W.A.S.P. (05.05.2023, Saarbrücken)

WASP SmallFür mich persönlich grenzt es schon ein klein wenig an ein Wunder, dass Blackie Lawless zusammen mit W.A.S.P. tatsächlich noch ihre “40th Anniversary” Shows in Deutschland spielen. Als die komplette Tournee 2020 abgesagt wurde (damals noch als “From 1984 To Headless Children” tituliert), dachte ich schon, das zurückliegende Konzert zur Feier von “The Crimson Idol” wäre mein letztes Konzert der Band gewesen. Ein Glück, das dem nicht so war, denn was mich an diesem Freitagabend in der Garage in Saarbrücken erwartet hatte, hatte ich so nicht kommen sehen.

 

 

 

 

 

 

W.A.S.P.

Die Vorband vom vorangegangenen Teil der Tournee IMAGES OF EDEN ist an diesem Abend nicht zu sehen, da sie, wie Ende April bekannt gegeben wurde, unerwartet von der Tour flogen. So lassen W.A.S.P. die ausverkaufte Halle erst einmal etwas warten, und der planmäßige Beginn von 20:30 Uhr schiebt sich auf 20:50 Uhr.

Die Bühne füllt sich währenddessen mehr und mehr mit Nebel, mit Sicherheit sehr zur Freude der ersten Reihe und der Fotografen im Fotograben. Die Bühne hat sonst einen extrem gelungenen Look und lässt optisch auf 40 Jahre W.A.S.P. zurückblicken. Wie im Verlauf des Konzertes noch klar wird, auch mit Video-Leinwänden, die man sonst nur selten in Hallen dieser Größenordnung zu sehen bekommt. So ein wenig komm ich mir schon beim Intro vor, als wäre ich “Inside The Electric Circus”, was bereits ordentlich Stimmung macht und die Erwartungshaltung natürlich weiter steigen lässt. Der legendäre Mikroständer, der sich gewiss super als Kühlerfigur machen würde, erfüllt ebenfalls seinen Job.

Los geht es dann ordentlich mit einem Medley aus vier Songs, “On Your Knees”, “The Flame”, “The Torture Never Stops", gefolgt von “Inside The Electric Circus”. Ein grandioser Start in das Set, auch wenn ich persönlich gerne die Songs in voller Länge gehört hätte und kein Fan von Medleys bin. Dennoch muss ich zugeben, dass es einen ordentlichen Auftrieb für die Stimmung im Raum gibt, und Blackie hat das Publikum ab dem ersten Ton fest im Griff.

Bei “L.O.V.E. Machine” wird auf den Video-Leinwänden das Musikvideo gezeigt und die Menge singt erwartungsgemäß lautstark mit, was sich ebenfalls für das anschließende “Wild Child” sagen lässt. Etwas zu früh im Set, aber das ist wohl frei nach dem Motto “Wenn schon denn schon” und kommt natürlich erwartungsgemäß verdammt gut an.

Obwohl ich großer Fan von “The Crimson Idol” und eigentlich auch von der damaligen Anniversary Tour bin, ist es etwas schwierig, wenn ein Großteil des Konzertes für die langen Songs dieses Klassikers drauf gehen, anstatt eines Medleys folgt nun nämlich ein Ausflug zu jenem Album, welches noch immer zu den besten Konzeptalben aller Zeiten zählt. “The Idol”, gefolgt von “The Great Misconceptions of Me” entführt alle Anwesenden in die Welt von Jonathan, und wie verdammt großartig kommt das bitte rüber. Hier passt einfach alles super zusammen in Kombinationen mit Bühnenshow, Video-Leinwänden und natürlich der Band selbst. Dabei gerät mir das Solo von Gitarrist Doug Blair etwas zu lange, bevor es mit “Chainsaw Charlie” dann zurück in die ganz eigene Hitparade der Band geht. Obwohl auch dieses Stück vom gleichen Album stammt, war es für mich immer der heimliche Hit der Platte und ist mit den Mitsing-Parts des Publikums auch gar nicht mal so kurz.

Mit “Blind In Texas” folgt ein weiterer Knaller von “The Last Command”, und dann verschwindet die Band erstmals von der Bühne. Nach sieben Songs, wenn man es streng nimmt, und zeitlich noch keiner vollen Stunde. Nach viel Applaus und einiger Wartezeit startet über die Videoleinwände die videografische Aufarbeitung der “Filthy 15”-Verhandlungen und dem daraus resultierenden PMRC Aufkleber, und ja, die Band spielt “Animal (Fuck Like A Beast)”. Ein Song, der lange aus der Setlist verschwunden war und den Blackie nach seiner “Wiedergeburt als Christ” nicht mehr spielen wollte. Dies sieht für die “40th Anniversary Tour” endlich wieder anders aus, und hier freut sich auch das Publikum sichtlich darüber und singt lauthals mit.



