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 20160806 ConvergeSaarbrueckenEin Samstagabend in Saarbrücken, gespickt mit feinem Death Metal...und CONVERGE. Diese etwas ungewöhnliche Mischung traf sich ausgerechnet am Wochenende des Saarspektakels in Saarbrücken, und das zu milden Temperaturzuständen, wie sie schon lange nicht mehr vorkamen. Kaum ein Besucher des Stadtfestes hätte wohl Interesse, gleichzeitig dieses brutale Paket zu besuchen, dennoch lud das Wetter und die wochenendbedingten Umstände wohl nicht allzu sehr ein, den Samstag in der Garage zu verbringen. Bei fünf hochwertigen Bands für 30 Euro kann es der Preis wohl nicht gewesen sein, dass sich nur sehr wenige Musikfreunde einfanden, aber nicht jedermann steht nun mal auf viereinhalb Stunden Geballer.
Das Publikum gestaltete sich damit recht übersichtlich und umfasste viele Altersstufen und Genrezuordnungen. Das könnte sicherlich an der etwas bunten Mischung des Tourpakets liegen, da wohl keiner mehr eine allzugroße Bandbreite abdecken möchte. Aber wie man‘s macht, macht man‘s verkehrt.

GHOST BATH
Die undankbare Aufgabe des Openers um Punkt 18 Uhr fiel auf die Newcomer GHOST BATH. Kaum einer konnte wirklich was mit der Band anfangen, allerdings auch viele nicht nach ihrem Auftritt. Die trivial augengeschminkten Jungs legten sich mit drei Gitarren und Keyboard mächtig ins Zeug, um die kleine Menge Leute nach vorne zu locken, was auch teilweise gelang. Jedoch stellte sich schnell heraus, dass die „Anfeuerungsrufe“ der eigentliche „Gesang“ war. Dieser erinnerte mich prompt an die seltene, vom Aussterben bedrohte Schreiraupe aus den Simpsons, das war es auch schon mit der Identifizierung. Musikalisch bekam man Elemente von Black Metal, Doom und Postrock zu hören, mal schnell, mal langsam, mal brutal, mal verspielt, manche Breaks und Wechsel klangen interessant, manche hatten dagegen Schulbandniveau. Die recht spärlich informative Seite der Band spricht von suizidaler Musik, Seelenwanderung und dergleichen mehr. Im Saarland sagt man: "S'is mo was anneres". Aber auch wenn die Musik des Fünfers ausbaufähig erschien, so produzierte die stimmliche Darbietung mehrheitlich Fragezeichen über den Köpfen der jungen und alten Zuschauer, so dass es nach 25 Minuten gerade mal für einen Anstandsapplaus reichte.

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GOATWHORE
Diese Formation konnte in ihren immerhin schon knapp 20 Jahren Existenz gerade in der letzten Dekade für immer mehr Fans sorgen, denn ihre spannende Mischung aus Death- und Balck Metal kann sowohl alteingesessene als auch junge Fans begeistern. Ihre demonstrative Huldigung an Götzen wie VENOM, CELTIC FROST oder BATHORY ist unüberhörbar, und so macht das Heraushören von bekannten und typischen Sounds und Riffs nochmal so viel Spaß. Auch wenn sich GOATWHORE ganz unzweifelhaft dem Thema Satanismus zugetan haben, so kann man den Jungs nur eine durchweg positive Rückmeldung zu ihrer Attitüde geben. Selten sieht man eine solche Fannähe, wenn nach dem Konzert stundenlang mit den Fans geplaudert wird. Auch der Lakai Satans himself, Sammy Duet, stellte sich nach wie vor als sehr angenehmer und herzensguter Gesprächspartner heraus, wie auch schon zu Zeiten von ACID BATH oder CROWBAR.
Musikalisch wurde direkt für alles Vorherige entschädigt, die etwas gewachsene Meute feierte die Hymnen der Band ab und strotzte vor Begeisterung. Der Anführer der Liga und auserkorene Frontmann, Mister Ben Falgoust, war mit seiner hünenhaften Gestalt und seiner beträchtlichen Bemattung neben seiner vielfältigen Stimme ein ständiger Hingucker, während sich der Rest der Band seine Opfergabe bis aufs Blut erspielte. Auch wenn sich Falgoust als recht untalentiert an der Luftgitarre herausstellte, so war die Darbietung wirklich überragend und machte Feuer für die nachfolgenden Bands.

Setlist GOATWHORE:
An End To Nothing
Reanimated Sacrifice
Alchemy Of The Black Sun Cult
Cold Earth Consumed In Dying Flesh
Externalize This Hidden Savagery
FBS
Apocalyptic Havoc
Baring Teeth For Revolt

