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AnvilGroße Ereignisse werfen oftmals ihren Schatten voraus und so auch im Vorfeld des Konzertes von AC ANGRY und ANVIL im Kleinen Klub in Saarbrücken. Schon lange vorher gab es an zahlreichen Stellen in der Stadt Plakate zum bevorstehenden Ereignis. Auch wurde im Freundeskreis darüber gesprochen, dieses einmalige Erlebnis, einer Legende zusehen zu können, nicht verpassen zu dürfen.
Meiner Meinung nach war am Konzertabend dann auch deutlich zu spüren, dass es diesmal ganz besonders sein würde. Ich hatte selten so viele Menschen vor Beginn eines Metal-Konzerts vor dem Kleinen Klub gesehen. Mir war auch aufgefallen, dass ich kaum einen von ihnen jemals gesehen hatte, geschweige denn Menschen mit ANVIL-Shirt.

Dieses Konzert war das letzte in Deutschland in diesem Sommer bevor es für ANVIL nach Schweden zum letzten Konzert der Summer Euro Tour ging und auch dieser Fakt wies auf die Besonderheit hin. Robb Reiner erschien am Nebeneingang und lies sich bereitwillig mit und von den Fans ablichten. Dabei sah er etwas übermüdet aus (zu recht wie sich später herausstellen wird) und ich zog es vor nicht den üblichen Fanklamauk abzuziehen. (worunter AC ANGRY dann später leiden mussten, aber dazu später) Einlass war um 19.00 Uhr aber es verzögerte sich etwas. Als ich dann endlich im Vorraum stand, bemerkte ich die Security. Ich empfand das als ungewöhnlich, denn die Konzerte im Kleinen Klub sind bislang immer friedlich verlaufen. Ich war etwas erstaunt, das ich an diesem Abend nicht fotografieren durfte, aber man gab mir zu verstehen, dass die Tourleiterin befand, es wären schon genug Fotografen da. Ich deponierte die Kamera samt Tasche dann eben bei einem guten Kumpel, der auch den Merch-Stand von AC ANGRY betreute. Der Merch-Stand war in die große Garage verlegt worden, vermutlich um mehr Platz zu schaffen. Allerdings bin ich der Meinung, dass das ganze Konzert hätte sollen in die Garage verlegt werden. Im Kleinen Klub herrschte jetzt schon großes Gedränge und das bei der Vorband! Es war schon recht warm im Kleinen Klub und so ging ich mir erstmal an die Theke ein Bier holen. Dort sah ich, dass zwei Monitorlautsprecher fast die ganze Länge der Theke einnahmen und noch zusätzlich mit Gaffa-Tape gesichert waren. Wie soll denn die Band so auf die Bühne kommen, dachte ich mir?

AC ANGRY

Es ging los. Die Band stampfte mitsamt ihren Instrumenten hinter der Theke durch und hüpfte dann aus dem Zuschauerraum auf die Bühne. Na großartig, aber immerhin eine Gelegenheit, den Musikern nahe zu kommen und mal auf die Schulter zu klopfen.
Die Band musste sich mitsamt Stacks und Schlagzeug die vordere Hälfte der Bühne mit dem Equipment von ANVIL teilen. Ich stand ca. 30 Zentimeter vom Schlagzeug weg. Auch mal nicht schlecht. Unter lautem Gejohle begannen AC ANGRY ihr Set.
Die Band war gut aufgelegt und der Funke zum Publikum sprang sofort über. Ihr energetisches Spiel lies viele mittanzen. Singspielchen wurden gut aufgenommen. "You Got The Thirst - I Got The Booze " oder "It's Good To Be Bad" könnten Beispielsweise zu absoluten Klassikern bei Konzerten avancieren.


Während eines Songs riss Leadgitarrist Stefan eine Saite. Er winkte kurz nach hinten und kurz darauf stand ein Kerl mit einer Ersatzklampfe in der Hand vor ihm. Er schnallte sich die neue Axt um und all das punktgenau bevor das Solo im Song begann. Eine großartige Leistung, wenn vielleicht auch zufällig. In den Saiten hing noch ein Plektron, welches ein Fan in der ersten Reihe vorsichtig mit einem Finger herausschubste.
Stefan warf ihm einen Blick des Dankes zu und spielte den Song unter großem Jubel zu Ende. Die Jungs ziehen souverän ihr Ding durch und hauen dem mittlerweile schwitzenden Publikum einen Hit nach dem anderen um die Ohren. Der erdige Heavy-Rock kommt gut an. Von der Klasse her müssten AC ANGRY nicht als Vorband spielen. Auf dieser kleinen Bühne macht es um so mehr Spass dicht dran sein zu können.
Zum Abschluss spielen sie das selbstbetitelte "AC Angry" um anschließend schweißgebadet mit den Instrumenten wieder durch das Publikum in den Backstagebereich zu laufen. Einige scheuten sich nicht, den schwitzenden Musikern nochmals auf die Schulter zu klopfen. Eine größere Anerkennung gibt es kaum. Zahlreiche Fans zückten ihr Smartphone und filmten den ein oder anderen Song mit, was in der heutigen Zeit durchaus als Kompliment zu verstehen ist.

20130808Anvil 2 AC Angry

Fotos: Jochen

Setlist:
1. Radicalizer
2. Rock'n'Roller Roller Rolla!
3. Motor
4. You Got The Thirst - I Got The Booze
5. Like A Riot
6. It's Good To Be Bad
7. Kings Of Death
8. Booze Horse
9. Black Denim
10. Get It On
11. AC Angry

Die Bühne wird umgebaut und ich ziehe es vor draußen nach Luft zu schnappen. Am Eingang erfuhr ich, dass das Konzert ausverkauft ist und draussen noch Leute standen, die nicht mehr reingelassen wurden. Konnte man verstehen, denn der Laden war proppenvoll. Das war aber genau die Sache, die ich nicht verstand, warum nicht die Garage für das Konzert vorbereitet wurde. Von einem drohenden Ausverkauf war auch nirgends vorher die Rede. Drinnen wird fleißig gewerkelt und die Bühne soweit möglich umgebaut. Der Monitorklotz verschwindet vom Tresen und für Gitarrist und Bassist ist nun genügend Platz zum herumtoben.

ANVIL

Nach kurzer Wartezeit beginnen die vorderen Reihen zu jubeln, denn Rob Reiner stampft hinter sein Schlagzeug. Kurz darauf erscheinen Lips und neu-Bassist Sal Italiano auf der Bühne und begannen mit dem obligatorischen Instrumentalstück „March Of The Crabs". So weit ich sehen konnte und ich stand ganz hinten, stand Lips vorne in der ersten Reihe der Zuschauer und feuerte diese durch sein Spiel und seine Ansagen durch den Tonabnehmer an. Bassist Sal stand währenddessen in der linken Ecke, wie den Rest des Auftritts eigentlich auch. Ich fand er sah wie die muskulöse Version von ANTHRAX's Sänger Joey Belladonna aus. Er grinste und posierte während seines routinierten Spiels jedoch kräftig und kam angenehm 'rüber. Lips Gesang klang stellenweise etwas rau und angestrengt, was bei den mittlerweile im Klub vorherrschenden Temperaturen nicht weiter verwunderlich war. Die äußerst sympathischen Musiker hatten jedoch sichtlich großen Spass und Lips betonte unter großen Jubel der Anwesenden, wie wichtig ANVIL Deutschland und die deutschen Fans seien.Eigentlich wurde jeder Song frenetisch abgefeiert.
Als Lips den Song „This Is Thirteen" ankündigte, erzählte er, dass OZZY damals bei den Aufnahmen zum Album (viele erinnern sich vielleicht an den Film über die Band), den Titel für das Album blöd fand und jetzt hätten BLACK SABBATH bei ihrem neuen Album ebenso die 13! Lips schüttelte darüber nur den Kopf. Das schon episch lange "Mothra" wurde noch zusätzlich mit einer Jam-Session und Solos gewürzt. Hier blitzte kurz der Geist der siebziger Jahre durch, bei denen Bands wie DEEP PURPLE mehr jammten als Lieder spielten.


