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HARDCORE SUPESTAR (Festival Stage)
Was kann es wohl schöneres geben, als sich bei gleißendem Sonnenschein HARDCORE SUPERSTAR anzusehen? Nicht besonders viel, dachten sich wahrscheinlich viele im Publikum. Schließlich war der Platz vor der Festival Stage bereits eine halbe Stunde vor dem Auftritt gut gefüllt. Die Combo startete mit „Need No Company" und hatte vom ersten Ton an die versammelte Meute im Griff.

Kein Wunder, ist die gesamte Truppe und vor allem Sänger Joakim Berg ein wahrer Derwisch, der sich anscheinend vorgenommen hatte, ganz schnell seine Frühstücksbrötchen abzutrainieren. Es wurde gerannt und selbstverständlich gepost was das Zeug hält. Natürlich lag die gute Stimmung auch daran, dass die vier Schweden spätestens seit 2005 nicht nur unermüdlich unterwegs sind, sondern zugleich auch ein wahres Füllhorn an hittauglichen Songs geschrieben haben. Selbst die beiden Nummern aus dem kontrovers diskutierten Neuling wurden wärmstens begrüßt.

Jedoch lag das Hauptinteresse bei solchen Knallern wie „Last Call For Alcohol", „We Don't Celebrate Sundays" oder „Above The Law", die fachgerecht abgefeiert wurden. Dass es der Gruppe auch gelingt ihr Publikum bei sehr ruhigen Momenten wie „Run To Your Mama" bei der Stange zu halten spricht ebenfalls für sich. Wenn es überhaupt etwas an diesem Gig zu kritisieren gibt, dann der Umstand, dass die veranschlagte Stunde Spielzeit nicht annähernd ausreichte um der Truppe den Status einzuräumen, den sie in der Szene mittlerweile innehat. (David)

ACE FREHLEY (Festival Stage)
Der ehemalige KISS-Gitarrist kämpft ja derzeit an mehreren Fronten, gerne mal über Anwälte mit seinen Ex-Kollegen. Heute hatte er nur eine Herausforderung zu bestehen, die an der Bühnenfront. Was für einen so erfahrenen Mann ein Kinderspiel ist, immerhin hat er aus seiner Vergangenheit einige Fans, die ihn nicht vergessen haben. Die waren nicht so zahlreich erschienen wie beim Ehemaligentreffen von GUNS´N´ROSES zwei Tage zuvor, doch lautstark bemerkbar machte sich auch diese ansehnliche Menge.
Es hatten sich auch einige Getreue eingefunden, welche sein Kostüm und Make-Up auftrugen. Dabei war er mit seiner gewohnten Backingband unterwegs und verzichtete fast völlig auf Gimmicks, auch die Bühne war sehr nüchtern gehalten. Showtechnische Referenzen gab es eher an die ROLLING STONES, sein Gitarrenpartner Richie Scarlett hat offensichtlich das ein oder andere Lehrvideo von Keith Richards geschaut, was sich in seinen Gebaren widerspiegelte. Ebenso wie der Meister selbst nutzte er den sich bietenden Auslauf zu Genüge, auch Bassist Scott Cougar fügte sich gut ein.

Das Zusammenspiel war zwar nicht immer optimal, aber Frehley gönnte seinem Mitstreiter den ein oder anderen Solospot. Ebenso übernahm er nicht bei jedem Titel den Gesang, der mittlerweile doch etwas gelitten hat, hier kann Space Ace seine Exzesse nicht verleugnen. Zu behaupten, dass er weniger frisch wäre als seine alten Bandkollegen, denn Simmons und Stanley haben mittlerweile auch ihre Zipperlein. Aus der Zeit rettete er nur ein Element hinüber, als er vorne auf dem Steg zum ausgiebigen Solo ansetzte begann seine Sechssaitige zu rauchen. Nur richtig brennen durfte sie wie gewohnt nicht, mir scheint ACE FREHLEY hat das Motto des diesjährigen SWEDENROCK nicht ganz verstanden.