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THE BLACK DAHLIA MURDER
Ich war noch nie ein großer Freund dieser Band und werde es auch wohl nie werden. Die Burschen aus Detroit kamen zu einer Zeit ans Tageslicht, als es mit dem klassischen Death Metal ziemlich bergab ging und man versuchte, mit modernen Elementen noch etwas Luft zu schnappen. Trevor Strnads fast dauerhaft keifender Gesang ist nicht meine Baustelle, aber dennoch muss ich zugeben, dass die Band weiß, wie man die Massen begeistert. Endlich kam der junge und sehr junge Teil des Publikums auf seine Kosten, denn THE BLACK DAHLIA MURDER waren wohl der Hauptgrund ihres Besuchs. Jubelstürme überkamen die Bühnenakteure, und eine ständige Anfeuerorgie, musikalisch oder auch stimmlich, ließ den kleinen aber feinen Moshpit hochkochen. Trevors Erscheinungsbild schien eher untypisch für Death Metal, aber dennoch stylegerecht. Kein Wunder, dass er ständig die Arme nach oben riss, denn als die Kutte der Hitze wich, bot sein Prachtkörper ansonsten einen amtlichen Tittenalarm. Leider war durch den brutal getriggerten Drumsound der Rest nur schlecht zu hören, daher konnte man die Songs nur als songfester Fan richtig heraushören. Musikalisch bot sich eine durchweg beachtliche Leistung, alleine durch das Drumming von Alan Cassidy, das die Art von Groove erzeugte, die diese Band so beliebt macht. Kein Wunder, dass ihnen das Publikum aus der Hand fraß. Dennoch stellte die Truppe einen krassen Gegensatz dar zu ihren konservativen Mitspielern an diesem Abend.

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DYING FETUS
Diese Band ist live immer wieder eine Macht. Wenn man bedenkt, was die Truppe schon alles durchgemacht hat und nun endlich seit etwa fünf bis sechs Jahren einigermaßen stabil erscheint, ist es wirklich erstaunlich, was da noch von der Bühne kommt. Die nun bewährte Dreierbesetzung spielt alles Mehrköpfige locker an die Wand, und der brachiale Sound mit nur einer Gitarre ist ebenso beachtlich. Technisch auf höchstem Niveau bot sich eine statische, aber nicht minder beeindruckende Show. Von alten Klassikern bis neuen Nackenbrechern fand man alles in der Setlist, und immer wieder musste man die unantastbare Souveränität der Musiker attestieren. Schade, dass auch hier durch übermäßiges wummerndes Bassdrumgetriggere der Rest des Drumsounds und Teile des Basssounds untergingen, aber wenn man alleine schon zuschaute, konnte man sich von der Genialität ihrer Spielweise überzeugen. Auch wenn die Vergangenheit der Band von einigen Rückschlägen gezeichnet ist, so ist es immer wieder schön zu erleben, dass man sich an die Anfangstage erinnert und auch diese Klassiker darbietet. Die alteingesessenen Fans wussten es zu schätzen und zu würdigen. Das waren 40 Minuten Vollbedienung.

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CONVERGE
Jetzt war ich zunächst mal auf die Reaktionen im Publikum gespannt. Fast durchweg wurde ich gefragt, wer eigentlich CONVERGE sind und was für Mucke die machen. Zugegeben, nach den vergangenen vier Bands fragte ich mich auch, wie diese Rechnung jetzt aufgehen soll. Die Musik von CONVERGE ist eh sehr schwer zu beschreiben; auch wenn sie vom Härtegrad in das Package passten, so konnte man sie stilistisch in keinem der vergangenen Klänge zuordnen. Daher haben sich auch schon einige Teile der Zuschauer beizeiten verabschiedet, ohne der Band auch nur eine Chance zu geben. Manche sind auch schon konstaniert oder kopfschüttelnd – im negativen Sinne – Richtung Ausgang marschiert, während die vier Jungs aus Massachusetts ein Feuerwerk abbrannten. Mit „Dark Horse“ anzufangen war nicht die schlechteste Idee, mir lief direkt eine Gänsehaut über den Körper, wenn auch der Sound lange nicht die Genialität dieser Band widerspiegelte. Fast das gesamte Set musste ich mir Ben Koller an seinem minimalistischen Kit anschauen. Der absolute Wahnsinn, was dieser Kerl hier eine knappe Stunde leistete. Solche Breaks, Stopps und Übergänge sind meisterhaft. Das trifft allerdings für den Rest der Truppe auch zu, der sympathische Wirbelwind am Mikrofon war kaum einzufangen auf der recht geräumigen Bühne und war um ausführliche Ansprachen und Dankesreden nicht verlegen. Jacob selbst war zutiefst dankbar und erstaunt, dass seine Band bei diesem Package (als Headliner wohlgemerkt) mitspielen durfte und dass doch so viele der Band eine Chance gaben, auch wenn sie nach eigener Einschätzung nicht so leicht zu konsumieren sei. Das nenne ich mal eine gesunde Selbsteinschätzung. Nahezu jedes Album wurde bedacht und mit der passenden Einleitung vorgestellt. Dennoch waren die Reaktionen des Publikums zwiegespalten. Selbst ich muss als großer CONVERGE-Fan zugeben, dass ich mir ihre Mucke nicht immer zu Gemüte führen kann. Bei aller Genialität ist die Komplexität ihres Schaffens manchmal einfach etwas überfordernd. Aber dennoch sind ihre Livequalitäten über jeden Zweifel erhaben, so auch an diesem langen Abend, an dem sich sichtlich bei vielen auch schon Ermüdungserscheinungen zeigten.
Nach einer Punktlandung zum Ende der Darbietung ging es dann erstmal noch ausgiebig zum Publikumsgespräch, ein weiterer grßer Pluspunkt in der Sympathie der Truppe.

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Letzten Endes ging die Rechnung doch noch besser auf als erwartet, wenn auch der Headliner zu einigen Kontroversen führte, jedoch waren die überwiegend toleranten Besucher dieses Abends glücklich und zufrieden heimgekommen. Nun musste allerdings schnell Platz gemacht werden für die Saarspektakel-Party, wo nicht nur die konträre Musik, sondern auch das konträre Publikum den Abschied schnell einleitete.
(Jochen)

Alle Bilder: Klaus

 

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