Napalm Death + Bitterness Exhumed (22.01.2013, Trier)

NDBE2013Ohauerha, New School vs. Old School. Manche Skeptiker dachten da vielleicht, das haut nicht hin, aber es wird endlich mal Zeit, dass auch Bands zusammen spielen, die einen unterschiedlichen musikalischen Background haben. Und wer die Jungs von BITTERNESS EXHUMED sowie die von NAPALM DEATH kennt, weiß, dass beide Parteien eine sehr breit gefächerte musikalische Orientierung haben und dass es denen nur um eins geht: Auf die Bühne und gute Musik machen.

Der Balkensaal im Trierer Exil diente dieses Mal als Brutstätte dieser vielversprechenden Melange und konnte auch auf ein fast ausverkauftes Haus blicken. Und es waren sicherlich nicht nur reine NAPALM Fans vor Ort. Auch die lokalen Fans der Vorband machten einen Teil des Publikums aus. Und wer NAPALM DEATH schon mal auf einen der zig Konzerte erlebt hat, hat wohl gemerkt, dass ihr Publikum in jede Richtung bunt gemischt ist. Die legendären Livegigs der sympathischen Combo sind immer wieder gern gesehen, und auch nach über 30 Jahren Grindcore werden die Jungs nicht müde und können junge Bands weiterhin noch mächtig beeindrucken.

 

BITTERNESS EXHUMED
Für die pfälzisch-saarländische Formation war es eher eine Ehre, vor einer solchen Kultband auftreten zu dürfen. Hier sollte kein Wettkampf stattfinden, hier stand keiner in Konkurrenz zueinander. Unterlegt mit Samples starteten die Buben gegen 20:15 Uhr und legten mit „White Shore" schonmal gleich die Messlatte recht hoch. Wenn ich auch nicht immer ihre Mucke verstehe, Groove und Druck haben BITTERNESS EXHUMED auf jeden Fall. Von der ersten Sekunde an wurde das Publikum mit einbezogen, zum Näherkommen aufgefordert sowie zum Mitsingen, wer konnte. Ihre Mischung aus traditionellem Hardcore und moderneren Core-Klängen sowie Tempodimensionen von zäh-schleppend bis rasend schnell konnte das Publikum auch sogleich mitreißen, man trat näher heran und merkte schnell, dass das Quintett entgegen der animalisch-aggressiven Performance ganz liebe Leute sind und Freude am Spielen haben. Nicht nur Frontsau Seb brüllte seinen Unmut raus, auch Grindlegende Moshfred kotzte sich frei sowie der frisch gebackene Papa Mike am Bass. Es wurden Songs von der letzten 7" sowie vom kommenden Album gespielt, und der beworbene Vorgeschmack namens „Opposition" durfte da bestimmt nicht fehlen. Unterstützt von Sänger Peter, seines Zeichens Frontbarde von DIABOLIC HERITAGE, zeigten die Jungs nicht nur symbolisch den Mittelfinger für, sondern vertonten auch ihren Unmut gegen die rechte Szene, die auch vom Publikum wohlwollend aufgefasst wurde.

Die Band bedankt sich ebenso bei den Veranstaltern, die es immer wieder schaffen, die Szene in Trier am Leben zu halten und solche Hammerbands ins Rheinland zu holen. Respekt!
Nach knapp 35 Minuten harter und schweißtreibender Action überließ man dann zufrieden und glücklich die Bühne und machte Platz für die Grindlegende.

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Setlist BITTERNESS EXHUMED:

White Shore
Of Solid Sense And Loving Hearts
Housing A Necropool
Opposition
Unreflected
Thoughts Of Denial
Bound To Break

NAPALM DEATH
Was soll man noch über diese Legende groß sagen? Auch mit Viererbesetzung walzen die amerikanisch-englische Formation immer noch alles nieder. Unermüdlich und immer mit Bleifuß gibt es chaotisch-lautes Geballer vom Feinsten. Und dabei meint man immer, dass gerade die Kollegenband von nebenan spielen, den NAPALM DEATH zeigen auch nach über 30 Jahren Bandkarriere und einer Omnipräsenz auf den Bühnen dieser Welt nicht den Funken von Starallüren. Daher freute es das Publikum auch umso mehr, dass die Brandbeschleuniger auch hier im Balkensaal keinerlei Beanstandungen zeigen, auf einer verhältnismäßig kleinen Bühne mit etwas Disco-Beleuchtung und Punk-Feeling zu spielen. Barney gibt während des Gigs unter Zustimmung seiner Bandkollegen zudem an, dass sie hier lieber spielen als unten im Großen Exil (mit den sarkastischen Worten von Mitch „Our favourite Club" genannt), wo es immer so „scheißenheiß" ist. Und das, nachdem sich der Fronthüne nicht nur einmal am mächtigen Gebälk die Hirse angestoßen hat.

