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robinbeck loveiscomingOne-Hit-Wonder gab es in der Musikgeschichte mehr als genug, entweder geschah dies durch Zufall oder weil man auf den schnellen Erfolg schielte. Es gab One-Hit-Wonder, von denen man danach nie mehr was hörte wie WHIGFIELD, es gab One-Hit-Wonder, die nur noch mit Skandalen auf sich aufmerksam machten wie Boy George, es gab One-Hit-Wonder, die künstlerisch relevant blieben wie MARILLION, es gab One-Hit-Wonder, die such später neu erfanden wie EUROPE, es gab One-Hit-Wonder, die weiter Alben veröffentlichen, von denen niemand etwas mitbekommt wie BECK. Mit dem selben Namen ist auch die Kanadierin ROBIN BECK ausgestattet, deren Coca-Cola-Werbejingle 1988 so erfolgreich war, dass er als Single veröffentlicht wurde und weltweit die Charts anführte. Sie teilt auch das selbe Schicksal, dass ihre Platten der letzten 25 Jahre untergingen, wie zuletzt „Underneath“. Doch zusammen mit Ehemann und HOUSE OF LORDS-Boss James Christian macht man unentwegt weiter und hofft mit „Love Is Coming“ auf bessere Zeiten.

Es kommt selten vor, dass ich mich zu einem Albumcover äußere, doch hier muss ich mal was loswerden. Zugegeben, vor drei Jahren auf dem SwedenRock konnte ich mich davon überzeugen, wie attraktiv die Dame in ihrem Alter immer noch ist. Daher hätte sie es auch gar nicht nötig, ihr Konterfei auf dem Artwork so entsetzlich photoshoppen zu lassen, dass sie wie ein Püppchen aussieht. Man soll ja aber nicht nach der Verpackung, sondern nach dem Inhalt urteilen, doch hier ist genau das drin, was drauf ist, denn die Musik gibt sich ebenso künstlich wie die Hülle.

Ob man nun kaum differenzieren kann, ob es sich bei den instrumentalen Hooks von „On The Bright Side“ um Gitarren oder Keyboards handelt, oder man im Titeltrack nicht weiß, ob das Bläser, Samples oder Synthiefanfaren sein sollen, hier klingt einiges bis zur Unkenntlichkeit totkomprimiert. Dabei soll gerade letztere Nummer den Souleinfluss der Scheibe deutlich machen.
Der ist sicherlich da, wie schon der rockige Opener „Island“ andeutet, auch das angefunkte „Me Just Being Me“ weiß zu gefallen, bis der extrem klebrige Refrain einsetzt und einiges zunichte macht. Wie es richtig geht, belegt die Ballade „If I Only Knew“ mit warmen „Uh Uh“-Chören und luftigeren Arrangements.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob man die stärkeren Songs absichtlich an den Schluss gestellt hat. Oder sagen wir besser die gehaltvolleren, auch der Hardrocker „Girl like Me“ findet sich erst spät auf „Love Is Coming“. Stattdessen gab man anderen Direktiven den Vorzug, wie modernem Pop Rock der Marke KELLY CLARKSON. So könnte man sich das atmosphärische „On To Something“ und vor allem „Lost“, dessen Synthesizerstrophe ein kerniges Riff folgt, sehr gut im US-Radio vorstellen. Richtig rocken tut es nur selten, wenn dann recht modern wie bei „Crave The Touch“.

Verantwortlich hierfür ist Cliff Magness, der schon für AVRIL LAVIGNE arbeitete und weiß, wie man sich auf dem US-Markt profiliert. Ob auch die Verjüngungskur auf dem Cover seine Idee war, lässt sich schwer sagen, ebenso ob es einen Nutzen hat. Der Mann hat fast alle Instrumente eingespielt und war auch für den Sound zuständig. Und der fällt eben sehr glatt gebügelt und zeitgemäß aus, lässt dabei aber viele Details nicht zur Geltung kommen. Wer  auf dem Album so etwas wie Dynamik findet, darf sie mit nach Hause nehmen und sich einrahmen.

Das ist sehr schade, denn die Songs an sich können was, wie etwa „In These Eyes“. Diese typische vom Piano getrieben Powerballade funktioniert heute noch, dazu singt ROBIN BECK wirklich gut. Ähnlich kraftvoll gibt sie sich beim melancholischen „Here i am“, wobei hier ein paar weniger Elektrobeats angenehmer gewesen wären. An tollen Melodien mangelt es „Love Is Coming“ wirklich nicht, doch eine erdigere Herangehensweise wäre besser gewesen, zumal die Dame heute kein Chartkandidat mehr ist. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer5,5 5,5 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 46:18 min (CD1)
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 13.10.2017

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