20141222 WASP 01 02 WASP 0120141222 WASP 01 01 WASP 01

Obwohl dies sicherlich eine Sternstunde des Konzertes ist, handelt es sich auch schon um die erste Zugabe und wir nähern uns mit großen Schritten dem Ende zu. Mit “The Real Me” folgt der einzige Song von “Headless Children” an diesem Abend und noch dazu ein nicht mal eigenes Stück (Anm. d. Red.: im Original von THE WHO). Den Abschluss bestreitet die Band anschließend mit “I Wanne Be Somebody”, der vielerorts noch immer als größter Hit der Band zählt. Im Hintergrund läuft eine Danksagung der Band an ihre Fans und das Publikum inklusive einem Rückblick auf 40 Jahre W.A.S.P. samt aller Mitglieder. Sogar Gitarrist Chris Holmes ist zu sehen, obwohl sich Lawless und Holmes seit Jahren in der Presse Schlammschlachten liefern. Blackie bedankt sich und verabschiedet sich vom Publikum, das Licht geht an und “Das war’s”. Nicht erstmal, sondern ein für alle Mal, nach knappen 70 Minuten ist der Zauber zu Ende und 40 Jahre Bandgeschichte abgefrühstückt.

Zugegeben, es waren knapp 70 wirklich großartige Minuten, und die kurze Spielzeit der Band ist schon lange kein Geheimnis mehr. Ein fader Beigeschmack bleibt dennoch, denn gedanklich erwischt man sich immer wieder dabei, was alles noch möglich gewesen wäre. Klar, Blackie ist inzwischen bereits im hohen Alter und körperlich noch überraschend fit, obwohl er laut eigenem Statement massive Probleme mit der Bandscheibe hat. Aber wäre z.B. das Solo von Doug kürzer ausgefallen oder anstelle der drei Songs von “Crimson Idol” noch ein paar selten gespielte Songs an deren Stelle gerückt, wäre das Konzert sicher noch besser geworden.

Neben der kurzen Spielzeit ist es zudem überraschend auffällig, dass viele Leute nach dem Konzert darüber rätseln, wie viel an diesem Abend wohl vom Band kam. Auch ein bereits bekanntes Thema, welches zunächst als Gerücht begann, vor ein paar Jahren von Blackie persönlich aber bestätigt wurde. Die Band arbeitet mit Material von Band und Einspielungen, um das Live-Erlebnis runder wirken zu lassen. Das erklärt vieles von dem eben Gehörten, und ja, es ist ein rundes Live-Erlebnis, aber dennoch bleibt auch hier ein leicht negativer Beigeschmack. Wobei es für mich persönlich, auch weil man es vorher wusste, nicht so extrem zu Buche schlägt. Die Frage schwirrt einem dennoch im Kopf herum, wenn man Blackies Stimme hört und diese sich tatsächlich sehr nah an den Studioalben bewegt.

Was bleibt, ist neben dem leicht faden Beigeschmack ein dennoch starkes Konzert, bei dem aber ständig im Hinterkopf die Frage bleibt, “Das waren jetzt die 40 Jahre Bandgeschichte?” So viele Songs hätte man sich gewünscht, so viele wurden nicht gespielt, so viele ungenutzte Chancen. Doch andererseits sollte man hier tatsächlich nicht vergessen, in welchem Alter sich die Band inzwischen befindet und dafür war die Show rundherum hervorragend und Kritik an Setlisten gibt immer. Oder um es in anderen Worten zu sagen, wenn man vorher weiß, auf was man sich einlässt, kann man den Abend rundum genießen. Eine Hitlist war es dennoch und es hat verdammt viel Spaß gemacht. Die Kritikpunkte bleiben zwar stehen, aber ich kann mit diesem Konzert als Abschluss meiner W.A.S.P. Live-Erfahrung gut leben, sofern es das wirklich gewesen sein sollte. (Pascal)

Setlist W.A.S.P.: 

On Your Knees / The Flame / The Torture Never Stops / Inside the Electric Circus
L.O.V.E. Machine
Wild Child
The Idol
The Great Misconceptions of Me
Chainsaw Charlie (Murders in the New Morgue)
Blind in Texas
---------------------------------------------
Animal (Fuck Like a Beast)
The Real Me
I Wanna Be Somebody

(Fotos: Klaus)

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden