Manchmal ist es ein wahrer Vorteil, die Vergangenheit einer Band nicht zu kennen. Ja, natürlich begleitet mich der Name IN FLAMES seit mittlerweile dreiunddreißig Jahren, aber ich muss ganz offen zugeben, dass die Schweden mich in meiner Jugend und noch lange darüber hinaus nicht sonderlich interessierten. Klar, der Name tauchte immer wieder irgendwo auf, aber große Beachtung schenkte ich der Band jahrzehntelang nicht.

Dazu muss man wissen, dass ich persönlich nie ein großer Fan des typischen Death Metal aus Göteborg war. Meine Helden, wenn es um Death Metal geht, kamen aus Florida und Buffalo und hießen DEATH, OBITUARY, MORBID ANGEL, DEICIDE und CANNIBAL CORPSE. Natürlich kannte ich ENTOMBED, DISMEMBER und UNLEASHED, doch IN FLAMES liefen immer an mir vorbei. Und wieso ist das jetzt ein Vorteil?

Nun, aufgrund meiner „Ignoranz“ kenne ich die Frühwerke der Göteborger nicht. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch, dass ich nicht jedes neue Album automatisch mit „The Jester Race“ (1995) oder „Clayman“ (2000) vergleiche. Schlicht und ergreifend, weil ich die Scheiben überhaupt nicht kenne. Von daher kann ich vollkommen unbelastet an jede neue Scheibe der Gruppe rangehen.

Erst seit „Battles“ (2016) beschäftige ich mich intensiver mit IN FLAMES. Nicht wenigen alten Fans gefiel das zwölfte Studioalbum der Gruppe überhaupt nicht. Ich vergab damals in der Gruppenwertung 7,5 Punkte, weil mir „Battles“ im Großen und Ganzen eigentlich recht gut gefiel. Mit dem 2019 erschienenen „I, The Mask“ wurde ich hingegen nicht so richtig warm.

Nun also das am 10.02. veröffentlichte, bereits vierzehnte, Werk von Anders Fridén und Co., welches auf den Namen „Foregone“ hört. Und wieder einmal hat sich die Besetzung geändert. Allerdings sind Sänger Fridén und Gitarrist Björn Gelotte eh seit einer gefühlten Ewigkeit die einzigen Konstanten bei IN FLAMES, so dass die Namen der anderen Bandmitglieder, so hart es klingen mag, schon fast egal sind. Die Band ist alles andere als eine Demokratie und Fridén und Gelotte entscheiden alleine über die musikalische Ausrichtung. Nun ja, irgendjemand muss nun einmal das Kommando haben. Doch eine neue Personalie ließ doch aufhorchen. Wurde doch Niclas Engelin durch niemand anderen als Chris Broderick (ex-MEGADETH, ex-NEVERMORE) ersetzt. Von daher war es spannend, ob sich sein Einstieg auf die Musik von IN FLAMES auswirken würde.

Das eröffnende Instrumental „The Beginning Of All Things That Will End” lässt natürlich noch keine Rückschlüsse zu. Dafür bedarf es schon des eigentlichen Openers „State Of Slow Decay“, mit dem man ein richtiges Brett raushaut. Das geht ja schon gut los. Der Song schlägt eindeutig in die Death Metal Kerbe und dürfte selbst die größten Zweifler verstummen lassen. Doch es geht noch besser. Das beweisen die Skandinavier mit „Meet Your Maker“, welches die Nackenmuskel auf Betriebstemperatur bringt. Das folgende „Bleeding Out“ ist jedoch leider recht belanglos. Was die Musiker aber mit den beiden Teilen des Titelsongs schnell wieder ausgleichen. Das folgende „Pure Light Of Mind“ klingt anfangs verdammt nach IRON MAIDEN und das Gitarrenspiel von Broderick und Gelotte überzeugt hier auf ganzer Linie. Einzig der Klargesang von Anders Fridén klingt anfangs ungewohnt, was sich aber schnell gibt. Eines der Highlights auf „Foregone“.

Mit „The Great Deceiver“ und „In The Dark” gibt es dann wieder Melodic Death Metal. Das Beste haben sich IN FLAMES bis zum Schluss aufgehoben. „End The Transmission“ schlägt gekonnt die Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Wenn Fridén hier singt „Choose your side, there are no winners, Hell is overcrowded and Heaven's full of sinners” möchte man einfach nur zustimmen.

Natürlich werden auch hier wieder nicht wenige etwas zu Meckern haben, aber für mich ist „Foregone“ einfach nur ein wirklich gutes Album. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. (Matthias)

Bewertung:

8,5 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 46:46 min
Label: Nuclear Blast Records
Veröffentlichungstermin: 10.02.2023