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live_20121208_0001Ob es eine gute Idee war, für die aktuelle Tour von KATATONIA mit Saarbrücken und Esch-sur-Alzette gleich zwei Konzerte in der Saar-Lor-Lux-Region zu buchen, das fragt man sich im Vorfeld schon. Zumal das Konzert in Saarbrücken vor anderthalb Wochen nicht gerade gut besucht war. Da war zu vermuten, daß viele, die näher an Luxemburg wohnen, dann lieber dorthin fahren. Vor Ort zeigt sich dann, daß Luxemburg tatsächlich der Gewinner ist, denn die Kufa in Esch-sur-Alzette ist doch besser besucht als die Garage. Sie ist zwar auch etwas kleiner, dafür aber wesentlich voller. Ob dies daran liegt, daß heute Samstag ist und das Konzert in Saarbrücken unter der Woche war, das kann ich nicht sagen. Saarländer scheinen jedenfalls nicht allzu viele vor Ort zu sein, denn ich sehe nur ganz wenige bekannte Gesichter.


JUNIUS
Den Auftakt machen wieder die Amerikaner JUNIUS. Die Band kann mich allerdings nicht so begeistern wie meinen Kollegen Brix in Saarbrücken letzte Woche. Sicher, die Musik ist gut, sehr atmosphärisch und paßt gut zu den beiden anderen Bands. Aber bei mir will der Funke nicht so recht überspringen. Ansagen gibt es nur sehr wenige, knapp gehaltene. Lediglich die Dankesrede am Ende des Auftritts, bei der Sänger Joseph E. Martinez den beiden anderen Bands dankt, fällt etwas umfangreicher aus. Auch was sonstige Aktivitäten auf der Bühne angeht, hält sich der Mann ziemlich zurück, während seine Kollegen an Gitarre und Bass deutlich mehr aus sich herausgehen (und der Drummer mit seinem irren Blick ist nochmal eine andere Hausnummer). Doch so richtig kommt die Band beim Publikum nicht an. Es gibt zwar etwas mehr als nur Höflichkeitsapplaus, doch man merkt, daß die Band hierzulande noch weitestgehend unbekannt ist. Dazu kommt ein sehr basslastiger Sound, der nicht unbedingt zum Hörgenuß beiträgt. JUNIUS sind gut, können aber nicht wirklich überzeugen.

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ALCEST
Mit ALCEST soll das anders werden. Die Band bzw. das Projekt gibt es zwar schon seit über 10 Jahren, doch erst seit relativ kurzer Zeit kann man sie auch live bewundern. Vor anderthalb Jahren, als ich die Franzosen zum ersten Mal live gesehen habe, wirkten sie noch relativ unsicher und steif auf der Bühne, doch davon ist jetzt nicht mehr viel zu spüren. Gitarrist Zero und Bassist Indria sind ständig in Bewegung und bangen, was das Zeug hält. Und Sänger und Gitarrist Neige geht sowieso völlig in seiner Musik auf, zelebriert sie teilweise mit geschlossenen Augen, bangt, und geht auch schon mal auf die Knie. Und wirkt dabei jederzeit absolut authentisch. Denn dieser Mann steht wirklich zu 100% hinter der Musik, der er schreibt und spielt. Gespielt werden heute fast nur Songs vom aktuellen Album „Les Voyages De L’âme“, und schon die Eröffnung mit „Autre Temps“, zu dem es mittlerweile auch ein Video gibt, ist einfach nur genial. Die Songs von ALCEST verströmen einfach eine Intensität und Magie, der man sich nur schwer entziehen kann. Das merkt man auch an den Publikumsreaktionen, die deutlich heftiger ausfallen als bei JUNIUS. Man merkt, das doch viele Fans (auch) wegen ALCEST gekommen sind. Man merkt aber auch, das Neige dadurch, daß er heute seine Ansagen auf Französisch machen kann, viel befreiter wirkt und die Ansagen kommen häufiger und sind umfangreicher als in Saarbrücken, wo er Englisch reden mußte. Da er jedoch in typischer Franzosenmanier sehr schnell redet, ist es wirklich schwer, ihm zu folgen. Schade auch, daß es von den Vorgängeralben nur jeweils einen Song gibt, aber für mehr war die Spielzeit einfach zu knapp bemessen, obwohl 45 Minuten für eine Vorband ja auch nicht so wenig ist. Aber ALCEST könnte man eben ewig zuhören.

