Saxon + Skid Row + Halcyon Way (04.11.2014, Saarbrücken)

saxon skidrow posterAn den alten Legenden weiß man, was man hat, das war vor zwei Wochen bei ACCEPT so, und auch schlechte SAXON-Konzerte sind so selten wie ein Sechser mit Zusatzzahl. Deswegen bucht die Saarbrücker Garage die Briten auch immer gerne, es sind ja fast schon alte Bekannte in der Landeshauptstadt. Auch wenn die Truppe, ebenso wie ihre obig genannten deutschen Kollegen, nie die Größe von JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN erreichte, so ist ihre Klasse und ihr Einfluss nicht geringer. Trotz mancher Irrfahrt zählen Biff Byford und seine Mannen heute zu den hoch verehrten Urgesteinen des Heavy Metal, wobei man sogar die Neunziger ohne Unfug überstand. Als besonderes Bonbon packte die Plattenfirma UDR noch die US-Hair Metallegende SKID ROW auf die Tour, die ja vor einem Jahr schon diese Halle bespielt haben, damals mit UGLY KID JOE, ebenfalls bei dem Label beheimatet. Für den Opening Slot waren ebenfalls Amerikaner in der Form von HALCYON WAY zuständig.

HALCYON WAY
Dass diese nicht ganz so bekannt sind wie die beiden Achtzigerstars zeigte sich am Zuspruch. Nur die beiden ersten Reihen standen dicht in Erwartung dessen was kommen sollte, während viele, trotz Schmuddelwetter noch draußen ihren Glimmstengeln Gesellschaft leisteten. Diesem Umstand trotzte die Band von Beginn an, als wollten sie zeigen, dass auch mit ihnen zu rechnen ist. Mit einer erstaunlichen Energie traten sie auf die Bretter, ohne Ehrfurcht vor den beiden Hauptacts. Auch wenn die Reaktionen fast über die komplette Spielzeit ausblieben, ließen sie sich in ihrer Spielfreude nicht beirren.

Dabei war das Erscheinungsbild eher merkwürdig, zumeist beherrschten kurze Haare die Szenerie, dazu sehr bunt und knallig gefärbt. Keine Ahnung, ob die allabendlich umlackieren, aber so mancher fühlte sich eher an Punk oder eine Metalcoreband erinnert. In der Tat fällt es sehr schwer die Musik des Fünfers aus Atlanta, Georgia zu kategorisieren. Harte, mitunter frickelige Riffs beherrschten den Sound vor allem in den Strophen, bei dem Geschredder standen durchaus NEVERMORE Pate.
Dann setzte es die bei dem Erscheinungsbild schon fast zu erwartenden Grunts, die aber von Bassist Skyler Moore und Leadgitarrist und Bandgründer Jon Bodan kamen. Denen stellte Frontbulle Steve Braun sein sehr kräftiges, metalltypisches Organ entgegen, welches in den Refrains in betont melodische Sphären vordrang, wobei er hier wieder von Bodan und Moore unterstützt wurde, da aber eher im Harmoniebereich. Ein wenig lässt diese Mixtur aus sehr harten Passagen und fast Stadionrock-mäßigen Melodien an INTO ETERNITY denken, wenn auch die Kompositionen nie deren Klasse erreichten.

HALCYON WAY waren zwar durchaus in der Lage, mit Titeln wie "Web Of Lies" oder "Inversion" Interesse zu entfachen, doch wirklich mitreissen konnte diese krude Melange niemanden. Da half es auch wenig, dass Steve Braun, der wie ein Klon aus Glenn Danzig und Vince Neil daher kam, ständig versuchte zu animieren, und auch seine Mitstreiter viel Einsatz zeigten. Hier machte sich auch eine gewisse Sicherheit breit, denn die Combo spielt schon länger zusammen, was man ihnen anmerkte.
Technisch wussten die Jungs ebenfalls zu überzeugen, die Läufe und Frickelattacken saßen gut und einige Soli von Bodan waren sehr hörenswert. Dazu präsentierte man sich tight und bis auf Ausnahme des neuen zweiten Axtmannes Max Eve sehr gut eingespielt. Hinten verrichtete auch Ernie Topran an den Kesseln einen starken Job, immer wieder hatte er tolle Breaks und Wendungen am Start. Letzten Endes kam der Band auch der zu laute und schlecht gemischte Sound nicht gerade entgegen, wodurch der eigene Anspruch nur bedingt umgesetzt werden konnte.

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SKID ROW
Nicht nur wegen des tollen Konzertes im letzten Jahr war das Interesse am Co-Headliner ein ganz anderes. Nicht wenige fanden sich in Shirts der Hardrocker vor der Bühne ein, in Sachen Hits sind sie ja SAXON doch einiges Voraus.Und davon hatten die Männer aus New Jersey mit ihrem texanischen Frontmann eine ganze Reihe im Gepäck. Allerdings wurde „I Remember You" mehr als schmerzlich vermisst, immerhin hatten SKID ROW ein Set von einer ganzen Stunde.