Vom Programm her konnte man ihm keinen Vorwurf machen, schon der Beginn mit „Rocket Ride" überraschte, war diese KISS-Nummer nur Teil der Studiotracks von „Alive 2". Nach „Gimme A Feelin´" und „Toys" vom aktuellen Studiowerk „Space Invader" setzte sich das Hitfeuerwerk fort. Neben sattsam bekannten Stücken wie „Love Gun" oder „Cold Gin" grub er zur Freude seiner Anhänger noch ein paar vergessene Schätzchen wie „Strange Ways" aus. Vom Solomaterial war natürlich sein erstes Soloalbum aus der KISS-Soloreihe am häufigsten vertreten, wobei natürlich die Russ Ballard-Komposition „New York Groove„ am lautesten bejubelt wurde. Mit einer fulminanten Version von „Deuce" fand der gelungen Auftritt seinen abschließenden Höhepunkt.

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MOTHER´S FINEST (Rock Stage)
Eine der ungewöhnlichsten Combos tingelt nun auch schon seit vierzig Jahren um den Globus, fand aber noch nie wirklich Anschluss. Dabei hat sie den Funk und Rock, vor allem aber die Verquickung beider Genres entscheidend mitgeprägt. Nachdem man lange nur als Touract unterwegs war, wollten es MOTHER´S FINEST nun auch wieder albumtechnisch wissen.
Der Opener „Angels" stammte wie vier weitere an dem Tag gespielte Titel aus dem eher durchschnittlichen „Goody 2 Shoes & The Filthy Beast". Hier zeigten sich die Songs besser als auf der zu trocken produzierten Konserve, konnten die Mängel beim Songwriting aber nicht ganz überdecken. Da hatte man vor ein paar Jahren, als ich die Truppe letztmals sah, ein paar mehr rassige Klassiker dabei.

Doch die Bühne war schon immer ihre Heimat, da sind sie am stärksten, eine gut geölte Groovemaschine. Über all die Jahre haben sie ihr Zusammenspiel perfektioniert, Schlagzeuger Deion Derrick und Jerry „Wizard" Seay bringen einen fetten Rhythmus an den Start. Dabei agiert der immer noch sehr drahtige Basser ebenso megacool wie Rhythmusgitarrist John Hayes.
Sein Partner an den sechs Saiten Gary „Moses Mo" Moore mimt als Quotenweißer der Band eher den Clown auf der Bühne. Mit seinem langen Spitzbart und seiner Strubbelmähne scheint er als brauner Zauberer Tolkiens „Hobbit" entsprungen zu sein. Er bearbeitete die rechte Flanke unentwegt und hatte eine eher unfreiwillig komische Einlage, als er beim Solo nach vorne ging und sich dadurch sein Spiralkabel aus dem Verstärker zog.

Eher zu der lässigen Fraktion gehört auch Glenn „Doc Murdock", der immer wieder die Zuschauer animierte und für die männlichen Vocals sorgte. Doch alle wurden Joyce „Baby Jean" Kennedy" überstrahlt. Die Dame sieht für ihr Alter immer noch verschärft aus und packte sich in knallenge Klamotten. So wild wie ihre Performance war auch ihre nach oben gezurrten Mähne, die Furie war eindeutig die Dompteuse im Ring, der jeder gehorchte. Stimmlich hatte sie immer noch eine Monsterröhre, mit der sie jeder Melodie einen Adrenalinschub verpasst.

Neben dem aktuellen Longplayer stand wie immer das Durchbruchswerk „Another Mother Further" im Mittelpunkt des Programms. Dabei funktioniert der Witz mit dem einen ruhigen Song immer noch, „Baby Love" ist weit davon entfernt und rockt heute noch jede Hütte. Mit dem kam auch endlich richtig Stimmung auf, vor allem beim lange gejammten „Mickey´s Monkey" nahmen MOTHER´S FINEST ihre Fans für ausgedehnte Singalongs ins Boot. Live bleibt die Truppe mit ihrem Vulkan Joyce Kennedy immer noch eine Bank, ihre Präsenz war einmal mehr gewaltig.

