Tiamat + The 69 Eyes + Ava Inferi (27.02.2009, Garage, Saarbrücken)

hellhoundfest.jpgJuhuu! Endlich wieder TIAMAT in Saarbrücken! Nach jahrelanger Durststrecke campierten die Schweden um Johan Edlund endlich erneut in saarländischen Gefilden.
Nach dem aufsehenerregenden Release von "Amanethes", auf wessen man teilweise wieder gar in alte Death Metal-Zeiten zurückging, war ich auf den Einbezug Dieser in das mittlerweile eher zum Gothic-Rock weisende Konzept der Band gespannt.
So schnürte man ein europaumspanndendes Tour-Paket mit den Finnen THE 69 EYES und AVA INFERI aus Portugal; NOVEMBRE und SCREAM SILENCE wurden jedoch aus produktionstechnischen (sprich: Geld-) Gründen wieder aus dem Billing gestrichen.
So hatten alle Bands mehr Spielzeit zur Verfügung und ich freute mich auf einen Headliner-Set mit einigen schönen Erinnerungen an alte Zeiten. Aber es kam leider wieder anders als erwartet...

Doch erst sollten das Quintett AVA INFERI aus Almada ihre Chance bekommen. Vier düstere Herren und eine Frontfrau ergaben ein schaurig-schönes Doom-Orchester, welches atmosphärisch den Abend eröffnete. Dabei bekam Sängerin Carmen den ganzen Gig über ihr Lächeln nicht aus dem Gesicht und gab so manches Tänzchen zum Besten - manchmal ein wenig obskur anzuschauen, aber dennoch passend zur Musik. Dabei schwang sie ihre Laterne ein ums andere Mal und brachte somit ein klein wenig Helligkeit in das düster-angelegte Set.
Die fünf gespielten Songs, darunter auch einer in portugiesischer Sprache verfasst, stimmten die noch in spärlicher Zahl vor der Bühne versammelten Zuschauer eigentlich optimal auf diesen dunklen Abend ein - jedoch war das zum Teil sehr junge Publikum eher auf rockigere Klänge eingestellt. So konnten AVA INFERI nur begrenzt punkten; mir gefiel diese Mischung aus Zeitlupen-Metal und Frauengesang à la THEATRE OF TRAGEDY/THE GATHERING eigentlich recht gut.
Besonders der letztgespielte Song "Pulse of the Earth", in dem es etwas dynamischer in Richtung neueren KATATONIA ging, sammelte meinerseits Pluspunkte.

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Die längere Umbaupause zu den Finnen von THE 69 EYES wurde durch einen Pausen-Sampler mit u.a. SATYRICON und KATATONIA-Tracks unterhaltsam gestaltet und ließ dem Publikum noch etwas mehr Zeit, sich in größerer Zahl zu sammeln - leider war die GARAGE an diesem Abend gerade mal zur Hälfte gefüllt.
Beim Beginn des Gigs von THE 69 EYES war aber sofort klar, für wen der Großteil an diesem Abend hier war: Schon vom Opener "Framed in Blood" gerieten einige Gothic-Girlies ausser Rand und Band. Mit dem recht bekannten "Never say die" und "Gothic Girl" verschossen die Finnen gleich eine weitere Salve an Hits. Musikalisch war also soweit alles im grünen Bereich.

Aber meine Herren! Daß Finnen im Allgemeinen einen Hang zur Show haben, ist ja hinlänglich bekannt.  Was aber dieses Quintett an Posen und Coolness zur Schau stellte, war nach zwei Songs kaum noch mitanzusehen. Der Drummer (ohja, geiler Body!) reckte nach jedem Snare-Schlag den Arm in die Höhe (Kennen wir das nicht von dieser anderen finnischen HIM-Band? Hmmm....) und verschliss in knapp einer Stunde Spielzeit einen halben Regenwald an Sticks - unnötig und dazu ökologisch fragwürdig.
Die Saitenfraktion hatte das Rockstar-Posing wohl als Leistungskurs und Sänger Jyrki ging glatt als Andrew Eldritch-Double (SISTERS OF MERCY) durch. Und warum zur Hölle muss die ganze Besetzung Sonnenbrillen tragen? Ahso, ich vergass: Grelles Licht, Vampire zu Staub usf.

