Enslaved - Utgard

enslaved utgardÜber Jahre hinweg haben die Norweger ihren Stil perfektioniert, den sie mit ihrem künstlerischen Höhepunkt, dem Doppelschlag "Vertebrae" und "Axioma Ethica Odini" perfektioniert haben. Danach blieben die großen Veränderungen aus, und auch an die Qualität konnte man nicht mehr ganz anknüpfen. Dennoch bleiben ENSLAVED die große Instanz im Pagan Metal, da sie auch Fans andere Genres ziehen konnten. Nun ließen sie sich fast drei Jahre Zeit, um ein neues Werk einzutüten, zwischendurch wurde Drummer Cato Bekkevold durch Iver Sandoy ersetzt. Zuletzt setzte "E" vor allem auf Atmosphäre, wo steht die Truppe nun mit "Utgard" im neuen Jahrzehnt?

Man könnte eingangs meinen, sie wollen am Vorgänger direkt anknüpfen, denn dessen gregorianische Chöre beschreiten dort eingeschlagene Pfade noch weiter. Auch die akustischen Gitarren und sanften Leads deuten in diese Richtung, bevor bei "Fires in The Dark" die Post abgeht. Die Grunts werden von schweren Akkorden begleitet, wenn das Tempo anzieht klagen die cleanen Vocals und der neue Mann an den Fellen bringt sich mit geschickten Variationen ins Spiel. Das Wechselspiel der Stimmungen wird bis zum Outro durchgezogen, bei dem es dann wieder zum Ausgangspunkt zurückgeht. Man mag es am Ende kaum glauben, dass da erst sechs Minuten vergangen sind, so viel da bereits passiert.

Das wird sich im weiteren Verlauf als geradezu typisch für das neue Album heraus stellen, die Songlängen wurden massiv zurück gefahren und pendeln sich zwischen viereinhalb und sechs Minuten ein, eher ungewöhnlich für die Band. "Flight Of Thought And Memory" ist ebenso ein Song, der darunter leidet, dass den Ideen damit der Raum genommen wurde, sich so richtig zu entfalten, manches Passage würde man gerne länger genießen. Wenigstens räumte man dem wunderschönen Refrain genug Platz ein, doch das fordernde Schlagzeug, die Soundwände, das über eine DoubleBass-Attacke gelegte Solo oder das verträumte Ende sind zu skizziert, zu marginal angerissen.

Dabei gehört das Lied zu denen, welche sich am ehesten an dem klassischen Sound von ENSLAVED orientieren, ebenso wie "Jettegryta". Hier besticht der kraftvoll rollende Einstieg, der die Pagan-Wurzeln betont, das Sirren der Gitarren ist eher verhalten, dafür der Klargesang wunderbar getragen. Immer wieder werden auch rockige Elemente eingestreut, was sich durch das ganze Album zieht, darüber hinaus steuert Hakon Vinje ein tolles Orgelsolo bei.
Jedoch gelingt es nur in "Homebound" die einzelnen Teile wirklich in Fließen zu bringen, um den Hörer nicht mit allzu viel harschen Wechseln zu überfordern. Das rockige Stampfen wird von dunklem Sirren abgelöst, die Leads pendeln gekonnt von düster ins melodiös aufhellende Fach, um das Stück so für den weiten Chorus zu öffnen. Im instrumentalen Mittelteil laufen floydige Soli mit proggigen Abfahrten ineinander, bevor das Piano die verzweifelten Gesänge ausleitet.

Zum Glück verbleibt "Utgard" nicht nur in dem Wiederaufbereiten der eigenen Errungenschaften, sondern sucht auch den Weg zu neuen Ufern, die eben auch eher im atmosphärischen Fach zu suchen sind. Das Grundriff von "Sequence" hat schon etwas gotisch rockendes an sich, die immer wieder eingeschobenen Klargesänge unterstreichen diesen Eindruck zusätzlich. In der Mitte wird es gar etwas spacig, was den Fünf aber auch gut zu Gesicht steht und sich in den Kanon des Songs einfügt. Noch viel deutlicher kommt der Gothic-Touch in "Urjotun" zum Vorschein, bei dem der Sequenzer zu Beginn den Takt vorgibt und das Riff den Bogen zum Post Punk spannt.

Schön, dass sich ENSLAVED nicht auf ihrer Stilistik ausruhen, sondern sich im progressiven Geist immer weiter entwickeln, das hält die Sache spannend. Ungewöhnlich auch der ruhige Schlusspunkt "Distant Seasons" mit seinen flirrenden Klampfen und flächigen Chören sowie Synthesizern, der die Brücke zu Opener und Vorgänger schlägt. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass sich "Utgard" mit seinen Arrangements ebenso viel Zeit gelassen hätte wie mit seiner Entstehung, Es dauert schon einige Zeit, bis man sich in all die kleinen Details reingedacht hat, doch dann entfaltet auch diese Scheibe ihre Kraft und Größe, welche der Fan zu schätzen weiß. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 45:06 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 02.10.2020

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