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stevehackett thenightsirenWeiter geht die Reise des umtriebigsten der ehemaligen GENESIS-Musiker. Wie kein anderer verstand er sich immer als progressiver Geist, der musikalische Welten, die er unterwegs mitnimmt zu bearbeiten weiß. Wo Phil Collins im Sommer noch einmal seine Hits zum Besten gibt und Mike Rutherford mit seinen Mechanics versucht neue zu komponieren, geht STEVE HACKETT den eingeschlagenen Weg weiter. Nur zwei Jahre nach "Wolflight" steht ein neuer Longplayer in den Startlöchern, und das obwohl er zwischendurch auch noch mit altem GENESIS-Material unterwegs war. Aber der Mann hat seit Jahren eine eingespielte Truppe hinter sich, ist somit auch das Ergebnis vorhersehbar?

Zumindest gibt es auf seinen letzten Studiodrehern wieder eine klare Linie zu erkennen, die sich auf dem nunmehr fünfundzwanzigsten Output eindeutig fortsetzt. Zwischendurch hat sich der Meister ja komplett dem klassischen Fach zugewandt, dann hat er seine Vergangenheit mit Neuaufnahmen wieder aufleben lassen, während er vor allem auf "Beyond The Shrouded Horizon" mit Weltmusik flirtete. Nun bringt Hackett all seine Einflüsse wie schon auf dem direkten Vorgänger zusammen und versieht sie mit seiner ganz persönlichen Note.
Sein Gitarrenspiel ist wie immer brillant und wird sehr gerne in den Vordergrund gestellt, der typische Klang zwischen einem progressiven Rockgitarristen und seinem klassischen Einschlag ist unverkennbar. Die wuchtigen Drums, die gerne mal den Ton angeben, könnte man fast in die Phase von GENESIS verorten, als der Mann schon nicht mehr mit von der Partie war. Interessant ist, dass sie vor allem die Orchester-Parts begleiten, was schon mal jeden Vorwurf entkräftet auch nur ansatzweise gängige Muster zu verfolgen.
So gerät bereits das eröffnende "Behind The Smoke" zum wahren Ideenfeuerwerk, die getragene Schwermut steigert sich unter der symphonischen Wucht hinein in ein wunderschönes Solo, welches dann wieder in orientalische Skalen abgleitet. Noch mehr von dunkler Anmut erfüllt ist das Instrumental "El Nino", in welchem STEVE HACKETT einen ähnlichen Songaufbau benutzt, aber an seinen sechs Saiten viel mehr filigrane Läufe bietet. Wo der Opener immer wieder das Tempo und die Intensität variiert, steigert er sich immer mehr in fiebrige Atmosphäre.

Die orientalischen Ansätze finden sich auch im zweiten Stück "Martin Sea" wieder, welches mit seiner luftigen Art einen kompletten Gegenentwurf darstellt. Hier kommen die schönen Gesangsharmonien, bei denen wie im Verlauf des ganzen Albums immer wieder Amanda Lehmann zu hören ist, zu Zug. Besonders in "Inca Terra", in welchen sie an seine alte Kapelle erinnern oder "West To East", bei dem auch Kobi Fahri von ORPHANED LAND mit einsteigt. Seine Vorliebe für abendländischen Folk kann er in dem Titel ebenfalls nicht leugnen, der mit den Klängen aus dem Morgenland auf "The Night Siren" immer wieder eine in der Art selten gehörte Symbiose eingeht. Eher den in der westlichen Hemisphäre beheimateten Folk bekommt man in "Other Side Of The Wall" geliefert, während "In Another Life" gar das Mittelalter anklingen lässt.

Innerhalb dieser ganzen Koordinaten erscheinen traditionelle Prog-Zitate fast schon wie Ausnahmen, obwohl sie nach wie vor das Grundgerüst bilden. "Fifty Miles From The North Pole" bringt diese Stilistik noch ein wenig in die jazzige Ecke, wenn das coole Grundthema fast wie aus einem James Bond-Film zu stammen scheint. Darüber hinaus holt er Soundscapes aus seinen Saiten heraus, in die eine Trompete einsam bläst. Und bei "In The Skeleton Gallery" kann er sich so richtig austoben, wenn geschickt die Dynamik variiert wird und es ein paar instrumentale Abfahrten gibt, eine wilde Klarinette inklusive.
Natürlich kann STEVE HACKETT nicht mehr mit den ganz großen Innovationen aufwarten, doch die Kreativität sprudelt auch in bekannteren Bahnen. Dadurch dass er scheinbar unvereinbares auf immer andere Art und Weise zusammen bringt, behauptet er sich weiterhin im progressiven Genre. Seine Spiel gibt dem Ganzen die einheitliche Note, ob jetzt bei sphärischen Soli wie im abschließenden Instrumental "The Gift", oder wenn er sich in "Anything But Love" an spanischer Klassik versucht. Ebenso geschmackvoll agieren auch seine Mitmusiker, welche die Töne wohl dosieren und "The Night Siren" zu einem facettenreichen Progwerk machen. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 58:09 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 24.03.2017

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