Nachtgeschrei - Tiefenrausch

nachtgeschrei tiefenrauschNur rund anderthalb Jahre nach dem letzen Album kommen NACHTGESCHREI schon wieder mit einer neuen Platte um die Ecke. Das vorletzte Album fand ich ja richtig stark, das letzte konnte mich leider nicht so überzeugen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder das neue Album gefällt mir noch weniger, oder es gefällt mir wieder besser.

Dem Namen entsprechend beginnt das Album mit sanften Klängen und Meeresrauschen, das nach dem Untertauchen in unwirkliches Blubbern übergeht und so perfekt mit dem Titel übereinstimmt und auch den Titelsong „Tiefenrausch“ perfekt einleitet und sogar schon an Filmmusik erinnert bis dann die mittelalterlichen Instrumente einsetzen. Obwohl der Song insgesamt eher ruhig ist, ist es der perfekte Einstieg ins Album und gefällt mir richtig gut.

Und auch der zweite Song, „Aus dem Licht“, kann von Anfang an überzeugen. Schön flott, angenehm hart und mit einem Ohrwurmrefrain versehen wird der Song live sicher super ankommen (sofern er denn gespielt wird, was ich ja doch hoffe). In die gleiche Kerbe schlägt das düstere „Mal mich schwarz“, das ebenfalls sofort ins Ohr geht.

Auch der Rest der Platte bleibt in dieser Tradition. Obwohl vor allem die Gesangsparts oft eher ruhig sind, ist die Instrumentalfraktion mit einer angenehmen Härte versehen, ohne dabei die mittelalterlichen Instrumente aus den Augen zu verlieren. Damit gelingt der Gruppe ein Spagat, der vielen der sogenannten Mittelaltermetalbands nicht gelingt. Denn meistens dominieren ja doch die mittelalterlichen Instrumente, die E-Gitarren sind dann nur Beiwerk, damit man auch unter Metal firmieren kann oder aber man hat eben ein paar mittelalterliche Instrumente dabei, die aber nicht so recht zum Tragen kommen.

Bei NACHTGESCHREI jedoch ist die ausgewogene Mischung gelungen. Auch finde ich, dass Sänger Martin LeMar sich mittlerweile soundmäßig etwas besser eingefügt hat und etwas rauer singt als noch auf „Aus schwärzester Nacht“, was einfach besser zum Sound der Band passt.

Trotzdem kommt man nicht an der Quotenballade vorbei, die es dieses Mal mit „Zurück“ gibt. Wobei sich der Song nach großem Akustikanteil gegen Ende zu einer richtig schönen Powerballade mausert. Doch das Meisterstück der Scheibe ist wohl „Beste Feinde“, bei dem schon das Intro sofort überzeugen kann. Mehr bräuchte man eigentlich gar nicht. Aber es gibt ja doch noch einen ganzen Song als Bonus dazu. Der ist nicht umsonst der längste der Scheibe. Intensiv schraubt sich der Text in den Kopf, man kann schon beim ersten Mal mitsingen und auch das sehr passende Ende des Stücks dürfte gar nicht anders sein.

Das beschwingte „Stein um Stein“ ist auch ein Livekandidat, der schön groovt und sofort ins Ohr geht. „Ich verstumme“, das eine schöne Dramatik aufbaut, beweist, dass man auch mit ruhigen Songs ganz schön heavy sein kann. Der einzige Song, der mich nicht vollends überzeugen kann ist das moderne „1000 Tonnen Stahl“, das mir gegen Ende zu sehr vor sich hin dümpelt. Trotz des durchaus interessanten Italowesternanstrichs. Beim Abschluss „Laniakea“ steht Martins Stimme im Vordergrund und das macht sich wirklich gut. Damit ist dieser ruhige Song der perfekte Abschluss für das Album, dessen Outro dann das Gegenstück zum Intro bildet: man steigt nach dem „Tiefenrausch“ wieder an die Oberfläche und lauscht dem Geräusch der Wellen am Strand. Ein Effekt, der mir sehr gut gefällt. Damit gefällt mir das neueste Album der Frankfurter deutlich besser als das letzte, zu dem ich nie so recht den Zugang gefunden habe. Wer auf etwas heftigeren Mittelaltermetal steht kann hier eigentlich ungehört zugreifen. (Anne)

Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 60:07 min
Label: SPV Records
Veröffentlichungstermin: 03.03.2017

Kategorie: CD-Reviews