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TALISMAN (Rock Stage)
Die Hardrocker hatten sich bereits 2007 aufgelöst. Als zwei Jahre später dann auch noch Bassist und Bandchef Marcel Jacob starb, schwand die Hoffnung, dass man die Truppe jemals wieder sehen könnte. Umso überraschender, dass die Veranstalter im Dezember plötzlich den Auftritt der Combo bestätigte, beworben als Tribut für den dahingeschiedenen Jacob.
Bereits bei der Veröffentlichung der Running Order gab es Unmut ob der Spielzeit: eine Stunde für diesen speziellen und einzigen Gig schien zahlreichen Fans viel zu gering. Dies änderte jedoch nichts daran, dass sich viele Besucher sehr auf die Band freuten und so war schon eine halbe Stunde vor Beginn eine nicht unerhebliche Menge vor der Rock Stage zu sehen.

Nur kurze Zeit, nachdem die schwedische Nationalhymne – Nationalfeiertag – verklungen war, betraten die drei Originalmitglieder plus zwei neue die Bretter. Gleich zu Anfang legte die Gruppe mit „Break Your Chains" los, wodurch das Publikum unmittelbar zu feiern begann. Ohne große Worte, ging man in „Colour My XTC", „Fabricated War" und natürlich „Mysterious (This Time It's Serious)" über, ihres Zeichens ebenfalls absolute Hammernummern. Spielerisch topp, gesanglich noch besser, aber mit einer Rampensau wie Jeff Scott Soto kann ein Konzert auch einfach nicht schlecht werden.
Demzufolge hatte der sympathische, anscheinend niemals alternde Puerto Ricaner keine Mühe die Meute einen Geburtstagsgruß an seinen Sohn richten zu lassen, der am nächsten Tag Geburtstag hatte. Ferner wurden die Coverversionen von „Frozen" und „Crazy" (Madonna, bzw. Seal) so frenetisch mitgesungen, als seien es lupenreine Hardrock-Songs und auf Grund des Arrangements auch wirklich so klingen. Mit „I'll Be Waiting" folgte der Song, auf denen alle gewartet hatten und weil die Stimmung gerade so toll war, gab es am Schluss dann noch „Standin' On Fire", ebenfalls vom selbstbetitelten Debüt. Marcel Jacob könnte wahrlich stolz sein!!! (David)

ELECTRIC BANANA BAND (Festival Stage)
Bei Gesprächen mit Einheimischen legte mir jeder diese Formation ans Herz, ich solle mir die unbedingt anschauen. Etwas anfangen konnte ich damit nichts, laut Info Ende der Siebziger aus einer Fernsehsendung heraus entstanden. Da ich den Morgen erst einmal für ein ausgedehntes Bad im Meer nutzte, spielte die Truppe schon lange, so dass ich nur noch kurz vorbei schauen konnte – doch das reichte, um mir einen Eindruck zu verschaffen.
Da oben standen drei betagtere Herren in Bananenkostümen, die fortwährend dieses Obst verspeisten und dabei eine softe Mischung aus Funk, Rock und Disco spielten. Begleitet wurden sie von einem Kinderchor, der in Pink gekleidet war und ein paar ihrem Alter entsprechende Choreographien durchtanzte. Die schnappende Handbewegung vorm Gesicht nach rechts und links steht hierzulande für „total Banane", beim Blick auf das Geschehen trifft sie voll ins Schwarze. Man muss schon ein Freund skandinavischen Humors sein, um das zu verstehen.

Für Schweden scheint das allerdings die pure Laune zu sein, denn beim Gang durch die Reihen hinüber zur Rock Stage, standen fast alle da und ahmten die Bewegungen des „Ballets" nach. Anscheinend kennt das hier oben jeder aus seiner Kindheit, so wie wir Heidi, Biene Maja und tschechische Märchen. Das passte natürlich zur lockeren Partyatmosphäre perfekt, skurril, abgefahren, kauzig, sollte man gesehen haben.