Dennoch gab es natürlich überwiegend Material von ihren ersten beiden Scheiben, die sie wohl bis in alle Ewigkeit spielen werden müssen. Zwei Stücke gab es aus ihrer aktuellen EP „United World Rebellion Chapter Two: Rise Of The Damnation Army", die deutlich besser ausfällt als der erste Teil, der komplett ausgeklammert wurde. Von der mittleren Bandphase war nur der Titeltrack des „Thickskin"-Albums zu hören.
Allerdings konnte sich nicht ganz der große Rausch des vergangenen Jahres einstellen, was nicht nur daran lag, dass die Fans nicht so gut aufgeheizt wurden. Auch die Band versprühte nicht ganz den Elan, den man von ihr gewohnt ist. Vor allem Johnny Solinger war nicht auf der Höhe, seinem Gesang fehlte es an Druck und Durchsetzungsvermögen. Gerade in den hohen Passagen wirkte er doch arg gequält. Natürlich war das auch nicht ausschließlich sein Publikum, welches die Band unentwegt antreibt wie bei den eigenen Shows.

Seine Nebenleute machten auch einen etwas müden Eindruck, die beiden Sechssaiter Scott Hill und Dave „Snake" Sabo blieben zumeist auf ihren Positionen, nur bei vereinzelten Soloduellen kamen sie zum Posingshowdown zusammen. Und der sonst so umtriebige Bassist Rachel Bolan, wie immer mit Kette zwischen Ohr und Nase, schlurfte im THE CLASH-Shirt lässig herum. Erst als er das RAMONES-Cover singen durfte, wachte er richtig auf.
Doch Solinger gab nicht auf, und kämpfte um jeden einzelnen Zuschauer, der ausschließlich wegen dem Hauptact gekommen war. Immer wieder feuerte er die Menge an und kam bei der Kultballade herunter, um gemeinsam mit den Fans vom Photograben aus zu singen. Als das Konzert im Mittelteil sehr punklastig wurde, hielt er einige flammende Reden auf den Rock´n´Roll und bekam vom Publikum lautstarke Bekundungen. Damit konnte er die Stimmung weiter pushen, auch wenn sein Auftreten nicht das Charisma eines Sebastian Bach hat.

Doch sein Vorgänger war ohnehin der geborene Showmann, den er nie wird einholen können. Sein Ansatz, es auf die kumpelhafte Tour zu versuchen ist genau der richtige, damit beweist er auch eine eigene Identität. So ging gegen Ende der Show immer mehr, vor allem, als die großen Hymnen aufgeboten wurde und die Garage sich fleißig für den Headliner warm sang. Die Songs knallen auch nach einem Vierteljahrhundert mächtig, angeschoben durch den starken Drummer Ron Hammersmith, der seinem Namen alle Ehre machte. So wurden SKID ROW am Ende verdient abgefeiert, weil sie sicher einigen Anwesenden bewiesen haben, dass ihrer Zeit zu Unrecht als Poser abgestempelt wurden, dafür rocken sie zu ehrlich.

Setlist SKID ROW:
Slave To The Grind
Piece Of Me
Give It The Gun
Big Guns
18 And Life
Thickskin
Riot Act
Psycho Therapy
Get The Fuck Out
Monkey Business
We Are The Damned
Youth Gone Wild

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SAXON
Waren bei SKID ROW noch einige Lücken in den Zuschauerreihen, so stand nun alles dicht, als das Licht ausging und das AC/DC-Intro loslief. Voll war die Garage sicher nicht, aber angenehm gefüllt, was aber wie sich später heraus stellen sollte gar nicht nötig war. Dabei war es zu Beginn doch ein wenig verhalten, wie beim letzten Gig in diesem Club, sollte es ein paar Lieder dauern, bis die Betriebstemperatur erreicht wurde. Sänger Biff dürfte die eigentlich in seinem langen Mantel schon beim Betreten der Bühne überschritten haben.
Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, mit welcher Freude der Mann mit seinen über sechzig Lenzen dabei ist. Stets gut gelaunt, mit witzigen Ansagen, einem guten Draht zu den Anhängern und durchgehendem Headbanging präsentierte er sich auch gut bei Stimme. Der gute Byford ist längst eine Integrationsfigur in der Metalgemeinde geworden. So sehr er über die Erhabenheit eines britischen Gentlemans verfügt, so ist er ebenso ein Typ zum Anfassen, mit dem man sich auf einer Stufe wähnt.

Seinen Mitstreitern ist das Alter eher anzusehen, obgleich es sich bei Nigel Glockler kaum auf sein Spiel auswirkt. Auch wenn sein Gesicht ausgezehrt von den vielen Schlachten erscheint, markiert er immer noch den Donnergott hinter seiner Schießbude. Sowohl bei den Wirbeln über die Toms, der treibenden Beckenarbeit oder den alles zermalmenden Doublebassattacken stellte er seine Klasse unter Beweis. Sein Rhythmuspartner Nibbs Carter war wie immer der Antreiber auf der Bühne und machte mehr Meter als die beiden Gitarristen zusammen. Unentwegt schüttelte er seine Mähne und warf sich in alle erdenklichen Posen.