Die kleinen Girlies fanden das vielleicht toll und musikalisch waren auch die Songs wie "Devils", "Brandon Lee" und "Perfect Skin" wirklich in Ordnung, aber dieses Gepose wirkte auf mich eher peinlich als cool. Was soll´s: Den Fans gefiel´s und das war die Hauptsache. Ich für meinen Teil halte es jedoch in Zukunft so: THE 69 EYES hören: Ja! Aber angucken werd ich mir diese Gothic-Kirmestruppe sicherlich nicht mehr.

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Also mussten es Johan Edlund und TIAMAT an diesem Abend wieder herausreißen. Das beleuchtete umgedrehte Kreuz und die bereits erwähnte Rückbesinnung auf alte musikalische Tugenden ließen meine Vorfreude schier ins Unermessliche steigen.
Mit "Will they come" vom aktuellen Album wählte man einen gemächlichen Opener und ließ "Raining dead Angels" und "Cain" folgen - schon an dieser Stelle bekam ich ein ungutes Gefühl. Hatte man die alten Fans vergessen? Wo ist wiederentdeckte Härte? "The Temple of the Crescent Moon" wäre beispielsweise ein guter Song für die ersten Slots auf der Playlist gewesen. "Until the Hellhounds sleep again" - schön und gut! Geht ins Ohr, einer der Hits von "Amanethes". Und dann endlich: Sehr vertraute Klänge! "Do you dream of me?" von der Überscheibe "Wildhoney" ließ die Nackenhaare aufrecht stehen und erinnerte an magische Konzerte im Vorprogramm von TYPE O NEGATIVE und anderen Live-Offenbarungen wie auf dem DYNAMO 1995. Mehr davon!

Aber nix war´s: "Vote for Love", "Brighter than the Sun" und "Cold Seed" rockten zwar sehr amtlich, aber härter wurde es an diesem Abend nicht mehr. Tracks wie "Divided", "Wings of Heaven" und das die Zugabe einläutende "Via Dolorosa" sind allenfalls "nette" Gothic-Rock-Nummern. Da konnten auch "The Sleeping Beauty" und "Gaia" am Ende nicht mehr viel herausreißen, die Magie alter Tage bei diesen Songs hat Johan Edlund offensichtlich verlassen. Durch relativ lahmen Gesang und unmotiviertes Schrammeln auf seiner Klampfe konnten die alten Songs maximal als Pflichtaufgaben gewertet werden und machten bei mir jeglichen alten Kult zunichte. Fast schon zum Heulen.

Ich habe nichts dagegen, wenn Musiker sich ändern, alte Prinzipien über den Haufen werfen und sich mit der Zeit gegenüber ihren Frühwerken distanzieren wollen. Dennoch wirft mir der Fall "TIAMAT" einige Fragen auf: Warum wird auf der aktuellen Scheibe der Rückschritt zu alten Werken propagiert, wenn man live davon nichts zu hören bekommt? Warum spielt man alte Songs, wenn man sich damit nicht mehr verbunden fühlt? Ich mag das Billing der Gesamttour und das damit anwesende Publikum als Entschuldigung gelten lassen, aber dennoch hat man mit dieser Nummer in Saarbrücken viele alte Fans vergrault, nicht nur mich. Das haben Bands wie PARADISE LOST beispielsweise wesentlich gelungener hinbekommen.

Also, Mister Edlund: Quo vadis?

(Brix)

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Mehr Bilder wie immer in der Galerie, danke an Ryka für die Pix!

 

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