Jason Aldean - Highway Desperado

jasonaldean highwaydesperado„Immer noch werden Hexen verbrannt auf den Scheiten der Ideologie. Irgendwer ist immer der Böse im Land und dann kann man als Guter und die Augen voll Sand, in die heiligen Kriege ziehn“. Ein Lied von Konstantin Wecker aus dem Jahr 1978. Wer sich fragt, was um Gottes Willen das zu tun mit JASON ALDEAN und seinem neuen Longplayer „Highway Desperado“, dem sei gesagt: gar nichts und doch alles. Man hat mich gebeten, das Album anzuhören und meine persönliche Ansicht kundzutun. Da die Country-Schiene nicht in erster Linie mein Metier ist, ich Jason Aldean, Zac Brown, Chris Stapleton und all die unzähligen Stars des „New Country“ kaum auseinanderhalten kann, wollte ich dennoch meine Meinung und ich betone das explizit, meine Meinung, zum Ausdruck bringen, denn es geht im Grunde genommen nicht um das Album „Highway Desperado“ von JASON ALDEAN, sondern um seinen Song „Try That In A Small Town“.

JASON ALDEAN zählt in den USA zu den absolut erfolgreichsten Sängern des „New Country“. 27 Nummer 1 Singles, 17 Milliarden Streams und 20 Millionen verkaufte Alben spiegeln dies deutlich wider. Das heißt, er ist in Amerika, zumindest in den Südstaaten, omnipräsent. Ich komme gerade wieder aus Nashville zurück und auch dort wurde der 46-jährige aus Georgia jeden Abend in Endlosschleifen in den Bars gespielt. Kurz zum Album: „Highway Desperado“ ist extrem eingängig und hervorragend produziert. Alle Songs sind schnörkelloser Country-Rock, ohne scharfe Ecken und Kanten, mit klasse Gitarrenriffs, teilweise richtig heftig wie im Schlusssong „Highway Desperado“.

Die Themen sind durchgehend von Nationalstolz und urrepublikanischer Tradition durchsetzt wie bei den meisten Country-Stars und natürlich auch den Southern-Rockbands, deren Wurzeln in „Dixieland“ liegen. Egal ob die MARSCHALL TUCKER BAND, THE OUTLAWS, LYNYRD SKYNRD oder die jüngeren WHISKEY MEYERS oder BLACKBERRY SMOKE: alle sind stolz auf ihre Herkunft, ihre Tradition, die Familie, ihre Naturverbundenheit, den Pioniergeist, ihr Land und ihre Fahne, ihr Ehrgefühl für Veteranen, Soldaten und Polizisten.

Zitat aus LYNYRD SKYNRD Songs:“ We don′t have no plastic L.A. friends, ain't on the edge of no popular trend“ oder „My daddy worked hard and so have I. We paid our taxes and gave our lives to serve this great country." Etymologisch gesehen, erachten die meisten Künstler südlich der Mason-Dixie-Line die Tatsache als „Rednecks“ oder „Hillbillies“(Hinterwäldler“) bezeichnet zu werden als Auszeichnung.

Der „Südstaatler“ schützt seinen Besitz und Familie und repariert was kaputt ist, anstatt in New York mit einem Herrenhandtäschchen von Versace herumzuspazieren. Sie möchten ihr Leben, für das sie hart arbeiten, genießen. Dazu braucht es in der Regel nicht viel, wie uns ZAC BROWN lehrt:“ And a little bit of chicken fried, a cold beer on a Friday night, a pair of jeans that fit just right, and the radio up“. Ja der gemeine „Südstaatler“ interessiert sich wohl nicht für den Weltfrieden, den globalen Klimawandel, binäre Geschlechterrollen und wird nicht allzu oft nach „Brokeback Mountain“ reiten. Aber er steht für Werte, die heute einem Verfall unterlegen sind und seiner Tradition, ein Wort, das heute kaum noch genannt werden darf.

Das „böse Lied“ ist übrigens ein klasse Ohrwurm mit grandioser Gitarrenarbeit. „Try That In A Small Town“, sofort auf Nummer 1 der Billboard Charts geschossen, sorgt für massiven Diskussionsstoff, in erster Linie mal wieder in Deutschland, obwohl eigentlich kein Mensch im deutschen Radio mit dem Song konfrontiert werden kann. Die permanent missionierenden deutschen Internetmedien (Stern, Focus, Spiegel) zeigen einmal mehr ihr Niveau ohne jeglichen Diskurs und verpassen dem Song die Rassismuskarte.
JASON ALDEAN spielt in seinem Video auf die ausufernde Gewalt in den Großstädten Amerikas an. Man sieht Demonstrationen, bei denen amerikanische Fahnen verbrannt werden, einem Polizisten ins Gesicht gespuckt, ein Laden überfallen wird. Rassistische Szenen, die eine Minderheit diskreditieren, sucht man vergebens; nur die Mutmaßung bleibt.

