motörheadsaarbrücken bannerBis zuletzt war nicht klar, ob es der alte Bärbeiß, der personifizierte Rock´n´Roll auf die Europatournee schaffen würde. In den USA musste Lemmy Kilmister mehrere Shows absagen, nachdem er wegen einer Lungenentzündung das Konzert in Denver, Colorado abbrechen musste. Doch MOTÖRHEAD sollten kommen, allen sicherheitstechnischen Fragen der letzten Tage zum Trotz. Das ist gut so, denn die Vorzeichen könnten nicht besser stehen, "Bad Magic", das beste Album seit längerem enterte die deutschen Charts auf Position eins und hebt die Karriere des Trios auf eine neue Stufe. Weil es schöner immer geht, hat ihr Label UDR gleich ein ganz fettes Paket für Fans von urwüchsigem Heavy Metal geschnürt. Begleitet werden die Drei von ihren alten Freundinnen GIRLSCHOOL und dem NWOBHM-Flaggschiff SAXON, mit denen sie schon öfter auf Tour waren. Die zweite Station führte sie gleich nach Saarbrücken, wo mit der Saarlandhalle des größte Venue der Landeshauptstadt gebucht wurde.

GIRLSCHOOL
Eigentlich war mir schon immer bewusst, dass ich GIRLSCHOOL nur mit MOTÖRHEAD live sehen würde und genau so kam es schließlich auch. Mit ihrem neuen Studioalbum „Guilty As Sin" im Gepäck stiegen die vier Damen pünktlich um 19 Uhr auf die Bretter. Um ehrlich zu sein, kannte ich bis dato von GIRLSCHOOL wirklich nur die gemeinsame EP mit MOTÖRHEAD, demnach hat mich ein Song wie „C'mon Lets Go" ein wenig überrascht. Die Band rockt tatsächlich wesentlich härter als gedacht. Sängerin Enid Williams ist nach wie vor super bei Stimme, und auch Kim MacAuliffe macht eine gute Figur an der Gitarre. In den knapp 30 Minuten Spielzeit gelingt es der Band, das Publikum anzuheizen und die Halle macht gut mit. Der Abschluss mit „Emergency" gelingt besonders gut, schade nur, dass es nicht zum Duett mit Lemmy für „Please Don't Touch" gekommen ist. Gelungene Show, ich vermute ich sollte mir „Guilty As Sin" doch mal anhören. (Pascal)

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SAXON
Meiner Meinung nach schaffen es nur wenige Bands, über die Jahre einen hohen Standard zu halten. SAXON gehört definitiv zu dieser kleinen Gruppe. Nach wie vor ist Sänger Biff Byford sehr gut bei Stimme, Basser Nibbs Carter gibt sich gewohnt bewegungsfreudig und lässt lediglich nicht mehr ganz so oft die Matte kreisen wie früher. Auch dem Rest der Band spürt man keinerlei Alterserscheinungen an, Gitarrist Doug Scarrat gibt sich gewohnt zurückhaltend und Paul Quinn trägt die gleiche Kopfbedeckung wie immer. Schön zu sehen, dass Schlagzeuger Nigel Glockler nach seiner OP wieder fit ist und das Schlagzeug wie gewohnt bearbeitet.

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Der Einstieg mit „Battering Ram" gelingt überraschend gut, generell spielen mir SAXON an diesem Abend trotzdem zu viel neues Material. Wobei Nummern wie „Sacrifice" und „The Devil's Footprints" live wesentlich stärker sind. „Destroyer" konnte mich hingegen auch live nicht wirklich überzeugen, und „Queen Of Hearts" wirkt etwas langatmig. Mit „Motorcycle Man", „The Power And The Glory", „Heavy Metal Thunder", „20.000 Feet", „Princess Of The Night", „Wheels Of Steel", „Strong Arm Of The Law" und „Crusader" bot die Band allen Klassiker-Freunden ein gutes Paket. Wenn man bedenkt, dass weder „747" noch „Denim & Leather" gespielt wurde, hatten SAXON das Publikum dennoch durchgehend im Griff. Einem gut gelaunten Biff kann man eben nicht widerstehen. SAXON sind auch in ihrem 39. Jahr eine feste, nicht weg zu denkende Größe und immer noch ein perfekter Opener für MOTÖRHEAD. (Pascal)

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MOTÖRHEAD
Als das Licht ausging heulten die Sirenen auf, rotes Licht flackerte und das Himmelsgefährt, welches bei den Vorbands an der Bühnendecke geparkt war, setzte sich in Bewegung. Da war natürlich klar womit die Legende beginnen sollte, der Titelsong des zweiten Albums vom exquisiten 79er Jahrgang geht immer. Dabei hätte es keines solchen Hammers bedurft, um die bereits bestens kochende Meute endgültig steil gehen zu lassen, wenn das Trio auftritt, ist immer Stimmung garantiert. Das ganze natürlich in ohrenbetäubender Lautstärke, schon die Hintergrundbeschallung vor GIRLSCHOOL hatte den Pegel von so manchem Konzert.

