Skid Row + Ugly Kid Joe + Dead City Ruins (22.11.2013, Saarbrücken)

skidrow flyerJugenderinnerungen galore gab es an diesem Abend. Die beiden Hauptprotagonisten lieferten den Soundtrack dazu, wie man im ersten Auto mit der ersten Freundin und heruntergekurbelten Scheiben durch den Sommer fuhr. Bevorzugt ins Freibad, wo man diese Bands so laut auf dem Ghettoblaster laufen ließ, dass sich verschreckte Badegäste beim Bademeister beschwerten. Doch ebenso wie die Unbeschwertheit der Jugend verschwand, verschwanden diese beiden Bands vom Radar der großen Rocköffentlichkeit.
SKID ROW releasten 1995 das schwache, krude "Subhuman Race" und trennten sich kurz darauf von Frontmann Sebastian Bach. Mit seinem Nachfolger Johnny Solinger brachte man es nur auf zwei weitere Studioalben. Zwar fiel das 1995er-Werk von UGLY KID JOE mit "Menace To Sobriety" klar stärker aus, doch mangelnde Hits kosteten die Truppe den Plattenvertrag. Ein weiteres Album später war dann erstmal für lange Zeit Schluss. In diesem Jahr meldeten sich beide Bands nach langer Zeit mit jeweils einer EP zurück und begaben sich nun gemeinsam auf Europatournee. Wie viel ihrer einstigen Energie steckt noch in ihnen und wie viel jugendliche Frische im Publikum.

DEAD CITY RUINS
Offiziell sollte es um 18:30 Uhr los gehen, daher war ich etwas erstaunt, als ich bereits um 18:20 Uhr von Weitem laute Musik hörte. Tempo war also angesagt, ganz ohne Kaltgetränk begab ich mich auf schnellstem Wege in die Haupthalle, um zumindest noch ein paar Songs der Melbourner DEAD CITY RUINS zu hören. Und im Nachhinein kann ich nur sagen, dass sich die Hetzerei gelohnt hat. Die Band überzeugte ab dem ersten Ton, den ich hörte! Was bei Vorbands meistens nicht der Regelfall ist. Begonnen hatten die Jungs bereits um 18:10 Uhr vor leerem Haus, was wirklich schade ist. Denn ihren Mix aus klassischem Metal, Classicrock und zum Teil etwas modernem Riffing kann sich wirklich hören lassen und passt zudem noch perfekt zum Gesamtpaket dieses Abends.

Sänger Jake hat eine wirklich wahnwitzige Bühnenpräsenz und versucht mehr als einmal, das Publikum anzustacheln. Was ihm mehr oder weniger auch gelingt, wobei die Halle bis zum letzten Song leider nur spärlich gefüllt ist. Außerdem ist Jake mit einer ganz außerordentlichen Stimme gesegnet, welche fast schon die Tonlage von JUDAS PRIESTs Rob Halford trifft. Auch die Gitarristen Tommy und Blanchy strotzen vor Energie, für einen Song wandern sie extra auf die Podeste links und rechts in der Halle und spielen sich dort beim Solo die einzelnen Parts zu. Sehr geil! Um 18:45 Uhr ist leider schon Schluss, und die Band weist noch freundlich darauf hin, dass sie am Merchandisestand für Autogramme und ein bisschen Smalltalk zur Verfügung steht. DEAD CITY RUINS stehen auf eigenen Beinen, ohne Label und Manager. Somit ist es nicht verwunderlich, dass sich Sänger Jake als sehr sympathischer Zeitgenosse herausstellt, als ich mir nach der Show, für gerade mal zehn Euro, das zweite Album der Band zulege und noch kurz ein paar Worte mit ihm wechselte. Klasse Band und klasse Opener! (Pascal)

live 20131122 0109 deadcityruins Kopielive 20131122 0106 deadcityruins Kopie

UGLY KID JOE
Vor allem bei den Kalifornier durfte man gespannt sein, wie viel von dem früheren Spirit man noch in die heutige Zeit herüber retten konnte. Als die Band zum Intro auf die Bühne stürmte spürte man schon die Power, die von ihnen ausging, welche sich direkt in den Riffgewittern des ersten Songs entlud. Das waren keine ehemaligen Rockstars, die mal wieder ihre alten Hits zockten, nein, da war eine Combo auf der Bühne, die es wissen wollte.
Von Beginn an legten die Fünf eine unglaubliche Bewegungsfreude an den Tag und sprangen wie die jungen Hüpfer auf der Bühne herum. Zu derart sportlicher Performance hatten sie auch die passenden Klamotten an, die gute Skater-Schiene bedienen sie optisch nach wie vor. Abgeschnittene Army-Hosen und wenn nötig auch Fußballer-Stutzen sorgten für die nötige Beinfreiheit, während Bassist Cordell Crockett eher wie ein verirrter Hip-Hop-Musiker rüber kam.