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JOE BONAMASSA (Rock Stage)
Warum der aktuell führende Bluesgitarrist schon um zwei Uhr nachmittags ran musste, verstehe ich nicht so ganz, anscheinend hat er in Skandinavien noch keinen so hohen Status wie etwa hierzulande. Das lässt auch die eher bescheidene Zuschauerzahl vermuten, welche sich vor der Rock Stage einfand. Wer den Herr aber einmal auf der Bühne erlebt hat, wird wissen, dass hier viele etwas verpasst haben. Schon als er die ersten Töne sang, bevor er instrumental einstieg, lag ein Hauch Magie in der Luft. Dabei war es mutig mit einem Stück vom kommenden Longplayer "Different Shades Of Blue" zu eröffnen, ein weiterer folgte später auch noch.
Die Songauswahl war wie immer exquisit, weil der Mann mittlerweile ein riesiges Repertoire vorzuweisen hat. Eigentlich könnte er ein volles Konzert nur aus eigenen Liedern bestreiten, doch er baut immer wieder großartige Nummern ein, wie die grandiose GARY MOORE-Hommage. Die brachte er so beseelt rüber, dass man glaubte, den guten Iren im Himmel anerkennend nickend zu vernehmen. Garniert wurde die Setlist noch von einem Song seiner früheren Zweitband BLACK COUNTRY COMMUNION.

Doch bei JOE BONAMASSA ist es völlig egal, was er spielt, es zählt nur wie er es spielt. Und das war wieder so unfassbar brillant, sein Ton ist so voll und weich, mit einer unglaublichen Klarheit, und diesem Gefühl. Wie schon angedeutet hat er sich auch gesanglich noch verbessert, die langjährige Arbeit mit Topproducer Kevin Shirley machte sich auch auf der Bühne bezahlt. Er lebte jeden Ton mit, war eins mit seiner Gitarre, legte eine unfassbare Inbrunst in seinen Beitrag. Bei allem Gefühl gelang es ihm sogar, ein paar richtig aggressive Töne anzuschlagen, die aber die Dynamik noch mehr unterstrichen. Als er dann bei der Ballade, aus der Feder von Tim Curry und dem viel zu früh verstorbenen Michael Kamen zum Solo ansetzte, schien seine Les Paul förmlich zu singen, so wunderschön, dass man die Tränen nur schwer zurück halten konnte.

Aber was ist ein Musiker ohne seine Leute im Hintergrund, und die sind aus ähnlichem Holz geschnitzt wie der Meister. Derek Sherinian, sein Partner an den Tasten, den er bei eben jener Formation mit Glenn Hughes kennen lernte, fuhr das komplette Programm auf, ob Orgel, Synthies oder Piano, er fand immer den richtigen Ton, um seinen Frontmann zu unterstützen. Tal Bergmann hat einen ordentlichen Punch im Arm, treibt so die Stücke rockig voran. Dennoch weiß er seine Kraft immer dosiert einzusetzen und an den Kesseln den richtigen Ton zu finden. Etwas, dass an dem Tag nicht jedem gelingen sollte.
Ihm zur Seite stand mit Lenny Castro an den Percussions ein Rhythmusspieler, dessen lateinamerikanisches Temperament die Spielfreude völlig auf die Spitze trieb. Und Carmine Rojas drückt die dicken Saiten ohnehin sowas von beseelt, dass die Melodien darauf zerschmelzen. Zusammen erzeugten sie einen so dichten Sound, der einem eine Erpelpelle nach der anderen auf die zwei Quadratmeter zauberte. Der einzige Wehmutstropfen dieser Traumvorstellung, war dass die vollen 90 Minuten Spielzeit nicht genutzt wurden, aber in einer Minute gab es mehr Emotionen wie bei manch anderem Konzert. Jetzt wo sich ERIC CLAPTON in den Stand der alten Socke zurück gezogen hat, dürfte es nicht mehr lange dauern bis JOE BONAMASSA auf dem Thron des Gottes bequem macht. Nicht verwunderlich, dass eine andere Nachwuchshoffnung, Dorian Sorriaux von den BLUES PILLS, am Bühnenrand nur Beifall klatschten konnte.