Im Songtext bringt JASON ALDEAN zum Ausdruck:“ Schlag jemanden auf dem Gehweg nieder, klaue einer alten Frau an einer Ampel das Auto, bedrohe einen Ladenbesitzer mit einer Waffe, du denkst, dass sei cool, nun gut, benimmt dich doch wie ein Arschloch, wenn du willst. Beschimpf einen Polizisten, spuck in sein Gesicht, tritt auf die Flagge und zünde sie an, ja, du denkst, du bist tough.“ Und dann folgt die Prognose:“ Versuch das in einer Kleinstadt und sieh, wie weit du damit kommst. Hier passen wir aufeinander auf und wenn du die rote Linie überschreitest, wird es nicht lange dauern, bis du das herausfindest. Ich rate dir, versuch das nicht in einer Kleinstadt.“

Aldean spielt auf sehr konservative Themen an, singt von der Waffe, die er von seinem Großvater geerbt hat, die "Sie" ihm wegnehmen wollen. Interessant sind dann wiederum die Interpretationen, die den latenten Rassismus angeblich beweisen:“ Philip Ewell, Professor für Musiktheorie am Hunter College in New York, erklärte, dass sich in dem Lied rassistische Stereotype verbergen. Als Beispiel zieht er die Zeile "Bedrohe den Besitzer eines Alkoholgeschäfts mit der Waffe" heran. "Jemand der ein Alkoholgeschäft ausraubt – in den Köpfen der Amerikaner ist das, ohne dass es gesagt wird, eine schwarze Person. Das hat sich so in unseren Köpfen festgesetzt, das muss so sein", betont Ewell. Wenn man eine solche Zeile in ein Lied einbaue, dann untermale man das Bild, dass der Täter schwarz ist und der Ladenbesitzer weiß oder asiatisch. "Jeder sollte verstehen, dass es in dem Lied einen starken rassistischen Unterton gibt. Die Rasse ist Teil des Textes. Ich denke, dass das ziemlich offensichtlich ist", urteilt der Musikprofessor.

Na ja...wie man es gerade braucht. JASON ALDEAN selbst erklärte den Song folgendermaßen:“ Für mich fasst der Song zusammen, wie sich viele Menschen gerade fühlen. Man hat den Eindruck, dass täglich schlimme Dinge passieren und für viele von uns fühlt sich das ungewohnt an. Dieses Lied wirft ein Licht darauf", schrieb Aldean bei Instagram.
Ich denke, niemand setzt sich mehr sachlich in einem Diskurs auseinander. Diese Hypermoral, die Lust auf ständige Empörung, auf Hass und Häme scheinen die Leitideologie unserer postreligiösen Gesellschaft geworden zu sein. Und dies trifft offensichtlich nur Menschen mit großer Reichweite, wie man auch im Fall Lindemann sehen konnte. Nachdem nichts übrigblieb, wird die Band weiterhin in den Medien ignoriert; der Enttäuschung über den Freispruch brachte jeden noch so untalentierten Volontär dazu, mit seinem ungefilterten Scheiß die Menschheit zu belästigen, jetzt halt mit kruder Häme über das Alter oder die Texte des Protagonisten.

Anders siehts wohl aus, wenn die Zielpersonen zu unbedeutend sind. Dann kann der ehemalige Justizminister als auch der Bundespräsident schon mal stolz eine talentfreie und linksradikale Band als Lieblingsband bezeichnen und die Presse darf dann Texte wie „Deutschland ist Scheiße. Deutschland ist Dreck. Deutschland verrecke. Das wäre wunderbar,“ mit keinem Wort erwähnen. Das wäre alles ein Witz, wenn`s denn lustig wäre. Oder im Fall rappender, goldbehangener Möchtegern-Gangster handelt es sich bei ihren sexistischen, rassistischen und homophoben Gewaltexzessen in Textform plötzlich um eine Kunstform: „Mein Körper ist definierter als der von Auschwitzinsassen.“ „Ich hab Träume vom Ficken einer Schlagerschlampe wie Michelle. Sie ist feucht, stinkt nach Fisch ich denk' mir Arielle. Ich gefalle deiner Tochter wie ein Playmobilhaus. Ich hab' kein Geld für die Südsee doch spritz′ ′nen See auf dein' Bauch“. „Ich lade die Beretta, Ich hinterlasse Leichenteile, egal wer im Weg steht. Die Reifen sind blutig, ein echter Mann hupt nicht, aus Worten werden Taten.“

Wenn ich diesen Dreck ertragen muss und dann Jason Aldeans Botschaft höre, den Hass und die sinnfreie Gewalt nicht in die Kleinstadt zu bringen, bin ich definitiv ein „Hillbilly“ und ein „Highway Desperado“.

„Meinungsfreiheit gegen Political Correctness“. Der öffentliche Debattenraum hat sich verengt. Kosmopoliten werden sich wieder die moralische Überlegenheit ihrer universalen Werte auf die Fahne schreiben. Aber konträre Meinungen zu leugnen zeugt von einem einen autoritären Anspuch alleiniger Moralität, welches den Grundprinzipien der Demokratie widerspricht. JASON ALDEAN scheint wohl Millionen von Menschen, die „Try That In A Small Town“ zur Nummer eins gemacht haben, aus der Seele zu sprechen. Die Botschaft sollte jeder für sich deuten, ablehnen oder gutheißen. (Bernd)

Bewertung:

Ebi8,0 8 / 10

Label: Broken Bow Records/BMG Rights Management
Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 46:35 min
Veröffentlichungstermin: 03.11.2023

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