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DARE (Sweden Stage)
Ähnlich wie die QUIREBOYS weckt diese Band viele Jugenderinnerungen bei mir, doch im Gegensatz zu ihren Landsleuten spielen diese so gut wie gar nicht mehr live. Hätte ich bei den Chorknaben schon mal die Chance gehabt, musste ich diese wohl einmalige Gelegenheit beim Schopf packen. Das triste Grau vom Mittwoch war endgültig vergessen, die Sonne lachte über der Norje Bucht, als die Jungs gemütlich die Bühne enterten.
Ebenso gemächlich sollte sich der Beginn des Konzerts gestalten, denn zuerst gab es eine Reihe getragener Stücke, allesamt von „Beneath The Shining Water". In den letzten Jahren hat Mainman Darren Wharton das Tempo heraus genommen und musiziert jetzt eher mit keltischen Mustern. In dem Stil wurden noch mehrere Alben veröffentlicht, weswegen die Versteifung auf den einen Dreher seltsam anmutete, aber es war wohl Blockbildung angesagt.

Musikalisch war das sehr angenehm und reif komponiert, und ließ der Band noch etwas Zeit die Dynamik zu steigern. Zum lässigen Gute Laune-Sound passte das lockere Auftreten der Band, deren Mittelpunkt eindeutig der frühere THIN LIZZY-Keyboarder ist. Während seine Nebenleute eher auf ihr fein getimtes Spiel bedacht waren, fand sich der nun als Frontmann tätige Wharton meist vorne am Bühnenrand wieder.
Stimmlich war seine raues Timbre schon immer wunderschön, und er wusste es toll zu der Atmosphäre der Songs einzusetzen konnte. Seine optische Präsenz wurde indes noch dadurch gesteigert, dass er für seine 52 Jahre noch erstaunlich gut aussieht. Braun gebrannt und mit weit aufgeknöpftem Hemd mimte er den in Ehren gealterten Rockstar.

Die eher an RUNRIG erinnernden Momente setzten sich sogar beim THIN LIZZY-Cover fort, welches gekonnt folklastig umarrangiert wurde. Erst danach nahm der Gig richtig Fahrt auf, als Vinnie Burns die tollen Harmonien aus schneidenden Leads und knackigen Akkorden aus seinen sechs Saiten zauberte. Vor allem die Einheimischen mit ihrer bekannten Vorliebe für melodischen Hardrock mit Achtzigeraffinität mögen bei den nun folgenden, knackigen Titeln aus dem zweiten Album „Blood From Stone" so richtig geweckt worden sein. Und in der Tat, wie auf Kommando war die Stimmung da, das bis dahin eher schwelgende Publikum ging nun mit.

Als dann am Ende noch ein ganzer Strauß Lieder vom Debüt ausgepackt wurden, sangen auch viele die Hymnen mit, während Keyboarder Marc Roberts die MAGNUM-Fanfaren auspacken durfte. Kurz vor Ende wurde es noch einmal ruhiger, als der gute Darren seinem Mentor Phil Lynott huldigte. Eine der schönsten Künstlerhommagen der Rockgeschichte und für mich der emotionale Höhepunkt des Festivals.
Zum Abschluss eines sehr sympathischen Auftritts holten dann Fans und Band noch einmal alles aus sich raus, das Stück animierte einfach zum Singalong. Kleine Anekdote am Rande: Ursprünglich bot man das Stück Bonnie Tyler an, die dank Mike Oldfields Hilfe gerade wieder ihre Karriere angeschoben hatte. Sie zog es vor mit einem gewissen Dieter Bohlen ein Album aufzunehmen, das hätte sie mal besser bleiben gelassen.

Setlist DARE:
Sea Of Roses
Storm Wind
When Darkness Comes
Beneath The Shining Water
Emerald
Wings Of Fire
We Don´t Need A Reason
Abandon
Into The Fire
The Raindance
King Of Spades
Return The Heart

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MOLLY HATCHET (Festival Stage)
Musste man zuvor ein wenig auf die Lieder warten, die einem so viel bedeuten, wartete man nun vergebens auf Dave Hlubek. Eigentlich müsste dem Mann aus dem Sunshine State das Wetter hier liegen, doch vielleicht war es ihm doch zu kalt. Angaben darüber, dass er die Truppe verlassen hat, gibt es bis zum jetzigen Tag keine, auch seine Kollegen ließen das unkommentiert. Daher gehe ich wirklich mal davon aus, dass ihm die Strapazen inmitten der US-Tour für ein Konzert nach Europa zu jetten zu viel sind. Er ist ja nicht mehr der fitteste und hatte lange Probleme mit Drogen, da ist so etwas verständlich.