Setlist JOE BONAMASSA:
Oh Beautiful
Story Of A Quarryman
Midnight Blues
Who´s Been Talking?
Slow Train
Song Of Yesterday
Love Ain´t A Love Song
Sloe Gin
The Ballad Of John Henry

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ANNIHILATOR (Sweden Stage)
Einen Elchdöner und einen Bummel über den großen Markt später gab es das komplette Kontrastprogramm, von langsam, ruhig und gefühlvoll zu hart, schnell und sehr technisch. Vorhang auf für Kanadas Thrasher Nummer eins! Die taten sich zu Beginn etwas schwer mit einem recht langen Titel aus dem neuen Studiowerk. Dennoch sah man schon die ersten Mähnen, die geschüttelt wurden, aber die ganz große Euphorie kam nicht auf. Natürlich will man erst einmal die neue Scheibe vorstellen, doch die zwei anderen Songs wären dazu besser geeignet gewesen, vor allem der pfeilschnelle Opener des Albums. Ein Klassiker an zweiter Stelle positioniert, hebt da die Stimmung und nach neuen Stücken setzte es ein reines Old Schoolprogramm. Sämtliche Lieder, die an dem Tag gezockt wurden, stammen von den ersten fünf Alben, alleine zehn von den ersten drei.

Bandchef Jeff Waters rannte wie wild auf den Brettern herum, hatte viel Spaß an seinem Spiel, schnitt immer wieder Grimassen und feuerte das Publikum unentwegt an. So wild wie sein Auftreten war auch sein äußeres, aktuell ist mal wieder Iro angesagt. Sein Partner In Crime Dave Padden sah mit seinem Fusselbart nicht minder verwegen aus, wirkte aber auch ein Stück weit so alt, wie ihn der Gesichtsbewuchs machte. Ein wenig gelangweilt stand er auf der rechten Bühnenseite und ließ die Kraft in seiner Stimme etwas vermissen. Da habe ich ihn schon deutlich aggressiver gesehen, wenn auch sein Gitarrenspiel sehr gut war und zeigte, wie gut er mit Waters mittlerweile harmoniert, so übernahm dieser auch einige der Vocals. Doch immerhin hat es Padden geschafft, weit länger in der Band zu sein als jeder seiner Vorgänger. Nur Bassist Alberto Campuzano fand bei diesem Duo wenig Zugang zu dem Geschehen.

Die Anhänger störte das kaum, sie feierten ihre alten Kultnummern ab, die sauber, super präzise und laut in die Menge geballert wurden. Die Hits des legendären Debüts wurden bereits in der Mitte des Sets verbraten, was die Stimmung aber hinten hinaus keineswegs sinken ließ. Viel mehr gaben sie erst den richtigen Kick, ab dort formierte sich bis zum Ende ein kleiner Pit, in dem die Die Hard-Fraktion ihren Spaß hatte. Vor allem der Livesound gab noch einmal einen Schub, weil bei ANNIHILATOR auf Konserve vieles etwas steril klingt. So fegte eineinhalb Stunden Kracher über Kracher über die Köpfe hinweg, die allesamt schön im Takt rotierten. Eine mehr als feine Abreibung zwischendurch!

