Iced Earth + Fury UK (11.12.2011, Ludwigsburg)

NewsIcedEarth2011_kleinNach drei eher mittelprächtigen Alben, die nicht wirklich überzeugen konnten, haben ICED EARTH im Oktober mit „Dystopia“ wieder ein absolutes Meisterwerk abgeliefert. Es scheint, als hätte Stu Block, Nachfolger von Matt Barlow, der die Band nach den Summer Festivals verlies, um mehr Zeit für seine Familie zu haben, frischen Wind in die Band gebracht. Nach den Erfahrungen mit Tim „Ripper“ Owens war man eigentlich skeptisch, was den neuen Mann am Mikro angeht, doch mit der Neueinspielung von „Dante’s Inferno“, die es vorab zum kostenlosen Download gab, konnte der Mann schon überzeugen und spätestens mit Erscheinen des Album war klar: Der Kerl hat’s drauf. Nun sind ICED EARTH seit rund 6 Wochen on the road, um „Dystopia“ zu promoten. Das Konzert in Ludwigsburg ist dabei das letzte in Zentraleuropa, es folgen nur noch zwei Konzerte in der Türkei und auf Zypern. WHITE WIZZARD haben die Tour unterwegs aus Geldmangel abgebrochen, sie fehlen schon geraume Zeit.


FURY UK

Für FURY UK ist dagegen heute Schluß; sie spielen das letzte Konzert der Tour. Und bei den letzten Konzerten einer Tour ist es ja üblich, dass sich die Bands kleine Streiche spielen. Und so schleichen sich Stu Block und Freddie Vidales von ICED EARTH kurz vor dem Auftritt der Band auf die Bühne und tauschen ein Becken am Drumkit gegen einen Pappteller aus. Und der auf das Publikum konzentrierte Dreier aus Manchester merkt das tatsächlich erst, als sie schon den ersten Song begonnen haben, so daß Tourmanager Andrew das Becken „im laufenden Betrieb“ wieder anbringen darf. Derweil stehen Stu Block, Jon Schaffer und Freddie Vidales neben der Bühne und freuen sich wie die Schneekönige über den gelungenen Streich. Zu „Athena“ hopst dann noch ein maskierter Fast-Nakedei über die Bühne, der aber durchaus mal noch an seiner körperlichen Konstitution arbeiten könnte. Nun ja. Bei „The Remainder“, ebenfalls vom aktuellen Album „A Way Of Life“ läßt man die Band endlich in Ruhe und so kann der Song, der zwar romantisch beginnt, dann aber doch noch ganz schön knallt, seine ganze Wirkung entfalten. Mit „Death By Lightning“ ist der Auftritt der Band dann auch schon vorbei und die freundlichen Mitglieder von ICED EARTH helfen ihrer Vorband beim Abbau des Drumkits. „Leider“ haben sie dabei jedoch übersehen, daß der Song noch gar nicht zu Ende ist, doch ich habe noch selten solch zufriedene Drumkitdemonteure gesehen. Herrlich.