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THE ANGELS (4 Sounds Stage)
Während 5 FINGER DEATH PUNCH die Festival Stage in ihre Einzelteile zerlegte, fand auf der 4 Sound Stage ein veritables Kontrastprogramm statt. Die fünf Herren aus Down Under sollten endlich auf dem Sweden Rock spielen und gingen pünktlich um 19:00 Uhr auf die Bühne. Direkt starteten sie mit „After The Rain" von ihrem Referenzwerk „Face The Day" und hatte sogleich das Publikum in der Hand. Generell gestaltete sich die Setlist der Australier aus vornehmlich zwei Alben, dem eben erwähnten und der Folgescheibe „No Exit."

Nicht nur das Songauswahl den Zuschauern merklich genehm war, nein, auch die absolut gekonnte Vortragsweise und insbesondere Toby Jepsons Stageacting sorgten für viel Beifall. Falls es irgendwo in den Weiten Australiens eine Schule für besonderes Posen gibt, der Sänger hat sie vermutlich mit summa cum laude abgeschlossen. Da störte es auch nicht, dass vor lauter Übermut die Schrittnaht riss.
Ein weiteres Schmankerls stellte der Gastauftritt der Aussie-Legende Jon English dar, der mit der Combo kurzerhand den Song „Fashion And Fame" intonierte. Endgültig zum Kochen brachte das Quintett die mittlerweile zahlreichen Besucher gegen Ende ihres Gigs. Die Pub-Hymne „Am I Ever Gonna See Your Face Again", „Take A Long Line", „Marseilles" und das um einige Minuten erweiterte „Can't Shake It" sorgten dafür, dass THE ANGELS einen ihrer raren Europa-Abstecher zu wissen genutzt haben. (David)

EXTREME (Rock Stage)
Wer das Glück hatte, das Bostoner Quartett auf einem ihrer letztjährigen Konzerte erleben zu dürfen, der wusste, dass man sich um die Live-Qualitäten der Band wahrlich nicht sorgen musste. Unter dem Banner eben dieser „Pornograffitti-Tour" betrat die Gruppe um viertel vor neun die Rock Stage und legte gleich mit „Decadence Dance" los.
Die beiden sich hierbei aufdrückenden Vermutungen aber, sollten sich als Trugschluss erweisen. Zunächst einmal fiel der etwas dünne Sound auf, der sich glücklicherweise nach nur wenigen Minuten besserte. Weiterhin jedoch sollte es diesmal keine chronologische Präsentation des 1990-er Meisterwerks geben, sondern „lediglich" sieben Songs, die quer in die Setlist eingestreut waren.

Im Vergleich zum letzten Jahr wurden neben „Comfortably Dumb" und „Take Us Alive" vom letzten Studio-Output „Saudades De Rock", auch das großartige „Kid Ego der Debüt-Scheibe dargeboten und entfachten eine sehr gute Stimmung beim hiesigen Publikum. Hinzu kam der unzweifelhaft professionelle Auftritt der vier Herren und Nuno Bettencourts freudig aufgenommene Aussage, dass er es kaum erwarten könne, die kurz nach ihnen spielenden JUDAS PRIEST zu sehen.
Routiniert und dennoch voller Elan spielte sich EXTREME durch ihre Playlist, in der die Mitsing-Passagen bei DEM Song schlechthin, „More Than Words" und auch der Schlussnummer der „Pornograffitti"-Platte „Hole Hearted", ebenso wenig fehlen durften, wie das finale „Get The Funk Out." Großartig! (David)

