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yandt tourflyerWenn mir jemand im alten Jahrhundert erzählt hätte, dass ich eines Tages Y&T acht Mal live sehen werde, hätte ich ihn ohne Umschweife einweisen gelassen. Ähnlich wie JOURNEY, haben die alten Helden Europa wieder als gutes Pflaster für Festivals und Konzerte entdeckt, und sind nun nach langer Abstinenz regelmäßig in unseren Breiten auf Tour. Y&T kommen mittlerweile jährlich nach Deutschland, was unter anderem auch daran liegt, dass sie eine deutsche Roadcrew haben. Bei ihren Gastspielen suchen sie auch immer die gleichen Clubs auf, im Aschaffenburger Colos-Saal versprachen sie auf der Bühne im nächsten Jahr zum zehnjährigen zurück zu kehren. Da liegt die Gefahr des Überspielens schon nahe, zumal die Truppe seit sechs Jahren nichts mehr Neues veröffentlicht hat. NECKBREAKER machte sich auf den Weg ins Unterfränkische, um die Legende auf Abnutzungserscheinungen zu untersuchen. Begleitet wurde die Truppe bei ein paar Konzerten von THE NEW ROSES, welche an dem Abend fast Heimspiel hatten.

THE NEW ROSES
Eine Viertelstunde nach Einlass konnte man schon die ein oder andere Sorgenfalte ins Gesicht bekommen, denn der Weg durch ein leeres Ambiente endete problemlos in der ersten Reihe. Und zumeist waren es bekannte Gesichter, die sich nach und nach im Saal wiederfanden, es hatte schon etwas familiäres. So bemerkte man es bei allerhand Gesprächen und Beschallung vom künftigen Programm gar nicht, dass sich die Reihen doch gut gefüllt hatten, als die Wiesbadener die Bühne betraten.
Jene hatte ich vor knapp einem Jahr im Vorprogramm von ACCEPT gesehen, wo sie mich nur bedingt überzeugen konnten. Ob es daran lag, dass sie weit besser zum Hauptact passten, kann ich nicht sagen, aber auf jeden Fall erreichten mich die Vier deutlich besser. In Zwischenzeit haben die Jungs aber auch ordentlich Kilometer auf der Straße gemacht und so manchen größeren Act supportet. Das spiegelt sich vor allem im größeren Selbstvertrauen wieder, welches die Vier ausstrahlten.

Agierten sie in Saarbrücken noch irgendwie mit angezogener Handbremse, so kam hier einfach mehr Power rüber, die Songs hatten mehr Schmiss. Dazu wirkte die Combo bewegungsfreudiger und hat sich Zwischenzeit einige Posen angeeignet. Bassist Hardy hüpfte immer herum, während Timmy Rough den lässigen Frontmann gab. Leadgitarrist Norman Bites war zwar nicht ganz so energisch in seinem Stageacting, lieferte dafür ein paar feine Soli. Abgewetzte Jeans, Tattos und coole Hemden unterstrichen die Rock´n´Roll-Attitüde zusätzlich. Ein wenig erinnert das Erscheinungsbild an die Zeit des GUNS´N´ROSES-Hypes, als der Hard Rock wieder erdig sein durfte, bevor er erst Mal von der Bildfläche verschwand.

Und genau so rotzig und fordernd wie ihr Auftreten ging es auch musikalisch zur Sache, da wurde einfach mit mehr Biss in die Saiten gehauen. So kamen Stücke wie der Up-Temporocker „“ oder das eher schleppende „Whiskey Nightmare“ deutlich druckvoller rüber. Die wurden in einen schönen Clubsound verpackt, der ohne Umschweife schon direkt in die Nackenmuskulatur pumpte. Das Schlagzeug schepperte so schön roh und die Les Paul taten das, was eine Les Paul eben so tut – braten. Bei so viel Herzblut folgten auch viele der Aufforderung des Sängers, bei „It´s A Long Way“ mit einzustimmen. Nach so schönen Aufwärmübungen waren alle Anwesenden zurecht traurig darüber, dass diese schon nach einer halben Stunde beendet waren.

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Y&T
Sprechchöre als das Licht ausging zeugten davon, dass die Kapazität der Location nun am Anschlag war. Neben vielen bekannten Gesichtern haben sich auch einige Neueinsteiger in die Materie unters Volk gemischt, darunter auch einige im Teenielalter, es scheint also noch nicht alles verloren. Als die Hauptattraktion des Abends mit dem Opener ihres immer noch aktuellen Longplayers loslegte, war allerdings sofort klar, dass dies kein Familienfest, hier kein Dienst Nach Vorschrift durchexerziert wird.
Wer wirklich gedacht hatte, dass sich das im Colos-Saal als Altherrenveranstaltung einspielen würde, der sah sich augenblicklich eines Besseren belehrt. Vom Elan, mit dem das Quartett auf den Brettern unterwegs ist, können sich viele Nachwuchscombos noch eine ordentliche Scheibe davon abschneiden. Dabei war ihnen der Spaß an der Sache deutlich anzusehen, vor allem Gitarrist John Nyman grinste die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd. Das ist es einfach was Rock´n´Roll bedeutet.

