Jess And The Ancient Ones - Vertigo

jessandtheancientones vertigoBeim letzten Album von JESS AND THE ANCIENT ONES hatte ich ja als Hauptkritikpunkt geschrieben, dass das Album dann doch sehr kurz geraten ist. Mit knapp 40 Minuten Länge ist das neue Album „Vertigo“ auch nicht viel länger geworden. Aber der Groschen ist gefallen. Viel mehr passt auf eine LP halt nicht drauf. Und welches Format wäre für die Musik der Finnen besser geeignet als Vinyl? Eben.

Denn JESS AND THE ANCIENT ONES sehen nicht nur so aus als kämen sie direkt aus den 70ern, sie klingen auch so. Und das ist gut so. Denn im Gegensatz zu vielen Retrobands klingen sie nicht retro, sondern echt.

Dabei klingt „Vertigo“ aber doch gleichzeitig deutlich moderner als der Vorgänger „The Horse And Other Weird Tales“. Aber auch erwachsener, gereifter. Mit „Burning Of The Velvet Fires“ startet man beinahe fröhlich in das Album. Schon hier zeigt sich wieder die Dominanz der Hammondorgel und auch Spoken Words tauchen hier zum ersten Mal auf – ein Element, dem man auf diesem Album noch häufiger begegnen wird. Auch „World Paranormal“ schlägt in diese Kerbe und verbreitet eine fröhliche Stimmung, die sich live sicher gut in Bewegung umsetzen lässt.

Dem Genretag psychedelic alle Ehre macht dann „Talking Board“, das durch diverse Soundsamples irgendwo zwischen dramatisch und verstörend schwankt, letztendlich aber doch richtig gut ins Ohr geht, genau wie das coole „Love Zombie“. „Summer Tripping Man“ ist dann erster Höhepunkt des Albums. Die Spoken Words erinnern etwas an JETHRO TULLs „The Hare Who Lost His Spectacles“, aber dann nimmt der Song richtig Fahrt auf und wandelt sich zum absoluten Ohrwurm der Scheibe.

Ohne Pause geht es weiter mit „Born To Kill“, das fortführt, was „Summer Tripping Man“ begonnen hat. Hier erlaubt man sich auch mal, richtig hart und heftig zu agieren. Und gegen Ende wird das Album dann tatsächlich immer besser (auch wenn es in keiner Weise schlecht angefangen hat). „What’s On Your Mind“ ist so eine tolle Psychedelic Rock-Nummer - ich würde das wirklich, wirklich gerne live sehen. Hoffen wir, dass es bald so weit ist.

Doch das gewaltigste Stück haben JESS AND THE ANCIENT ONES bis zum Ende aufgehoben. Während die übrigen Songs des Albums eine Länge zwischen drei und fünf Minuten haben, kommt der letzte Song auf elfeinhalb. Hier geht man nicht gleich in die Vollen, sondern lässt sich Zeit, um allmählich Spannung aufzubauen. Ruhig und getragen beginnt das Stück und steigert sich zu einem richtig guten Song, Sängerin Jess schafft es, mit ihrem Gesang den Hörer richtig zu berühren. Immer wieder wandelt sich der Song, zeigt eine andere Seite der Band und demonstriert ihre Songwritingqualitäten. Da ist es dann wirklich schade, dass das Album nach diesem Song schon endet.

Die Finnen haben mit „Vertigo“ sicher nicht das Rad des Psychedelic Rock neu erfunden, aber sie haben wieder einmal ein richtig gutes Album geschrieben, dem man anhört, wie viel Herzblut hier reingesteckt wurde. JESS AND THE ANCIENT ONES sind dabei ihrem Stil treu geblieben und gleichzeitig wirkt das Album lebendiger als das letzte.
(Anne)

Bewertung:

Anne7,0 7 / 10

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 40:20 min
Label: Svart Records/Cargo
Veröffentlichungstermin: 21.05.2021

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden