Airbag - Identity

airbag_identity_sm.jpgEs brodelt im Untergrund, New Artrock, Postrock, Spacerock, Retro-Prog, Psychedelic, überall kommen neue interessante Acts daher, die das Spiel mit der Atmosphäre und den Klangmalereien beherrschen. Da will auch eine der aufregendsten Metropolen unserer Zeit, Oslo in nichts nachstehen und fördert ständig starke Newcomer zutage. Konnten im Frühjahr die Psychedelic-Rocker von SPIRITS OF THE DEAD mit ihrem selbst betitelten Debüt begeistern, so ziehen jetzt AIRBAG im Bereich New Artrock nach. Diese Truppe ist seit vier Jahren am Start und hat über die neuen Medien schon zahlreiche Fans gefunden. Da ist das Release ihres Debüts „Identity“ nur der nächste logische Schritt.

Und wie die Protagonisten ihres Genres so setzen auch die Norweger auf ausladende Instrumentalpassagen und die typische Laut-/Leise-Dynamik. Dabei ziehen AIRBAG aber, ähnlich der Wegbereiter des Artrock PINK FLOYD die leisere Variante meist vor. Mit Metal hat der Sound des Fünfers nur wenig zu tun, aber das muss nicht zwangsläufig so sein, auch PORCUPINE TREE haben genauso angefangen.
Vielmehr breitet sich das gesamte Material des Silberlings wie ein Teppich vor einem aus, zieht die Flächen in unendliche Weiten. Schon bei der „Prelude“ packt Keyboarder Jörgen Hagen einige faszinierende davon aus, in die später die warmen Leads von Björn Riis einsteigen.

Vergleiche mit ANATHEMA tauchen da schon auf, vielmehr allerdings noch bei „No Escape“, welches ruhig und sehr emotional dahin schwebt, dazwischen immer wieder von sich auftürmenden Soundwogen getragen wird. Noch eine Ecke ruhiger präsentiert sich das folgende „Safe Like You“, der Song kommt sehr reduziert rüber, wodurch den feinen Gitarrenspielereien mehr Raum gegeben wird.
Und da liegt das Geheimnis von AIRBAG, denn die Jungs schaffen es mit sehr spärlichen Mitteln den Hörer in ihre Welt mitzunehmen. Die Arrangements sind auf das Minimum beschränkt, Drummer Joachim Slikker tritt nur im Hintergrund in Erscheinung. Dazu passt auch der gebrochene, sehr fragile Gesang von Asle Tostrup, welcher den verletzlichen Stimmungen die richtigen Worte einhaucht.

Bei „Steal My Soul“ sehnt man schon fast jeden Pianoton, der aus dem spacigen Untergrund bricht herbei. Am Ende duelliert sich die Leadgitarre respektvoll mit den gefühlvollen Orgeltupfern, was an „Brothers In Arms“ einen der größten Songs überhaupt denken lässt. Im weiteren Verlauf streut man noch dezente Streicheranklänge ein, was Songs wie „Colors“ bei Bedarf sakral-wuchtig anschwellen lässt.
Auch wenn einen das komplette Album lang ruhige Töne umschmeicheln, so erscheint lediglich das abschließende „Sounds That I Hear“ als balladesker Moment. Doch auch hier nimmt die Dynamik gegen Ende zu, die traumhaften Soli von Riis scheinen fast in den Himmel zu wachsen.

AIRBAG bieten auf „Identity“ Kopfkino vom feinsten, die Band hat ein unglaubliches Gespür für Melodien und Atmosphäre. Für manche mag das ein wenig zu viel der Sphärik sein, doch die wundervollen, gekonnt und stimmig kreierten Klanglandschaften sollten Fans dieses Genres begeistern können. Die Produktion hätte vielleicht mehr Druck vertragen können, die Lieder vielleicht aber nicht.
Dabei hat der New Artrock sicherlich aus der Kinderstube verabschiedet, zum ersten Mal ist eine Schwemme an Bands auszumachen. Doch der hohe Standard der immer noch bewegenden Momente lässt sich nur wage in gut oder weniger gut, auch kaum in innovativ oder oft gehört unterteilen. Sicher, die Scheibe klingt nicht gerade revolutionär, an der Qualität lässt sich indes nichts bemängeln. Kann sein, dass sie nie von einer auch nur kleinen Szene wahr genommen werden, möglich, dass diese Formation in Schönheit stirbt, aber dieses Debüt wird ihnen keiner nehmen können. (Pfälzer)

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 53:41 min
Label: Karisma Records
Veröffentlichungstermin: 22.06.2009

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