Das kommt nicht von ungefähr, denn einige Rhythmen waren bei UGLY KID JOE schon immer diesem Genre, wie auch dem Funk enlehnt. Dennoch schafften sie es stets aus all den verschiedenen Einflüssen einen homogenen, eigenständigen Sound zu kreieren. Umso überraschender, dass sie auf "Stairway To Hell" diesen Stil sofort wieder aufnehmen können. Es kommt einem wirklich so vor, als ob die letzten fünfzehn Jahre nicht stattgefunden haben.

Das Publikum ließ sich von der Spielfreude direkt mitreißen, die etwa 800 gingen direkt steil und hatten ihren Spaß. Vor allem, weil nach dem Opener direkt der erste Hit nachgeschoben wurde, dessen Refrain noch viele Fans kannten. Im Vordergrund stand natürlich das Debüt "America´s Least Wanted", mit dem die Jungs seinerzeit durchstarteten, die Hälfte der Songs stammte von der Scheibe. Von der neuen EP gaben sie drei Songs zum Besten, welche live noch etwas mehr überzeugen konnten als auf Platte.
Absoluter Herr im Ring war allerdings Sänger Whitfield Crane, der einen entfesselten Frontmann abgab. Einer, der sein Publikum wirklich forderte, der es bei den Eiern holte, auf es zuging und seine gewünschten Reaktionen bekam. Immer wieder feuerte er die Meute an, scheute aber auch nicht davor, bei zu geringem Feedback mal eine abwertende Handbewegung zu machen. Um sich überall bemerkbar zu machen schmiss er eine Frontmonitorbox um und kletterte darauf, so dass ihn selbst das Personal an der Theke problemlos sehen konnte.

Nur einmal nahm die Band den Fuß vom Gaspedal, um ihren ganz großen Hit anzustimmen, das bereits in der Mitte des Sets. Das Harry Chapin-Cover wurde dann auch von fast allen Anwesenden mitgesungen. Beim ersten Refrain demonstrierte Crane weiter sein unerschütterliches Selbstvertrauen, drehte das Mikro herum stellte sich demonstrativ neben den Ständer, wo er mit verschränktem Armen seinen Fans lauschte, ein Gänsehautmoment. Damit hatten die Jungs endgültig den Sieg eingefahren und hauten noch ein paar Kracher heraus, bei denen sie weiterhin wie wild die Bretter beackerten. Ähnlich wild auch das Spiel von Shannon Larkin, der nur mit ein paar Stars&Stripes-Unterhosen auf sein Kit eindrosch.
Bei der Zugabe trieb der Fronter seine Spielchen mit dem Publikum weiter, indem er immer wieder nach dem Wort fragte, welches die Deutschen anstelle von "We want more" skandieren. Die Band verließ witzigerweise nicht die Bühne, sondern versteckte sich unter Handtüchern, Humor hatten sie schon immer. Weil er ja noch zwei Songs versprach, und sich nach dem unvermeidlichen Gassenhauer jeder fragte, was da noch kommen sollte, grüßte der gute Whitfield die Kollegen von MOTÖRHEAD und stimmte ein Cover an. Jeder gab noch einmal alles, die Halle stand Kopf, eine faustdicke Überraschung, eine Formation, die ich in der Form nie erwartet hätte.

Setlist UGLY KID JOE:
V.I.P
Neighbour
C.U.S.T.
Panhandlin´ Prince
So Damn Cool
No One Survives
Devil´s Paradise
Cats In The Cradle
I´m Alright
Milkman´s Son
Goddamn Devil
-------------------------
Everything About You
Ace Of Spades

live 20131122 0212 uglykidjoe Kopielive 20131122 0205 uglykidjoe Kopie
 

SKID ROW
Nach der Umbaupause hatten die Vier aus New Jersey und ihr texanischer Sänger leichtes Spiel, denn das Publikum war schon über Betriebstemperatur. Zu den Klängen von "Blitzkrieg Bop" der RAMONES stiefelten sie auf die Bühne und der Slogan "Hey Ho, Let´s Go" sollte nicht nur beim ersten Song die Marschroute vorgeben. Der stammte vom neuen Dreher und fügte sich mit seiner direkten Gangart ideal ins bekannte Material der Truppe ein. Danach fuhren SKID ROW die dicken Geschütze auf und feuerten eine ganze Salve ihres legendären Debüts in die Menge. Dass die alle in ihr Ziel einschlugen war auch ein Verdienst des rauen, kantigen und lauten Bratsounds, der schon beim Co-Headliner für den nötigen Druck sorgte.

