Fish + VanderLinde (26.10.2013, Landstuhl)

fish tourflyerAuf der Tour zum neuen Album wagt sich der Mann, den alle FISH nennen wieder in elektrische Gefilde vor, nachdem er die letzten Jahre live nur in akustischer Form zu erleben war. Dies war zwar auch interessant, zumal Derek William Dick auf der Bühne immer unberechenbar ist. Doch "A Feast Of Consequences" verlangt nach einer klar rockigen Umsetzung, so dass sich der ehemalige MARILLION-Frontmann auf eine ausgedehnte Tour mit seiner vierköpfigen Backingband begab. Dabei machte er im pfälzischen Landstuhl Station, nicht gerade der Nabel der Progwelt, doch auch hierfür ist der Künstler bekannt, nicht immer die Standardlocations zu wählen. An dem Abend wurde er von den Niederländern VanderLinde begleitet, die einen Teil der "The Movable Feast Tour" mit FISH absolvierten.

VANDERLINDE
Nachdem wir schon alleine von Auftreten eines Supports überrascht waren, mussten wir ein wenig recherchieren, um wen es sich handelt, denn bekannt war uns die Formation bislang nicht. Eher unspektakulär erschienen die vier Herren auf der Bühne der Stadthalle und stöpselten ebenso unscheinbar ihre Instrumente ein. Musikalisch war das Ganze schwer einzuordnen, am ehesten fallen einem bei den Leads von Wietze Koning DIRE STRAITS ein, was die dezente Country-Schlagseite noch verstärkt. Folk und Singer/Songwriter sind zwei weitere Ettiketen, die man darauf kleben kann, da fällt einem noch der Name CROWDED HOUSE ein, weil man sich insgesamt sehr britisch anhört.

Die einzige offensichtliche Verbindung zum Hauptact des Abends war, dass auch hier auf das Wechselspiel von akustischen und elektrischen Gitarren gesetzt wurde. Neben dem bereits erwähnten Koning an der Strat stand Bart Schwertmann mit seiner Akustischen auf der anderen Seite von Frontmann Arjan Van der Linde. Dieser zupfte neben seinem Gesang noch die dicken Saiten und bildete den Mittelpunkt im Bandgefüge.
Genauso unspektakulär wie sich der Vierer gab, so fiel auch ihr Songmaterial aus, die Melodien von Stücken wie "Little Things" waren zwar alle sehr schön und einschmeichelnd, doch irgendetwas fehlte. Im instrumentalen Bereich konnte die Truppe immer wieder mit kleinen Details erfreuen, doch so richtig wollte das Gebotene nicht zünden. Die Herren können auf der einen Seite nicht mit einer wirklich vereinnahmenden Atmosphäre das Publikum auf ihre Seite ziehen, noch vermochten sie, ihre Songs richtig losgehen zu lassen.

Das war auf die Dauer doch ein wenig ermüdend, selbst wenn das Dargebotene handwerklich richtig gut war, die Band sehr tight agierte. Leider glichen sich die Songs nach ein paar immer mehr, da das Schema kaum geändert wurde. Lediglich beim Rausschmeißer "She´s Rock´n´Roll" machten sie den Namen zum Programm und rockten los. Doch so wie sie damit ein paar Anwesende aus der Reserve lockten, so waren auch einige zartbesaitete Proggies von den Doublebass-Attacken am Schluss erschreckt. Auch die Kommunikation mit dem Auditorium fiel gering aus, die neue Platte musste von Schwertmann angekündigt werden. Der Sänger wippte zwar die ganze Zeit mit seinem Bass hin und her, so richtig aus sich heraus gehen konnte er nicht. So blieb am Ende nicht mehr als Höflichkeitsapplaus.
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FISH
Die Stimmung sollte sich dann merklich ändern, als die ersten Projektionen auf die große Leinwand flimmerten. Nach und nach erschienen die Mitmusiker auf der Bühne und stiegen mit dem Opener der neuen Scheibe sehr sanft in das Set ein. Wo andere Bands immer versuchen Knalleffekte zu Beginn zu bringen, wählt man hier einen getragenen, sphärischen Einstieg, der immer mehr an Intensität gewinnt. Als der Meister selbst auf der Bühne auftauchte und die ersten schwebenden Melodien zum Publikum herab ließ, wurde es noch einmal lauter im Saal. Nachdem man anschließend den Titelsong anhängte, kam zum ersten Mal Euphorie unter den gut 500 Zuschauern auf, als der Hüne einen Song aus der Zeit, lange vor dem Haarausfall ankündigte.

