Ana Popovic (11.11.2016, Bensheim)

anapopovic trilogyIm Frühjahr gelang einer der führenden Bluesgitarristinnen der große Schlag, indem sie sich auf „Trilogy“ voll auslebte. Dieses Dreifachalbum lotete die verschiedensten Möglichkeiten ihres Genres aus und bestach so durch Vielfalt. Gekrönt wurde die Scheibe von einer phantastischen Produktion, welche in der heutigen Zeit wie eine Gabe anmutet. Auf der Bühne hat ANA POPVIC nicht das Großaufgebot an Musikern, die jeden Ton perfekt ausschmücken. Dafür kann sie sich seit Jahren auf eine eingespielte Truppe verlassen, die mit ihr durch die Lande zieht. In dem Herbst haben sie das neue Meisterwerk im Gepäck, wobei man auf die Interpretation der Songs gespannt sein durfte, die ja im Blues immer viele Freiheiten zulässt. NECKBREAKER besuchte das Gastspiel im Bensheimer Musiktheater Rex, um einer der fähigsten Damen an den sechs Saiten auf die Finger zu schauen.

Dabei war der Verfasser dieser Zeilen auch auf das neue Rex gespant, aus frühen Tagen kenne ich das Venue noch im alten Kino im Nachbarort Lorsch. Mittlerweile hatte ich den Club etwas aus dem Augen verloren, der mittlerweile zweimal umziehen musste. Bleibt zu hoffen, dass die Betreiber nun hier sesshaft werden, denn diese Location hat einiges zu bieten. Da ist zuerst einmal das alte Gebäude des Kulturdenkmals Güterhalle, welches einen urwüchsigen Charme versprüht. Dazu kommen die freundlichen Betreiber, das umsichtige Personal, sowie eine gute Auswahl an der Theke. Verkehrstechnisch ist das Rex perfekt gelegen, die B47 führt von der A67 vierspurig bis ein paar hundert Meter vor die Tür, dazu hat man mit den vielen Geschäften nebenan ausreichend Parkmöglichkeiten.

Schon die ersten Töne machten auch klar, dass sich die Akustik sehen lassen kann, für einen Club der Größenordnung sehr klar, ordentlich laut bei nur minimalem Übersteuern. Wie immer erschienen zuerst die drei Mitstreiter und heizten schon mal ein, bevor die Frontgrazie die Bühne betrat, um in ihr inzwischen zur Eröffnungssignatur erwachsenes Instrumental einzusteigen. Nicht nur den Herren der Schöpfung dürfte da die Kinnlade runtergeklappt sein, ein schwarzes Patchworklederkleid und Overkneestiefel mit Killerabsätzen, die nur aus Lederriemen bestanden sorgten für erhöhten Puls.
Es war aber genau der Puls, der im Funk schlägt, der die erste Hälfte des Sets bestimmte, denn zuerst kam ein Block aus Liedern von „Can You Stand The Heat“, dann einige Titel vom stilistisch verwandten ersten Part von „Trilogy“. Hier war es neben ihr speziell Ronald Jonker, der mit den dicken Saiten für den nötigen Groove sorgte. Durchaus tanzbar waren die Zuschauer etwas in Bewegung, auch wenn die ganz große Euphorie noch auf sich warten ließ. Die kam erst später bei den bluesigen Titeln, wenn entweder die spielerische Klasse lautstark bejubelt oder die rockigeren Stück abgefeiert wurden.

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Zu Beginn des Reigens aus Titeln ihres aktuellen Outputs erzählte ANA POPOVIC von dem langen Aufnahmeprozess und erklärte das Konzept ausführlich. Auch sonst war sie sehr redefreudig und ging auf die Geschichten hinter den Liedern ein. Bei allem, was sie den Zuschauern mitteilen wollte, schien sie freudig erregt wie ein kleines Kind bei einem bestimmten Fest in ein paar Wochen. Sie als Person zu beschreiben fällt schwer, da ist die große Freude, dieses Strahlen, aber dann auch wieder eine nüchterne Ernsthaftigkeit. Auf der einen Seite ist sie überaus freundlich, warf zum Abschied Kusshände ins Publikum, verteile direkt nach der Show Autogramme, doch eine gewisse Distanz wahrte sie dabei immer. Ist das professionelles Business oder eine Künstlerseele, die komplett in ihrem Schaffen aufgeht?

