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gotthard tourflyerAuf Platte scheint es ja zu klappen mit dem neuen Frontmann Nic Maeder. Da können sich die Schweizer auch bei ihrem treuen Anhang bedanken, der den australischstämmigen Schweizer wohlwollend akzeptierte. Im Lager von GOTTHARD hatte man schon Bedenken wie ein Ersatz für Steve Lee ankommen würde. Doch die beiden Scheiben mit ihm stellen Fans, Band und Kritiker gleichermaßen zufrieden. Nun bleibt also die Frage, wie sich der neue Mann auf der Bühne entwickelt, auf der letzten Tour soll er noch eher zögerlich agiert haben. Nachdem die Formation im Sommer die Akkus wieder aufgeladen hat, geht es im Herbst auf Tour zum aktuellen Longplayer "Bang!". Im beschaulichen Langen hatte NECKBREAKER die Möglichkeit sich selbst ein Bild von den Livequalitäten zu machen. Mit den Schweden HARDCORE SUPERSTAR ist ein Support dabei, der selbst über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt.

Das zeigte sich schon beim Betreten der runderneuerten Mehrzweckhalle, denn es waren auffallend viele Shirts des Opening Acts zu sehen. Auch die erste Reihe bestand zum großen Teil aus Fans der schwedischen Sleazerocker. Bevor ich dort ankam, checkte ich erst einmal das Essensangebot an der Theke. Mir wurde zugetragen, dass es da bei den früheren Konzerten, die von der Hafenbahn veranstaltet wurden einige interessante Sachen angeboten wurden. Mit Würsten, Steaks und Pommes hat man aber eher ein Standardangebot, jedoch immerhin mehr als viele andere Locations, ich hatte mich leider auf eine Ochsenschwanzsuppe gefreut.

HARDCORE SUPERSTAR
Der Truppe gingen ebenso einige Lobpreisungen voraus, ich habe mich aber noch nie näher mit ihnen beschäftigt, lediglich die Ballade "Run To Your Mama" war mir bekannt. Als wollte der Vierer zeigen, dass ich bislang etwas verpasst habe, legte dieser wie die Feuerwehr los. Die Jungs waren voll mit Adrenalin, das nur darauf wartete ausgeschüttet zu werden. Schon als die Instrumentalisten loslegten war Feuer unterm Dach, Gitarrist Vic Vino sprang wie wild umher.
Dann stürmte Sänger Jocke Berg auf die Bühne und machte deutlich wer hier die Rockstarhosen anhatte, obwohl sein Beinkleid zu einem großen Teil aus geringelten Socken bestand. Umgehend übernahm er das Geschehen und nutzte jeden Winkel der Bühne. Die war ihm aber schnell zu klein, so dass er Ausflüge in den Graben unternahm. Die dort befindlichen Cases, auf denen Monitore standen erleichterten ihm diese Aufgabe.

Mit lauten Beifallsbekundungen gab sich der Mann schon mal gar nicht zufrieden und versuchte jeden im Publikum mitzureißen. Bei seinem eigenen Anhang hatte er wenig Probleme, die standen von Beginn an voll hinter ihm. Der Rest begutachtete das Geschehen interessiert und ließ sich teilweise auch von der Energie anstecken. Dabei kam der Sänger gar nicht wie der typische Hairmetaller rüber, man würde ihn eher bei Actionrockern wie den BACKYARD BABIES oder den HELLACOPTERS vermuten.
Seine Mitstreiter waren nicht weniger aktiv, speziell der Axtmann hatte das komplette Arsenal an Rockstarposen drauf und übte wiederholt den Sprung vom Drumriser. Selbst der dort sitzende Andreasson mischte sich immer ins Geschehen ein, sei es auch nur zum gemeinsamen Anstoßen. Wo Rockstargebaren aufgefahren werden, sind die Klischees nicht weit, und HARDCORE SUPERSTAR erfüllen sie alle. Man hätte nicht unbedingt einen Song über Alkohol ins Set nehmen müssen, die Band demonstrierte ihre Trinkfestigkeit auch so zu Genüge.