Setlist ANNIHILATOR:
Smear Campaign
King Of The Kill
No Way Out
Deadlock
Set The World On Fire
Reduced To Ash
Alice In Hell
W.T.Y.D.
Ultraparanoia
Road To Ruin
No Zone
Phantasmagoria
Brain Dance
I Am In Command
Fiasco
Human Insecticide

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TNT (Rock Stage)
Als im vergangenen Jahr vollkommen unerwartet TNT bestätigt wurden glich dies schon einem kleinen Paukenschlag. Nicht etwa, weil die Band aus dem Nachbarland Norwegen dafür bekannt wäre, eher selten aufzutreten, sondern weil Originalsänger Tony Harnell quasi klammheimlich wieder zu seinem Posten zurückgekehrt war.
Nach acht Jahren ohne ihn und exakt einer Dekade, nachdem die Truppe zuletzt den Sölvesborger Boden beackerte, sollte dieses Mal ein erneuter Auftritt erfolgen. Doch damit nicht genug, zusätzlich kündigte die Band an das Hauptaugenmerk auf die 1989 erschienene Platte „Intuition" zu legen, die 2014 ihren 25. Geburtstag feiert.

Erst einmal bekamen die zahlreich erschienenen Fans zwei Songs der letzten Scheibe mit Harnell („My Religion" 2004) präsentiert, die den Test of Time wirklich bestanden zu haben scheinen. Nach „As Far As The Eye Can See" von der, nicht minder guten „Tell No Tales"-Veröffentlichung und dem Titelsong des 2004er Comebacks, setzte TNT ihr Versprechen in die Tat um und spielte – wenn auch nicht am Stück oder gar in chronologischer Reihenfolge – fünf Stücke der „Intuition"-Scheibe.
Die Combo war guter Dinge, allen voran Showmann Tony, der nicht wenige der Anwesenden einen neidvollen Blick ins Gesicht zauberte, durch seine Bemerkung sich BLACK SABBATH später Backstage anzuschauen. Dennoch wurde ihm dieses VIP-Privileg selbstverständlich schnell verziehen und man feierte die Gruppe bis zum Ende, an dessen Ende – natürlich – „10000 Lovers" stand. (David)

KAMELOT (Festival Stage)
Viele stellten sich im Vorfeld die Frage, ob die Power Metalformation die große Hauptbühne ausfüllen können, denn einige Acts wären im Billing prädestinierter dafür gewesen. Doch ihr großer Bombast verlangt auch nach großer Show mit theatralischen Momenten. Zu Beginn erwies sich auf einem Podest links des Drumrisers eine in weiß gekleidete Dame hinter einer Maske als Blickfang. Diese sollte sich später als Alyssa White-Gluz heraus stellen, die seit neuestem bei ARCH ENEMY das Mikro schwingt. Mit ihrem sehr gewagten Kleid sah sie allerdings hier deutlich verschärfter aus.
Ebenfalls viel Action kam vom Bassist Sean Tibbets, der ständig umher rannte, oder besser gesagt sprang. Mastermind Thomas Youngblood war eher der ruhende Pol und gab mit seinen Riffs und Soli den Ton an. Die Show überließ er seinen Mitstreitern oder auch den Pyros und anderen Effekten, welche die Wucht seiner Kompositionen unterstrichen. Absoluter Mittelpunkt war allerdings Sänger Tommy Karevik, der seinen Landsmann Roy S. Khan gut ersetzen kann. Zudem sammelte der Norweger Sympathiepunkte, als er am Nationalfeiertag noch einmal die schwedische Hymne intonierte. Stimmlich war der Junge bestens aufgelegt und verfügte über eine tolle Präsenz, welche der Erhabenheit der Melodien angemessen war.

Doch die zündeten zu Beginn noch nicht so richtig, was aber eher daran lag, dass die Songs vom „The Ghost Opera"-Dreher stammten, der seinerzeit enttäuschend ausfiel. Da konnten die Titel der aktuellen Langrille „Silverthorn" doch schon wesentlich mehr. So richtig platzte der Knoten dann mit dem Hit von „Epica". Zwischendurch war Fräulein White-Gluz von der Bühne entschwebt, und auf der anderen Bühnenseite tauchte die in schwarz, und nicht weniger aufreizend gekleidete Elize Ryd auf.
Die war für die eher klassisch angehauchten Vocals zuständig, während die Dame mit den bunt gefärbten Haaren die hohen Töne übernahm – und die ganz tiefen, die ab und an eingebaut wurden. Neben der Wandlungsfähigkeit ihrer Stimme überzeugte die gute Alyssa auch mit ihrer Agilität, was sie am nächsten Tag noch steigern sollte. Beide kamen immer wieder auf die Bühne begleiteten Karevik oft nach vorne auf die Rampe, um sich dort, von theatralischen Gesten untermalte, Gesangsduelle zu liefern.