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SAMAEL (Rockklassiker Stage)
Die Schweizer mussten nach dem Ausfall von MY DYING BRIDE alleine die Dark Metal-Fahne hochhalten. Ein wenig abseits im Zelt fanden sich leider nicht viele Zuschauer ein, um das „Ceremony Of Opposites"-Album in voller Länge zu genießen. Ehrlich gesagt hätte ich die Combo lieber auf ihrer Tour gesehen, als sie das „Passage"-Meisterwerk vollständig aufgeführt hatten. „Moonskin" ist für mich heute noch neben „Gaia" von TIAMAT der Dark Metalsong schlechthin.
Im Vergleich zu der noch etwas unzureichenden und rohen Produktion ihres dritten Albums offenbarte sich hier viel deutlicher, welch eigenwillige Rhythmik SAMAEL damals erschufen. Dieses manische Gestampfe fuhr sofort in die Glieder und ließ den Kopf wie von selbst wild umher bangen. Davon machten zwei absolute Vorzeigethrasher in der ersten Reihe auch reichlich Gebrauch und schüttelten ihre Matten die ganze Stunde.
Auf der Bühne gaben die Eidgenossen ebenso Gas und waren trotz der Enge viel in Bewegung, während sie zumeist in tiefes Rot getaucht waren. Vorph hatte die Mähne wieder länger und gab den charismatischen Frontmann, der seine blasphemischen Texte fast beschwörend heraus brüllte. Eine Stärke von SAMAEL war seit jeher, die Aggression unter der wuchtigen Rhythmik so geschickt zu verstecken, dass sie zwar fühl – aber nicht greifbar ist.
Als zweiter Gitarrist zeigte Makro eben jene zwei Seiten, indem er oft ruhig seine Gitarre sirren ließ, um dann wie wild loszuspringen, sich regelrecht in seine Riffs hinein zu werfen. Auf der anderen Seite war der neue Mann am Langholz sichtlich froh über jede Beifallsbekundung. Mit einem leichten Lächeln hüpfte er ständig euphorisch auf und ab.
So tankte sich die Truppe durch das komplette Album und zeigte, wie innovativ sie schon vor zwanzig Jahren waren. Daran, dass Xytras an den Keyboards die Drumparts meist aus der Konserve kommen lässt, hat man sich schon gewöhnt, diese Doppelrolle ist bis heute einmalig. Am Ende gab es noch drei Stücke aus dem erwähnten Nachfolger von „Ceremony Of Opposites" und ein ultraschnelles vom letzten Album „Lux Mundi, welches auch schon Jahre her ist. Lange können die Vier nicht mehr ihre Vergangenheit zelebrieren, es wäre mal Zeit für neues Material.

Setlist SAMAEL:
Black Trip
Celebration Of The Fourth
Son Of Earth
Till We Meet Again
Mask Of The Red Death
Baphomet´s Throne
Flagellation
Crown
To Our Martyrs
Ceremony Of Opposites
The Ones Who Came Before
Shining Kingdom
The Truth Is Marching On
My Saviour

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JUDAS PRIEST (Festival Stage)
Soll es wirklich schon zehn Jahre her sein, als ich die Briten zum letzten Mal live gesehen habe? Angesichts meiner Verehrung für die Hohepriester des Metal, kaum verständlich, dabei machten sie es einem in der Zwischenzeit nicht leicht. Die beiden letzten Alben fielen doch gegenüber dem ab, was man von ihnen gewohnt war, und auch an ihrer Bühnenperformance schieden sich die Geister. Leider bin ich nicht in der Situation die Vorwürfe und Gerüchte zu entkräften. Alt wären sie geworden, steif, müde und ausgebrannt, die Stimme von Rob Halford wäre am Ende und die Verjüngung mit Richie Faulkner hätte auch nichts gebracht. Als dann jedoch im Vorfeld der Tour auf den üblichen Tratschkanälen Stimmung gegen eine womöglich schwache Setlist gemacht wurde, dämmerte mir schon, dass es sich bei vielem nur um sinnfreies Dissen handelt. Und in der Tat können all jene, die die Band schon abschreiben wollen von mir aus mit der Crüe nach Hause fahren. Frei nach dem 87er "Live..."-Klassiker: "Saturday Night in Sölvesborg, Sweden and the Priest is back!"

