joebonamassa tourplakatWenn sich so mancher Künstler auf der Höhe der Zeit befindet, kommt er schon mal auf gewagte Ideen. Als sich PORCUPINE TREE in dem Status befanden wie jetzt JOE BONAMASSA, spielten sie ein komplettes Album zu Konzertbeginn, das zu dem Zeitpunkt noch gar nicht erschienen war. Auch der Mann aus dem Bundesstaat New York fordert seine Anhänger gerne mal heraus, so bringt er live viele Cover bei seinen Shows, die nur die eingefleischten Bluesfans kennen. Einige davon findet man auf seinen Liveveröffentlichungen wieder, andere wiederum hat er noch nie aufgenommen. Bei der Flut an Veröffentlichungen fällt es seiner Gefolgschaft schon schwer ihm zu folgen, was sie nicht davon abhält, immer zahlreicher zu werden. So gibt er in manchen deutschen Städten Zusatzkonzerte und auch die Show in der Karlsruher Schwarzwaldhalle, welche NECKBREAKER besuchte, war ausverkauft. Auch auf dieser Tour stellte er sein Publikum auf die Probe, das neue Album „Blues Of Desperation" erscheint erst nach dem letzten Deutschland-Date, was alleine schon spannend war, wie viele Stücke er davon zum Besten geben würde.

Bevor die Frage aufgelöst wird, muss noch erwähnt werden, dass dieses Mal die Rahmenbedingungen stimmten. Die gute alte Mehrzweckhalle aus den Fünfzigern versprüht einen gewissen Charme, welchen das durchweg freundliche Personal noch aufzuwerten weiß. Da gab es kein Flaschengeklimmper, das den hinteren Reihen der Hörgenuss vermieste, keine prolligen Parkanweiser, dafür wurde den Besuchern der Vorhang zum Innenraum aufgehalten. Es ist ja bekannt, dass der gute Joe viel Wert auf den Komfort des Publikums legt, er selbst trägt ja immer adretten Chic auf. Bei den Preisen darf man auch einen guten Service verlangen, den Saarbrücken im letzten Herbst nicht liefern konnte.

Zu dem gehört auch Pünktlichkeit, und um exakt zwanzig Uhr ertönte das Introtape, bevor die sechs Musiker auf die Bühne kamen. Und die stiegen gleich in vier Lieder vom kommenden Longplayer ein, welche kaum einer gekannt haben dürfte. Wie gut das Material ist, sah man daran, dass von Beginn an Stimmung im Rund war, der forsche Opener riss sofort mit. Bonamassa war glänzend aufgelegt, beschritt die Bühne über die ganze Länge und lieferte ein feuriges Solo nach dem anderen.
Sofort fiel auf, dass die Bläsersektion dieses Mal noch präsenter war, auch wenn mit Nick Lane der Posaunist fehlte. Der Meister hat erneut an den Stellschrauben seiner Songs gedreht und Trompeter Lee Thornburg sowie Saxophonist Pauli Cerra noch mehr eingebunden. Zusammen mit den vielen Tastenbeiträgen des grandiosen Reese Wynans nähert er sich immer mehr dem Wall Of Sound, den einst BRUCE SPRINGSTEEN im Rock etablierte. Auch in Sachen Arrangements hat er sich vom Helden aus New Jersey einiges abgeschaut, auf jeder Tour spielt er mit seinen Kompositionen, lässt sie jedes Mal neu erstrahlen.

Die Spielfreude und Improvisationswut, die im Blues immer gerne gesehen wird, zeigte JOE BONAMASSA schon beim Opener, bei welchem schon munter drauf los gejammt wurde. Da wird sich so mancher Fan wundern, wenn die Nummer auf dem Album deutlich kürzer rüber kommt. Das beweist aber vielmehr, dass diese dem Branchenführer derzeit aus der Hand fressen, egal was er spielt, es wird abgefeiert. Natürlich ist es die Art, wie er die Stücke intoniert, trotz seiner rockigen Attitüde, hat er immer noch genug Respekt vor den Standards, die er immer wieder einstreut. Sein Spiel ist immer wieder grandios, auch wenn es nicht mehr so beherrschend ist wie sonst.

Seine Riffs schnitten in dem druckvollen, sehr lauten und dennoch gut ausbalancierten Sound durch die ganze Halle, dass es einen in Mark und Bein fuhr. Dazu kam dieses beseelte Solospiel, bei dem er jeden Ton fühlte, selbst wenn er das Tempo anzog. Die ganz große Kunst kommt zum Vorschein, wenn er sich zurück nimmt und den Melodien ihren Lauf lässt, der einzige Gitarrist, dessen Soli dem Verfasser dieser Zeilen die Tränen in die Augen zu trieben vermögen. Diese Momente gab es an dem Abend zweifach, neben der immer wieder unfassbaren, schon obligatorischen TIM CURRY-Adaption hat er mit dem Slow Blues vom neuen Longplayer ein weiteres Traumstück am Start.