Die Augen aller richteten sich allerdings alle auf einen Mann, der ganz rechts vor seiner Monitorwand stand, den Südstaatenhut tief ins zerfurchte Gesicht gezogen. Über seinen Gesundheitszustand wurde zuletzt viel spekuliert, und es war zu sehen, dass es ihm keineswegs gut ging. Eingefallen präsentierte sich sein Gesicht, auch an den Armen war zu erkennen, dass er sichtlich abgenommen hat. Doch er bewahrte Haltung, auch seine berühmte Art von unten ins Mikro zu singen.
Da war ihm wenig anzumerken, wenn er auf seinem Rickenbacker herum klimperte und seine Hymnen schmetterte, war es so, als wären die letzten Jahre spurlos an ihm vorbei gezogen. Doch sein Aktionsradius beschränkte sich mit Ausnahme der ersten Zugabe tatsächlich auf die einst von ihm besungen Pik Ass. Die Pausen vor der Zugabe und während der Soli wird er gerne zur Regeneration genutzt haben, beim Weg dorthin war die Beschwerlichkeit aber zu erkennen.

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Zum Glück funktionieren MOTÖRHEAD weniger wie eine Band, eher wie eine Männerfreundschaft, wo einer für den anderen in die Bresche springt. Und wenn es der Boss nicht mehr so richten kann, wie es ihm beliebt, dann sind seine Kollegen da. Phil Campbell bestritt das Stageacting im Alleingang und verdiente sich so viel Kilometergeld wie vielleicht noch GUNS´N´ROSES zu ihren Glanzzeiten. Rastlos lief er umher, umkreiste Lemmy, umkreiste die Monitore, kam an den Bühnenrand, um das Publikum noch weiter anzustacheln, wobei er jenes genau im Blick hatte und mit einigen Zuschauern scherzte.
Damit er zu den Soli nicht immer zurück eilen muss, weil er das ja schon tat, wenn seine Gesangsunterstützung gefragt war, waren überall auf der Bühne einige Effektpedale verteilt, damit er sich auf seiner Wanderschaft immer bedienen konnte. Im Gegensatz zum Bandgründer, der nach wie vor an seinem ähnlich kultigen Arbeitsgerät festhält, hatte der Waliser ein ganzes Arsenal an Modellen dabei. Den Großteil der Ansagen übernahm der Kumpel nur allzu gerne.

Doch egal wie angeschlagen Herr Kilmister ist, er macht immer noch den Unterschied. Wenn er los knurrt, stehen alle Schäfchen im Publikum artig still, des Meisters Wort findet immer noch Gehör. Er ist einfach eine Ikone, der selbst in dem Zustand noch eine Institution darstellt. Ein Mann der großen Worte war er nie, aber stets einer der klaren, einer der einem die Welt auf einer Zigarettenschachtel erklärt, zumindest so wie er sie sieht.
Un dieser Weltsicht folgen wie an dem Abend zu sehen Tausende, Rock´n´Roll ist immer noch eine, auch vom Verfasser dieser Zeilen, gerne gelebte Einstellung. Die volle Saarlandhalle rockte, die Fäuste und Haare flogen, dazwischen immer wieder Crowdsurfer und in der Mitte wurden auch einige Pits eröffnet. Natürlich wurden die Hits lautstark mitgesungen, und von denen hatte der nach fast jedem Song gefeierte Lemmy genügend im Gepäck.

Nach all den Jahren haben die Nummern von "Overkill" nichts von ihrer Anziehungskraft verloren und stellten wie bei fast jedem Konzert die größte Fraktion, wenn auch das die US-Tour eröffnende "Damage Case" fehlte. Natürlich ist es wenig überraschend, wenn die Hälfte des Sets aus Stücken von den drei Scheiben, mit denen die Band durchstartete, besteht. Aber mal ehrlich, es wird sich keiner finden, der darauf verzichten möchte, schließlich sorgen gerade diese Songs für die lautesten Reaktionen. Vom neuen Album gab es lediglich eine Kostprobe, was angesichts dessen Qualität etwas schade ist, dafür mal wieder zwei vom Mittachtzigerklassiker "Orgasmatron".

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Mittlerweile gibt es auch von Campbell ein längeres Solo, die Verschnaufpause gönnte er seinem Chef gerne, wobei er sogar relativ melodische Töne anschlug, anstatt der üblichen Technikdemonstration. Der Mann, der im Hintergrund den harten Rhythmus vorgab, darf ja schon seit jeher alleine auf sein Kit eindreschen. Blicke auf ihn ergaben sich aber wie immer nur dann, wenn er sich von seinem Schemel erhob, um die Meute weiter anzufeuern. Ansonsten musste das Publikum gewohntermaßen mit seiner fliegenden Mähne zufrieden geben, um welche er seine Sticks ständig kreisen ließ.

Nach achtzig Minuten Vollgas, von dem "Folksong", wie ihn Lemmy nennt, mal abgesehen, war Schluss, bei der letzten Zugabe durfte auch der Bomber wieder auf die Bühne niedergehen. Das Feuer brennt noch immer, solange MOTÖRHEAD ihren Rock´n´Roll mit der Power an den Mann bringen, ist es egal, dass Lemmy etwas gesünder leben muss. Wobei für mich allerdings das größte Wunder ist, dass der Mann überhaupt noch etwas hört. (Pfälzer)

Setlist MOTÖRHEAD:
Bomber
Stay Clean
Metropolis
When The Sky Comes Looking For You
Over The Top
-Guitar Solo-
The Chase Is Better Than The Catch
Lost Women Blues
Rock It
Orgasmatron
Dr. Rock
Just ´Cos You Got The Power, You Got The Right
No Class
Ace Of Spades
--------------------------------------------------------
Whorehouse Blues
Overkill

(Alle Fotos: jay jay´s Art)

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