 So rau wie der Klang, der durch die Garage fegte war auch das Spiel der Herren. Wie bei ihrem Support war direkt heraus zu hören, dass sie neben den anderen Zutaten auch einen Hang zum Punk haben. Auch hier gab es nur Vollgas, die Hits wurden einfach ohne durchzuschnaufen von der Rampe runter geballert, sechzehn Stück in etwas mehr als siebzig Minuten ist schon stramm. Dabei streuten sie immer wieder ruhigere Songs ein, doch auch die haben ordentlich Dampf, immerhin hat die Truppe ihrer Zeit der Powerballade eine neue Dimension gegeben.

Da konnte ihr Stageacting nicht ganz mithalten, in der Hinsicht grub ihnen die Vorband das Wasser ab. So engagiert und kraftvoll das Spiel war, so gut Scott Hill auch solierte, den ganz großen Bewegungsdrang verspürten die Musiker nicht. Meist verharrte man in der Position am Bühnenrand, haute ein paar Posen raus, gerade Bassist Rachel Bolan übte sich im breiten Schritt.
Bei dem Mann, der auch die RAMONES-Coverversion sang, frage ich mich immer, ob die Kette, die zwischen linkem Ohr und Nase baumelt mit ihm verwachsen ist.
Johnny Solinger machte als Sänger eine gute Figur und konnte stimmlich in die großen Fußstapfen seines Vorgängers treten. Als Frontmann hingegen fehlt ihm das Charisma von Bach so wie die Präsenz und der Zug zum Publikum eines Whitfield Crane.

SKID ROW setzten vor allem auf die Macht ihrer Songs, und da haben sie die noch stärkeren als UGLY KID JOE in der Hinterhand. Während sich die Setlist des anderen Hauptacts quasi selbst stellt, schöpfen sie aus den Vollen und können es sich leisten Knaller wie „Here I Am" oder „Psycho Love" außen vor zu lassen. Natürlich standen die zwei ersten Scheiben klar im Vordergrund, vom dritten Album mit dem alten Sänger gab es keinen Song. Schlaflose Nächte wird dies keinem bereitet haben, zumal die erste Einspielung mit Solinger, von welcher der Titelsong gespielt wurde, auch klar besser ist.
Die Titel von „United World Rebellion – Chapter One" fügten sich gut ins Programm ein. In der Livesituation wirkten diese besser und litten nicht unter dem arg komprimierten Sound, lediglich die Ballade war etwas dröge. Durch das Eröffnungsdoppel von „Slave To The Grind" wurde das aber im Anschluss wieder wett gemacht. Speziell das Dynamikmonster am Ende des regulären Sets entwickelte sich wieder zur absoluten Abrissbirne.

Die Power der Songs riss die Fans mit, kein Wunder, zeigte die Textsicherheit, dass sie mit dem Material bestens vertraut waren. So blieb die Stimmung weiterhin am oberen Anschlag, die Matten flogen in den vorderen Reihen, und bei der Zugabe wurde ein weiteres Hitfeuerwerk gnadenlos abgefeiert. Mit der obligatorischen Hymne endete ein intensiver, adrenalingeschwängerter Konzertabend, vom Energielevel eines der besten Konzerte seit langem. Ja, man fühlte sich tatsächlich wieder wie in der stürmischen Jugendzeit, nur dass man das heute mehr zu schätzen weiß. (Pfälzer)

Setlist SKID ROW:
Let´s Go
Big Guns
Makin´ A Mess
Piece Of Me
18 And Life
Thick Is The Skin
Riot Act
Kings Of Demolition
In A Darkened Room
Psycho Therapy
It´s Killing Me
Slave To The Grind
Monkey Business
-------------------------
I Remember You
Sweet Little Sister
Youth Gone Wild

live 20131122 0302 skidrow Kopielive 20131122 0307 skidrow Kopie



Kategorie: Konzerte