Paul Quinn ließ es da ein wenig lockerer angehen und rockte die meiste Zeit lässig auf der rechten Bühnenseite. Doch wenn er nach vorne kam, um eines seiner vielen Soli zu zocken, verspürte man unter dem britischen Understatement den ungeheuren Spaß, den er bei der Sache hatte. Dabei war der Tremolohaken sein bester Freund, den er mit Genuss einsetzte. Auch sein Gegenüber, Doug Scaratt glänzte mit viel Spielfreude, gemeinsam spielten sie sich ihre Soloparts wunderbar zu, harmonierten perfekt und ließen sich gegenseitig viel Platz im Rampenlicht.

Wieder einmal war es diese kurze Leaderuption aus ihrem „Denim & Leather"-Album, welche die Show so richtig in Gang brachte. Immer wieder als Song über die Festivals ihrer Anfangstage angekündigt, offenbarte der Sänger einige Geogaphie-Lücken. Mit Nürburgring meinte er wohl Nürnberg, wo damals die „Monsters Of Rock" beheimatet waren; na ja, immerhin haben die auch eine Burg. Von da an ging alles bei den Fans, welche die Garage in einen Hexenkessel verwandelten.
Keine Fragen ließ auch die Setlist offen, die sehr schön über alle Epochen ausgewogen war, so gab es von den letzten fünf Studioscheiben je einen Song. Die Ansage, dass alle Hits der drei großen Alben zu Beginn der Achtziger gespielt werden, wurde nicht ganz erfüllt. So fehlte etwa das sonst oft gebrachte „Never Surrender" und von „Strong Arm Of The Law" hat man auch schon mehr als drei Songs gehört.
Das machte eigentlich gar nichts, denn die Herren konnten zocken, was sie wollen, es wurde abgefeiert. Da war wenigstens Platz für selten gespieltes wie mal einen anderen Song von „Dogs Of War" außer dem Titellied. Die Sorge eines Kumpels, dass sie ob der Ankündigung nichts von „Power & The Glory" spielen erwies sich als unbegründet. Drei Stücke daraus habe ich noch bei keinem Konzert gehört, sonst gibt es ja immer nur den ersten und letzten.

Bei so manchem Singalong, um die Biff nicht groß bitten musste, rieb man sich verwundert die Augen, ob man wirklich in der Garage und nicht im Ludwigspark ist. Das sonst eher reservierte Saarbrücker Publikum ging vollends steil, in den vorderen Reihen herrschte Ausnahmezustand, Körpergulasch und Party bis zum Abwinken. So eine Stimmung habe ich in der Garage noch nie erlebt. Jede kleine Pause wurde genutzt, um die Truppe nach allen Regeln der Kunst abzufeiern. Oft blieb den Fünf nichts anders übrig als den Takt zu halten und zu genießen.
Immer wieder schallte der Bandname durch das Rund, und wann hat man mal Stadionchöre in dem Club erlebt? Der grauen Eminenz am Mikro saß öfter der Schalk im Nacken, als er zum Beispiel die Zuschauer zwischen zwei Songs wählen ließ. Nach dem Titel, der am meisten gefordert wurde, kam dann natürlich auch der andere. Die Aktion war sicherlich so durchsichtig wie drei Liter Bachwasser, brachte aber noch mehr Feuer unters Gebälk. Der Frontmann gab den Zeremonienmeister, der die Menge dirigierte, die ihn bei den absoluten Hits am Ende übertönte.

Dabei war der Sound alles andere als leise, für einige Audiophile sogar ein wenig zu deftig. Doch das muss hier einfach so sein, was soll schon anderes rauskommen, wenn man Gibson-Gitarren durch Marshall-Verstärker jagt als ein fetter Bratsound? Sicher waren SAXON noch nie ganz oben in der Szene, hatten keine wirklichen Hits. Doch ihre Loyalität bescherte ihnen eine ebensolche Gefolgschaft, welche die alten Gassenhauer einfach verinnerlicht hat. Nach fast zwei Stunden und endlosen Mitsingspielen bei den Zugaben waren alle glücklich, schließlich hatten sie die besten SAXON seit der „Kiling Ground"-Tour 2001 erlebt. (Pfälzer)

Setlist SAXON:
Motorcycle Man
Sacrifice
Power And The Glory
Heavy Metal Thunder
Lionheart
Strong Arm Of The Law
Suzie Hold On
Hammer Of The Gods
And The Bands Played On
The Eagle Has Landed
Demon Sweeney Todd
747 (Strangers In The Night)
The Great White Buffalo
Forever Free
I´ve Got To Rock (To Stay Alive)
20.000 Feet
This Town Rocks
Solid Ball Of Rock
Princess Of The Night
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Wheels Of Steel
Crusader
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Denim & Leather

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