Schon vom Programm her gab es an dem Abend rein gar nicht zu bemängeln. Gut, es fanden vier Lieder vom eher mediokren, letztjährigen Werk den Weg ins Set, das erste direkt zum Auftakt. Wer will es jedoch Künstlern verdenken, ihr aktuelles Material zu präsentieren, zumal sie die stärksten Tunes wählten? Nach der obligatorischen Bandhymne kam dann in Form des "Screaming For Vengeance"-Tracks die erste große Überraschung, und nicht nur der Verfasser dieser Zeilen dürfte das lange nicht mehr gespielte Stück freudig aufgenommen haben. Es müssen ja nicht immer "The Green Manalishi" oder "Riding On The Wind" sein, man isst ja auch nicht immer Filet, sondern greift auch mal zum Rumpsteak.
Von solch erlesener Qualität war auch der Rest des Sets, zumal auch das seit der Reunion stiefmütterlich behandelte "Defenders Of Te Faith" zweimal vertreten war. Wer kann es sich schon leisten, ein solch überragendes Epos, wie es JUDAS PRIEST an der Schwelle vom Prog-Frühwerk zum Metal gelang, an die vierte Position zu setzen. Andere würden sich solch eine Komposition bis zum Ende aufsparen, wenn sie so eine überhaupt je hinbekämen. Die Killerscreams und die Leads sind auch nach vierzig Jahren immer noch weit von allem irdischen entfernt.

Es war aber nicht das Programm alleine, welches den Gig zum Höhepunkt des diesjährigen Sweden Rock machte, sondern vielmehr die Art und Weise, wie die Nummern in die Menge geballert wurden. Von Stimmproblemen war bei Halford nicht allzu viel zu hören, er traf die hohen Töne immer noch, auch wenn manche mit Echoeffekten verlängert wurden. Doch er wollte zeigen, was immer noch in ihm steckt, außer "The Ripper" waren alle Paradenummern am Start. Dabei hätte er es sich einfacher machen, bei der Ballade auch "Diamonds And Rust" bringen können, doch die Wahl fiel bewusst auf den Klassiker aus "Stained Class"-Tagen.
Von der Performance her war auch ebenso in blendender Form und viel unterwegs, oft schritt er die Bühne weit nach außen auf die Stege vor der PA ab, um auch den letzten Zuschauer zu erreichen. Dass er dieses Mal auf einen schweren Mantel verzichtete half ihm dabei, doch auch ohne herrschte edel designtes schwarzes Leder beim Bandoutfit vor. Von seinen Bewegungen kam er so sogar vitaler rüber als noch kurz nach seinem Wiedereinstieg. Wie immer kamen seine "Oh Yeah"-Spielchen bestens an, obwohl die gar nicht nötig waren um die Stimmung zu steigern, der Metal God dirigierte die Menge nach Belieben. Zum letzten Song des regulären Sets kam er mit einer glänzenden Indian bis ganz vorne an den Laufsteg gefahren, die Peitsche zwischen den Zähnen, all jene zu strafen, die ihm nicht huldigten.

Neben ihm sorgten die beiden Sechssaiter für den richtigen Ton, ihre schneidenden Riffs fegten wie ein Orkan über den Platz. In den ersten paar Minuten wackelte der Sound ein wenig, dann zersägten die Äxte alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Glenn Tipton und Richie Faulkner spielten so unglaublich kompakt und aggressiv zusammen. Immer wieder standen sie Seite an Seite und feuerten ihre doppelten Slaven ab und duellierten sich bei den Leads. Hier hat das Duo allerdings eine neue Aufgabenteilung, anstatt die Soloparts in jedem Song hin und her zu spielen, übernimmt einer der beiden jeweils die kompletten Soli.
Beide wussten die ganze Größe der Bühne zu nutzen, wobei Faulkner nur so vor Energie sprühte, welche der Band in den letzten Jahren gut tat. Ab und an übertrieb er es etwas mit seinem Einsatz, aber seien wir ehrlich: Der Mann ersetzte mit Anfang Dreißig K.K. Downing bei JUDAS PRIEST, da würde jeder von uns ein bisschen überziehen. Es war einfach die pure Euphorie, welche bei ihm und seinen Mitstreitern rüberkam, und die sich von der ersten Sekunde auf das Publikum übertrug.

