Blackmore's Night + Stop At Paris (13.07.2013, Saarbrücken)

live 20130713 0101Da ich ja schon zu den etwas erfahrenen Beobachter der Rockszene gehöre, habe ich die Gunst sowohl DEEP PURPLE noch mit Ritchie Blackmore an der Gitarre als auch RAINBOW live gesehen zu haben. Beim aktuellen Projekt des Saitengroßmeisters hatte ich dies bislang nicht geschafft, obwohl er mit BLACKMORE´S NIGHT auch schon mehr als 15 Jahre unterwegs ist. Nun gastierte er in Saarbrücken, im etwas ungewöhnlichen Ambiente der Congresshalle. Normalerweise hofiert die Truppe um Blackmore und Gattin Candice Night passend zu ihrem Renaissancefolk in Burgen und anderem historischen Ambiente. Das störte mich weniger, da mich eher das Spiel des Mannes als auch die musikalische Umsetzung des Stoffes auf der Bühne interessiert.

STOP AT PARIS
Nachdem es schon eine ganze Weile dauerte bis sich die Tore endlich öffneten und die Formalitäten bezüglich der Akkreditierung länger dauerten, saß beim Betreten der Halle schon ein Akustikduo auf ihren Hockern. Leider war es mir nicht möglich den Namen der beiden heraus zu finden. Die junge Dame erwähnte ihn zwar einmal, doch aufgrund der sehr leisen Abmischung erreichte er nicht meine Ohren auf der Empore. Allerdings war ihr Vortrag nicht wirklich weltbewegend, wenngleich sich die Dame und ihr männlicher Begleiter musikalisch engagiert gaben. So es ist ihnen hoch anzurechnen, dass sie auf eigene Lieder setzten, statt sattsam Bekanntes vorzutragen. Während der weibliche Teil des Duos den Gesang übernahm, begleitete sie ihr Partner auf der Akustikgitarre.

Und da konnte sie mit ihrer klaren Stimme überzeugen, auch wenn sie die Nervosität nicht ablegen konnte. Bei zwei Liedern griff sie auch zur Geige und brachte ein paar weitere Klangfarben in die ansonsten sehr spärlich arrangierten Titel. Das hörte sich zwar ordentlich an, konnte sich aber nicht nachhaltig im Gehörgang festsetzen. Etwas zu getragen waren die Melodien und verlangten nach mehr Unterstützung im Hintergrund. So blieb am Ende einer guten halben Stunde nicht mehr als Höflichkeitsapplaus.

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BLACKMORE'S NIGHT
Das änderte sich, als nach erneuter längerer Pause die Mitstreiter Blackmores auf die Bühne schritten. Anscheinend lief bei der Sitzplatzverteilung etwas schief, da die Tickets sowohl online als auch physikalisch verkauft wurden. Vor allem Mitglieder des Fanclubs waren in der fast ausverkauften Halle von der Situation betroffen, weswegen der Meister „not amused" war. Eine Mischung aus Freude und Erleichterung ging durch den Saal, als es mit dem Intro „Do You Hear The People Sing?" los ging. War beim Support die Akustik noch sehr auf ein Minimum reduziert, so wandelte sich auch dies direkt bei den ersten Tönen.

Die Musiker agierten wunderbar miteinander und jedes noch so ungewöhnliche Instrument war sehr differenziert zu vernehmen. Vor allem das Spiel mit der Dynamik verstehen sie optimal, sehr zerbrechliche Passagen wechseln sich mit fast orchestraler Wucht ab. So webte man die gesamte Spielzeit einen ungemein dichten Soundteppich aus teilweise sehr exotischen Klängen. Ich weiß, dass ich mich wiederhole, doch Räumlichkeiten, die auf klassische Musik ausgelegt sind, verfügen über einen hervorragenden Raumklang.

Natürlich sind Waldhorn und andere Blasinstrumente der Lady Kelly DeWinter ebenso im klassischen Bereich beheimatet wie die Geige von The Scarlett Fiddler, auch wenn sie hier anders eingesetzt wurden. Deswegen war die Wahl des Venues gar keine so schlechte, denn die Songs entwickelten einen Druck, welchen BLACKMORE´S NIGHT so auf Platte noch nicht eingefangen haben. Einen Bezug zur Klassik hatte die Gitarrenlegende schon immer aufgrund seines Spiels, und seine Mittelalteranleihen gehen auch schon zur Übergangsphase in dieses Zeitalter hin.Auch musikalisch ist man den meisten Spielleuten weit voraus, auch wenn es eben jene Mittelalterbands wie DES GEYERS SCHWARZER HAUFEN waren, welche Blackmore als Inspiration dienten. Doch nicht nur er selbst, auch seine Mitmusiker sind hervorragende, ausgebildete Instrumentalisten, die perfekt harmonieren. In der heutigen YouTube-Generation hält sich ja die Mär, dass alle Bands gleich gut sind, doch eigentlich wird der Unterschied schon nach ein paar Tönen deutlich. Gerade wenn man über ein Thema improvisiert macht sich die Versiertheit der Formation bemerkbar. Und von der Klasse des Songwritings ganz zu schweigen, denn die Kompositionen ziehen einen sofort in ihren Bann.