Mastermind Dave Meniketti lebt seine Musik wie kaum ein anderer, er schien jeden Ton mitzuleben. Dabei rackerte und schwitzte der Mann wie ein harter Arbeiter, war ständig unterwegs. Doch wer ihm in die Augen schaute, der erkannte die Freude, die ihm seine Songs nach all den Jahren immer noch bereiten. Nein, das war keine Arbeit für ihn, das war pure Leidenschaft, mit der er und seine Mannen ein Nummer nach der anderen ins Publikum hauten. Wenn er dann bei seinen Soli nach vorne zwischen die Monitore ganz nah zu seinen Fans kommt, scheint es als würde er seine Gitarre umarmen.

Das Feeling, mit dem er zu Werke geht, jagte einem immer die Erpelpelle auf die Außenhaut. So wie er seine Songs durch die Jahrzehnte getragen hat, so haben ihn auch seine Sechssaiter treu begleitet. Ihnen ist das Rockerleben sogar mehr anzusehen als dem Meister selbst, speziell bei den Gibson-Modellen ist der Korpus mit Stolz abgescheuert. Lediglich der Stratocaster darf blitzend blau in neuem Lack strahlen. Auch das ist ein Zeichen seiner Hingabe und des Weges, den er unerschütterlichen weiter verfolgt. Er hat sicher schon alles in dem Business gesehen, dennoch spielt er allabendlich, als ginge es um seine Seele.

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Unterwegs hat er einige Mitstreiter verloren, erst vor wenigen Tagen verstarb der ehemalige Schlagzeuger Leonard Haze, doch Meniketti wusste diese Lücken stets zu füllen. Auch heute bietet sich mit Aaron Leigh ein neues Gesicht an den vier Saiten, nachdem Brad Lang zu RATT abgewandert ist. Und mit dem haben Y&T einen guten Fang gemacht, denn so lässig bangt kaum einer unter dem Cowboyhut. Er fügte sich sehr gut ins Bandgefüge ein, kommunizierte und scherzte viel mit seinen Nebenleuten und war ständig in Bewegung.
So spielfreudig sind nur wenige Acts auf dem Planet, da lodert das Feuer nur so auf der Bühne. Keine Pose, die es irgendwo gibt, in die sich die Herren nicht geworfen hätten. Aber auch keine Pose, die auch nur ein bisschen aufgesetzt wirkte. Hier war alles echt, authentischer kann man Rock´n´Roll nicht zelebrieren. Ob nun breitbeinig auf den Monitorboxen oder Nyman, der immer wieder den Arm nach dem Anschlag hoch riss, Mit ihm hat das Urgestein einen Partner gefunden, bei dem die doppelten Leads perfekt funktionieren.

Dazu war es alles andre als ein kurzes, intensives vergnügen, die Power wurde zweieinviertel Stunden hoch gehalten. Zeit, um massig in den Archiven zu wühlen, was sie ausgiebig taten, so dass auch hier weit mehr als Standard geboten wurde. Das lange verschmähte „In Rock We Trust“ wurde gleich dreimal zitiert, wobei hier die größten Schätze ausgegraben wurden. „Meanstreak“, das immer im Schatten der beiden Vorgänger stand, obwohl da die Balance aus Rockpower und Melodien am besten funktioniert war gleich mit vier Kostproben vertreten. Da fielen ein paar lange im Set befindliche Nummern wie „Hurricane“ oder „Barroom Boogie“ herunter.
Was sicher legitim ist, die waren in den letzten Jahren oft genug zu hören. Ein paar Titel gibt es natürlich, ohne die Y&T nicht von der Bühne dürfen, doch selbst ihre Megaballade wurde zuletzt auf Festivals nicht mehr gespielt. Selbst das war einigen Zuschauern nicht genug, immer wieder wurden Songs gefordert, welche die band leider gar nicht geprobt hatte. Der Chef ließ es sich aber nicht nehmen, die Fans glücklich zu machen, indem er sie alleine kurz anspielte. Und gegen Ende wurde ein seltenerer Track ihres „Earthshaker“-Klassikers zusätzlich zum niedergeschriebenen Set gezockt.

So viel Enthusiasmus übertrug sich natürlich auf das Publikum, das die Band frenetisch abfeierte. Ich bin ja vom Colos-Saal ja einiges gewohnt, doch an dem Abend brachen alle Dämme. Mitsinganimationen konnten sich die Musiker sparen, hier wurde alles mit voller Inbrunst mitgegrölt. Vor allem nach den absoluten Highlights brandete der Jubel so lautstark auf, dass man sich in einer mittelgroßen Halle wähnte.
Die ganze Bude kochte, die Energie zwischen Band und Publikum war förmlich greifbar. Da wurde der mächtige Mike Vanderhule zu einem Drumsolo animiert, bei dem er seine Schießbude fast zerlegte. Vor und auf der Bühne steigerte sich zum alles großen Finale, das in eine einzige Party mündete. Als ob es noch einen Beweis gebraucht hätte, dass Y&T noch lange nicht zum alten Eisen gehören, in der Form machen sie auch noch beim zehnten Mal Spaß. (Pfälzer)

Setlist Y&T:
On With The Show
Lipstick & Leather
Don´t Stop Runnin´
Dirty Girl
Meanstreak
Don´t Bring Me Down
Don´t Be Afraid Of The Dark
Winds Of Change
Blind Patriot
I´ll Keep on Believin´ (Do You Konw)
Black Tiger
Midnight In Tokyo
Take Me To The Limit
Hang ´Em High
I Believe In You
Contagious
Knock You Out
Summertime Girls
Rescue Me
I´m Coming Home
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Open Fire
Forever

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