Dieser erwies sich als der titelgebende Eröffnungstrack des MARILLION-Debüts und wurde natürlich lautstark abgefeiert. Im Gegensatz zu seinen früheren Mitstreitern, hält er ähnlich wie Steve Hackett bei GENESIS das eigene Erbe immer noch ausgiebig hoch. So kam an dem Abend noch ein zweiter Song dieses legendären Albums zum Zuge. Dazu hagelte es am Ende weitere Hits, die zu einem interessanten Medley zusammengefasst wurden, in das sogar ein Schlagzeugsolo integriert wurde. Der Großteil des Sets bestand allerdings aus dem aktuellen Longplayer, von dem sieben Stücke zum Besten gegeben wurden. Ansonsten war die Setlist gegenüber dem Auftritt auf dem ROCK OF AGES 2012 erneut komplett anders, es gab wenig Songs aus der bisherigen Solokarriere zu hören, was aber auch für die Stärke von "Feast Of Consequences" spricht.

Spielerisch war die Begleitband des Schotten sehr kompakt, sehr konzentriert und gut aufeinander eingestimmt. Kein Wunder, haben sie doch fast alle langjährigen Erfahrungen mit ihrem Frontmann, lediglich Drummer Gavin Griffiths ist neu dabei. Bassist Steve Vantsis begleitet FISH schon seit mehr als zehn Jahren, war bei den anderen Konzerten, die ich von ihm sah immer dabei. Foster Paterson war schon 1994 auf "Suits" an den Keyboards zu hören und war seitdem immer wieder an Produktionen beteiligt. Und Robin Boult, der oft der zweite Gitarrist hinter dem bisher treuesten Bandmitglied Frank Usher war, stieg nun zum alleinigen Meister der sechs Saiten auf.
Die meisten Akzente setze man bei den neuen Stücken, da die Vier bei dem gesamten Entstehungsprozess beteiligt waren und die Sachen in sie übergegangen sind. Kleinere Schwächen gab es wenn überhaupt bei den ganz alten MARILLION-Titeln, denn da konnte man nicht ganz die Tiefe und Wärme der Originale transportieren. Aber kein Wunder, denn mit Steve Rothery hat diese ein absoluter Ausnahmegitarrist eingespielt. Paterson hatte ich beim Albumreview als tollen Pianisten gelobt, was er im Laufe des Konzertes immer wieder unter Beweis stellte. Doch dessen pointierter Stil ist eben nicht ideal bei flächigen Synthesizertönen.

Mittelpunkt des Geschehens war natürlich unbestreitbar die künstlerisch integre Gallionsfigur des Neo Prog. Genauso unbestreitbar ist, dass er mittlerweile in die Jahre gekommen ist, allerdings nur äußerlich. Mit bereits angesprochener Glatze, Brille und weißem Bart kann er die 55 Lenze nicht mehr kaschieren. Doch mit seinem in den letzten Jahren zum Markenzeichen gewordenen Pali wirkt er wie ein Prediger, der es allerdings schwer haben dürfte ein Visum für die USA zu bekommen.
Doch das Erscheinungsbild passt nur zu gut zu seiner charismatischen Bühnenpräsenz, denn gerade bei seinen eindringlichen, oft minutenlangen Ansagen hat er etwas Beschwörendes an sich. Er predigt gegen den Krieg, vor allem in der "High Wood Suite" aus der neuen Scheibe, von der es drei sehr persönliche Stücke gab. FISH wettert gegen die Verdummung durch die gängigen Fernsehformate und mahnt immer wieder Umweltzerstörung an. Wobei ich allerdings bezweifle, dass ihn seine Thematik in den Vereinigten Staaten beliebter macht, aber seinem Sturkopf wird das egal sein.

Doch FISH kann auch anders, für seinen Humor ist der Mann ebenso berühmt, immer wieder scherzt er mit den Zuschauern oder seinen Mitmusikern. Er vergisst nicht, dass es sich hier um eine Show handelt, bei der trotz aller ernsten Inhalte der Spaß im Vordergrund steht. So vermag er auch das Publikum auch ohne große Animationen mitzureißen, stimmlich zu überzeugen und immer glaubhaft rüberzukommen. Bei der sehr ruhigen Ballade von "Feast Of Consequences", nur begleitet von Akustischer und leisen Key-Streichern überlässt er am Ende dem Publikum den Refrain komplett, welches diesen lauthals mitsingen kann. Wenn man mit ganz frischem Material solche Reaktionen hervor rufen kann, es schafft diese Lieder auf Anhieb in den Herzen der Fans zu verankern, das ist große Kunst. Große Kunst ist es auch zwei einviertel Stunden wie im Fluge vergehen zu lassen, um so am Ende zu Recht gefeiert zu werden, auch wenn meine ehemaligen Landsleute nicht gerade mit überbordendem Enthusiasmus gesegnet sind. (Pfälzer)

Setlist FISH:
Perfume River
A Feast Of Consequences
Script For A Jesters Tear
Dark Star
All Loved Up
What Color Is God?
Blind To The Beautiful
Mr. 1470
He Knows, You Know
Crucifix Corner
The Gathering
Thistle Alley
Assasin/Credo/Assasin/-Drumsolo-/Fugazi(Reprise)/Tongues/White Feather/Lucky
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Freaks

 

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Kategorie: Konzerte