Simeon Soul Charger (19.10.2012, Mannheim)

live_20121019_0100Wie schon in der Vorankündigung gesagt: Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, dann muß der Berg eben zum Propheten kommen. SIMEON SOUL CHARGER sollten eigentlich in Saarbrücken als Vorband von Stefan Dettl spielen. Dieses Konzert wurde jedoch abgesagt. Ist aber eigentlich gar nicht so schlimm, denn diesen ominösen Stefan Dettl hätte ich sowieso nicht gebraucht und nun ist das Konzert an einem Freitag statt unter der Woche und die Amis sind noch dazu die einzige Band, die heute spielen wird.

Das Konzert an sich ist jedoch eher speziell. Es findet im Rahmen des „Nachtwandel im Jungbusch“ statt, einer Veranstaltung, bei der viele Bands in diversen Kneipen, Clubs und Lokalitäten aufspielen, und das alles umsonst. Schon beim kurzen Fußmarsch vom Parkplatz zum O-Ton-Club hört man allerorten Bands verschiedener Stilrichtungen beim Soundcheck. Deshalb ist auch das Publikum kein normales Konzertpublikum, sondern gemischt durch alle Sparten und Altersschichten. Vom Teenie bis zum Rentner, von Ottonormalbürger über Punker, Hip-Hopper und Metaller ist alles vertreten. Zudem wechselt das Publikum ständig. Immer wieder kommen neue Leute dazu, andere gehen weiter, um sich auch noch andere Bands anzusehen.

Für eine Band sicher keine einfache Situation. Als SIMEON SOUL CHARGER mit ihrem Auftritt beginnen, sind auch noch nicht allzu viele Zuschauer anwesend. Doch schon die ersten Songs werden mit viel Applaus bedacht und bei „All's Fair In Harmony Square“ hat sich die Zuschaueranzahl schon deutlich erhöht und immer mehr Leute strömen von draußen rein, bis das O-Ton wirklich gut gefüllt ist. Der Vierer trägt seine Songs heute akustisch vor, da das O-Ton ein ziemlich kleiner Laden ist, bei dem es unter normalen Bedingungen schlicht zu laut wäre. So richtig leise ist es aber natürlich nicht und die Band wird im Laufe ihres Auftritts auch immer lauter vor purer Begeisterung. Und die wird von den Zuschauern geteilt. Man kann wirklich von tosendem Applaus sprechen, der der Band da nach jedem Song entgegenbrandet. Und das, obwohl die meisten Anwesenden noch nie etwas von der Band gehört haben. Und es macht auch keinen Unterschied, ob die Band eigenes Material vorstellt, wie das absolut großartige „Fabulous Handmade Emotionless Robotic Man“, oder ein BEATLES-Cover („Happiness Is A Warm Gun“) vorträgt (gut, den Song kennen die meisten wahrscheinlich auch nicht). Und die Mannheimer sind nicht nur mit dem Applaus spendabel – nach dem Auftritt wird der kleine improvisierte Merchstand gestürmt und den Amerikanern werden die CDs und T-Shirts förmlich aus den Händen gerissen. Beeindruckend. Wenn ich die Band nicht schonmal gesehen hätte und damals nicht ebenso beeindruckt gewesen wäre, dann würde es mir wohl genauso gehen. Aber jetzt ist erst mal Pause angesagt, in der das Publikum auch zum größten Teil wieder wechselt.

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Nach etwa einer Dreiviertelstunde geht es mit dem zweiten Set weiter. Dabei werden zum Teil die gleichen Songs wie im ersten Set gespielt, da das Publikum ja größtenteils ein anderes ist, aber es werden auch bisher nicht gespielte Songs vorgetragen. Doch zunächst einmal verzögert sich das ganze, da Drummer Joe Kidd nicht aufzufinden ist (bzw. noch an der Bar steht). Nach einigem Warten greift Sänger Aaron Brooks dann zu stärkeren Mitteln „Joe Kidd? Joe Kidd? Joe Kidd, your mama is waiting at the stage!“ Und als auch das nicht hilft, mit mächtig Hall in der Stimme: „Joe Kidd, this is God. Go – to -  the - stage!!!“ Und ja, ich gebe zu, es war meine Schuld... Wir haben uns halt zu lange unterhalten. Aber hey, wir hatten als Thema „Biere der Welt – wovor sich hüten, was genießen?“...das ist doch wohl eine Entschuldigung. Wie auch immer, los geht es jetzt erstmal mit einigen älteren Sachen („Cocharamoona“, „My Radio“, „A Child's Prayer“, „Dear Mother“), bevor es wieder „Happiness Is A Warm Gun“ gibt. Ein eher ungewöhnlicher BEATLES-Song, aber Aaron erzählt mir später, daß es sein Lieblingssong von den Briten ist. Mit „Comfortably Numb“ gibt es in diesem Set auch noch ein PINK FLOYD-Cover, dafür aber zum zweiten Mal einen neuen Song, den die Band erst letzte Woche geschrieben hat und der so neu ist, daß er noch keinen Namen hat. Auch „Someone Shoot The Fuckin' TV“ gibt es zum zweiten Mal. Wie schon im ersten Set gibt es hier ein Mitsingspiel der besonderen Art: Statt immer lauter zu singen, hätte Sänger Aaron Brooks gerne, daß wir immer leiser singen bis hin zum flüstern. Was im ersten Set noch wunderbar geklappt hat, funktioniert jetzt nicht mehr, da (alkoholbedingt?) nicht mehr alle verstehen, was sie da tun sollen. Aber egal, „The Swallowing Mouth“ macht wieder jedem Spaß und damit ist auch der zweite Set beendet.

Und wieder kaufen die Leute in Massen CDs und T-Shirts. Wenn alle, die heute etwas gekauft haben, dranbleiben, dann hat die Band mit diesem Auftritt ganz schön viele neue Fans gewonnen. Aber die Musik von SIMEON SOUL CHARGER funktioniert einfach überall. So ziemlich jeder kann darin Elemente entdecken, die ihm gefallen. Für die Band war dieser Auftritt ein absoluter Triumphzug. Und das vollkommen zu Recht. Denn die Truppe hat eindrucksvoll bewiesen, was sie drauf hat. Alleine Aaron Brooks Gesang und die Virtuosität von Gitarrist Rick Philipp lassen einen mit offenem Mund dastehen. Und ich bin mittlerweile wirklich froh, daß das Konzert in Saarbrücken ausgefallen ist, denn dort hätte ich nicht über 2 Stunden SIMEON SOUL CHARGER zu hören bekommen.

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