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KATATONIA
KATATONIA lassen danach lange auf sich warten. Fast 45 Minuten Umbaupause nimmt die Band in Anspruch, und das obwohl es kaum etwas umzubauen gibt. Vielleicht wollen sie die Wirkung, die ALCEST hinterlassen haben, erst etwas abflauen lassen. Wer weiß. Gegenüber den Franzosen und JUNIUS wirken die Schweden richtig hart und metallisch, obwohl sie ja sonst von den „truen“ Metalfans eher belächelt werden. Der Fünfer hat in der Kufa ein leichtes Spiel, hat die Band doch in den letzten 3 Jahren schon (heute mit eingerechnet) dreimal hier gespielt. Doch Luxemburger können anscheinend nicht genug von KATATONIA bekommen und so ist der Laden mittlerweile ziemlich gut gefüllt. An der Setlist hat sich gegenüber dem Konzert in Saarbrücken rein gar nichts geändert. Sowohl Songauswahl als auch Reihenfolge sind komplett gleich geblieben. Das macht aber eigentlich nicht wirklich was, denn die Schweden sind live wie auf Scheibe immer ein Genuß. Daher wird wie auch in Saarbrücken der Schwerpunkt auf das aktuelle Album „Dead End Kings“ sowie das 2006er Werk „The Great Cold Distance“ gelegt.

Das einzige, was etwas nervt: Während sich Anders Nyström und Per Eriksson so richtig ins Zeug legen und posen als gäbe es kein Morgen, immer wieder Kontakt zum Publikum suchen, die Fans zum Mitmachen animieren und so richtig Stimmung machen, steht Sänger Jonas Renkse nur in der Gegend rum, wandert allenfalls mal ein paar Schritte, versteckt sich hinter seiner Mähne (und man fragt sich immer wieder: Hat der Mann überhaupt ein Gesicht?) und singt seine Texte, untermalt von den immer gleichen Posen. Zugegeben, er singt heute wirklich großartig, aber bei dem Stageacting könnte man auch einen Roboter mit Perücke auf die Bühne stellen und den Gesang vom Band einspielen. Würde wahrscheinlich höchstens die Hälfte des Publikums merken, daß da kein Mensch steht. Und die paar „Thank you, thank you very much!“-Ansagen würde auch ein anderes Bandmitglied hinbekommen. Die einzige wirklich lustige und menschliche Ansage kommt nach „Soil’s Song“, in der Jonas Renkse sich beschwert: „You are almost as silent as a Swedish audience!“.

Offenbar ist das ein Weckruf, denn danach geht das Publikum doch besser mit. Trotzdem wird kein Song so sehr bejubelt wie „Teargas“. Als die Band nach „Day & Then The Shade“ die Bühne verläßt, sind die Zuschauer aber doch erstaunlich laut beim Rufen nach einer Zugabe. Offenbar hapert es nur während der Songs mit der Lautstärke. Wobei ich auch schon unwilligeres Publikum erlebt habe, ganz so schlimm, wie der Sänger es darstellt, ist es dann doch nicht. In der Zugabe gibt es dann noch 3 Songs von 3 verschiedenen Alben, bevor um kurz vor Mitternacht, nach fast 2 Stunden KATATONIA, endgültig Schicht im Schacht ist. KATATONIA konnten wieder einmal überzeugen und haben ein wirklich gutes Konzert gespielt. Ob sie auf der nächsten Tour wohl wieder in Luxemburg halt machen?

Setlist KATATONIA:
The Parting
Buildings
Deliberation
My Twin
Burn The Remembrance
The Racing Heart
Lethean
Teargas
Strained
The Longest Year
Soil's Song
Omerta
Sweet Nurse
Deadhouse
Ghost Of The Sun
July
Day & Then The Shade
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Dead Letters
Forsaker
Leaders

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Ich weiß allerdings nicht, ob es an dem Package liegt, das doch eher ruhigere Musik spielt, oder doch eher an der räumlichen Nähe der beiden Konzerte zueinander, daß auch die Kufa nicht so voll war, wie bei den KATATONIA-Konzerten in den beiden Jahren zuvor. Das war etwas schade, aber irgendwo eben aus den oben schon genannten Gründen nicht anders zu erwarten.


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