunzigern hat das schon, aber kommt bei weitem nicht so dröge rüber, was auch ein Verdienst der immer noch starken Rockstimme von Brock ist.

Auch die Stücke mit einem höheren Härtegrad legen viel Wert auf Atmosphäre, wie das schwere, fast düstere "Movin´ on". Aber keine Angst, auch die Attribute haben nicht den Beigeschmack des vorletzten Jahrzehnts, sondern transportieren eher Schwermut. Die gibt es auch in "Crackin´ Up Baby" zu Genüge, das am Ende den Blues zitiert, welcher im anschließenden "Liberty" mit seinen Hammond-Anklängen noch mehr zur Geltung kommt.
Gerade beim orientalisch angehauchten, epischen "Bushfire" fällt auf, dass die Akkorde von der Sechssaitigen sich nicht im Soundteppich durchsetzen können. Man muss STRANGEWAYS zugestehen, dass ihre sehr enge Verquickung von Gitarre und Keyboard schon früher ein Markenzeichen war, aber die Harmonien von damals versinken heute in einem nicht leicht zu differenzierenden Soundbrei. Das wirkt irgendwie schwammig, auch wenn das Klangbild voluminös erscheint.

Weniger voluminös sind allerdings die Drums, die kaum zu Geltung kommen, zu sehr sind sie in den Hintergrund gemischt. Das fällt leider noch nicht einmal auf, weil die Arrangements recht spärlich und bieder daher kommen. Bei vielen Songs zieht Jim Drummond einen einzigen Takt die ganze Zeit durch. Damit fehlen auch die Knalleffekte, die so eruptive Refrains wie bei der Ballade "Too Far Gone" nicht so nach vorne bringen, ihn einfach nicht als Höhepunkt heraus heben.
Wenn ich mir da im Vergleich "Walk In The Fire" anhöre wird deutlich, dass die Truppe damals vor allem von dem wuchtigen Schlagzeug gelebt hat. Das hatte so richtig Power in den Hüften, die "Perfect World" vollkommen abgeht.

Das ist jammerschade, denn das Songmaterial ist durch die Bank hochklassig, kann es mit den Klassikern aufnehmen Dazu hat man einen Frontmann, der jüngst schon überzeugte und neben Stewart mit "Munch" Moore einen ideenreichen Mann an den Tasten. Doch die lasche Produktion macht vieles kaputt, man hat die späten Alben nicht vollständig vergessen machen können. Mit dem Soundgewand, das ihnen Keith Olsen vor zwanzig Jahren zauberte wäre das hier oberamtlich, so ist es der schwächste Longplayer mit Terry Brock am Mikro in diesem Jahr (Pfälzer)


Bewertung: 6,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 58:59 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 15.10.2010

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