appice sinisterDrummer Carmine Appice gründete 1967 die Psychedelic Rocker VANILLA FUDGE, nach deren Ende zog es ihn und seinen Rhythmuspartner Tim Bogert zu CACTUS und danach BECK, BOGERT & APPICE. KING KOBRA und BLUE MURDER waren seine Stationen in den Achtzigern, bevor er sich seinen Guitar Zeus-Projekten widmete. Sein ebenso jüngerer Bruder Vinnie fing direkt bei BLACK SABATH an, wo er Bill Ward ersetzte. Von dort nahm ihn Ronnie James Dio mit zu seiner eigenen Band DIO, bei beiden Formationen sollte er im Laufe der Jahre immer wieder auftauchen. Vor vier Jahren haben sich die beiden zusammen getan und unter „Drum Wars“ ein Livealbum mit Coverversionen aus ihrer Vergangenheit veröffentlicht. Nun firmieren sie schlicht unter APPICE und haben mit „Sinister“ quasi ihr Debütalbum unter die Leute gebracht.

Wie immer bei solchen Unterfangen ist die Liste der mitwirkenden Gäste recht lang und illuster, und auch hier haben sich viele frühere Weggefährten verewigt. Nur manchmal hilft das auch nicht weiter, wenn das Songmaterial nicht stimmt, und kompositorisch lässt die Scheibe viele Wünsche offen. Zwar bewegt man sich zumeist im angestammten Hard Rockfahrwasser, nur ein paar moderne Ansätze erlaubt man sich. So zum Beispiel im eröffnenden Titelsong, der zu Beginn mit ein wenig Elektronika aufwartet, bevor er düster losstampft. Das bewegt sich nicht so richtig vorwärts, daran ändert auch die Tempoverschärfung im Refrain wenig.

Recht zeitgemäß ist auch die Riffuntermalung des Drumduells „Drum Wars“ gehalten, wobei diese aber kaum der Erwähnung wert wäre. Denn nicht nur hier steht das Spiel der beiden im Vordergrund, auch beim Mix ist es sehr präsent. Bei den beiden Könnern ist das sicher nicht das Schlechteste sie in den Vordergrund zu stellen, in einigen Songs kann man die Brüder von jeweils einem anderen Kanal hören. Hier zeigen sich auch die Unterschiede zwischen dem verspielten, jazzigeren Carmine und dem forscheren, rockigen Vinny. Doch so gut die zwei sind, auf nur tollen Drumparts kann man keine wirklich großen Songs aufbauen.

Schon der etatmäßige Frontmann Jim Crean, der bereits auf der Liveplatte sang erweist sich als Schwachpunkt, was schon der angesprochene Opener offenbart. Neben wenig Stimmvolumen ist er auch Sinnbild für die produktionstechnische Uneinheitlichkeit. So hört er sich beim kraftvollen, DIO-affinen „Danger“ wie ein schwächelnder Jeff Keith von TESLA an, während er die tollen Melodien von „In The Nite“ nicht zu transportieren vermag. Dennoch gehört jene Nummer dank der Leads von Ron „Bumblefoot“ Thal zu den besseren auf „Sinister“.
Leider machen es eigentlich potentere Vokalisten auch nicht besser, von Paul Shortino hat man schon länger nichts mehr gehört, er scheint ein bisschen verlernt zu haben. Im kernigen Blues Hardrocker „Suddenly“ kann er noch ansatzweise überzeugen, auch wenn er nicht vorhandene Melodiebogen nicht herbei zaubern kann. Doch was er mit der treibenden DIO-Hommage „Monsters And Heroes“ anstellt ist schon sehr grenzwertig.
Eigentlich soll die Nummer hymnisch angelegt sein, zu hören ist davon wenig, der Song kommt nicht in die Gänge. Zum Glück kann das der gute Ronnie James nicht mehr hören, er würde sich im Grab rumdrehen. Wenigstens im an WHITESNAKE erinnernden „War Cry“ weiß er dann wieder zu gefallen, zumal hier auch Joel Hoekstra eine feurige Axt spielt, mal sehen wie das kommende Album seines Hautbrötchengebers wird.

Dabei haben einige Stücke den DIO-Groove wie das schwerfällige „Killing Floor“, welches auf „Magica“ hätte stehen können. Noch besser macht es Craig Goldy als Mitkomponist beim ebenso schleppenden „Future Past“, welches mit atmosphärischen Synths den Bogen zu „Last In Line“ spannt. An die Siebziger erinnert nur das von Carmine geschriebene „You Got Me Running“ wobei er als Sänger ebenfalls eine Fehlbesetzung ist. Doch der coole Groove und die heulende Hammond holen es hier aus dem Feuer.
Leider besitzt „Sinister“ die Fähigkeit selbst klasse Vorlagen nach aller Regel der Kunst an die Wand zu fahren. „Riot“, das Carmine mit BLUE MURDER aufnahm, wird hier jeglicher Atmosphäre beraubt und macht die Schwächen von Gitarrist Torbjörn Andersson deutlich, dem teilweise das Timing fehlt, dazu fehlt jegliche Inspiration. Die arg komprimierte Produktion tut ihr Übriges, zumal sie recht undifferenziert und unausgewogen daher kommt. Da kann auch Robin McAuley am Mikro nicht mehr viel ausrichten.

Und nachdem man sich mehr schlecht als recht durch das Werk getankt hat, der ein oder anderen verpassten Chance nachtrauert, welche die fähigeren Musiker liegen ließen, zieht einem der „Sabbath Mash“ endgültig die Schuhe aus. Dass man Songs aus der Ozzy-Ära nahm, bei der Vinny nicht dabei war, ist noch zu verschmerzen, wie lieblos diese zusammen geschustert und von Crean gesungen wurden weniger. Doch was soll das Synthieorchester in den „War Pigs“-Zitaten und vor allem das Pianosolo von „Paranoid“? Nichts gegen Experimentierfreude, es gibt sicher Dinge, die kann man machen, das gehört nicht dazu. Das ist der abschließende Tiefpunkt eines enttäuschenden Scheibchens, bei dem nichts richtig zünden will, die besseren Titel nicht über biederen Durchschnitt hinaus kommen. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer3,5 3,5 / 10


Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 67:15 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 27.10.2017

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