Eine komische Situation war das schon für die verbleibenden Fünf, schließlich trat man mit einer Gitarre an, wo diese Formation doch anfangs drei dabei hatte. Doch MOLLY HATCHET machten das Beste aus der Situation und ließen sich den Spaß nicht verderben. Ein wenig mit gezogener Handbremse agierten sie doch, die Soundlöcher überhörten auch sie nicht. Hier sprang John Galvin öfter in die Bresche und übernahm viele Harmonieparts mit seinem Piano, was den Arrangements etwas Neues abrang. So stieg er an dem Nachmittag zum heimlichen Star der Truppe auf, weil er seinen Leuten den Rücken stärkte.

So konnte sich der stets sympathisch grinsende Bobby Ingram auf seine Soli konzentrieren, die gerade bei den Vertretern des Southern Rock sehr häufig lange am Ende der Songs zelebriert werden. Frontmann Phil McCormack war indessen ein Ausbund an Coolness und stiefelte immer lässig über die Bühne. Man könnte sich den Mann auch als Sheriff, der in seinem Schaukelstuhl auf seiner Veranda vor seinem Office sitzt, und nur hofft, dass alles seiner Stadt ruhig bleibt, vorstellen.
Der, wie immer am Meer, frische Wind machte ihm allerdings zu schaffen, seinen Cowboyhut musste er oft festhalten. Irgendwie kam mir da der Name Buford T. Justice in den Sinn. Im Gegensatz zu dem hatte der Frontmann die Lacher auf seiner Seite, unterhielt sein Publikum mit seinen Scherzen, wenn er nicht gerade ein paar patriotische Ansichten verbreitete. Immer wieder hatte er bei seinen Ansagen den Schalk im Nacken, und entlockte seinen Fans immer wieder ein „Hell Yeah".

Ob die Herren beim Programm mal rotieren oder unbedingt davon absehen sollten, ist sicher Geschmackssache. Das Triple am Anfang scheint auf alle Fälle in Stein gemeißelt, diese Klassiker sind unverzichtbar, und ich jedenfalls mag sie immer gerne hören, da weiß man woran man ist. Dem Publikum ging es ähnlich, das war wie ein Treffen unter Freunden, ehrlich und handgemacht eben.
Da sich viele betagtere Männer mit stattlichen Wampen und Truckermützen in der Menge tummelten, schwappte die Stimmung nicht gerade über, man genoss eher mit wippendem Fuß. Auch der Rest des Sets bestand aus den üblichen Verdächtigen mit einem Übergewicht bei den ersten beiden Alben, das aktuelle „Justice" war komplett außen vor. Da war die eine Stunde, welche die Musiker zur Verfügung hatten, am Ende doch zu wenig.

Setlist MOLLY HATCHET:
Whiskey Man
Bounty Hunter
Gator Country
Fall Of The Peacemaker
Devil´s Canyon
Beatin´The Odds
Son Of The South
Jukin´ City
Dreams, I´ll Never See
The Journey
Flirtin´ With Disaster

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MANFRED MANN´S EARTHBAND (Festival Stage)
Ebenso wie bei die Männer aus Jacksonsville, Florida lockte der gebürtige Südafrikaner eher die älteren Semester vor die Bühne. Für Festival Stage-Verhältnisse war dementsprechend auch der Zulauf eher gering. Dabei eignen sich ihre Hits eigentlich auch recht gut für eine Partybeschallung, dennoch war der Stimmungspegel eher niedrig. Diejenigen, die nicht vor Ort waren, haben damit sicher eine der musikalisch besten Bands des Festivals verpasst. Alle anderen konnten hervorragend in die Klangwelten eintauchen, welch die Truppe erzeugte, und den Muckern dabei sehr genau auf die Finger schauen.
Über den guten Manfred muss man glaube ich nicht mehr viele Worte verlieren, er ist schon mehr als fünfzig Jahr dabei und blieb dabei immer innovativ und am Puls der Zeit. Ob man deswegen alles lieben muss, was an Output von ihm kam, sei mal dahin gestellt, aber es nötigt einem Respekt ab. Mit seinen über siebzig Lenzen war er immer noch umtriebig auf der Bühne und scheute sich nicht davor, seine Keyboardgitarre umzuhängen, um damit nach vorne auf die Rampe zu kommen.
Da bekam man ihn wenigstens mal zu sehen, ansonsten ragte nur sein Hut aus seiner Keyboardburg hervor. Sein Spiel ist nach wie vor von einer Leichtigkeit und einem Feeling geprägt, das es nur bewundernswert ist. Nicht nur auf seinem Moog-Synthesizer, auch auf anderen Instrumenten, wobei er natürlich als Moog-Pionier am meisten Fußabdrücke in der Szene hinterlassen konnte.