Hinter den beiden stand Ian Hill stoisch und etwas unscheinbar vor einer der drei großen Videoleinwände. Doch er bildete den Motor der Formation, sein pumpender Bass schob die Dynamik der Songs an und verlieh ihnen das kraftvolle und sichere Fundament. Oben auf dem Riser thronte mit Scott Travis ein Donnergott, der sein Kit nach allen Regeln der Kunst zerlegte. Eigentlich sah das alles sehr locker aus bei ihm, wenn er sich in seinen zahlreichen Breaks in die Unendlichkeit trommelte. Doch wenn dann die aggressiven Attacken kamen, und er wie ein Berserker auf seine Becken haute, hatte das eine ungeheure Wucht. Dabei hängte er die Becken extra hoch, um mehr Punch dahinter bringen zu müssen, was sein Spiel noch brachialer wirken ließ.

Nach ein paar Leckerbissen setzte es am Ende das gewohnte Hitfeuerwerk, bei dem die Männer aus Birmingham aus den Vollen schöpfen konnten. Als Halford zu Beginn des zweiten Zugabeblocks fragte welche Song die Anhänger hören wollen, fiel die Antwort genauso konsequent und unverrückbar wie der Sound der Truppe aus. Der Name des Titelsongs des 90er Albums, mit dem JUDAS PRIEST schon einmal alle Kritiker verstummen ließen, wurde aus tausenden Kehlen gefordert. Wer nun dachte auf den Hexenkessel, den dieser Brecher auslöste, könnte nichts mehr folgen, dem zeigten die Briten erneut, wer die Herren im Haus sind. Travis zählte ein, eins, zwei, drei, vier und die Party ging ab, Ausnahmezustand, die ganze Norje Bucht hüpfte kollektiv. Die lauthals mitgesungene Überhymne bildete den fulminanten Schlusspunkt eines grandiosen Gigs. "Saturday Night in Sölvesborg, Sweden and the Priest is Back!"

Setlist JUDAS PRIEST:
Dragonaut
Metal God
Devil´s Child
Victim Of Changes
Halls Of Valhalla
Love Bites
March Of The Damned
Turbo Lover
Redeemer Of Souls
Beyond The Realms Of Death
Breaking The Law
Jawbreaker
Hell Bent For Leather
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Hellion/The Electric Eye
You´ve Got Another Thing Comin´
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Painkiller
Livin´After Midnight

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THE DARKNESS (Rock Stage)
Bereits vor drei Jahren spielten die britischen Glamrocker auf dem SWEDENROCK, damals jedoch auf der Hauptbühne. Dieses Mal war es an der Truppe den Samstagabend und somit das gesamte Festival ausklingen zu lassen. Eröffnet wurde die Show mit „Barbarian" vom bis dahin erst acht Tage alten Album „The Last Of Our Kind." Die doch noch immer recht zahlreiche Publikumsschar nahm dies nur zu gerne auf und wurde in den folgenden gut neunzig Minuten Zeugen einer wahrhaft exzentrischen Show.

Einmal davon abgesehen, dass Frontmann Justin Hawkins nahezu bei jedem Song seine Gitarre wechselte, gab es zusätzlich sehr eigene Einlagen, wie beispielsweise das Geißeln mit dem Mikrofon um somit die Zuschauer zu mehr Mitarbeit zu bewegen. In Verbindung mit der wie immer vornehmlich aus Songs der ersten Scheibe bestehenden Setlist mobilisierte die britische Combo somit nochmals die letzten, schon verbraucht geglaubten Kräfte ihrer Fans und konnten es sich auch leisten fünf neue Songs zu spielen. Im Prinzip kein Novum für eine Truppe mit erst vier Alben, aber angesichts des jungen Erscheinungsdatums dennoch keine Stimmungs-Garantie.

Ob nun das sehr an THE CULT erinnernde „Open Fire" oder auch leicht schräge „Roaring Waters", alles wurde begierig aufgenommen. Nach dem Hit schlechthin, „I Believed In A Thing Called Love" folgte zum Abschluss noch das auf dreißig Minuten in die Länge gezogene „Love On the Rocks With No Ice", bei dem Hawkins einige Gitarrentürme zwecks Erklimmen aufbaute. Wenn es überhaupt einen Kritikpunkt gibt, dann der Umstand, dass vom unterbewerteten Zweitling lediglich der Titelsong gespielt wurde. Neben BEHEMOTH ein würdiger Abschluss eines rundum gelungenes Festival. (David)