Das kam beim Publikum gut an, sorgte immer wieder für Szenenapplaus, und bei den Herren der Schöpfung für Testosteronausschüttung. Als dann die Kracher der „The Black Halo"-Phase angestimmt wurden, hatten KAMELOT endgültig gewonnen, und am Ende des regulären Sets sorgte ein Doppelschlag von „Karma" für die lautesten Reaktionen. Hier forderte der Frontmann das Publikum zur Unterstützung auf, und er bekam seinen Chor. Nach achtzig Minuten verlangte das Sweden Rock auch etwas, und es sollte seine Zugabe bekommen.

Setlist KAMELOT:
Rule The World
Ghost Opera
The Great Pandemonium
Veritas
Center Of The Universe
Torn
When The Lights Are Down
Sacrimony (Angel Of Afterlife)
The Human Stain
Confession
Forever
Karma
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March Of Mephisto

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W.A.S.P. (Rock Stage)
Hairmetal und das Sweden Rock, das ist eine Traumehe wie Bär und Honig. Bis heute führend in der Glam Metalbewegung der Achtziger Jahre sind die Mannen aus L.A. um Mainman Blackie Lawless, weswegen sie natürlich begeistert empfangen wurden. Mit dem obligatorischen Doppel von ihrem Debüt konnten sie natürlich nichts falsch machen, so ging die Menge direkt steil. Nicht etwa einer der Headliner sorgte für die meisten Wallungen bei dem Festival, für das größte Körpergulasch, nein, bei W.A.S.P. war der Ausnahmezustand am höchsten.

Eigentlich ist die komplette Setlist obligatorisch, denn viel ändern die Vier nicht. Hier und da mal ein Song vom letzten Album, welches auch schon wieder ein paar Jahre her ist, ansonsten gleicht sich die Songauswahl wie ein Ei dem anderen. Aber es funktioniert, weil die Fans eben genau das erwarten, die Standards sind quasi unsterblich und werden dann auch lauthals mitgesungen. Beim Sweden Rock war zwar eine spezielle „Chainsaw"-Show angekündigt, doch viel mehr als sonst wurde nicht von „The Crimson Idol" gespielt, eher die ruhigen Parts davon. Das war den Fans völlig egal, denn sobald der zentrale Track des 92er Albums ertönte, rasteten sie völlig aus.
Dabei eiferten sie es nur ihren Idolen nach, die wie die Berserker die Bühne bearbeiteten. Lawless, sein Axtpartner Doug Blair und Bassist Mike Duda rannten auf und ab, bangten sich die Seele aus dem Leib und warfen sich in reißerische Posen. W.A.S.P. geben immer Vollgas auf der Bühne, da ist es zu verzeihen, dass die meisten Gigs nach 85 Minuten vorbei sind, auch heute wäre noch einer mehr gegangen. Band und Anhänger sind nun eins, gebärdeten sich wie wilde Tiere, auch ohne „Fuck Like A Beast". Selbst ein softerer Titel brachte da keine Abkühlung mehr, wobei ich zu gerne einmal „Forever Free" komplett ausgespielt hätte, und nicht nur als Reprise nach einer anderen Ballade.