Zu ihm gesellten sich an dem Abend nur absolute Cracks, die an ihren Arbeitsgeräten zu den besten gehören. Allen voran Mick Rogers, Manns treuester Wegbegleiter, der ja nur bei der kommerziell erfolgreichsten Phase fehlte. Sein beseeltes Spiel auf der Strat, welches er immer in den Dienst der Songs stellt, besitzt unglaublich viel Gefühl. Bei dem alten, psychedelischen Klassiker „Father Of Night, Father Of Day" durfte er auch die Leadvocals übernehmen.
Für die war ansonsten Robert Hartzuständig, mit dem die Earthband erstmals seit Chris Thompson wieder eine kraftvolle, packende Rockstimme an Bord hat. Schade, dass sein Engagement bei BAD COMPANY seinerzeit so im Sand verlief, „Company Of Strangers" machte er zum besten Album seit dem Ausstieg von Paul Rodgers. Heute hat er nichts von seiner Röhre eingebüßt und von seinem beneidenswert vollen Haar.

Zusammen mit der bewährten Rhythmsection um Jimmy Copley und Bassist Steve Kinch bildete die Formation ein kompaktes Rückgrat für ihren Frontmann. Das versierte und pointierte Spiel ist bei unzähligen Konzerten jährlich auch noch bei den spontansten Improvisationen sattelfest und voller Spielfreude. So arbeiteten sich die Herren durch die bis auf „Marthas Madman" Coversongs, welche sie sich völlig zu eigen gemacht haben mit ihrem angeproggten Stadionrock. Ob die BRUCE SPRINGSTEEN-Interpretationen oder Titel wie „Don´t Kill It Carol" jede Note wurde gelebt. Und bei „Mighty Quinn" am Ende ging dann auch mal richtig die Post ab.

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DOKKEN (Rock Stage)
Nun war es an der Zeit für das Schaulaufen der Posergemeinde, Cowboystiefel über Stretchjeans, Schals, Tücher, Totenkopfhemden und viel Geschmeide zierten die ersten Reihen. Kein Wunder, schließlich hatten sich heute zwei der legendärsten L.A-Outfits angesagt. Hier heißt es in Schweden immer Partyalarm und schon beim Erscheinen auf der Bühne tobte der Mob. Mit dem Opener ihrer letzten der ersten vier sensationellen Scheiben als standesgemäßen Auftakt konnte der Vierer auch nichts verkehrt machen. Jenes Albumquartett gehört in jede einigermaßen sortierte Sammlung, das sollte klar sein.

Don Dokken riss sofort das Zepter an sich und stand im Mittelpunkt des Geschehens, wie ein Gockel stolzierte er über die Bühne und genoss den Zuspruch seiner Fans. Gesanglich kam er nicht mehr an die alte Form heran, speziell die hohen Töne schaffte er nicht mehr problemlos, weswegen man auf „Lightning Strikes Again" nicht zu hoffen brauchte. Was nicht schlimm war, denn die Fans hätten locker übernehmen können. Seine Stärke lag in den ruhigen Tönen, wenn sich die feine Melancholie seiner Stimme durchsetzte.
Die ganze Zeit redete er, dass dies eine Rockshow sei, da gehöre gesundes Posen dazu. Man solle sich vorstellen, man sei in den Achtzigern, scheinbar hat er sich endgültig damit abgefunden nur noch Verwalter seiner Glanzzeit zu sein, womit er früher etwas haderte. Somit war das Set vollgepackt mit Songs aus eben jenen Göttergaben, während das ordentliche „Broken Bones" von 2012 außen vor blieb. Lediglich ein Titel aus der Zeit nach 1987 kam zu Zug, hier hatten DOKKEN das Händchen ihre beste Komposition auszupacken.

