Y&T + Hartmann (29.10.2010, Aschaffenburg)

Lange Zeit war es ruhig geworden um die kalifornischen Hardrock-Haudegen, vor allem nach zwei schwächeren Alben Mitte der Neunziger. Fast schien es, als würde sich Frontmann Dave Meniketti nur noch auf seine Solokarriere beschränken und live war man schon seit 20 Jahren nicht mehr in Europa aktiv. Doch 2003 schaffte man es für ein paar Auftritte (unter anderem auf dem BYH) auf den alten Kontinent. Da schien die Truppe wieder Blut geleckt zu haben, denn seitdem stehen Deutschland, England etc. ständig in deren Terminkalender.
Zu Beginn dieses Jahres konnte man mit „Facemelter" auch das erste Album seit 1997 auf den Markt bringen. Dies gilt es nun eifrig zu promoten und da machten die vier Herren erneut im Aschaffenburger Colos-Saal Station. Im Vorprogramm befanden sich an dem Abend die von der Main-Stadt stammenden HARTMANN, die von ihrem Heimspiel durchaus Nutzen zogen.

Dank eines Staus und etlicher Verkehrsgefährder, die lieber in ihr Navi als auf die Straße schauen, kam der Redakteur zwar pünktlich in den Club. Doch weil dieser bereits richtig gut gefüllt war hatten die Local Heroes schon losgelegt. Im Club angekommen war die Stimmung schon bestens, denn soweit weg sind HARTMANN musikalisch nicht vom Mainact des Abends. Gepflegter Hardrock der alten Schule wurde von Sänger, Gitarrist und Namensgeber Oliver Hartmann und seinen schon etwas betagten Kollegen geboten.
Das kam beim ebenfalls nicht mehr ganz taufrischen Publikum bestens an, zumal die vier die ganze Palette vom kernigen Abgehrocker bis zur Ballade runterzockten. Technisch zwar nicht virtuos, aber dafür mit einem ordentlichen Groove und gutem Zusammenspiel ausgestattet.

Dabei verdienten sich vor allem der charismatische Fronter und der agile Drummer Bestnoten. Ersterer weil er ständig den Kontakt zu den Leuten suchte und auf dem wenig zur Verfügung stehenden Platz viel Bewegung an den Tag legte. Hingegen überzeugte Dario Ciccioni durch sein dynamisches Spiel, bei dem er derart in die Felle drosch, dass es eine Freude war zuzusehen.

So hatte man keinerlei Mühe den Colos-Saal in den Griff zu bekommen, den man ja schon bei den Headliner-Gigs gut voll bekommt. Gerade diejenigen unter den Zahlenden, die mit dem Material vertraut waren, zeigten sich textsicher. Doch auch Fans der Amerikaner gingen gut mit und spendeten viel Applaus. Der Funke sprang auf die Bühne über und der Spaß an der Sache war HARTMANN anzumerken. Doch die Steigerung folgte nicht viel später.

Setlist HARTMANN:
I Won´t Get Fooled Again
The Sun´s Still Rising
Suddenly
Right Here Right Now
All I Can Say
Don´t Give Up Your Dreams
Alive Again
Out In The Cold
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Coming Home To You

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Welch Wunder Y&T starteten nicht mit „To The Moon" als Intro, das blieb heute für weiter hinten im Set im Köcher. Stattdessen ertönte die Eröffnung des neuen Drehers mit dem anschließenden Opener. Natürlich stand das Set im Zeichen von „Facemelter", immerhin fünf Nummern schafften es ins Programm, aber zuerst einmal setzte es einen Strauß Klassiker zur weiteren Steigerung des Stimmungspegels. Und der war direkt hoch, auch wenn der Bewegungsdrang im Publikum eher bescheiden war.
Als dann wieder aktuelles Material zum Zuge kam, fiel vor allem auf, wie gut dieses sich zwischen all den Hits machte. Meine Annahme im Review, dass die Produktion da viel kaputt gemacht hat, sah ich durchaus bestätigt. Plötzlich knallten die Lieder, drückten nach vorne, da peitschte endlich mal das Schlagzeug wie man es gewohnt ist, da röhrte im wahrsten Sinne des Wortes der Gitarrensound. Hoffentlich bemerkt das einer mal und leitet die Trendwende weg von dem ganzen ProTools-Mist ein.

