Panzerballett - Planet Z

panzerballett planetzDrei Jahre hat es gedauert bis die verrückten Münchener wieder etwas Neues an den Start brachten. Dabei setzten sie dieses Mal verstärkt auf das Werk bekannter Komponisten, anstatt eigene Songs zu schreiben. Zwar war ihnen Fremdmaterial noch nie fremd, aber hier suchten sie sich schon im Ansatz avantgardistische Stücke aus, während man früher genrefremdes komplett im Jazz Metal-Gewand zerlegte, wie zuletzt Weihnachtsklassiker. Dazu hat Mastermind Jan Zehrfeld die Idee gehabt die besten Schlagzeuger der Szene auf dem Album zu verewigen, was sicherlich auch einiges an Organisationszeit in Anspruch nahm. Um den leichten Ansatz einer Soloplatte zu unterstreichen, gab der Gitarrist dem Dreher den Namen "Planet Z".

Zu dem auserwählten Sticksman gehören ihr Landsmann Marco Minnemann, der für jeden Spaß zu haben ist, der ehemalige Zappa-Schüler Morgan Agren, der sich in Progkreisen eine hohe Reputation erspielte oder Virgil Donati von den namensähnlichen PLANET X. Für jeden wurde extra eine Komposition ausgesucht, mit ihrer Verspieltheit lasen sie die abgedrehten Stücke noch ein wenig verrückter wirken. Neben Zehrfeld ist nur noch partiell Joe Doblhofer von seinen letzten Mitstreitern dabei, Sebastian Lanser, der zuletzt auf dem Drumschemel Platz nahm ist dieses Mal nicht an Bord, so kann der Bandgründer seiner Vision noch mehr folgen.

Mit "Prime Time" der Avantgarde-Komponistin Nélida Béjar kommt man langsam aber gewaltig, die Gitarrenarbeit ist allerdings schon reichlich verquer, wie kann man nur so Töne aus seinen Saiten zaubern, wobei ich gar nicht wissen möchte wie viele aufgezogen wurde. Der Rhythmus lässt noch locker und drückt eine nicht so in die Sitzen wie so manches was man von der Formation kennt, Zehrfeld schlägt sein Instrument eher clean an wie er es im weiteren Verlauf der Scheibe noch öfter tut. Dennoch rattert es hier und da im Stacatto, während sich die jazzige Atmosphäre besser verbreiten kann, da dem Saxophon von Florian Fennes mehr Platz eingeräumt wurde.

"Who The Jack Is Migger" aus der Feder von Martin Mayrhofer, der dem direkten Umfeld entstammt ist da schon quirliger und besticht durch seine Duelle. Da treffen Licks auf Saxophonlinien oder prallt cleanes Picking auf heftige Riffs, nur um im Solo so richtig den Jazzer raushängen zu lassen. Sehr dominant ist das Blasinstrument im groovigen "Coconut", wo es herrlich swingt. Lediglich in "Urchin vs. Octopus" schweigt der Blechbläser und lässt den Djent-affinen Riffs freien Lauf. Dynamik bringen die perlenden Leads und das Solo, welches sanft beginnt und sich immer weiter in Skalengedudel steigert.

"Alle meine Ändchen" betont hingegen eher die Tasten, das Piano von Jan Eschke gibt es im Verlauf des Albums noch öfter zu hören, aber hier darf sogar mal der Synthesizer solieren und weitere Klangfarben einbringen. Dabei gibt es davon auf "Planet Z" wahrlich genug zu entdecken, und so abgedreht wie mancher Songtitel geht es auch bei den Liedern selbst zu. Die Harmonien zwischen den dünnen Saiten und dem Piano erinnern bei "No One Is Flying The Plane" an Jingles alter Fernsehsendungen. Allerdings beinhaltet die Erkennungsmelodie vom "Aktuellen Sportstudio" kein Schlagzeugsolo und seltsame Spoken Word-Passagen.

Die Fremdkompositionen wirken im Verhältnis rockiger als noch auf "Breaking Brain", die ganz schroffen Metalattacken halten sich im Hintergrund. Schräg wird es besonders dann, wenn es an bekannte Werke geht, die man bearbeitet wie dem "Walkürenritt" von Wagner. Zu Beginn klöppelt der Bass, das berühmte Thema geht natürlich auch hier an die Bläserfraktion. Dazwischen duellieren sich die Gitarren mit den Drums, welche hier von Hannes Grossman übernommen werden.
RUSH haben ja einst mit "YYZ" so ziemlich alle Progmusiker beeinflusst, wobei das Grundmotiv auf einem Morsecode beruht. Die Jungs von PANZERBALLETT bilden da wohl keine Ausnahme, und haben mit "SOS" ihre eigene Vertonung weitverbreiteten titelstiftenden Morsecodes eingespielt. Jener Nummer lebt vor allem von den Wechseln, wie verschieden Instrumente den Drei-Ton-Rhythmus interpretieren.
Technisch bekommt die Truppe das sauber hin, bei den Könnern sitzt alles punktgenau. Allerdings sind viele Arrangements etwas zugebaut und geben den individuellen Schlagwerkern kaum Gelegenheit ihren Charakter zu entfalten. Eher erzeugt diese Herangehensweise eine gewisse Sterilität und Kopflastigkeit, die letzten Alben waren lockerer im Spiel. Für Freunde krummer Takte ein Fest, aber "Planet Z" klingt auf Dauer doch zu angestrengt. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 51:53 min
Label: Gentle Art Of Music/Soulfood
Veröffentlichungstermin: 18.09.2020

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