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helloween_tourflyerLange war man sich ja nicht grün in den Lagern der beiden großen deutschen Powermetalbands. Zu tief war der Graben nach dem Ausstieg von Kai Hansen, der dann GAMMA RAY gründete. Für die einheimische Metalhoffnung schlechthin kam der Erfolg zu früh, zu viel wurde von außen herein getragen, man zerstritt sich heillos. HELLOWEEN könnten sich nun grämen, da andere mit dem von ihnen initiierten Sound mehr Erfolg hatten, aber sie sind selbst noch gut im Geschäft, wie der Charteinstieg ihres neuen Albums „Straight Out Of Hell" bis auf Platz Vier belegt. Seit ein paar Jahren sind die Spannungen abgeflacht, 2007 ging man gar gemeinsam auf Konzertreise. Diese findet nun unter dem Motto „Hellish Tour Part II" ihre Fortsetzung. Bei dem Package, welches die Brasilianer SHADOWSIDE eröffneten war klar, dass die Saarbrücker Garage gut gefüllt sein wird.
SHADOWSIDE

Als die Südamerikaner um 19 Uhr pünktlich die Bühne enterten, war vom ganz großen Ansturm noch nichts zu sehen. Und irgendwie waren sie auch nicht in der Lage da groß etwas zu ändern, denn schon zu Beginn lockte die Truppe kaum jemand vom Bierstand weg. Das lag schon mal daran, dass kaum jemand das Quartett kannte. Dazu konnte ihr traditioneller Metal musikalisch kaum Akzente setzen, zu bieder fielen die Songs aus.

Mit Frontfrau Dani Nolden versucht man zwar ein wenig Farbe ins Spiel zu bringen, doch auch die Dame kann trotz viel Einsatz wenig bewegen. Sie ist zwar sehr bemüht, feuert das Publikum immer wieder an, doch mehr als Höflichkeitsapplaus kann sie nicht ernten. Stimmlich bewegt sie sich eher in tiefen Regionen, aber verharrt da auch sehr oft. Man muss ja keine Drei-Oktaven-Stimme haben, aber ein wenig Variabilität hätte gut getan. Optisch ebenfalls eher durchschnittlich wird sie Probleme haben sich gegen die mittlerweile große Konkurrenz zu behaupten.

Während die Sängerin wenigstens ein bisschen Leben auf die Bühne brachte, hatten ihre beiden Männer an den Saiten einen minimalen Bewegungsradius. Der bullige Raphael Mattos bangte zwar munter vor sich hin, während er seine Kramer Warlock bearbeitete. Bei den Soli wurde mal wieder deutlich, dass eine zweite Gitarre live nur schwer zu ersetzen ist, im Rhythmusbereich fehlt da einfach oft etwas. Man muss SHADOWSIDE aber auch zugute halten, dass wegen der Aufbauten der beiden headliner wenig Platz auf den Brettern vorhanden war.
Doch in Sachen Sound war man auch nicht gerade gesegnet, durch die matschige Abmischung konnten sich Details von Titeln wie „Hideaway" und „Angel With Horns" nicht entfalten. Weiter hinter wummerte es zwar nicht mehr so arg, doch viel differenzierter war der Klang dort nicht zu vernehmen. Als letztes As schüttelte man noch ein Cover von „Ace Of Spades aus dem Ärmel, doch auch da hielten sich die Reaktionen arg in Grenzen. Mit dem Gig dürfte die Zahl der Anhänger nicht wesentlich größer geworden sein.

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GAMMA RAY
Da waren die Co-Headliner schon ein ganz anderes Kaliber, plötzlich wurde es kuschelig im Auditorium, so kuschelig, dass mein Kollege nicht mehr den Weg aus dem Photograben zu uns zurück fand. Und auch sonst war alles besser, auch der Sound präsentierte sich ausgewogener. Allerdings wurde die Lautstärke wie später auch bei HELLOWEEN während den ersten zwei Songs nach oben gefahren, was zu einigen Übersteuerungen führte. Irgendwo hat jede PA ihre Leistungsgrenze, und auch wenn Metal laut sein muss, manchmal ist weniger mehr.