Den Linecheck zu Beginn übernimmt fast ausnahmslos Mitch, der für seine Kollegen bis auf das Drumset alles auf Funktionalität einrichtet und überprüft. Der Bass wird mal wieder ohne Verstärker benutzt, da Shane schlicht und ergreifend keinen besitzt! Daher direkt in die DI-Box gestöpselt und ab ins Pult. Das nenne ich mal Old School.

Nach dem Intro fliegt erstmal der Rattenteppich auf der Bühne weg, um kein Sicherheitsrisiko einzugehen. Dann geht das Inferno los, und der Vierer inklusive Publikum ist nicht mehr zu bremsen. Auch Barney vermisst mal wieder jeden Zentimeter der Bühne und macht sobald auch die heftige Bekanntschaft mit besagtem Balkenposten, trotz vorheriger Warnung von Mitch. Ein paar lindernde Kopfhautmassagen später tut Barney den verlorenen Kampf ab mit den Worten: „Massive wooden ceiling 1, Barney 0". Dann geht es direkt genauso wahnsinnig weiter wie gewohnt mit einer Zickzack-Reise durch das gesamte Schaffenswerk von NAPALM DEATH. Mitch Harris an der Gitarre hat von mal zu mal mehr am Mikro zu tun als früher und übernimmt auch neben dem gewohnten Begleitgekeife bei „The Wolf I Feed" die Lead Vocals. Auch wenn Mitch immer dünner und sichtlich angeschlagen wirkt, wird von ihm die 100%-Grenze nie unterschritten.

Das Konzert in dem beschaulichen Club wirkt sehr familiär, was auch größtenteils an der Nähe von NAPALM DEATH zu ihren Fans liegt. Immer noch verneigt sich die Band vor ihren Fans mehr als umgekehrt, Publikumskommentare werden beantwortet, und der Dank kommt nie zu kurz. Wer es schafft, über all die Jahre durch Grindcore alle negativen Emotionen zu bekämpfen, um dann durchweg so höflich und zuvorkommend zu sein, dem gebührt meiner Meinung nach der höchste Respekt. Drummer Danny spielt wie kein zweiter ein wahnwitziges Programm und ist heutzutage auch bemüht, die schnellen Songs nicht immer noch schneller zu spielen, was dem Wiedererkennungswert deutlich zugute kommt. Basser Shane wird scheinbar nie tourmüde, wenn er auch mit zig anderen Bands immer wieder unterwegs ist. Barney ist wie gewohnt die Höflichkeit in Person, wenn er nicht gerade das Mikro lautstark abbeißt, und bemüht sich um deutschsprachige Konversation mit dem Publikum.

Nicht nur durch den fehlenden Bass Amp konnte man nicht gerade einen guten Sound bescheinigen, aber der Monitorsound schien zumindest zu stimmen, ansonsten wäre das gewollte Chaos schnell zu ungewolltem umgekippt. Das tat dem Spektakel auf und vor allem vor der Bühne allerdings nie einen Abbruch.

Nach ca. 70 Minuten schweißtreibender Action, einem ausgewogenen Moshpit und mehreren Hartholz-Kopfnüssen später verlassen NAPALM DEATH die Bühne ebenso zufrieden wie ihre Vorband, natürlich nicht ohne sich nochmals in aller Form für den enormen Zuspruch und die langjährige Treue zu bedanken. Beispielhaft bis ins letzte wurde hier einmal mehr gezeigt, auf was es in der Musik ankommt, was auch die meisten Zuschauer ähnlich sehen.

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Setlist NAPALM DEATH:

Circumspect
Errors In The Signals
Everyday Pox
Can't Play Won't Pay
Protection Racket
Silence Is Deafening
The Wolf I Feed
Mass Appeal Madness
Practice What You Preach
Lucid Fairytale
Continuing War On Stupidity
Dead
Deceiver
Brink Of Extinction
Unchallenged Hate
Nom De Guerre
Suffer The Children
If The Truth Be Known
Nazi Punks Fuck Off
Scum
Life / The Kill
You Suffer
Siege Of Power

Hier auch nochmal meinen Dank an die Leute von Alphadoubleplus und das Trierer Exil, die erneut einen erfolgreichen Abend verzeichnen konnten, und das nicht nur für sie selbst.

In diesem Jahr stehen hier noch weitere Perlen an, die man sich livehaftig zu Gemüte führen kann. Da haben die Saarländer auch nix mehr zu maulen, denn in plusminus einer Stunde ist man in Trier vor Ort und erlebt beste musikalische Unterhaltung.

Das nächste Event dieser Art findet am 09.03. statt, wenn ASPHYX zusammen mit SPECTRAL das Exhaus zerlegen. Kommet in Scharen!! (Jochen)

Alle Fotos: Jochen

Kategorie: Konzerte