thyrfing_helsvite.jpgTHYRFING sind mit Sicherheit die tragischsten Figuren im Paganmetal-Zirkus. Schon Ende der Neunziger bauten sie in ihre Blackmetal-Wurzeln Keyboards, Chöre und haufenweise Wikingerpathos ein, nahmen damit vieles vorweg und gehörten neben FINNTROLL und FALKENBACH zu den Wegbereitern der Szene. Ihr 1999 erschienenes Zweitwerk „Valdr Galga" gilt heute als Klassiker im Folkmetal. Doch in den Folgejahren wurden sie von der Entwicklung ein - und überholt, Bands wie ENSIFERUM oder KORPIKLAANI haben längst einen größeren Status. Und das obwohl sie (fast) die gesamte Konkurrenz musikalisch in den Schatten stellen.
Die Gründe dafür sind mannigfaltig, zum einen wäre da die Weiterentwicklung weg von dem typischen hymnenhaften Sound hin zu düstereren, ernsthafteren Gefilden. Damit konnten nicht alle Viking-Fans folgen, denn die Saufgelage-geschwängerte Attitüde verschwand mehr und mehr. Zum anderen die mangelnde Präsenz, ein Album alle drei Jahre ist für eine kleine Band einfach zu wenig. Dazu kam, dass man sich auch live rar machte, nur ein paar Festivals spielte und den letzten Output „Farsotstider" nicht mit einer Tour promotete. Anfang des letzten Jahres dann die große Klausur, als man sich von Sänger Thomas Väänänen und Gitarrist Henrik Svegsjö trennte. Der Mann am Mikro wurde durch den ehemaligen NAGLFAR-Fronter Jens Rýden ersetzt, der Job an den sechs Saiten blieb zumindest im Studio vakant. Nun steht mit „Hels Vite" die erste Veröffentlichung im neuen Line-Up ins Haus mit der man wieder Boden gut machen will.

Dabei macht sich die Veränderung auf der Sangesposition nicht allzu groß bemerkbar. Beide sind keine ausgesprochenen Blackmetal-Schreihälse, sondern fühlen sich mindestens genauso im Deathmetal zuhause. Während der Stil seines Vorgängers eher bellender war so verfügt Rýden über das kehligere Organ. Aber nicht nur dies bringt die Formation so nahe an die schwarze Stahlkunst wie nie zuvor.
Vorbei sind die Zeiten der rüden, teils sperrigen Riff-Attacken des Vorläufers. THYRFING setzen eindeutig wieder mehr auf Atmosphäre, was man vor allem an den Gitarren-Parts merkt. Diese sind wieder wesentlich flächiger, breiter ausgefallen als noch bei „Farsotstider". Wenn man überhaupt einen Vergleich in der Bandgeschichte sucht, dann würde ich den eher zwischen „Vansinnesvisor" und „Urkraft" ansiedeln. Doch das neue Opus bedeutet keinesfalls einen Rückschritt, sondern eher einen zurück um zwei nach vorne zu machen.

Denn anno 2008 klingen die Schweden noch entschlackter, noch minimalistischer, die ganzen Spielereien wurden in den Hintergrund gestellt. Hier regieren die monolithischen Axtwände von Partik Lindgren, die unaufhaltsam nach vorne walzen. Das erinnert ein wenig an MOONSORROW oder PRIMORDIAL, atmet aber auch den Geist der legendären BATHORY. Dabei ist das Tempo oft sehr schleppend gewählt, teilweise ähnlich dem Zeitlupen-Groove der letzten SATYRICON. Das typische Sirren findet man, wenn überhaupt in „Isolation", da aber auch nur in sehr bedächtiger Form.
Die Keyboards sind zwar nach wie vor als stilistisches Element präsent, aber sie tauchen spärlicher auf. Die Fanfaren von früher sind jetzt schwebenden Flächen gewichen, das Perlen  findet nur noch punktuell statt. Und auch von der rauen Produktion wurden sie in den Hintergrund gedrängt, ebenso wie die Chöre, die wenn sie ertönen wüst aufbrausen.

Weitere Klangtupfer wie Akustik-Anklänge finden sich hier wieder, sind aber nicht so sehr in der Führungsrolle. Die sehr eigentümliche Atmosphäre auf dem Album wird vor allem durch lange, stetig wiederholte Gitarrenspuren erzeugt, die sich immer leicht in der Phrasierung verändern. Dadurch steigen die Songlängen auch im Schnitt auf über 7 Minuten, was die Effektivität aber noch steigert.
Endgültig verabschiedet hat man sich vom Powermetal-Kitsch, der auf den alten Alben ab und an durchschimmerte. Ich bin zwar durchaus ein Fan von Pathos und Kitsch, den frühen Werken stand er auch sehr gut, aber mittlerweile ist das in der überlaufenen Szene zum Klischee verkommen. THYRFING tun gut daran, sich davon zu lösen, sich zu entwickeln, ihren Sound zu reduzieren.

Ob das unbedingt der Massenwirksamkeit entgegen kommt wage ich zu bezweifeln, aber hier ist eine Band am Werk, die ihren eigenen Weg unbeirrt geht, ohne Kompromisse zu machen. Die ein schwarzes, kaltes Biest auf uns losgelassen hat, dessen melodische Brillanz einem nicht mehr so plakativ anspringt wie bei ihren Genre-Genossen, sondern die sich nur sachte aus der frostigen Umgebung löst. Man muss sich die Zeit nehmen, damit warm zu werden, den bösartigen Staub setzen zu lassen um den rohen Glanz zu erkennen. (MetalPfälzer)

 

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 7
Spielzeit: 52:03 min
Label: Regain Records
Veröffentlichungstermin: 24.10.2008

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