My Dying Bride - The Ghost Of Orion

mydyingbride theghoistoforionTragödien sind der Stoff aus dem guter Doom Metal geschmiedet wird, dann wenn die trauerverhangenen Motive der Coverartworks musikalisch Realität werden. Wenn es im Leben von Frontmann und Texter Aaron Stainthorpe an etwas nicht mangelt, dann an Tragödien. Stand der Vorgänger "Feel The Misery" ganz im Zeichen des Todes seines Vaters, so traf es ihn seitdem mit der Krebserkrankung seiner Tochter noch härter. Mittlerweile ist sie zum Glück geheilt, so dass es nur noch kleine Tragödien wie der Ausstieg des gerade erst zurück gekehrten Originalgitarristen Calvin Robertshaw sowie des langjährigen Drummers Shaun Steels zu verzeichnen gibt. Nachdem man mit dem früheren PARADISE LOST-Schlagzeuger Jeff Singer mal wieder in bei den Ausgemusterten der Kollegen von den Peaceville Three wilderte, ging man ins Studio um "The Ghost Of Orion" einzuspielen.

Von Anfang an wird klar, dass der Weg desvorherigen Longplayers fortgeführt wird, denn die Truppe agiert noch ruhiger als darauf, lässt selbst das bisher kommerziellste Werk "Like Gods Of The Sun" heftiger wirken. Todesmetallische Ausbrüche sucht man hier mit der Lupe, wie auch Passagen, in denen das Tempo angezogen wurde. Vielmehr stellt sich auf dem dreizehnten Werk eine fast sakrale Stimmung ein, die vor allem auch den Klargesang von Stainthorpe betrifft, die mit einigen entsprechenden Effekten unterlegt wurde. Wie diese dann live zu reproduzieren sind, muss sich noch heraus stellen, gerade wenn beim Opener die cleanen Vocals und die Grunts übereinander gelegt wurden.

In jenem "Your Broken Shore" verkünden die Leadgitarren direkt, wer hier zu Gange ist, auch wenn man nicht auf den Bildschirm oder die CD schaut. Die tiefe Traurigkeit ist durch das abermals gedrosselte Tempo noch gewachsen und jagt einem fast Angst ein. Aber man kennt den Sechser schon lange und weiß, wie viel Schönheit und Anmut sich dahinter verstecken, wenn der Hörer tief genug schürft. Die Geige ist auch wieder sehr stark vertreten und weint in typischer Manier vor sich hin, setzt dabei auch melodische Akzente. Mit der Zeit steigert sich die Dynamik und lässt ein paar Grunzer zu, die aber doch deutlich weniger Raum einnehmen als in der Vergangenheit und auch dem schleppendem Tempo unterliegen.

Der Doom nimmt den stilistisch größeren Anteil ein, das macht der zweite Song "To Outlive The Gods" deutlich, bei dem das Piano zum Zuge kommt, welches auf "The Ghost Of Orion" nicht so oft eingesetzt wird.  Der flehende Refrain macht es zum zugänglichsten Stück der Platte, an die fast schon Hitqualitäten des Titeltracks vom Vorläufer reicht es indes nicht heran. Im Anschluss wird es dann mit "Tired Of Tears" richtig kirchlich, der Gesang strebt in ungeahnte Sphären und gibt die Stimmung des gesamten Albums vor. Interessant sind auch die leicht postmetallischen Auflösungen die sich gegen Ende in die Riffstrukturen legen und noch öfter auf der Scheibe zu finden sind, ein Indiz für die stetige Weiterentwicklung der Band.

Wer nun dachte, es geht nicht mehr andächtiger, der sieht sich dann "The Solace" ausgesetzt, in dem lediglich eine weibliche Stimme und Andrew Craighans Stimme zu hören sind, welche sich schwer durch die sechs Minuten mahlen. Damit beschreiten MY DYING BRIDE ganz deutlich neue Wege, überhaupt sind die beiden Zehnminüter auf der zweiten Albumhälfte von solch sphärischen Stücken eingerahmt, dazu zählt auch der akustische gehaltene, fast floydige Titelsong, der getrost auf TIAMATs "Wildhoney" seinen Platz gefunden hätte.
Dieser läutet "The Old Earth" sehr gekonnt und ruhig ein, bevor auch dort die Dynamik mit feinen Leads anzieht. Neben ein paar gutturale Vocals bietet die Komposition viel Sprechgesang und am Ende auch das einzige Mal einen kurzen Ausbruch in Form von derben Grunts und einer DoubleBass, allerdings mit halber Geschwindigkeit. Nach den sanften Gitarren des Outros nimmt "Your Woven Shore" den Titel des ersten Liedes wieder auf und schließt den Kreis mit einem Kirchenchor zu pastoralen Klängen.

Herzstück von "The Ghost Of Orion" ist allerdings "The Long Black Land", welches sich erst sehr schwerfällig dahin schleppt, aber auch Raum für ein paar kleine Attacken lässt, die immer wieder hinein stoßen in die dunkle Atmosphäre. Mit der Cellistin Jo Quail bringt man noch mehr klassisches Instrumentarium an den Start, die ihre Saite auch passenderweise düster streicht. Shaun McGowan darf dafür nach einem ruhigen Mittelteil mit seiner Geige solieren, bevor am Ende noch mehr Post-Flächen ausgebreitet werden, zu denen die Riffs in unendliche Tiefen hinab tauchen. Eine schwierige, aber bemerkenswerte Scheibe, auf der MY DYING BRIDE fast schon altersmilde klingen, man muss sich aber wieder mehr Zeit nehmen, um sich darauf einzulassen. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 56:42 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 06.03.2020

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