Musikalisch lugen zwar hier und dort die Vorbilder wie MÖTLEY CRUE oder GUNS´N ROSES hervor, doch im Laufe der Jahre haben sich die Schweden ihren eigenen Stil erarbeitet. Der reifte auf dem selbstbetitelten 2007er Album zu voller Blüte, weswegen von dem Langeisen auch fünf Songs gespielt wurden. Leider kam bei der oben genannten Ballade alles außer dem tollen Gesang von Jocke Berg aus der Konserve. Schade, so hätte es die beste ruhige Nummer des Abends werden können, und das im Vorprogramm von GOTTHARD. Alleine der Culture Clash beim Bild, wenn sich der stark tätowierte Sänger hinter einen Flügel setzt, wäre großartig gewesen.

Ansonsten gab es von HARDCORE SUPERSTAR nur dreckigen Rock´n´Roll, der direkt in die Fresse, aber auch in die Beine ging. Am Ende mit einem echten Hitsmasher wurde die Combo mächtig gefeiert, wobei ihr Sänger gar nicht mehr von der Bühne herunter zu bewegen war. Er hätte am liebsten noch drei Stunden weiter gepost und versucht, die Leute mit seinem Charisma zu gewinnen. Einige neue Fans dürften die Schweden mit dieser Darbietung sicherlich gewonnen haben. Selbstvertrauen für die ganz große Karriere ist auch vorhanden, schließlich wähnt man sich über dem Gesetz.

Setlist HARDCORE SUPERSTAR:
Moonshine
My Good Reputation
Dreamin´In A Casket
She´s Offbeat
Last Call For Alcohol
Above The Law
Run To Your Mama
Have You Been Around
Glue
We Don´t Celebrate Sundays

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GOTTHARD
Dass nun noch mehr im Publikum gehen würde, war klar, denn ein Großteil war wegen des Headliners hier und mancher konnte mit dem rüden Auftreten wenig anfangen. Wie schon knapp drei Wochen zuvor bei ACCEPT waren Sound und Licht direkt eine andere Hausnummer und für die sechs stand auch deutlich mehr Platz zur Verfügung. Ähnlichkeiten gab es auch im Bühnenaufbau, rechts und links vom Drumriser waren die Verstärkertürme platziert, während das Kit von Hena Habegger auf der Front eines Cadillac thronte. Dieser war dem Cover der neuen Scheibe nachempfunden, das auch mit dem Backdrop und aufgemalten Einschusslöchern auf den Boxen und Drumfellen visualisiert wurde.

Der erste Blick ging natürlich zum Mann am Mikro und, direkt wurde deutlich, dass dieser seine eigene Linie gefunden hat. Natürlich fehlt ihm zum guten Steve noch etwas, aber als Ersatz macht er sich spürbar gut. Stimmlich hat er sicher nicht diese kraftvolle Röhre des viel zu früh Verstorbenen, aber vom Stageacting her strahlte er schon eine Sicherheit aus, von der sich so mancher eine Scheibe abschneiden könnte. Mit einem Strahlelächeln suchte er sofort den Kontakt zum Publikum und nahm die Führungsrolle auf der Bühne an. Dabei hatte er einen tollen Elan, war viel unterwegs und hatte schon eine ganze Reihe lässiger Posen am Start.