Wie auch immer die Person ist, was die Ausübung ihres Kunsthandwerks angeht, steht die Profession an erster Stelle. Sie macht sich Gedanken darüber, ob auch ihre Fans einen guten Sound genießen können, spielerisch tut sie ohnehin alles für deren Wohlbefinden. Es war eine Freude ihr zuzusehen, nicht nur wegen dem sehr offensiven Outfit. Ihre Stimme passte sich dem durchaus an, umgarnte gerne lasziv und klang dabei stets sicher. Egal ob funky Riffs, Blueslicks oder rockige Grooves, ihre Hände glitten mit einer ungeahnten Leichtigkeit über die Saiten. In den Soli explodierte sie dann förmlich, zelebrierte jeden Ton, windete sich immer wieder mit ihren Stratocastern und entlockte ihnen dabei warme Töne.

Natürlich durfte das gerne ausufern, die auf Platte gerade mal um die vier Minuten langen Songs wurden fast alle gestreckt. Dazu wurde einiges umarrangiert, weil man keine Bläser dabei hatte, was aber nicht negativ auffiel. Dennoch wäre ein Konzert mit einer großen Besetzung sicher ein Erlebnis. Nach unzähligen Gigs präsentierte sich ihre ebenso internationale Begleitband sehr spielfreudig und äußerst tight. Als Antreiber machte sich immer wieder Jonker bemerkbar, der seine Frontfrau auch ständig präsentierte. Vom Stageacting war er ähnlich lebendig wie sie, beide rissen die Show optisch an sich, wobei auch Stephane Avellaneda immer wieder eine Augenweide hinter seinem Drumkit war. Ständig grinsend meisterte er jazzige Breaks, dicke Grooves und die vielen Shuffles mühelos, seine lockere Griffhaltung wirkte sehr cool.

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An der Seite holte Michele Papadia einiges aus der Soundbibliothek seines Synthesizers heraus, vor allem die Orgeltöne wussten zu gefallen. Seine besten Auftritte hatte er, als das Jazzpiano gefragt war, leider gab es dazu nur wenig Gelegenheit. Ich hätte mir gerne mehr Stücke aus „Midnight“, dem dritten Teil von „Trilogy“ gewünscht, auch vom Coveralbum „Blue Room“ gab es wieder keine Kostproben, wobei Cover nicht außen vor blieben, wie die HENDRIX-Hommage am Ende zeigte. Die drei sind im Herzen sicher eher Rockmusiker, doch wenn es die Songs nötig machen, konnten sie sich angenehm zurück nehmen. Nur wenn man sie von der Leine ließ wie in den Solospots, die jeder bekam, ließen sie ihrem Drang freien Lauf.

Am Ende hatte ANA POPOVIC das Publikum komplett in ihren Bann gezogen, so wie sie in den Liedern aufging, war es nicht schwer die Zuschauer zu vereinnahmen. Man folgte der sympathischen Dame nur zu gerne und forderte am Ende lautstark Zugabe, obwohl das reguläre Set schon fast zwei Stunden dauerte. Egal ob auf ihren Hochglanzplatten oder auf der Bühne, sie fühlt den Blues und kann mit ihrem eingespielten Team nach Herzenslust improvisieren. Man darf gespannt sein, wo ihre Karriere noch hinführt. (Pfälzer)

Setlist ANA POPOVIC:
Ana´s Shuffle
Can You Stand The Heat?
Object Of Obsession
Rain Fall Down
Every Kinda People
She Was The Doorman
Woman To Love
If Tomorrow Was Today
Johny Ray
Waiting On You
Long Road Down
How´d You Learn To Shake Like That
Navajo Moon
Show Me How Strong You Are
Crosstown Traffic
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Train
Count Me In

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