Denn nur so kommt wirklich Spielfreude bei den Akteuren auf, die sich voll ins Zeug und alle erdenklichen Posen legten, viel unterwegs waren, aber auch viel mit dem Publikum und untereinander kommunizierten. Die Kommunikation mit den Zuschauern ging sogar soweit, dass man mehrere Nummern auf Zuruf spielte. Bei „Winds Of Change" wurde einfach mal die Rhythmusfraktion von der Bühne geschickt, während Meniketti und John Nyman das Stück akustisch interpretierten.
Gefehlt hat sicherlich Phillip Kennemore, der momentan gegen Lungenkrebs kämpft und dessen Rückkehr in den Sternen steht. Allerdings füllt sein Ersatz diese Lücke mit Bravour, sogar seine typische Haltung mit dem fast aufrecht gespielten Bass hat der Mann drauf. Darüber hinaus besticht er mit viel Bewegungsdrang und Elan, sogar bei den Chören hängt er sich voll mit rein, wenn er denn rechtzeitig zurück zum Mikro findet.
Als witzige Einlage tauchte Nyman während des guten Solos von Schlagwerker Mike Vanderhule inmitten des Publikums auf. Dabei trank er ganz unbekümmert sein Glas Bier, welches er vor der Zugabe noch einmal vollmachen ließ.

Aber der Mittelpunkt ist natürlich immer noch Meister Meniketti himself. Keine Ahnung wie alt der Mann mittlerweile ist, seine Lockenpracht ist sicher weit weniger dünn als bei seinen Altersgenossen. So strahlt er immer noch das Sunnyboy-Image vom kalifornischen Strand aus, obgleich er musikalisch weit mehr Tiefgang erreicht. Der Blues ist sein Hauptfach und den beherrscht er wie kaum ein anderer, wenn auch in einer rockigen Auslegung. Wenn er da vorne steht mit aufgerissenem Mund und verzerrten Gesicht merkt man wie er jeden Ton, den er spielt, spürt.
Die Jahrhundertballade mit dem Gänsehautsolo brachte er überraschend früh am Abend und sie wird nie etwas von ihrer Faszination verlieren. Aber auch andere Momente bei denen er lange solierte jagten einem einen wohligen Schauer über den Rücken. Dazu verstand er es auch mit dem Publikum umzugehen, es seine Hymnen mitsingen zu lassen.
Eigentlich müsste so eine Band heute vor vollen Stadien spielen, wenn man die Augen zumachte konnte man sich das wunderbar vorstellen, ihre Musik ist wie geschaffen dafür. Leider kamen viele Lorbeeren von ihnen inspirierten Formationen zu Gute. Doch Meniketti scheint das heute nicht mehr zu stören, er wirkt glücklich mit dem was er tut. Immer an seiner Seite seine Les Paul, die so hat es den Anschein an seiner Stelle altert.

Am Ende heimsten Y&T die verdienten Ovationen für mehr als zwei Stunden Show ein. Durchgeschwitzt gab man noch eine Zugabe zum Besten, da waren fast alle Hits gespielt, die man im Ärmel hatte. Abermals trat man den Beweis an, dass es auch ohne große Produktion und viel Effekte geht, einfach purer, ehrlicher, magischer Rock´n´Roll. (Pfälzer)

Setlist Y&T:
Prelude/On With The Show
Hard Times
Meanstreak
Shine On
If You Want Me
Lipstick & Leather
Hurricane
I´m Coming Home
I Believe In You
Eyes Of A Stranger
Midnight In Tokyo
Winds Of Change
Blind Patriot
Contagious
I´ll Cry For You
Black Tiger
-Drumsolo-
Barroom Boogie
Dirty Girl
Summertime Girls
To The Moon/Forever
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Rescue Me

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Alle Bilder von Maik.

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