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Seit nunmehr 11 Jahren beglücken die Schweizer von LUNATICA die europäischen Fans von melodischem Symphonic-Metal mit ihrem Schaffen und bringen es mit "New Shores" auf ihren vierten Langspieler. Nach diversen Europatoruneen und Top-10 Platzierungen in den japanischen Charts sollte man eigentlich denken, dass diese Band solangsam mehr oder weniger Bekanntheit erlangt haben sollte, jedoch kräht bis heute in der breiten Öffentlichkeit kaum ein Hahn nach den Helveten rund um Frontfrau Andrea Dätwyler. Mit diesem Silberling dürfte sich daran allerdings nur mit viel Glück etwas ändern. 

Der einleitende Titeltrack fährt nach einem elektronisch angehauchten Intro direkt schon alle Stärken der Schweizer auf und setzt damit auf sympathische Gesangslinien und  harmonisch eher Belanglose Akkordfolgen, die sich jedoch sofort im Ohr festsetzen. Heraus sticht die Singstimme der Frontfrau, die sich jenseits von Anbiederung an die Genrekolleginnen durch schöne Leadgesänge führt - hier und da unterstützt von Gastsänger John Payne (Ex-Asia).
Die Instrumentalisten machen ihren Job auch ordentlich, jedoch ist hier niemand dazu bereit, einmal aus Songdienlichen Strukturen herauszubrechen und etwas neues auszuprobieren; was bei LUNATICA zählt sind die Stücke als Gesamtpaket - was den Progfans zwar als großes Manko erscheinen sollte, jedoch in diesem Kontext mehr als gerechtfertigt ist, da sich das Ergebnis durchaus sehen lassen kann.
Eher traditionell angehauchte Tracks wie "The Chosen Ones" setzen weniger auf Pomp denn auf ordentliche Riffs gepaart mit der bandtypischen Atmosphäre, was sich irgendwie als eine Mischung zwischen Soundtrack und alter Schule anhört.
Vorhersehbarer werden die Songs auf "New Shores" mit jedem Track der im CD-Spieler weiterhüpft, und so wirkt "Into The Dissonance" auf einmal wie aus dem Baukasten. Bis auf einige rhythmische Elektrostreusel wird hier Standardkost geboten, wie man sie wirklich in jedem Discounter für Songwriting-Ideen für ein paar lausige Cent bekommt. Nicht, dass man hier schlechtes Material liefert, nur diese Darbietungsweise lässt gerade bei diesem Track eigene Einflüsse vermissen, was sich zwar nicht jedem derart offenbaren dürfte. Den Menschen, deren musikalisches Gedächtnis nicht zersiebt ist wie die Winehoussche Nasenscheidewand, sollte es aber eigentlich ordentlich auf den Zeiger gehen, auf einer bisher relativ gelungenen Veröffentlichung "Schema-F part 4711" hören zu müssen.
Soundtechnisch bekommt man ein sehr homogenes jedoch klar differenzierbares Klangbild geboten, bei dem man zwar ein wenig die Bässe vermissen könnte, man jedoch sowieso keine Tieffrequenzorgie àla EDGUYs "Hellfire Club" erwartet hat. Die Doublebass kommt wegen oben erwähnter Frequenzverschiebung zu gunsten des kilohertzbereichs nicht so vollmundig aus den Boxen wie man es sich zur Unterstützung der (teilweise) orchestralen Melodieführung wünschen würde, jedoch geht das Gesamtbild in Ordnung.
Mit "Farewell My Love" ist auch an erahnter Stelle die gefühlt überfällige Powerballade des Albums vertreten, in deren Verlauf sich Frau Dätwyler und Herr Payne ein sehr poppiges Duett liefern, das in mehrsitmmigen Streichern und Gospelchor mündet. Unbedingt nötig ist dieser Ausflug zwar nicht, aber er bleibt auch nicht unangenehm im Gedächtnis.
Anders sieht es bei "Heart Of A Lion" aus: hier wird die tonnenschwere Pop-Keule geschwungen. Vom ansonsten gespielten Stil bleibt hier rein gar nichts mehr übrig, die Songstruktur kommt direkt aus dem Baukasten und die Melodien könnten von Dieter Bohlen stammen - nur kann man hier keinen Charterfolg erwarten.
Nach diesem Totalausfall und Abflug in die fast-schon-Lächerlichkeit macht "My Hardest Walk" einiges wieder gut, und man lenkt die Musik bis zum Ende der Platte wieder in etwas geregeltere Bahnen, jedoch fährt das Tempo um einige Stufen runter, sodass "New Shores" gegen Schluss eher ermüdet, als dass es unterhält.
LUNATICA zeigen auf ihrem aktuellen Dreher alle ihre Stärken, jedoch auch zu genüge ihre Schwächen: auf der einen Seite stehen fein gewürzte Songs, die selbst im sehr gut besetzten Female-Fronted Kader ihren Platz finden würden, auf der anderen Seite biedert man sich dermaßen mit dem Mainstream und der Popmusik an, dass es jedem, der keine Ultraresistenz gegen Baukastenmucke aufgebaut hat wohl oder übel so gehen dürfte wie mir: die Platte und auch die Lust am Hören baut im Verlauf stark ab. Den guten Einstieg sollte man jedoch nicht unerwähnt lassen, da hier wirklich Musik fabriziert wird, die man sich anhören kann, sofern man auf symphonisches Schwermetall steht.
 
Bewertung: 6,5 / 10
 
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 50:06 min
Label: Napalm Records
Veröffentlichungstermin: 27.02.2009
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