BEHEMOTH (Sweden Stage)
Wer sollte sich nun noch auf die Bühne trauen, ohne Angst zu haben unterzugehen. Die neue Spielordnung mit fünf Slots auf den kleineren Hauptbühnen hat den Vorteil, dass die Topacts früher am Tag kommen, aber für die danach spielenden Bands den Nachteil, wenn der Headliner so sticht. Eigentlich kann nur das polnische Rollkommando mutig genug sein, dieser Demonstration etwas entgegenzusetzen. Sie trotzten schon dem Sturm in Slowenien, dem Dämon Krebs und forderten Gott heraus. Alleine der Blick auf das Bühnenbild wirkte furcheinflößend, überall schwere metallene Gegenstände mit okkulten Symbolen, die Dunkelheit wurde nur durch Feuer erhellt.
Ganz nebenbei haben BEHEMOTH mit "The Satanist" mein persönliches Top-Album des letzten Jahres abgeliefert, welches im Vordergrund stand und mit dem auch der Set eröffnet wurde. So ein Titel wie "Messe Noir" hatte Adam "Nergal" Darski noch gefehlt, er beschreibt einen Auftritt seiner Formation recht gut. Nicht nur die ganze Optik und Symbolik, auch nicht das Auftreten wirkten beängstigend, sondern wie einen die Songs in einen bösen Sog hinein zogen. Oft schwer, bedeutungsschwanger, dann wieder mit unbarmherzigen Tempo in die Menge gepeitscht. Der Vierer spielte so geschlossen, schier undurchdringlich und strahlte dadurch eine ungeheure Macht aus.

Viel zu sehen war von den Protagonisten nicht, meist waren sie in Kapuzen verhüllt oder trugen obskure Masken. Lediglich Gitarrist Seth zeigte meist seine lange Mähne, während er die klareren Vocals übernahm. Hier funktionierte das Zusammenspiel von Grunts, schwarzem Gekreische und eher atmosphärischen Gesängen sehr gut. Ultrapräzise war das, was da aus den Boxen kam, BEHEMOTH kamen so unglaublich auf den Punkt, dazu war der Sound dicht und brutal. Speziell Inferno machte hinter seinem Kit seinem Namen alle Ehre und ballerte, dass es einen regelrecht überfuhr.
Großartigen Bewegungsdrang darf man bei ihnen nicht erwarten, lediglich Bassist Orion bangte unablässig. Dies war aber einfach der Dynamik geschuldet, die absolut auf die Wirkung der musikalischen Dominanz setzte. Hier wurden die Songs zelebriert mit all ihren finsteren Emotionen, welche herüber ins Publikum wogten und rituell in Szene gesetzt wurden. Zur legendären Abrissbirne "Christians To The Lions" entzündeten Seth und Orion zwei umgedrehte Kreuze, sie haben das Motto des Wochenendes also verstanden. Da man Feuer gar nicht genug haben kann, gingen auch ständig die Feuersäulen nach oben, dass sogar mal nachgetankt werden musste.

Effektiv untermalte das besonders die Deathlastigerenen Titeln wie "Conquer All" oder "Slaves Shall Serve", während Nummern im Stile von "Ben Sahar" oder "Ov Fire And Void" von bedrohlichen Gesten begleitet wurden. Ansagen gab es eher wenig, nur bei "Chant Of Eschaton 2000" redete Nergal länger beschwörend auf die Zuschauer ein, die ihm lautstark huldigten. Die Polen wirkten wie ein Panzer, der über ihre Köpfe hinweg rollte, obwohl sie dennoch eine merkwürdige Ruhe ausstrahlen, eine Ruhe, der so viel Kraft innewohnt, die in jedem Augenblick zu zerbersten scheint. Es ist die unerbittliche Konsequenz in Riffs wie die des abschließenden, überragenden "O Father! O Satan! O Sun!" vor der es kein Entrinnen gibt. Die Verzweiflung loderte in der letzten Messe auf, BEHEMOTH entfesselten das Böse, während sie wie Felsen in der Brandung da standen. Kann ein Festival ein gewaltigeres Ende finden?

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