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live_20130517_0001„Thick As A Brick“ ist das große Konzeptalbum von JETHRO TULL. 40 Jahre nach seiner Entstehung, im Jahr 2012 hat IAN ANDERSON mit „Thick As A Brick 2“ den Nachfolger dazu veröffentlicht, in dem es um die mittlerweile 50 Jahre alte damalige Hauptperson, Gerald Bostock, geht. Zu diesem Album ist IAN ANDERSON schon im letzten Jahr getourt und auch in diesem Jahr geht es auf eine Rundreise. Das führt den wohl berühmtesten Flötisten auch nach Zweibrücken. Überraschungen wird das Konzert wohl keine zu bieten haben, denn hier weiß man, was einen erwartet – „Thick As A Brick“ und „Thick As A Brick 2“ in voller Länge. Oder?


STOP AT PARIS
Zuerst einmal gibt es eine kleine Vorband. Die wurde im Vorfeld per Anzeige gesucht. Akustisch sollte es sein, die Band nicht zu viele Mitglieder haben, ruhig sollte es sein und auf den Hauptact hinführen. STOP AT PARIS aus Nürnberg haben das Rennen gemacht – und wie wohl die meisten Zuschauer habe auch ich noch nie etwas von den beiden gehört. Die meisten Kriterien erfüllt die Band ja perfekt, nur ruhig ist sie nun nicht so richtig, denn Sängerin Sophia la Fébre hat doch ein überraschend kraftvolles und lautes Organ. Und weiß damit sehr gut umzugehen, was auch der begeisterte Applaus des Publikums beweist. Daneben spielt sie auch noch Geige und wird von ihrem Kollegen Max Krzysztof an der Gitarre begleitet. Das Material der Beiden ist etwas gewöhnungsbedürftig – zumindest für meine Ohren – aber man kann schon deutlich hören, daß hier keine Anfänger sitzen. Die Ansagen wirken zwar etwas unbeholfen, dafür aber auch erfrischend natürlich. STOP AT PARIS machen nicht die Musik, die ich mir privat anhören würde, aber das ist reine Geschmackssache. Objektiv betrachtet: Nicht schlecht für eine junge Band.

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IAN ANDERSON
Von der Vorband geht es nahtlos zu IAN ANDERSON über. Die Bandmitglieder kommen als Straßenkehrer verkleidet auf die Bühne, räumen den Kram der Vorband weg, kehren, stauben ab und finden Dinge, die dort ganz plötzlich auftauchen, wie Höschen, BHs und Kondome. Das Publikum findet’s lustig…ich find’s irgendwie pupertär. Das kann ja was werden… Als Ian Anderson selbst endlich die Bühne betritt, wird erst wirklich gejubelt – klar, nur auf ihn haben alle gewartet. Los geht es dann sofort mit dem ersten „Thick As A Brick“-Album von 1972 in voller Länge, Ansagen gibt es da natürlich keine. Auf der Bühne ist relativ viel los, einzelne Musiker ziehen sich immer mal wieder um, es werden Videosequenzen oder auch einzelne Bilder eingespielt und insbesondere Sänger Ryan O‘Donnell ist sehr agil und macht ordentlich Kilometer auf der Bühne. Was auffällt, ist, daß der eigentliche Drummer, Scott Hammond, nicht dabei ist. Er ist kurzfristig krank geworden, als Ersatz springt Ian Andersons Sohn James Duncan ein. Bei einer der wenigen Ansagen weist Ian Anderson das Publikum darauf hin, daß man doch bitteschön immer zu Vorsorgeuntersuchungen gehen soll, wir alle seien ja jetzt doch etwas älter. Ich zum Glück nicht. Aber egal. Zumindest bei Teilen des Publikums kommt diese Ansage gar nicht gut an. Da haben wir wohl ein paar Arztmuffel sitzen.

So richtig Stimmung kommt auch noch nicht auf und irgendwie hat das Ganze was von Frauenfußball. Klingt wie ‘ne Rockband, sieht aus wie ‘ne Rockband, nur ist alles viel langsamer. Dafür aber auch weniger dreckig und mehr durchchoreografiert. Denn das ständige Posen, das wirklich mehr an eine choreografierte Tanztruppe als an eine Rockband erinnert, wirkt furchtbar steif und unspontan. Ian Andersons berühmte Pose, das Spielen der Querflöte, während er auf nur einem Bein steht, die auf Fotos so toll aussieht, wirkt live eher wie Rumgehampel. Und das Publikum? Sitzt da, schaut sich das alles an, lacht über Kondome, schimpft über Vorsorgeuntersuchung, applaudiert brav und macht ansonsten große Augen. Selbst leichtes Mitwippen sieht man nur bei ganz wenigen Leuten. Emotion ist anders. Und das Konzert wird langsam ziemlich langweilig. Doch nach dem Ende von „Thick As A Brick“ bricht dann tosender Applaus aus, der gar nicht mehr enden will. Vielleicht muß man sich im Alter auch einfach seine Kräfte einteilen. Man weiß es (noch) nicht. Mit der Ankündigung von „Bourée“ vom 1969er Album „Stand Up“ kommt dann aber endlich etwas Stimmung in die Bude und die Leute klatschen begeistert mit.

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Da ist es schade, daß jetzt erstmal 15 Minuten Pause (die dann doch auf fast 30 Minuten gedehnt werden) angesagt werden. Danach gibt es „Thick As A Brick 2“ in voller Länge. Und das macht dann doch mehr Spaß. Die Songs sind rockiger, das Publikum endlich aufgetaut und auch die Band wirkt agiler, wenn auch immer noch einstudierte Posen das Stageacting dominieren. Auch hier gibt es wieder sehr viele Videoeinspielungen, die zum Teil auch die Ansagen übernehmen. Sehr praktisch. Aber auch wirklich geschickt gemacht. So langsam kommen die Zuschauer in Fahrt, es wird immer mehr mitgewippt und als die Präsentation der Scheibe zu Ende ist, gibt es Standing Ovations für die Band.

Die kommt natürlich noch einmal zu einer Zugabe zurück und bei „Locomotive Breath“ gibt es dann auch bei den Zuschauern kein Halten mehr und viele kommen nach vorne direkt vor die Bühne um die Band abzufeiern. Die läßt das natürlich gerne zu, Ian Anderson stellt seine Band noch kurz vor und dann ist es auch schon Zeit zu gehen. Obwohl das Konzert rund 2,5 Stunden gedauert hat und am Anfang recht langatmig war, ist die Zeit dann doch schnell vorbeigegangen. Die Beleuchtung der Bühne war sehr gut, auch der Sound war allererste Sahne, sehr klar und differenziert. Das in einer Turnhalle hinzubekommen ist sicher nicht der leichteste Job. Die Band selber wirkte mir jedoch oft zu verkrampft und gezwungen. Bei einer Truppe dieses Ranges sollte man eigentlich mehr Lockerheit erwarten können. Insgesamt war es ein sehr schönes Konzert – aber eben kein epochales Erlebnis (Anne).

Setlist IAN ANDERSON:
Thick as a Brick, Part 1
Thick as a Brick, Part 2
Bourée
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From a Pebble Thrown
Pebbles Instrumental
Might-Have-Beens
Upper Sixth Loan Shark
Banker Bets, Banker Wins
Swing It Far
Adrift and Dumbfounded
Old School Song
Wootton Bassett Town
Power and Spirit
Give Till It Hurts
Cosy Corner
Shunt and Shuffle
A Change of Horses
Confessional
Kismet in Suburbia
What-ifs, Maybes and Might-Have-Beens
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Locomotive Breath

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