Am Wichtigsten ist aber, dass er sich in das Bandgefüge integriert hat, und das schien allem Anschein nach wirklich sehr geschlossen zu sein. Man sah allen Beteiligten an, mit welchem Spaß sie bei der Sache waren. Von Beginn an herrschte eine ungeheure Spielfreude, die Formation agierte auch viel miteinander, suchte ständig den Kontakt untereinander auf der Bühne.
Dass man in eine professionelle Rockshow immer noch ein paar Scherze einbauen kann, bewiesen die Schweizer ständig, in dem man sich gegenseitig neckte oder am Ende versuchte Leo Leoni von der Bühne zu ziehen. Dieser gewann unter Anfeuerungen der Menge, welche sich damit eine weitere Zugabe verdient hatte. Solche kleinen Späße kommen nicht nur bei den Fans gut an, sie zeigen auch, wie gut es um die Bandchemie bestellt ist.
Als besondere Höhepunkt wurden dann noch ein paar Fans auf die Bühne gebeten, um beim Backgroundgesang mitzuhelfen. Es ist nicht schwer zu erraten, welche Persönlichkeit da wieder in vorderster Front zu finden war. Kleiner Tipp: Er ist verrückt genug, um Leo Leoni auf der Luftgitarre zur Battle heraus zu fordern. Die Musiker hatten sichtlich Spaß daran, einfach Rock´n´Roll, gemeinsam eine gute Zeit haben. Soviel Fannähe ist absolut lobenswert in Zeiten, in denen sich mache den Händedruck vergolden lassen.

Die Anhänger standen ohnehin wie ein Fels hinter der Band, und übernahmen auch im Publikum stehend einige Textzeilen. Sicherlich hat man schon enthusiastischere Crowds gesehen, doch ganz so wild war es bei GOTTHARD noch nie. Immerhin war die "Hausfrauen"-Fraktion sehr tolerant gestimmt und regte sich nicht ständig über Bewegungswillige auf. Maeder verstand es auch gut, die Leute in die Songs einzubinden, gerade bei den softeren Stücken.
Davon hätten es gerne ein paar weniger sein dürfen, denn zwei ruhige Blöcke zwischendurch ließen bei manchen doch die Betriebstemperatur sinken. So mancher Song wurde umarrangiert und gab den Gitaristen Leo Leoni und Freddy Scherer die Freiräume ein paar bluesige Licks rauszuhauen. Überhaupt kommen die Songs live viel erdiger und rauer daher als auf den doch etwas überproduzierten Alben, was sie lebendiger wirken lässt. Dazu jammt die Band öfter, streut dabei ansatzweise ein paar Rockklassiker ein.
Dabei hat sie so viel eigenes Material in der Hinterhand, dass sie das gar nicht nötig hätten, ebenso wie die durch DEEP PURPLE bekannt gewordene Joe South Interpretation. Sicher bringt die Nummer Stimmung, ich hätte jedoch vom Debüt lieber mal wieder "Firedance" gehört. Schwerpunktmäßig lagen bei der Setlist natürlich die beiden letzten Alben mit Nic Maeder als Sänger vorne. Ansonsten war das Programm gut durchmischt, wenn auch von den ersten drei Top-Scheiben nur "G." verstärkt berücksichtigt wurde.

Die Schweizer präsentierten sich als eine kompakte Einheit, die einfach mit dem Herz dabei ist. Wäre dem nicht so, hätten sie vermutlich vor vier Jahren das Handtuch geworfen. Auch vom Spiel her wirkt das alles sehr geschlossen, weswegen sich die Sechs auch den ein oder anderen spontanen Ausflug gönnen können. Da sitzt alles perfekt, es ist fast unglaublich, wie der neue Mann sich eingefügt hat. Die beiden Axtmänner posten bei ihren Soli um die Wette, ohne allzu sehr das Rampenlicht für sich einzufordern. Eine der sympathischsten Truppen in dem Zirkus, die am Ende zu recht abgefeiert wurde. (Pfälzer)

Setlist GOTTHARD:
Bang!
Get Up And Move On
Sister Moon
Right On
Master Of Illusion
Feel What I Feel
The Call
Heaven
Remember It´s Me
Fist In Your Face
What You Get
Starlight
Train
C´est La Vie
One Life, One Soul
 - Drumsolo-
Mountain Mama
Hush
Lift U Up
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Thank You
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Anytime, Anywhere

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