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ICED EARTH
Dafür, daß der Abbau bei FURY UK so schnell ging, dauert die Umbaupause zu ICED EARTH ganz schön lange (wird uns aber mit BLIND GUARDIAN (der „Bard’s Song“ wird sogar mitgesungen) und METALLICA versüßt – beste Umbaupausenmusik seit langem). Doch die Stimmung im Saal steigt schlagartig, als das Intro von „Dystopia“ erklingt und die Band die Bühne betritt. Von Anfang an herrscht eine großartige Stimmung und Stu Block agiert, als wäre er schon seit Jahren Sänger der Band und nicht erst seit gut 8 Monaten. Dabei kommt der Mann beim Publikum auch unheimlich gut an, es frisst ihm förmlich aus der Hand. Durch seine lockere Art und die Leidenschaft, die er an den Tag legt, ist er einfach sofort sympathisch. Brilliante Songs wie „Burning Times“, „Angel’s Holocaust“ oder auch „V“ tun ihr übriges. Interessant auch, daß die Setlist bis auf eine Handvoll Songs eine komplett andere ist als noch auf den Sommerfestivals. Natürlich nehmen die neuen Songs eine Menge Raum ein, aber bei der starken Scheibe hätten es auch ruhig noch ein paar mehr sein dürfen. Von der „Horrorshow“ gibt es statt „Jack“ jetzt „Damien“, bei dem Jon Schaffer die Spoken Word-Passage übernimmt und ein fröhlicher Stu Block die komplette Magie des Songs zerstört, indem er Jon Schaffer nachäfft (und damit alle inklusive Jon zum Lachen bringt) und dem Publikum entgegenwirft: „Gebt es zu, wenn er so redet, macht ihr euch vor Angst in die Hosen – ich kann es riechen!“ Ernster und epischer wird es mit „Dark City“, dem lauthals mitgesungenem „The Hunter“ und „Anthem“, das auf dem Konzert in Köln vor einigen Tagen für ein Video mitgeschnitten wurde. Daß Stu Block, der stellenweise fast schon erschreckend nach Matt Barlow klingt, auch die Songs aus der Tim Owens-Phase singen kann, beweist er mit „Declaration Day“. Und auch die unvergleichliche Stimmung von „Watching Over Me“ kann der Mann rüberbringen. Leider ist der Auftritt danach schon zu Ende, doch wer sich auskennt, der weiß, daß die Band „Dante’s Inferno“ neu aufgenommen hat, um es live spielen zu können. Und den gibt es dann als Zugabe und hintendrein noch „Iced Earth“, zu dem FURY UK mit beschrifteten nackten Hintern auf die Bühne gedackelt kommen. Was genau sie sich da jetzt aber draufgepinselt haben, kann man leider nicht erkennen, denn irgendwie trauen sich die Insulaner wohl nicht so recht, die Hosen richtig runter zu lassen. Ich verbeuge mich jedoch vor dem Heldenmut eines Stu Block, der nicht davor zurückschreckt, beherzt mit der flachen Hand auf schwabbelige englische Musikerärsche zu klatschen.

Setlist ICED EARTH
Dystopia
Angels Holocaust
Burning Times
V
Stand Alone
When The Night Falls
Damien
Dark City
The Hunter
Anthem
Declaration Day
Days Of Rage
Watching Over Me
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Dante’s Inferno
Iced Earth

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Doch wer denkt, damit wäre jetzt alles vorbei, der wird noch eines besseren belehrt, denn Stu Block kündigt nun noch ein kleines Special für den letzten Tourtag an und übergibt das Mikro an Bandkollege Freddie Vidales. Der darf sich jetzt mit der FURY UK / ICED EARTH JAM BAND in der Besetzung Chris Appleton und Troy Seele an den Gitarren, Luke Appleton am Bass und  Martin McNee und Brent Smedley an den Drums (ja, beide - fliegender Wechsel is the law) austoben. Die Formation spielt „War Machine“ von KISS, was vom Publikum begeistert aufgenommen und mitgesungen wird. Auch Jon Schaffer und Stu Block kommen noch mal auf die Bühne zurück um ihren Bassisten (dem man anmerkt, dass er schon öfter als Sänger unterwegs war) im Refrain zu unterstützen. Stu Block bringt das ganze dann auch treffend auf den Punkt: „Wow Freddie! Gene Simmons würde sich in seinem 80.000-Dollar-KISS-Bett rumdrehen!“

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Alles in allem war das ein gelungener Konzertabend, der nicht nur viel gute Musik, sondern auch viel Spaß geboten hat. Stu Block ist ein würdiger Nachfolger für Matt Barlow, besser hätte es die Band nicht treffen können. Live ist der Mann genau so gut wie auf Platte, wobei er in Ludwigsburg etwas angeschlagen wirkte und öfter mal am Bühnenrand aus einer Thermosflasche trank. Die Setlist bot einige Überraschungen, fehlten doch Klassiker wie „Melancholy (Holy Martyr)“ oder „I Died For You“, dafür gab es aber eher selten gespielte Songs wie „Stand Alone“. Und nicht zu vergessen „Dante’s Inferno“, auf dessen Livepräsentation viele Fans seit Jahren warteten und hofften. Trotz gut anderthalb Stunden Spielzeit kam einem das viel zu kurz vor. ICED EARTH sind in Höchstform, die neuen Songs fügen sich perfekt in die Setlist ein und könnten sich problemlos zu neuen Liveklassikern entwickeln. Und die Band scheint auf der Bühne soviel Spaß zu haben wie schon seit Jahren nicht mehr. ICED EARTH sind zurück.

 

Kategorie: Konzerte