Dessen bluesiges Grundthema übernahm die Band in eine lange Jam, bei der besonders Gitarrist John Levin glänzen konnte. Ab da suchte auch er immer wieder die Bühnenfront auf und zockte ein irres Flitzefingersoli nach dem anderen. Ja, das war eine Rockshow, ja, so waren die Achtziger. Die Zeiten als Griffbrettgewichse noch geil war, als sich Gitarristen und Sänger gegenseitig duellierten, weil jeder der geilste sein wollte, als Guitar Heros noch auf der Bühne und nicht auf vier Knöpfen der Nerdkonsole gemacht wurden.
Und Levin schickte sich tatsächlich an noch geiler zu sein als Don Dokken. Unglaublich, jener Don Dokken, der Prototyp des Achtzigerrockstars schlechthin, der Mann, der um halb elf morgens mehr Frauen hatte als Du in Deinem ganzen Leben, der Don Doken für den aufgehübschte Brasilianerinnen bis nach Schweden fliegen, um ihm zu huldigen. Knieend, breitbeinig, im Spagat, in Malmsteen-Gedenkpose, in allen erdenklichen Lagen zockte er seine Skalen herunter. Nicht nur beim abschließenden Hochgeschwindigkeitshammer, in jedem Track dudelte er sich ins Nirvana.

Derweil zog es der Don vor, sich hinten mit seinem, wie immer derbe draufhauenden, Schlagwerker „Wild" Mick Brown zu unterhalten. Keine Ahnung, was die zu besprechen hatten, wahrscheinlich das gute Wetter, das den Kaliforniern mundete. Auch keine Ahnung wie oft er ihn schon aus der Band befördert hat, zuletzt war er sogar bei Konkurrenzprodukt T&N beteiligt. Doch irgendwie brauchen sich die beiden Saufkumpanen, weswegen er denn auch wieder zurück ist.
Mark Boals bestätigte die ganze Zeit so ziemlich alle Bassistenklischees, obwohl er seinen Boss in den Refrains gut zu unterstützen wusste. Kein Wunder, schließlich hat er selbst einige bekannte Scheiben eingesungen, und textsicher ist ohnehin jeder, auch im Publikum. Die totale Hitabfuhr bei bestem, lauten Sound, absoluter Ausnahmezustand, somit die klar bessere Poserband an dem Tag - mit so eineinhalb Galaxien Abstand. Ein unfassbar geiler Gig, der nur eine Frage offen ließ: Wer war nochmal dieser Chuck Norris?

Setlist DOKKEN:
Kiss Of Death
The Hunter
Dream Warriors
Breaking The Chains
Alone Again
Too High Too Fly
Paris Is Burning
It´s Not Love
Just Got Lucky
Into The Fire
In My Dreams
Tooth And Nail

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OPETH (Festival Stage)
Da kamen einem die Progressive Deather mit ihrem geerdeten Kontrastprogramm gerade recht, der Höhepunkt war nämlich schon erreicht. Das Backdrop zierten die drei riesigen Gemälde aus dem Cover von „Pale Communion", während die Hauptbühne für die Fünf ein wenig groß wirkte. Dazu verließen sie sich komplett auf die Wirkung ihrer Musik, die mit einem feinen, klaren Sound über das Publikum hinweg schwebte. Schweben war auch das, wozu diese Klänge animierten, vor allem das Eröffnungsdoppel mit zwei Stücken aus dem erwähnten aktuellen Album kam sanft daher.
Erst im Verlauf des Gigs zogen die Schweden das Tempo immer mehr an, so dass gegen Ende der Anteil an Growls in Mikael Akerfeldts Gesang höher wurde. Das Spiel mit der Dynamik beherrschten sie perfekt, so ließen die die Spannung ständig an – und abschwellen. Damit begaben sich OPETH weiter in Richtung der Progacts der Siebziger, welche deutliche Spuren in ihrem Klangkosmos hinterlassen haben. Die Schweden verstanden es die Töne ganz ruhig und zart zu zelebrieren, obwohl sie ihren Hintergrund im Todesblei haben.

