Carnivore + Raging Speedhorn (08.12.2007, Saarbrücken)

Was brodelte die Gerüchteküche im Vorfeld des CARNIVORE-Konzertes in Saarbrücken. "Pete ist in schlechter Verfassung, lässt ganze Lieder vom Gitarristen singen" bis hin zu Thesen, dass das Konzert gar nicht stattfinden würde, machten die Runde und sorgten für leichtes Unwohlsein bei Fans, die dem Konzert entgegen fieberten. Da war es eigentlich auch vollkommen zweitrangig, wer an diesem Abend den Opener machen sollte, das einzig was zählte: Wird das Konzert statt finden und wird es gut?

Als wir pünktlich zu Beginn das ordentlich gefüllte Roxy betreten, gleich die erste Meldung: RAGING SPEEDHORN, die Vorband des Abends, ist noch nicht da, wann sie kämen, sei ungewiss. Schon mal ein ganz schlechter Start für einen Konzertabend, über dessen Erfolg die Form und Laune eines exentrischen Frontmannes entscheidet. Während dem ersten Bier schlurfen dann irgendwann ein paar Gestalten auf die Bühne und beginnen, ihr Equipment aufzubauen. RAGING SPEEDHORN sind also endlich eingetroffen. Ein kurzer Blick auf die Running Order am Mischpult verrät eine massive Verspätung, so dass RAGING SPEEDHORN ihren Gig etwa zu dem Zeitpunkt beginnen, als sie eigentlich schon wieder die Bühne hätten verlassen sollen.

Was bleibt zu den Briten zu sagen? Wie als hätte man einen Schalter umgelegt, ticken die 6 Kerle auf der Bühne vom der ersten Sekunde an völlig aus - ein krasser Gegensatz zum Aufbau, der doch sehr träge ablief. So herrscht für die kommenden 30 Minuten ziemlicher Platzmangel auf der Bühne, die Gitarristen springen über die Bühne und die beiden Sänger John und Bloody Kev wechseln sich mit dem Shouts an der Front ab. Aggressiv und bewegungsfreudig rumpeln sich die Briten durch ihren Mix aus Hardcore, ein wenig Metal und... naja, Schreierei und ziehen nach anfänglicher Verwirrung im Publikum immer mehr Leute nach vorne. Gewöhnungsbedürftig, aber im Nachhinein irgendwie passend für diesen Abend.

Raging SpeedhornRaging Speedhorn

Während der Umbaupause ist die Spannung im Roxy förmlich spürbar. Das obligatorische Rack, die Wein- und Wasserflaschen darauf und der Mikroständer, der alles andere auf der Bühne überragt, machen klar: Gleich betritt TYPE O NEGATIVE Fronter Pete Steele mit seiner legendären Kult-Kapelle die Bühne und wird hoffentlich ein paar Ärsche treten.
Der Anfang gestaltet sich auch schon erwartet schräg: Zu einem klassischen Intro betreten Pete Steele, Joey Z, Steve Tobin und Paul Bento die Bühne und malträtieren die Ohren der Anwesenden gefühlte 10 Minuten lang mit einer Rückkopplung - kurz angezählt, ein paar Akkorde geschrammelt - Dankeschön - und wieder Abmarsch von der Bühne. Einige Anwesende sind mit den Umgangsformen eines Pete Steele allerdings vertraut und kommentieren das Geschehen zur Freude von Steele direkt mit lauten "You Suck"-Rufen, auf die der Hühne direkt mit "I know" antwortet.
Wenige Minuten später betritt die Band dann (kunst-)blutverschmiert die Bühne und tritt mit dem Doppelschlag "Carnivore" und "Race War" den Anwesenden restlos in den Arsch. Was folgt ist ein absolut kompromissloser Gig bei dem sich besonders Pete und Joey Z. hervortun. Die anfängliche Skepsis schlägt in pure Begeisterung um, als klar wird, dass Pete Steele an diesem Abend für seine Verhältnisse ausgezeichnet in Form ist, zwischen den Songs zwar schnauft wie kein zweiter, während den Songs aber permanent Vollgas gibt und sich hin und wieder auch zu Kalauern hinreißen lässt.
Joey Z. zeigt sich hyperaktiv, motiviert permanent das Publikum und steuert auch immer wieder zusätzliche Shouts bei während Pete den Psychopathen macht und das Publikum (und auch die vor ihm stehende Monitorbox) gerne mal mit Wasser oder auch nem Schluck Rotwein segnet. Hochachtung auch für die beiden Roadies (von denen einer irgendwie Ähnlichkeit mit Helge Schneider hat), die während der nächsten anderthalben Stunde alle Hände voll zu tun haben, umgeworfene Mikroständer, Mikrofone oder Kabel wieder an ihren Platz zu bringen und zu entwirren, wenn das Equipment der Bewegungsfreude eines Joey Z und seinen Ausflügen zum Publikum zum Opfer fällt oder Herrn Steele einfach nur im Weg steht. Chaos pur auf der Bühne und der perfekte Rahmen für räudige Klassiker der Marke "Male Supremacy", "Inner Conflict" oder "Jesus Hitler" und es dauert nur wenige Momente, bis der Funke auch auf das Publikum überspringt und sich vor der Bühne nette und schmerzhafte Moshpits bilden.

Auf die leckeren Details wird natürlich auch nicht verzichtet, so dass das Publikum auch in den Genuss des "Retaliation"-Kotz-Intros "Jack Daniels and Pizza" kommt - zufriedenes Grinsen bei Kennern des Albums, perplexe Blicke beim Rest. So soll es sein. Zum Zugabenteil, der von einer ausgedehnten Sequenz aus "Full Metal Jacket" eingeleitet wird, rüsten sich Steele und Co. dann noch mit blutigen Schürzen auf und geben den Anwesenden mit "World Wars III and IV" und "Sex And Violence" endgültig den Rest. Zum letzten Song gibts dann auch noch ein paar halbnackte Mädels auf der Bühne, natürlich auch blutverschmiert, die noch eine stilsichere und geschmackvolle Tampon-Schlacht anfangen. Dass zum Schluss des letzten Songs die bereits in Mitleidenschaft gezogene Monitorbox dann unter starker Rauchentwicklung endgültig den Geist aufgibt, ist nach diesem Konzert einfach nur noch der passende Schluss, vom symbolischen Wert mal ganz abgesehen. Hammer-Konzert und eine wahre Freude mitzuerleben, wieviel Spaß auch Pete Steele bei diesem Konzert hatte. (Mika)

Setlist Carnivore:
- Carnivore
- Race War
- Angry Neurotic Catholics
- Male Supremacy
- Inner Conflict
- Technophobia
- Predator
- Helter Skelter
- SMD
- Jesus Hitler
------------------------
- WW 3 & 4
- Sex And Violence

Carnivore live_20071208_04.jpg Carnivore Carnivore

Weitere Bilder von diesem Konzert findet Ihr wie immer in unserer Galerie. Alle Bilder von Ryka.

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