Ebenso wie der Mann am Mischpult gab auch das Quartett von Beginn an Gas und haute ihre melodischen Speedmetal-Hymnen mit Spielwitz hinaus. Frontmann Hansen war bester Laune, auch wenn er ein bisschen aufgedunsen aussah und auch sonst nicht richtig gesund wirkte. An seiner Performance änderte das nichts, die war gewohnt, stark, auch seine Gesangleistung besser als zuletzt. Ein richtig genialer Sänger wird er nicht mehr, aber es passt einfach zur Mucke seiner Band.
Die Meute hatte er schnell im Griff und konnte direkt viele Reaktionen ernten. Sein Zusammenspiel mit Henjo Richter ist über all die gemeinsamen Jahre gereift und ist sehr präzise. Die beiden wechseln sich mit ihren Solospots ab, verlieren sich dabei nie in irgendwelche übertriebenen Fingerübungen. Hinter ihnen saß der neue Schlagwerker Michael Ehre , der Dan Zimmermann würdig ersetzt. Vor allem mit seiner kraftvollen Beckenarbeit treibt er die Songs mächtig voran.

Da nun aber sein Kit auch nicht gerade klein ist, haben seine drei Kollegen davor ebenfalls nicht gerade den meisten Entfaltungsspielraum. So dauert es ein paar Lieder, bis Bassist Dirk Schlächter einen Weg hinter seinem Bandboss vorbei zum zweiten Gitarristen findet. Da war kein Platz für ein paar Treppen auf den Drumriser, so dass man zum Posen auf dem Podest die große Stufe in einem Schwung nehmen musste.
Sah etwas angestrengt aus, aber was macht man nicht alles für die Kunst. Richter versuchte sich bei seinem Solo dann noch eher bescheiden im komödiantischen Fach. Ich hätte zu gerne gesehen, dass der mit dem Plastikschweinchen eine Slideguitar-Einlage hinlegt. Die Lacher hatte er auf seiner Seite, das Publikum hatte wie das gesamte Set seinen Spaß und feuerte die Band immer wieder an.

Dabei ging die nicht gerade auf Nummer Sicher mit ihrer Songauswahl, drei Stücke vom letzten Album und zwei der aktuellen EP „Master Of Confusion" lassen wenig Platz für Klassiker. Obendrein kamen eher Titel aus der zweiten Reihe zum Zug, sogar vom Zweitwerk „Sigh No More" wurde einer ausgepackt. Natürlich vermissten viele „Rebellion In Dreamland" oder „New World Order", aber ganz ehrlich, die hat man schon oft genug gehört.
Überraschenderweise stahlen GAMMA RAY noch einen alten Gassenhauer aus der Setlist von HELLOWEEN, der entsprechend abgefeiert wurde. Viele hatten ja im Vorfeld mit einer kleinen Quasi-Reunion auf der Bühne gerechnet, doch hier blieb es bei den Vieren. Mit einer ihrer eingängigsten Hymnen als Zugabe ging nach 65 Minuten ein souveräner Gig viel zu früh zu Ende.

Setlist GAMMA RAY:
Anywhere In The Galaxy
Men, Martians And Machines
The Spirit
Dethrone Tyranny
Master Of Confusion
Empire Of The Undead
Empathy
Rise
-Guitar Solo-
Future World
To The Metal
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Send Me A Sign

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HELLOWEEN
Auch die anderen Hamburger wussten am Anfang zu überraschen. Wer wie üblich einen Song vom taufrischen Studiodreher erwartet hat, sah sich getäuscht, denn die Euro Power - Pioniere hauten direkt einen Opener ihrer „Keeper"-Scheiben heraus. Mit dem Schachzug hatte man natürlich die Fans umgehend auf Betriebstemperatur. So war es ein leichtes im Anschluss die ersten der insgesamt sechs neuen Stücke gewinnbringend unter das Volk zu bringen.
Live hatten HELLOWEEN in der Vergangenheit immer wieder mit Schwankungen kämpfen müssen, konnten nicht jeden Abend die gleiche Leistung abrufen. Der Auftritt gehörte sicherlich zu den Besseren, die ich von der Truppe gesehen habe, davon alleine drei in eben jenem Club. Folgerichtig war auch gleich die Stimmung oben kein Wunder bei dem Aufwärmprogramm.

