Leprous + Voyager (08.04.2016, Strasbourg (F))

leprous tourplakatBislang sind mir die Norweger vor allem als großartige Liveband in Erinnerung geblieben, auch wenn mich ihre Platten durchaus ansprachen. Neben einer hohen Showfrequenz entwickeln sich LEPROUS zu einem völlig eigenständigen Act, der im progressiven Bereich neue Impulse setzt. Der Erfolg des letzten Albums zieht natürlich ein paar Headlinergigs nach sich, das nicht nur direkt nach Release. So machte die Truppe erneut die Clubs unsicher und schnürte dabei mit den Australiern von VOYAGER ein richtig tolles Paket. Die waren bislang nur sehr selten auf dem Kontinent zu sehen, so dass die Gigs von dem Insidertipp ebenso wie von ihren Fans heiß erwartet wurden. NECKBREAKER war vor Ort als das Progpackage im Nebenraum der Laiterie im französischen Strasbourg gastierte.

VOYAGER
Allgemein gilt ja Europa für Prog - und Metalbands aus Down Under als die große Verheisung. Kein Wunder, stammen beide Spielarten von dort, was hier natürlich viele potentielle Fanschichten eröffnet. Und die Freude auf dieser Konzertreise spielen zu dürfen war der Truppe um den deutschstämmigen Sänger und Keyboarder Daniel Estrin deutlich anzusehen. Sofort hatten die Fünf den Spaß in den Backen und gaben richtig Gas. Nicht nur von der Performance her, bei der die kleine Bühne oft zu eng war, auch vom Publikumskontakt waren sie immer präsent. Da wurde sogar direkt auf die feiernden Anhänger in den hinteren Reihen eingegangen.
Die Bestnoten in Sachen Stageacting verdiente sich Gitarristin Simone Dow, die breitbeinig bangend ihre Riffs rausfeuerte und sich bei ihren Soli richtig ins Zeug legte. Da wurde noch nicht mal vor der Achtzigerübung Halt gemacht, das Solo im Knien zu spielen und dabei den Oberkörper weit zurück zu legen. Wobei die Einflüsse aus jenem für den Metal so wichtigen Jahrzehnt bei VOYAGER überall zu finden sind. Oft poste die spielerisch ebenfalls sehr starke Dame mit ihrem Frontmann, als der die Keyboardgitarre umhängen hatte. Gut, wenn das nicht Achtziger ist was dann?

Allerdings war es etwas schade, dass die meisten Keyboardklänge vom Band kamen und Estrin sich sein Instrument nur bei den Soli umhängte. Er konzentrierte sich mehr auf die Rolle als Frontmann, die er mit seiner sehr sympathische Art gut erfüllte. In seinen Ansagen betonte er immer wieder, wie viel es ihm bedeutet hier zu sein und dankte dem Hauptact des Abends. Die Fans im schon ziemlich gut gefüllten Club nahmen das gerne zur Kenntnis und feierten die Truppe standesgemäß ab. Wobei mich immer wieder der Enthusiasmus der Franzosen verblüfft, auf unserer Seite der Grenze verfallen sie eher in die Zurückhaltung des Gastes.

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Neben der guten Stimmung war es vor allem der Sound, der einem fast vergessen ließ, dass man sich in einem recht kleinen Schuppen befand. Der war von Beginn an druckvoll und gut ausbalanciert, von der dortigen Tontechnikern können sich einige ein paar Scheiben abschneiden. So kamen die vielen Harmonien bestens zur Geltung, die Formation spielte sehr gut zusammen, machte auch vor Twinleads nicht Halt und die für Progverhältnisse knackigen Riffs fanden immer ihr Ziel. Im Gesangsbereich konnte man ebenso Akzente setzen, die schöne klare, leicht gotenmäßig angehauchte Stimme von Daniel Estrin wurde immer wieder von den Grunts von Bassist Alex Canion heraus gefordert.

Das Programm gestaltete sich vor allem aus den beiden letzten Longplayern "The Meaning Of I" und "V", von dem je vier Stücke zu hören waren. Von "Univers" gab es keine Song zu hören, dafür wurde noch ein bis dato unbekannter Titel als dritter Song recht früh vorgestellt. Es waren vor allem die Melodien, die einem sofort den Zugang gaben, die auch Zuschauer, die nicht mit dem Material vertraut waren, in ihren Bann zogen.
Trotz des Anspruch stand der Spaß immer im Vordergrund, bei der kurzen Technoeinlage durfte geschmunzelt werden, wie sie die Neunziger Melodie durch den Reißwolf drehten. Es waren auch einige vor allem wegen VOYAGER in die Laiterie gekommen, Namen sind der Redaktion teilweise bekannt. Mit dieser mitreißenden, fast einstündigen Darbietung haben sich die Australier sicher auch einige neue Fans erspielen können.

