Aufgrund der bekannten Problematik, war mir bereits klar, dass ich die Band nach der Veröffentlichung ihres neuen Longplayers “4” nicht allzu schnell live sehen würde. Umso erfreulicher die Ankündigung eines Live-Stream-Events auf Veeps. “Live From Boston”,aufgenommen im März dieses Jahres im ausverkauften House Of Blues in Boston, wurde in kompletter Länge gezeigt.

Ein Live-Stream-Event wird meines Erachtens niemals ein richtiges Live-Konzert ersetzen, so auch in diesem Fall. Dennoch ist es aufgrund der Situation immer noch besser als nichts, und somit stieg die Vorfreude auf “Live From Boston” bereits im Vorfeld ordentlich an. Immerhin sind ein paar Jahre ins Land gezogen, seit ich SLASH zusammen mit seiner Band inklusive MYLES KENNEDY richtig live erleben konnte. Das neue Album “4” zeugt für mich ebenfalls von hoher Qualität, und somit war ich mehr als nur gespannt, wie die neuen Songs live ankommen würden.

Der Einstieg mit “Driving Rain” wirkt auf mich zunächst etwas zäh, und auch Myles Kennedy wirkt eher leise und zurückhaltend. Ich bin nicht sicher, ob es am Sound liegt oder die Band zu Beginn vielleicht einfach noch nicht warm ist, aber leider hält sich dieser Eindruck für das erste Drittel des Konzertes wacker. Dabei ist sowohl Songauswahl als auch die Qualität hervorragend. Die Band spielt auf den Punkt, wirkt auf mich jedoch etwas routiniert.

Diese Routine verschwindet für mich ab “Whatever Gets You By”, als Myles auf seine charmante Art sich selbst über das Triangel-Intro lustig macht, für das er extrem lange geübt hat. Allerdings habe ich zunehmend das Gefühl, dass es auch an der Qualität des Mitschnitts liegen könnte. Bild und Ton sind sehr hochwertig, keine Frage, aber die Lichtverhältnisse sind nicht optimal und erzeugen ungewollte Leucht-Effekte, die ich nur allzu gut von manch eingefangenen Konzertfotos kenne.

Bemerkenswert zu sehen, wie die Band ihr bockstartes Set fast ausschließlich mit eigenen Songs bestreitet. Als ich sie das letzte Mal live erleben konnte, gab es noch jede Menge GUNS N ROSES-Songs zu hören. Diese sind nun vollständig verbannt, selbst der einst krönende Abschluss mit “Paradise City” wird von dem famosen “Anastasia” abgelöst. Eine perfekte Wahl, wie ich finde und eine sehr positive Entwicklung, denn GUNS N ROSES- Songs hat die Band aufgrund des guten Eigenmaterials schon lange nicht mehr nötig. Den SLASH Song “Speed Parade”, “Always On The Run” von LENNY KRAVITZ und das großartige “Rocket Man” von ELTON JOHN möchte ich nicht unerwähnt lassen, zähle die Songs aber nicht zu den üblichen Verdächtigen im Set. Auch wenn “Speed Parade” in der Vergangenheit häufig gespielt wurde.

Die Stimmung in der Halle wirkt das ganze Konzert über sehr gut, und die Fans haben definitiv ihren Spaß, kein Wunder nach einer derart langen Zwangspause und einem neuen Album im Rücken. Schade, dass sich die Stimmung nicht ganz ins heimische Wohnzimmer transportieren lässt.

Mir persönlich hat der Stream sehr viel Freude bereitet, und auch wenn es leicht routiniert wirkte, hat die Band einen guten Job gemacht und vor Ort wäre mir das alles sicher ganz anders vorgekommen. SLASH FEAT. MYLES KENNEDY & THE CONSPIRATORS zählen für mich derzeit noch immer zu den interessantesten Bands in dem Genre, und ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht und wann ich die Band selbst wieder persönlich live erleben kann. Mit inzwischen vier Alben im Rücken ist genug Material vorhanden, und die Songauswahl für die Setlist fällt der Band sicherlich zunehmend schwer. Dafür ist es umso schöner zu sehen, dass inzwischen “Anastasia” den krönenden Abschluss des Konzerts darstellt. Mal schauen, ob “Live From Boston” nicht mit etwas Glück noch als Live-Album erscheinen wird, die Songs von “4” sind in ihren Live-Versionen jedenfalls noch ein Stück stärker als auf Platte. Eine Sache, die ich bereits von den letzten Alben der Band so gewohnt bin. (Pascal)

Setlist:

Driving Rain
My Antidote
Shots Fired
Halo
Back From Cali
Spirit Love
The River Is Rising
Whatever Gets You By
Always on the Run
Standing in the Sun
Speed Parade
C'est La Vie
Fill My World
The One You Loved Is Gone
Call off the Dogs
Doctor Alibi
Rocket Man (I Think It's Going to Be a Long, Long Time)
Nothing to Say
You're a Lie
World on Fire
Anastasia

(Foto: Mat Hayward)