Wenn man, so wie ich, nicht mehr nach vorne durchkommen konnte und sich mit einen hinteren Platz zufrieden gab, hatte man leider nicht viel von den Späßen und den ausgedehnten Soloeinlagen. Diese wurden dann schnell fad. Nach ca 70 Minuten (!) Konzert wurde es einigen dann doch zu eng und zu heiß und sie verließen den Klub nach draussen oder in Richtung Merch-Ecke. Glück für mich, denn so konnte ich weiter nach vorne rücken und hatte trotzdem genug Platz zum „tanzen". ANVIL spielten zu meiner Überraschung nicht viele Songs vom neuen Album, auch nicht meine Favoriten, sondern zum Beispiel das vielgescholtene „Through With You". Lips erklärte hierzu, jetzt käme der DEEP PURPLE-Song. Tatsächlich basiert der Song auf den weltberühmten Akkorden von „Smoke On The Water" die Lips während einer Gitarren-Lehrstunde mit seinem Sohn einfach spaßeshalber umgebaut hatte und das so großartig fand, dass er gleich einen neuen Song daraus komponierte. Mit diesem Wissen im Hinterkopf macht der Song dann auch plötzlich mächtig Laune und gehört nun ebenfalls zu meinen Favoriten.

Anvil
Es folgten noch einige Klassiker der Bandgeschichte wie natürlich "Swing Thing" mit anschließendem Drumsolo. Dann kamen doch noch zwei neue Songs, und zwar die ersten beiden Songs des neuen Albums "Hope In Hell". Das lauthals vom Publikum abgefeierte „Metal On Metal" mit dem obligatorischen Dildo-Solo bildete dann den vorerst grandiosen Abschluss, bevor die Band nach vehementen "ANVIL!", "ANVIL!" und Zugabe-Rufen auf die Bühne zurückkehrte um abschließend "Running" abzufeuern. Zwischen den Jubelstürmen erzählte Lips, dass er es einfach toll findet, welchen Enthusiasmus die Leute ANVIL entgegenbrächten und meinte, sie hätten nun genug Energie getankt um die 25 Stunden lange Fahrt nach Schweden zum letzten Konzert der „Summer Euro Tour" zu überstehen. ANVIL haben es verdammt nochmal einfach verdient gefeiert zu werden! Auf einem der Tourshirts (das auch die Promoterin trug) waren alle Alben aufgeführt und in großen Lettern abgedruckt wie lange diese Band schon existiert: seit 1978! Lips und Rob spielen sogar schon seit 1973 zusammen in einer Band. Das ist wahre Freundschaft.
Nach über 90 Minuten gnadenlosem Metal alter Schule war dann Schluss. Die Band verbeugte sich anständig vor dem tosenden Publikum und verschwand in den Katakomben der Garage.

Anvil Anvil 

Fotos: Jochen

Setlist:
1.March of the Crabs
2.666
3.School Love
4.Badass Rock 'n' Roll
5.Winged Assassins
6.On Fire
7.This Is Thirteen
8.Mothra
9.Through With You
10.Thumb Hang
11.Swing Thing
Drum Solo
12.Hope in Hell
13.Eat Your Words
14.Metal on Metal
Zugabe:
16.Running

Viele verließen nun fluchtartig den Bau und es war wieder Platz an der Theke um endlich ein Bier zu bestellen. Ich ging anschließend zu Kollege Jochen in den Merch-Bereich und erkundigte mich bei Maik nach meiner Tasche. Währenddessen hielten sich AC ANGRY hinter dem Tresen auf und ich ergrifft kurz entschlossen die Chance auf ein Foto mit den Jungs. Nett wie die sind, war es überhaupt kein Problem und ich konnte unter der Theke durch um mich Arm in Arm mit ihnen ablichten zu lassen. Wir scherzten herum und Jochen drängte auf das versprochene Interview, welches ihr gleich im nächsten Beitrag zu lesen bekommt. Robb Reiner kam plötzlich auch nach hinten und lies sich bereitwillig mit den Fans ablichten. Ich zog es jedoch vor, den Guten nach 90 Minuten großartigem Auftritt in Ruhe zu lassen. Der Andrang hielt sich auch in Grenzen, da die meisten schon nach Draussen gegangen waren.
Fröhlich und mit einen wohligen Pfeifen im Ohr wankten wir nach draussen in die Nacht, im Bewusstsein einen absolut fantastischen, jetzt schon legendären, Metalabend erlebt zu haben.
Mögen ANVIL und AC ANGRY bald wieder Saarbrücken heimsuchen. (Andreas)

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