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Auch seine Mitstreiter bekamen Platz genug, um ihr herausragendes Können unter Beweis zu stellen, nicht nur im Gesamtsound. Cerra und Thornburg durften mehrmals Soloalarm blasen, was wunderbar in die Lieder integriert und wie vieles mit Szenenapplaus bedacht wurde. Hinten durfte Anton Fig ebenfalls richtig in die Pauke hauen, während sich seine Kollegen um sein Kit versammelten.
Dann saß da am rechten Rand noch der blendend gelaunte, charmante Wynans, der auf seinem Bürohocker zwischen Flügel und Hammond hin und her rollte. Gerade die Orgel ließ er mehrmals ordentlich rauchen und duellierte sich dabei mit Bonamassa. Doch seine wahre Größe zeigte sich im Pianospiel, wenn es vom jazzigen Tempo her in die Bar ging. Etwa bei der zweiten Coverversion von B.B. King, da konnten die Baker Boys einpacken, egal wie fabelhaft die auch sein mögen. Okay, Michelle Pfeiffer können sie da lassen.

Der begnadete Sechssaiter wurde nicht müde, seine Mannschaft immer wieder als die zu den besten Musikern der Welt gehörend zu lobpreisen. Und in der Tat, war das, was die Herren hier zauberten ganz großes Kino. Nicht nur einzeln, sondern auch als Band verfügen diese Cracks über eine außerordentliche Klasse. Wenn man hörte, wie tight die Töne der Bläser auf den Punkt von Figs Beatvorgaben kamen, konnte man nur noch ungläubig staunen. Ihr Leader forderte solche präzisen Arrangements immer wieder heraus, stachelte die Mitstreiter an, die mit unglaublicher Sicherheit auf die Improvisationsspielchen antworteten. Die sechs machten selbst aus dem Schlussakkord ein kleines Kunstwerk.

Nicht nur musikalisch präsentierten sich die Herren als Einheit, JOE BONAMASSA als Mittelpunkt suchte immer den Kontakt zu seinem jeweiligen Partner, mit dem er sich gerade duellierte. Mit der schlaksigen Charakterglatze Michael Rhodes am Langholz rockte er lässig über die Bretter. Zum Publikum hatte er bis auf ein paar launige Ansagen zunächst keinen großen Kontakt, sondern verließ sich auf die Kraft der Kompositionen. Dies änderte sich bei seinem wie immer das reguläre Set beschließenden Übernummer, in dessen Mittelteil die Formation die gesamte Palette an Dynamik aufbot. Als er dann zum Hauptthema zurückkehrte, reichte ein kurzer Wink, und schon stand die gesamte Schwarzwaldhalle und strömte zum Bühnenrand.

Das zeigt wie sehr die Fans dem Meister aus der Hand fressen, somit war es völlig egal, dass einige Stücke auf der Tour erstmals als Neuinterpretationen den Weg ins Set fanden. Die Titel von Muddy Waters und Albert King waren schon bei den Gastspielen im Herbst an Bord. Der Bluesheld genoss die Nähe zur Menge und nahm erneut Weinpräsente entgegen, woher wissen das die Leute nur? Bei den Soli der Zugabe stellte er sich auf die kleinen Riser am Bühnenrand, so dass hunderte Augenpaare wie gebannt an seinen Fingern hingen. Auch weil der Mann immer wieder neue Aspekte bringt, werden Shows von ihm nie langweilig, auch wenn er andauernd unterwegs ist. Derzeit gibt es im Blues keinen relevanteren Act, auch weil er ihn ohne Reibungsverluste in die großen Arenen transportiert. Für mich liefert er aktuell sogar im ganzen Rockzirkus das größte Spektakel. (Pfälzer)

Setlist JOE BONAMASSA:
This Train
Mountain Climbing
Blues Of Desperation
No Good Place For The Lonely
Never Make Your Move Too Soon
See See Baby
Angel Of Mercy
Hey Baby (New Rising Sun)
Oh Beautiful
Love Ain´t A Love Song
Nobody Loves Me But My Mother
I Gave Up Everything For You, ´Cept The Blues
Going Down
Sloe Gin
The Ballad Of John Henry
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All Aboard

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Alle Photos von Cindy



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