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axel_rudi_pell_the_crest.jpgAuch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, doch in dem sich immer schneller ändernden Musikgeschäft sind immer noch viele Leute auf der Suche nach der Konstanten, nach Dingen bei denen man weiß was man hat. AXEL RUDI PELL bedient diese seit nun mehr als 20 Jahren und auch sein kreativer Output bleibt enorm hoch, so das sich seine Anhänger alle zwei Jahre über neues Futter aus dem Studio freuen dürfen. Damit nicht genug gibt es dazwischen immer noch ein paar Extras wie im Winter mit der DVD "One Live Night".
Eigentlich wollte der eingefleischte Ruhrpottler gar nicht solange unter seinem eigenen Namen antreten, nach dem Ende von STEELER waren "Wild Obsession" und "Nasty Reputation" als Soloalben gedacht. Doch mit dem Erfolg setzte er qualitative Trademarks, so dass man als Band weitermachte. Hier hat man ebenfalls eine Konstante erreicht, nach vielen Line-Up-Wechseln spielt man nun seit 11 Jahren in derselben Besetzung. Und in dieser zockten sie nun schon das sechste der mittlerweile dreizehn Studioalben ein. Mal sehen, ob es "The Crest" gelingt in einem Jahr in dem schon einige Neuerscheinungen enttäuschten seinen bekannten Level zu halten.

Die Floskel "Tradition verpflichtet" kommt einem in den Sinn, und bei dem deutschen Gitarrenhelden ist das durchaus so, er steht stilistisch in einer Linie mit Heavy Rock-Größen wie DEEP PURPLE oder RAINBOW. Vor allem deren Saitenhexer Ritchie Blackmore dient nach wie vor als Haupteinfluss für den Blondschopf, der das von seinem Idol überlassene Feld weiterhin bestellt.

Ebenfalls sehr traditionell ist der Auftakt zu einer PELL-Scheibe mit einem sphärischen Intro, welchen hier die "Prelude Of Doom" liefert. Dann steigt die Truppe mit "Too Late" recht flott ein, ohne allerdings ganz den Hammer auszupacken, denn das bislang bei solchen Nummern präsente DoppelBass-Geballer bleibt auf dem ganzen Dreher aussen vor. In Zeiten in denen Hardrock wieder ein wenig mehr in den Fokus der Metalheads rückt zwar eine nicht ganz so kluge Entscheidung. Diese zeigt aber auch, dass der Mann seinen Weg geht und eine eigene künstlerische Identität besitzt. Und auf kraftvolles Drumming von Mike Terrana muss nicht verzichtet werden, stattdessen arbeitet man mit songdienlicheren Arrangements.
Neben erwähnten RAINBOW sind auch andere Betätigungsfelder von Ronnie James Dio prägend für den Stil der Band, wie auch dessen BLACK SABBATH-Phase. Im letzten Jahr durfte AXEL RUDI PELL deren Nachlassverwalter HEAVEN&HELL auf Tour begleiten und das scheint in "Devil Zone" Spuren hinterlassen zu haben. Das Stück beginnt ruhig und steigert sich dann mit schwer krachenden Akkorden, die auch aus der Feder von Tony Iommi stammen könnten und Erinnerungen an "Sign Of The Southern Cross" aufkommen lassen.

Bei "Prisoner Of Love" dagegen wird in  lockerer Gangart drauf losgerockt und dürfte live gut kommen. "Dreaming Dead" dagegen ist ein typisch schwermütiges Epos wie man sie kennt und schätzt. In die gleiche Kerbe schlägt "Dark Waves Of The Sea" doch aufgepasst, die Bridge und ein paar Lyrics kommen einem sehr bekannt vor, stammen sie doch aus "Oceans Of Time", welches hier seine Fortsetzung findet. Und wenn man das schöne, vom Piano getragene "Glory Night" hört, weiß man dass es einem auch nach dem Ende der SCORPIONS um die deutsche Rockballade nicht bange sein muss.

Die Modernisierungsanflüge der letzten Scheibe sind indes wieder verschwunden, das Soundgewand ist ein wenig zurück zu den Wurzeln, weiß aber gewohntermaßen durch Wucht zu überzeugen. Ferdy Doernbergs Synthieteppiche dürfen auch wieder öfter atmosphärische Löcher stopfen und verleihen "The Crest" mehr Tiefe.
Atmosphäre ist auch ein gutes Stichwort, denn mehr denn je ersetzt der Mastermind die forschen Momente durch getragenere. Das obligatorische Instrumental ist dann kein Notenzählen, sondern er fügt seiner Virtuosität noch ein bisschen Gilmorsches Vibrato hinzu. Ähnlich wie der PINK FLOYD-Gitarrist schafft er es mit wenig Noten viel Spannung zu erzeugen.

Mit der Mischung kann die Formation somit erneut ihre Anhänger zufrieden stellen ohne sich zu kopieren. Auch in einem engen Rahmen weiß der gute Axel jedem Album eine eigene Note zu verpassen. Das hier ist für mich das beste seit dem überragenden "Kings And Queens", vor allem weil man den Musikern den Spaß an der Sache anhört. Zum ersten Mal hat der Meister die Produktion selbst in die Hand genommen und aus seinem Goldkehlchen Johnny Gioeli noch ein wenig mehr Leidenschaft herausgequetscht. Mit dem Material schafft man es auch in Sachen Qualität beständig auf hohem Niveau zu agieren und die oben genannten Ängste zu zerstreuen. (Pfälzer)


Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 57:30 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 23.04.2010

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