Setlist VOYAGER:
Momentary Relapse Of Pain
Stare Into The Night
Misery Is Only Company
Broken
Lost
Hyperventilating
The Morning Light
Sommer Always Comes Again
Seasons Of Age
The Meaining Of I
I Am The ReVolution

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LEPROUS
Da hatten es die Headliner nicht leicht, dagegen zu halten, der Support hatte gut vorgelegt. So musste man schon noch showmäßig etwas nachlegen, was sich in vier großen Fernsehern bemerkbar machte, von denen je zwei auf beiden Seiten des Drumkits standen. Gab wohl Rabatt im Media Markt Oslo. Über diese flimmerten die ganze Zeit über Bilder und Installationen, welche die Musik sehr gut unterstützten. Schlau daraus, was einem die Bilder sagen wollen, wurde man nicht, es ging vor allem um die Atmosphäre, da können blutüberlaufene Masken, Umweltzerstörung oder Großstadtskylines einiges bewirken.

Ähnlich abstrakt gab sich auch wie immer die Mischung, welche die Norweger anboten, musikalisch sind sie seit ihrem letzten Album nicht mehr zu deklarieren, aber wie die Bilder auf den Bildschirmen ließen sie ihren Sound für sich sprechen. Dabei fiel auf, dass sich ihre Motive auf der Bühne mehr zusammen fügen, als auf Platte. Womöglich brauchen die fast schon avantgardistisch angehauchten Musiker das visuelle Element, um ihre Musik voll zur Entfaltung bringen zu können. Das ergab eine Stimmung, der man sich nur schwer entziehen konnte, auch wenn sie durchaus bedrückend war.

Vor allem die postrockenden Flächen waren immer wieder von einer Harmonie geprägt, die auf der unterkühlten Konserve sich so nicht einstellt. Das Spiel mit der Dynamik, das Hantieren mit Stimmungen beherrschten LEPROUS perfekt. Da ließ man die Gitarrenwände immer wieder bis zur vollen Wucht anschwellen, dann wieder einstürzen oder in eine Riffattacke übergehen. Es lag immer dieses unheilvolle Flirren in der Luft, man wusste nie, ob man im nächsten Moment wegschweben oder weggeblasen werden würde.
Dazwischen webte Frontmann Einar Solberg immer wieder futuristische Töne aus seinem Nord-Synthesizer ein, die dem Ganzen noch mehr Entrücktheit verpassten. Neben dem auch hier sehr guten Klang war auch die Lightshow sehr stimmungsvoll für die Größe der Bühne, obwohl Varilights schon ein wenig Overstatement darstellten. Er verstand es auch seine Stimme nicht nur als Mittel zur Artikulation einzusetzen, oft nutzte er sie auch wie ein weiters Instrument, welches sich ganz in die Klanggebilde einordnete.

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Und dann war da natürlich auch wieder dieses Bühnengebaren, die dem Auftritt noch mehr Größe verliehen. Das Synchronbanging der Saitenfraktion war streckenweise unglaublich, gerade, wenn es optimal mit dem Licht getimt wurde. In den herben Riffschüben schien der ganze Raum im selben Takt zu hämmern. Es war förmlich zu sehen, wie die Musiker eine größere Bühne herbei sehnten, da musste man fast schon Angst bekommen, dass sie mit ihren Köpfen zusammen stoßen.
Immer wieder wurde auch der kleine Raum auf dem Drumkit genutzt, um sich auszutoben. Dazu kam, dass sich der Frontmann, sofern es sein Job zuließ sich ins Stageacting integrierte. Da vorne in der Mitte hinter seinen niedrig aufgebauten Tasten stehend, wirkt er ohnehin wie eine seltsame Erscheinung. Vom gesamten Erscheinungsbild her setzte man wieder auf einheitliches schickes Dressing, wobei man sich insgesamt optisch von der Metalschiene mehr in die Hipsterecke bewegt.

Damit konnte man das Publikum so richtig begeistern, dieses war auch von der ersten Minute an präsent. Dabei hatte es nicht viel mehr Platz, denn mittlerweile war es sehr kuschelig geworden. Solberg gelang es, die Fans geschickt einzubauen, die vor allem beim Opener, gänsehautverdächtige Chöre beitrugen. Seinen eigenwilligen Falsett muss man zwar mögen, aber was ist bei LEPROUS nicht eigenwillig? In den neunzig Minuten brachten sie fast ihr gesamtes letztes Album, dazu kamen Titel ihrer beiden voran gegangenen Werke. Mit dem Material im Gepäck, dem absolut professionellen Auftreten und dem Zuspruch empfahlen sie sich eindeutig für höhere Weihen. (Pfälzer)

Setlist LEPROUS:
The Flood
Foe
Third Law
Chronic
Rewind
The Cloak
Aquired Taste
Red
Slave
----------------
The Price
Moon
Down
The Valley
----------------
Forced Entry

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Alle Photos von Anne

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