Ganz vorne steht natürlich die bezaubernde Candice Night mit ihrer glockenhellen, großartigen Stimme, die eine exzellente Frontfrau abgibt. Nicht nur musikalisch kann sie Akzente setzen, sondern auch mit ihrem charmanten Auftreten und witzigen Ansagen. Interessanterweise hält sich ihr Gatte merklich im Hintergrund, scheint sich fast hinter seiner Angetrauten zu verstecken. Bei ein paar Instrumentals überlässt er gar seinen Mitstreitern das Feld, spielt selbst keine Soli, gönnt aber Drummer Trobadour Of Aberdeen sowie Keyboarder Bard David Of Larchmont ihre Spots.

In Sachen Stageacting ist Bassist und Rhythmusgitarrist Earl Grey Of Chimay die zweite Größe auf der Bühne. Immer tänzelnd und mit vielen Gesten gibt er unter seinem Spitzhut gerne den kleinen Schrat. Doch wenn der Meister einmal in den Vordergrund tritt, dann ist die Stimmung direkt noch ein bisschen weiter oben als ohnehin schon. Auch auf der Akustikgitarre zeigt er welches Feuer auch noch mit fast siebzig in ihm steckt. Nur bei zwei Songs packt der Gitarrist seinen Stratocaster aus, doch da ist jeder Ton eine Offenbarung, sein Spiel absolut unverkennbar. Es sind nur Momente in denen er die von Altfans vermisste Brillanz aufblitzen lässt, Momente aus denen andere ganze Karrieren stricken.

BLACKMORE´S NIGHT nehmen einen mit auf eine musikalische Reise, die einen komplett versinken lässt. Ist die Halle weniger historisch angehaucht, so fokussiert man sich auf das Bühnenbild, was ebenfalls zur Traumwelt beiträgt. Mehrere Silhouetten alter Fachwerkhäuser an den Rändern, Steine und Pflanzen auf dem Boden lassen an einen zeitgenössischen Marktplatz denken. Das Drumkit ist hinter Baumstämmen versteckt, Im Backdrop flimmern Installationen, nur wenig wirkt wie aus der Jetztzeit. Und das Publikum feiert diese Reise in die Vergangenheit, dabei ist das Verhalten der Zuschauer schon ein wenig seltsam zu beobachten. Bei den flotteren Stücken stehen viele auf und wandeln zum Bühnenrand hin, setzt sich dann aber auch immer wieder brav hin.Zwischen den Songs geht die Band auch sehr direkt auf die Leute ein, nimmt Songwünsche entgegen. Alles ein nie enden wollender Rausch, der allerdings abrupt beendet wird. Nach dem letzten Song verlassen die Musiker die Bühne ohne Worte, das Outro läuft, es werden ein paar Hände geschüttelt, mehr nicht. Der Blick auf die Uhr sagt, dass die respektablen mehr als zwei Stunden im Flug vorbei gingen. Irgendwie ein Aufwachen aus einem wunderschönen Traum, ein etwas merkwürdiges Ende eines großartigen Konzertes. Ob es an den Wirrungen vor dem Konzert gelegen hat, weiß man nicht, Ritchie Blackmore bleibt ein Geheimnis, er bastelt immer noch an seiner Legende. (Pfälzer)

Setlist:
Locked Within The Crystal Ball
Play Minstrel Play/The Moon Is Shining (Somewhere Over The Sea)/Queen For A DayPt. 2
Under A Violet Moon
Soldier Of Fortune
Durch Den Wald Zum Bach Haus
World Of Stone
Renaissance Fair
Peasants Promise
All The Fun Of The Fayre
Darkness /Dance Of Darkness
Wind In The Willows
-Keyboardsolo-
-Drumsolo-
Journeyman
Loreley
Dancer And The Moon
Diamonds & Rust
Troika
Home Again
Midwinter´s Night /Dandelion Wine

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