Große Kunst war das, aber nicht nur um ihrer selbst willen, viele ihrer Kompositionen sprechen einen direkt an. So verträumt wie die Emotionen durch die Boxen sprudelten, so agierten die Mucker auf der Bühne. Völlig in sich versunken, oft mit verschlossenen Augen, begaben sie sich in ihre eigene Welt, um dann immer wieder auszubrechen und sich in ihre Riffwalzen zu ergeben. Hier zeigte dann auch Fredrik Akesson mit permanenten Headbanging so etwas wie Stageacting und kam auch ab und zu an den Bühnenrand.
Mittlerweile harmoniert der Mann blind mit seinem Gegenüber Akerfeldt, die beiden ließen die schönsten Harmonien nur so dahinfließen. Dahinter brillierte Joakim Svalberg an seinen Tasten, holte Mellotronklänge ebenso wie Orgeln und Synthieflächen aus der Soundbibliothek seiner Nord-Synthesizer heraus. Und die beiden Martins, Mendez am Bass und Axenrot am Schlagzeug lieferten jeweils die passende Untermalung, unterstützten mit ihrem feinfühligen Spiel die Dynamik der Songs, akzentuierten diese gekonnt.

Einigen schien das allerdings zu viel der Kunst zu sein, der Kontrapunkt kam nicht bei allen an. So wurden vor allem die sehr ruhigen Passagen immer wieder von Gegröle der bereits wartenden MOETLEY CRÜE-Fans gestört. Leute, jedem sei sein Spaß gegönnt, wir sind immer noch auf einem Rockfestival, da hat Musik mit Laut-Leise-Kontrasten immer etwas zu suchen. Wenn ihr bierselige Massenbeschallung wollt, dann kommt zu uns nach Deutschland, da könnt ihr Helene Fischer hören, dann seid ihr ganz schnell brav und lauscht in Zukunft ganz artig den sphärischen Klängen dieser Magier.
Davon abgesehen, dass diese Frevler noch ihr blaues Wunder erleben sollten, konnten sich OPETH mit der Zeit doch durchsetzen, nicht zuletzt mit der druckvoller werdenden Ausrichtung. Wie gewohnt wurde im Set nahezu jedes Album angespielt, nur die ersten drei blieben außen vor. So hatte man einen guten Überblick über ihr Schaffen, wenn man auch die Songs, welche von den einzelnen Alben gespielt werden, etwas variieren könnte. Wie gerne würde ich einmal das wunderschöne „In My Times Of Need" hören. Was natürlich auch sehr subjektiv ist, denn jedes an dem Tag gespielte Stück ein Kleinod für sich war.

Setlist OPETH:
Eternal Rains Will Come
Cusp Of Eternity
The Drapery Falls
The Moor
Windowpane
The Devil´s Orchad
The Lotus Eater
The Grand Conjuration
Deliverance

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TONY CAREY (Rockklassiker Stage)
In diesem Jahr gab es wieder ein Zelt auf dem SWEDENROCK, in dem die Rockklassiker Stage untergebracht war, die zuletzt noch Open Air war. So leisteten wir uns ein paar Abstecher dorthin, auch wenn diese etwas abseits stand. Der frühere RAINBOW – und PETER MAFFAY-Keyboarder sollte ursprünglich ein Akustikset präsentieren, doch kurz vor dem Festival entschied man sich auf eine komplette Rockversion umzuschwenken. Sehr vertraut bin ich nicht mit seinem Material, aber eine deutliche Bluesschlagseite war sofort herauszuhören. Carey übernahm die Doppelrolle als Sänger und hinter den Tasten, wobei er auch dahinter hervorkam, wenn seine Parts nicht benötigt wurden.

Hier streute er viele Orgeltöne ein, welche mit der Akustischen und der elektrischen Gitarre schöne Harmonien zauberte. Rockte „Why Me?", ordentlich war der Großteil des Materials wie „A Fine, Fine Day" eher ruhiger und atmosphärischer gehalten. Hier habe ich seinen größten Solohit „Room With A View" vermisst, doch einiges kam mit den erwähnten Soundzutaten und der Melancholie ziemlich in die Nähe. Somit kann man davon ausgehen, dass der Track aus der Fernsehserie „Wilder Westen Inklusive" kein Industrieprodukt eines Outsidewriters war, dafür erkannte man hier zu sehr die Handschrift des Meisters. Da die Serie wohl nicht in Schweden ausgestrahlt wurde, wird das Lied dort auch nicht so populär gewesen sein.

