Unheilig + F.A.Q. (09.10.2008 Saarbrücken, Garage)

Viele neue Acts kommen und gehen in der schwarzen Szene. Mehr als nur einmal dachte man sich gerade seit der Jahrtausendwende: „Wieso versucht ihr nicht einfach mal etwas Eigenes?“ Wie eine kosmische Konstante ziehen sich seit je her UNHEILIG durch diese Szene, die leider immer weiter stagniert. Nun laden der Graf und seine Mannen in der Garage in Saarbrücken zum Tanz und beweisen auf ein neues, dass sich ein Gig dieser Kapelle immer wieder lohnt, denn man trifft hier auf eine der geschmackvollsten Bands innerhalb der Gothic-Welt.

Als Vorband hat man sich für diese Tour die Schweizer von F.A.Q. ausgesucht, die mit einer etwas gelasseneren Interpretation dunkler Tanzmusik aufwarten, die an gitarrenlastige VNV-NATION erinnern und man ihnen anmerkt, dass sie sich auf großen Bühnen zurecht wohlfühlen. Das Trio aus Gitarre, Synthies und Gesang weiß durch ihre Bühnenpräsenz zu überzeugen, was nicht zuletzt an der extrovertierten Art des Frontschönlings liegt, der wohl mehr als einem der zahlreich erschienenen weiblichen Teenies Entzücken entlocken dürfte. Musikalisch gibt’s nix zu motzen, die Kickdrum drückt, die Gitarre hält sich dezent zurück und die Melodien sind altbacken aber frisch inszeniert. Gesanglich bleiben auch keine Wünsche offen, wenn man auch eher in die emotionale Schiene geht und sich damit von oben genannten Superstars zumindest stimmlich eine andere Schiene fährt, was der Eigenständigkeit der Truppe gut tut, jedoch in keinster Weise jeden Geschmack trifft. Prinzipiell habe ich schon wesentlich langweiligere 45 Minuten mit Supportacts verbracht und es bleibt zu sagen, dass man bei Songs wie „Ten Bells“ ziemlich bald mit größeren Taten der Alpenländer rechnen darf.

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Nach zwanzigminütiger Umbaupause dürfen dann endlich UNHEILIG ran, die mit „Spiegelbild“ ordentlich einsteigen und sich das Publikum innerhalb von Sekunden um das dreifache auszudehnen und man die Bewegung die vorher gefehlt hat jetzt nachzuholen scheint.
Die Volle Breite der Bühne ausnutzend (obligatorischer Catwalk inklusive) hetzt der Graf hin und her um das Publikum anzuheitzen und zu fesseln was ihm auch von Beginn an direkt gelingt. Bei bester Stimme und ansonsten auch mit genialem Sound ausgestattet können UNHEILIG hier von beginn an Punkten und lassen dank der Auswahl der Songs ihre Serie an Knallern nicht abbrechen. Das Material der neuen Scheibe „Puppenspiel“ drückt ordentlich und regt sogar die gelangweiltesten vor der Bühne spätestens mit „Fang mich auf“ zur Bewegung auf, sodass relativ früh im Set der Grundstein für den kompletten Gig gelegt wird. So sieht „Setlist-Management“ aus!
Wenn ich von den allzu pathetischen Ansagen des Grafen einmal absehe, mit denen ich mich wohl nie anfreunden werde, gibt es einen Kritikpunkt, den ich hier ganz klar vorbrigen muss: Digicams! Jeder Depp meint inzwischen, dass er bei 20 Metern Entfernung zur Bühne unbedingt dem Nebenmann ins Gesicht blitzen muss, nur um verwackelte Bilder mit nach Hause zu nehmen und sich an die Pinnwand zu hängen. Liebe Nebenmänner und -frauen vom 9. Oktober 2008: Bitte, BITTE lasst es einfach. Ihr wisst genau so gut wie ich, dass diese Bilder weder schön werden, noch irgendjemandem – gemessen am Ergebnis – verblitze Glotzgeräte dabei helfen, das bezahlte Geld für die Konzertkarte in Spaß und Freude an der Musik zu verwandeln. Außerdem säuft und tanzt es sich mit zwei freien Händen einfach besser. So.
Genug der Motzerei: wenn man besagte Ansagen und die Pseudopaparazzi links und rechts von mir einfach ausblendet, bleibt nur ein einziger Schluss zu: UNHEILIG treten hier jedem in den Hintern, der schon immer der Meinung war, dass solche Musik live nicht funktioniert: die Bande um den charismatischen Frontmann setzt hier ihre Energie Verlustfrei in Stimmung und Klang um, wie man es selten sieht. Als echte Livehits mausern sich überdies „Maschine“, „An deiner Seite“(wenn auch mit extra viel Schmalz) oder auch „Mein Stern“. Nach gefühlten 30 und gemessenen 90 Minuten verlassen die Jungs nun die Bühne und entlassen ihr Publikum in die Nacht mit dem Gefühl ein wirklich gutes Konzert bewundert zu haben, dass mit einer 2/3 gefüllten Halle zwar noch ausbaufähig gewesen wäre, was den Anwesenden wohl egal sein dürfte. Ich freu' mich jetzt schon auf neues Material und neue Livepräsenz im schönen Saarland!(Reini)

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Bilder gibts wie immer in unserer Galerie. Alle Fotos von Viola.

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