puder sessiontapesAuf die in Hamburg ansässige Künstlerin PUDER, bürgerlicher Name Catharina Boutari, bin ich aufmerksam geworden, weil ich auf der Suche nach außergewöhnlicher Pop-Musik den Künstlernamen sowie das Konzept hinter „Session Tapes 1 + 2“ ungemein spannend fand, und wissen wollte, was sich hinter diesem Projekt und hinter diesem Album verbirgt.

Für dieses Album arbeitete Catharina im März und im September des vergangenen Jahres jeweils für ein paar Tage gemeinsam mit dem Produzenten Gregor Henning in einem Bremer Studio, nicht alleine, nicht zu zweit, sondern mit vielen anderen Musikern zusammen, man kann auch sagen, man traf sich zu "Sessions". Hört man dieses Album in der nötigen Ruhe, dann gewinnt man tatsächlich den Eindruck, dass hier viele der verarbeiteten Ideen spontan entstanden sind und man kann auch nicht behaupten, dass hier wenig experimentiert worden und alles nach gängigen Schablonen strukturiert worden ist.

Alleine bereits die Genreklassifizierung stellt eine Herausforderung dar, vermutlich ist dieses „Session Tapes“ Album eine zeitgemäße Form von „Art Pop“. „Art“ insofern, dass wirklich der künstlerische Aspekt über allem steht und spürbar zu greifen ist, „Pop“ insofern, dass die Musik durchaus auch Elemente hat, die dem Mainstream zugeordnet werden können, und „Pop“ ergibt sich auch ein Stück weit aus dem Ausschlussverfahren, denn das hier ist weder Rock, noch Jazz, noch Klassik, noch Hip-Hop, noch Electro, wenngleich auch aus diesen genannten Stilen Einflüsse und Ideen aufgegriffen wurden.

Catharina Boutari singt und textet dabei überwiegend in deutscher Sprache, die Themen gehen dabei kreuz und quer von Anspruch bis Nonsens, ab und zu wechselt sie auch ins englischsprachige, das steht der Sängerin grundsätzlich auch gut zu Gesicht, ich persönlich finde es allerdings meistens etwas unpassend, wenn innerhalb eines Songs zwischen den Sprachen gewechselt wird, da kommen stellenweise schon arg grenzwertige sprachliche Konstellationen zum Vorschein.

Wirklich interessant an diesem Konzept der Künstlerin ist, dass man tatsächlich gravierende Unterschiede zwischen „Session 1“ und „Session 2“ heraushören kann, trotzdem klingt vieles aus einem Guss, was schon verwundert, denn das was PUDER hier macht, ist nicht gerade das, was man gemeinhin unter einem roten Faden versteht. Man kann als Hörer also prima beide Sessions hintereinander hören, wobei ich nun gar nicht so genau sagen kann, welche Session ich nun besser finde, denn beide haben gute und beide haben schlechte Seiten. In der ersten Session wirkt ein Lied wie „Mein Mädchen Kann“ verstörend, bei dem Opener „Tokio Calling“ fühlt man sich hingegen direkt pudelwohl.
Bei der zweiten Session stolpert man dann über ein Spoken-Word Stück wie „Jackie“ und denkt sich erst einmal nur „…WTF…?“, doch gerade dieses Stück ist am Ende das, an das man sich auch noch in einer halben Ewigkeit wird erinnern können. Eine Nummer wie „Naughty“ ist und bleibt einfach nur nervig, auch „Polaroid“ verfügt über ein anstrengendes Grundthema, für mein Empfinden auch kein Highlight.

Dieser Zwiespalt zwischen „gut“ und „böse“ zieht sich dann auch über das komplette Album, also durch alle zwölf der komponierten Songs. Einerseits hat man ständig das Gefühl, dass man es hier mit richtiger Musikkunst zu tun hat, die avantgardistisch und trotz dezenter Pop-Affinität in Gänze unkommerziell ist, andererseits wird man den Eindruck nicht los, dass hier mehr drin gewesen wäre, wenn sich die Künstlerin und ihr Produzent bei den Aufnahmen mehr Zeit gelassen hätten und vor allem, wenn man mehr mit richtigen Instrumenten gearbeitet hätte. „Session Tapes 1 + 2“ bietet gleich in mehrerlei Hinsicht die Möglichkeit Worte mit der Silbe „künst“ zu verwenden. „Künstlich“ versus „Künstlerisch“, mit diesen beiden Worten lässt sich vorliegendes Album prima beschreiben. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20167,0 7 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 43:00 min
Label: Pussy Empire Recordings
Veröffentlichungstermin: 28.04.2017

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