Vom Stageacting her konnten die Fünf keine Akzente setzen, hier merkt man einfach ein wenig die fehlende Liveroutine. Doch vom Spiel fügte sich alles sehr gut zusammen, hier funktionierte die Truppe als Einheit und knüpfte einen schönen dichten Soundteppich. Dieser lebte von dem herrlich warmen Mix, der im gut besuchten Zelt herrschte und den Gig zu einer wunderbar entspannten Angelegenheit werden ließ. Dabei war das Zelt schon fast zu groß, gerne würde ich diese Formation in einem winzigen, intimen Club sehen. War die Stimmung schon gut, doch nach ungefähr zwei Dritteln kündigte TONY CAREY noch eine Überraschung an.
Klampfer Anders Norman verabschiedete sich vorübergehend und für ihn kam ein den Einheimischen bekannter Sänger namens Sten Nilsson. So konnte sich Carey auf seine Keyboards konzentrieren und stimmte direkt das Intro von „Tarot Woman" an. Eigentlich hatte der Mann ja den RAINBOW-Sachen abgeschworen, zum Glück hat er sich eines Besseren besonnen, das Publikum dankte ihm mit frenetischem Jubel. Und weil der Eröffnungstrack eines der besten Alben aller Zeiten so schön war, gab es gleich noch „Run With The Wolf" obendrauf. Am Ende kam noch mal die ursprüngliche Besetzung zurück auf die Bühne und beendete mit einer weiteren Eigenkomposition einen überraschend starken Auftritt.

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MÖTLEY CRÜE (Festival Stage)
Als wir das Zelt verließen hatte der heiß erwartete Headliner gerade sein Set mit dem Titelsong des letzten Albums eröffnet, dem direkt der erste Klassiker folgte. Die Stimmung war prächtig, es gab ein Hitfeuerwerk, wobei über manche Schote des Debüts und einen der damals neuen Tracks der Compilation "Decade Of Decadence" doch zumindest diskutiert werden muss. Gerade letzteres Stück leitete ja den Niedergang der Hair Metallegende ein. Das störte noch keinen, weil die Amerikaner ordentlich etwas für das Auge boten.
Da waren zu allererst mal die zwei nicht gerade üppig bekleideten, dafür umso üppiger ausgestatteten Damen, welche auf der Bühne tanzten, sich räkelten und den Musikern die Instrumente reichten. Singen konnten die im Übrigen auch und stimmten in so manchen Refrain mit ein. Auch sonst wurde hier alles aufgefahren was geht, vom bizarren Bühnenaufbau angefangen bis hin zu obskuren Dingen, wie einem mitsamt Pentagramm von der Decke herab hängenden Mikrofon für Nikki Sixx. Doch lange hatte der Basser seinen Spaß damit nicht, denn nach ein paar Songs fackelte er das Ding mittels eines Flammenwerfers ab. Scheint zur Mode zu werden dieser Tage.

Der Bassist war noch einer der Aktivposten auf der Bühne und ständig unterwegs. Allerdings ging seine Umtriebigkeit zu Lasten der Tightness, denn mehr als einmal lag er neben seinem Rhythmuspartner Tommy Lee. Der hatte mal wieder die undankbare Aufgabe, die Kiste musikalisch heraus zu reißen, doch mehr als solides Drumming war auch bei ihm nicht drin. Dafür musste er mit ansehen, was seine Vorderleute so alles verbockten. Wer weiß, ob er nicht am liebsten ein Raub der Flammen geworden wäre, als diese sein Drumkit umzingelten. Da können die Special Effects noch so großartig sein, eine Rockshow sollte vor allem die Ohren ansprechen, die taten allerdings weh.
Vince Neil jedenfalls stand an dem Abend total neben sich und traf keinen einzigen Ton. Okay, an der Stimme eines Don Dokken nagt auch schon der Zahn der Zeit, doch gegen das Gekrächze des Crüe-Fronters bot er große Kunst. Was hat den Mann da nur geritten, um die Peinlichkeit perfekt zu machen, vergaß er auch mehrmals seinen Text, erträglich war es nur, wenn die beiden Hupfdohlen mit einstimmten. So sehr er sich auch bemühte, in der Großaufnahme auf den Leinwänden sah man die ganze Hilflosigkeit des Mannes. Fit geht definitiv anders, wer so schnell außer Atem kommt, sollte ein wenig an sich arbeiten, bevor er auf große Tour geht, schließlich weiß jeder, wie sehr man zunimmt, wenn man, ähm ja, die Zigaretten absetzt.