Vor allem Frontmann Andi Deris verdiente sich Höchstnoten in Sachen Engagement, suchte viel Kontakt zum Publikum. Natürlich hat er eine leichtere Aufgabe, da er sich nicht noch auf ein Instrument konzentrieren musste. Klar gibt es immer wieder Kritik an seinen Gesangleistungen bei den Stücken der Kiske-Ära, aber er ist ja auch keine Kopie seines Vorgängers. Der dürfte sicherlich der technisch besser Sänger sein, ebenso wie David Readman, sein Nachfolger bei PINK CREAM 69, doch Deris macht das mit seiner Ausstrahlung mehr als wett. Seine Mitsingspielchen wurden gut vom Publikum angenommen, wobei jeder alles gab.

Einen weiteren Blickfang stellte wie immer der „Weik" dar, seine Performance ist immer wieder urkomisch. Mit einer unfassbar nordischen Coolheit zockte er seine Licks so was von lässig runter. Das könnte man fast als Arroganz auslegen, aber Michael Weikath ist so trocken. Dazu hat Der Typ die geilsten Grimassen parat, seinen Minenspiel könnte man sich den ganzen Abend anschauen, herrlich. Ich frage mich nur, ob dauerndes Fluppe aus dem Mundwinkel baumeln lassen irgendwann zu Kieferfehlstellungen führen kann.
Die Band konnte endlich die volle Größe der Bühne nutzen, obwohl auch das Kit von Dani Löble nicht gerade klein konfiguriert ist. Den Raum nutzte sie auch ausgiebig, vor allem Bassist Markus Großkopf war viel unterwegs. Bei ihren Soli begaben sich Weikath und sein Axtpartner Sascha Gerstner oft in die Bühnemitte, zum gemeinsamen Posen. Dabei spielten sie sich ähnlich wie ihre Kollegen zuvor die unterschiedlichen Parts schön zu, Hamburger Schule würde ich sagen.

Neben den vielen neuen Liedern präsentierte man eine Mischung aus allen Alben, wobei mich erneut das Fehlen von Material der mitunter stärksten Werke der Deris-Phase störte. Während es vom Vorgänger „7 Sinners" zwei Stücke gab, blieben „Gambling With The Devil" und „Master Of The Rings" erneut unberücksichtigt. Bei der zweiten Zugabe gab es dann endlich die erhoffte und umjubelte Zusammenführung mit Kai Hansen, die mit einem Medley der ersten beiden Alben zelebriert wurden.
Vor allem das überraschende Einbinden von „Heavy Metal Is The Law" erfreute die Old School- Fans. In den Soloteilen standen die drei Gitarristen vorne in der Mitte, der GAMMA RAY-Mann zwischendrin. Mit ein paar Rhythmusakkorden dirigierte dieser die Spots der beiden HELLOWEEN-Kollegen hin und her. Beim Finale nach 105 Minuten kamen dann seine Mitstreiter ebenfalls auf die Bühne, so dass es da sehr eng wurde. (Pfälzer)

Setlist HELLOWEEN:
Eagle Fly Free
Nabatea
Straight Out Of Hell
Where The Sinners Go
Waiting For The Thunder
Falling Higher
-Drumsolo-
I´m Alive
Live Now!
Hold Me In Your Arms
If I Could Fly
Hell Was Made in Heaven
Power
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Are You Metal?
Dr. Stein
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Helloween/How Many Tears/Heavy Metal Is The Law
I Want Out

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Alle Photos von Maik
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