Schlimmer war nur noch das Bild, das Mick Mars abgab, denn bei ihm muss man sich ernsthaft fragen, ob sich noch Leben in ihm regt. Sein Gesicht ist völlig eingefallen, die Wangen hängen herunter, alles wirkt unecht wie eine Maske. Ungesund sah er ja schon immer aus, doch hier gab er ein Bild des Jammers ab. Als er sich zu so etwas wie einem Solo nach vorne begab musste einem ernsthaft bange werden, dass er den Rückweg nicht mehr schafft. Falls Jürgen von der Lippe jemals dem Achtzigerrevival aufsitzen und sein Format "Donnerlippchen" reaktivieren sollte, den Part des Vollstreckers könnte Mars bestens bekleiden.
Gar nicht reden will ich erst von seinem Spiel, denn da saß auch herzlich wenig, so manches Riff fand überhaupt nicht in sein Tempo. Bezeichnenderweise versauten er und seine Mitstreiter die Titellieder ihrer beiden besten Studiodreher fast bis zur Unkenntlichkeit. Wie kann es sein, dass man genau hinhören muss, um Material zu erkennen, das tief in der eigenen DNA verankert ist. Wären die Showelemente nicht gewesen, man hätte sich mit Abscheu abwenden müssen. Eine Band, die nur mit sich selbst kämpfen muss, braucht wirklich niemand, wenn es wenigstens lustlos gewesen wäre, aber da war einfach nichts da.

Wer nun denkt, mir mache es Spaß, MÖTLEY CRÜE zu zerfetzen, dem sei gesagt, dass ich Ende der Achtziger passionierter Fan war, doch nach den grandiosen Festivalauftritten mit METALLICA und AC/DC gaben sie sich alle Mühe ihr Denkmal zu stürzen. Angefangen bei den letzten sehr mauen Platten, über den schwachen Gig an selber Stelle vor zehn Jahren, bis zum absoluten Tiefpunkt an jenem Abend. Dabei hatte man wenigstens gehofft, dass sie sich zur Abschiedstournee noch einmal zusammenreißen würden und die Sache aufrecht zu Ende bringen. Der wieder gestiegene Stellenwert des Haarsprayrocks sollte die Formation eigentlich beflügeln, doch es wurde einfach klar, dass hier der Zeitpunkt für einen annehmbaren Absprung verpasst wurde.
Als am nächsten Morgen das ganze Ausmaß des Desasters offenkundig wurde, da die schwedischen Gazetten ins selbe Horn bließen wie ich, trugen einige Fans immer noch stolz ihr Merch auf. Die Älteren wohl aus Nostalgie, vor der Realität verschließend, die Jüngeren, weil sie das Quartett wenigstens noch mal erleben konnten. Wie sehr würde ich diesen Kids wünschen, dass sie diesen Arschtritt seinerzeit in Mainz hätten miterleben können, es wäre ihnen zu gönnen. So werden sie, wenn sie in ein paar Jahrzehnten die Welt verlassen, in dem Glauben gehen, dass die Crüe wirklich so waren. Vielleicht trugen einige ihre Shirts aber auch aus Trotz, ich habe meines verbrannt!

Setlist MÖTLEY CRÜE:
Saints Of Los Angeles
Wild Side
Primal Scream
S.O.S. (Same Ol´Situation)
Looks That Kill
On With The Show
Too Fast For Love
Smokin´In The Boys Room
Motherfucker
Anarchy In The UK
Dr. Feelgood
Shout At The Devil
Don´t Go Away Mad (Just Go Away)
 - Guitar Solo-
Live Wire
Too Young To Fall In Love
Girls, Girls, Girls
Kickstart My Heart
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Home Sweet Home

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H.E.A.T. (Sweden Stage)
Aus dem erhofften Großkampftag für alle Haarspraybenutzer wurde also nichts, da nur DOKKEN abgeliefert hatten. So konnten die Lokalmatadore die Gunst nutzen und bei ihrem Heimspiel in die Bresche springen. Diese Art Musik überlebte vor allem dank des Rückzugsgebietes Schweden, wo sie nie weg war. Von der großen Zahl an Bands aus dem Land der Elche erschienen mir bislang H.E.A.T. als die hoffnungsvollsten, hier bewiesen sie einmal mehr, dass ich mit der Annahme wohl richtig liege. Schon das Eröffnungsdoppel ihres aktuellen Studiodrehers zeigte dem Headliner zuvor, wie das nun richtig geht. Fast ebenso gestaltete sich auch die Setlist der kürzlich erschienenen "Live In London", lediglich den Singlehit vom "Freedom Rock"-Werk gab man zusätzlich zum Besten. Warum sollte man auch ein Programm ändern, welches seit "Tearing Down The Walls" so super funktioniert und vor allem die beiden letzten Scheiben bedenkt?

Mit dem super eingängigen Material kam sofort Stimmung vor der Bühne auf, die Band rief der Menge jene Energiereserven ab, die MÖTLEY CRÜE nicht zu aktivieren vermochten. Natürlich gaben die Fünf auf der Bühne auch die Vorturner dazu und sprühten trotz der späten Stunde vor Elan. Allen voran gab Erik Grönwall gewohnt den Mittelpunkt der Show und war ständig unterwegs. Schon bei meinem letzten Review forderte ich dazu auf, die Bands in die Stadien zu bringen, denn dem Frontmann war die Sweden Stage noch zu klein.
Überall war er zu finden, in jeder Ecke, im Fotograben, auf der Absperrung, ihn hielt es nie auf seinem Platz. Mit seiner gesunden, spitzbübischen Mischung aus Rotzigkeit und höflichem Gastgeber fand er schnell den Weg in die Herzen der Zuschauer. Einzig die ganz große Geste beherrscht er noch nicht, doch die Songs verlangen auch kaum danach, was sich ändern könnte, wenn die erwachsenere Richtung beim Songwriting weiter beschritten wird. Stimmlich hatte er ebenso einen enormen Druck aus der Kehle, wurde bei vielen tollen Arrangements von seinen Nebenleuten unterstützt.

Im instrumentalen Bereich wussten diese einen ebenso überzeugenden wie kompakten Sound zu fahren, der gerne mal die Keyboardfanfaren betonte. Als einzigen Kritikpunkt muss ich das Fehlen einer zweiten Gitarre nach Dave Dalones Weggang nennen, der für noch mehr Druck sorgen könnte. Eric Rivers machte aber seine Sache alleine ausgezeichnet und wurde beim ein oder anderen Solo von seinem Sänger auf Knien angebetet. Wie schon am Nachmittag Jon Levin beherrschte auch er das große Einmaleins der Rockstarposen.
Solche Tricks kann auch Crash an seinen Drums vorweisen, das Drehen und Wirbeln mit den Sticks gelingt, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Für seine schmale Gestalt bringt er die Songs kraftvoll mit seinen Schlägen nach vorne. Neben ihm zaubert Jona Tee auf seinen Tasten, sorgt für die einnehmende Atmosphäre und darf sich auch solistisch ab und an austoben. Viersaiter Jimmy Jay kann sich vor allem bei den tollen Gesangsharmonien in Szene setzen, sorgt ansonsten mit breitebeinigem Posing für noch mehr Rockattitüde.

Es war einfach beeindruckend, mit welcher Frische die Jungs ihre schon sehr stimmigen und geschliffenen Kompositionen rüber brachten, dabei so lässig ein paar Klassikerzitate einstreuten. Die ganze Zeit herrschte Partystimmung auf und vor der Bühne, die Meute sang lauthals mit, während sich die Band auch mal ein Gläschen Wodka genehmigte. Mit dieser engagierten Leistung konnte sie ihren Status mehr als untermauern und wurden von ihren Landsleuten nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Hier wurde demonstriert, wie Hair Metal heute zu klingen hat, und wie viel Spaß dieser machen kann. Das war mehr als eine Wachablösung, sie spielten die Crüe komplett gegen die Wand. Die kann ihrerseits einpacken und getrost in Rente gehen.

Setlist H.E.A.T.:
Point Of No Return
A Shoot At Redemption
Better Off Alone
Heartbreaker
It´s All About Tonight
Inferno
The Wreckoning/Tearing Down The Walls
Mannequin Show
Late Night Lady
Beg Beg Beg
All The Nights
Downtown
Enemy In Me
Emergency
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Breaking The Silence
Living On The Run
Laughing At Tomorrow

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