An dem Tag fuhren die Helden das volle Programm, vor dem Backdrop hingen zwei große Leinwände, auf denen die Videos der Eighties gezeigt wurden. Unfassbar kultig, mit welcher, nun ja, Ästhetik die alten Gassenhauer damals in Szene gesetzt wurden. Da hagelt es schräge Klamotten und heiße Bräute, möglichst wenig bekleidet, versteht sich. Beim Drumsolo von Mike Dupke gibt es Mitschnitte von spektakulären Motorsportcrashs zu sehen. Die Autos rasselten ineinander, während die Sticks auf die Becken krachten – jawohl, passt! Das mögen einige zu primitiv finden, aber hey, das ist Rock´n´Roll, schweißtreibende, maskuline Musik. Damit brachte man inmitten vieler guter Showcases den Spaßfaktor ans obere Limit.

Setlist W.A.S.P.:
On Your Knees
The Torture Never Stops
The Real Me
L.O.V.E. Machine
Hate To Love Me
Wild Child
Sleeping In The Fire/Forever Free
I Wanna Be Somebody
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The Idol
The Gypsy
-Drumsolo-
Chainsaw Charlie
Heaven Hung In Black
Blind In Texas

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BLACK SABBATH (Festival Stage)
Nun war die Zeit gekommen für den ganz großen Headliner, für eine der einflussreichsten Bands aller Zeiten. Niemand geringeres als die Urväter des Metal sollten die Bühne entern, und das fast in Originalbesetzung. Etwas früher als die gewöhnlichen Topacts des Tages, betraten die Vier eine eher spärliche Bühne. Nur die Instrumente, die Backline und eine große Leinwand, welche zumeist die Musiker in Großaufnahme zeigte gab es zu sehen. Das Spartanische war gewollt, die Musik sollte im Vordergrund stehen. Die Sirenen schnitten sich durch die vage Beleuchtung, jeder wusste, was da kommen sollte.
Als Riffmeister Tony Iommi dann auftauchte und diese unglaublich schnelle Akkorde durch die Boxen jagte, brandete der Jubel auf. Schon der Opener riss die Zuschauer mit und transportierte sie durch alle Dynamikstadien, welche die Band zu bieten hat. Fast schien das Publikum schon ehrfürchtig erstarrt. Iommi brillierte mit diesem klaren und mörderischen Ton, der das ganze Gelände füllte. Seine Riffs sind in Stein gemeißelt, monolithisch, packend, seine Soli messerscharf und dennoch voller Leichtigkeit im Spiel.

Hier machte sich der riesige Bildschirm bezahlt, denn selbst in den hinteren Reihen konnte man ihm genau bei der Arbeit zusehen, wohl ein Grund mehr, noch ehrfürchtiger zu werden. Sehr geschickt wusste die Regie mit den Bildern zu arbeiten, blendete auch mal über einander oder baute ein paar psychedelische Spielereien ein. Neben dem Gitarristen sorgte Geezer Butler an den vier Saiten für das Fundament, seine tonnenschweren Basslinien harmonieren perfekt mit Iommis Riffstrukturen und treiben die Songs wuchtig voran.
Und dann kam Ozzy, möchte man „The Dirt" zitieren. Mit seinem gewohnten Watschelgang schlurfte er über die Bühne, der Madman war in seinem Element, bestens gelaunt und auch ebenso bei Stimme. Er traf selbst die hohen Töne, wenn es ihm auch sichtlich nicht leicht fiel, und transportierte immer eine gewisse Portion Wahnsinn in die Melodien. Der Schalk sitzt ihm immer noch im Nacken, wenngleich er keinen Schabernack treiben durfte wie bei seinen Soloshows. Aber gottlob wurde das kabellose Mikro erfunden, so konnte er auch noch hinter der Bühne das Publikum anfeuern.

Das ergab sich dem Programm aus den größten Hits, ein paar Überraschungen und zwei Nummern vom letztjährigen "13". Alles hätte so schön sein können, hätten sie sich nur für den richtigen Drummer entschieden. Müßig drüber zu diskutieren, ob es mit Bill Ward funktioniert hätte, aber Tommy Clufetos passt mit seinem Stil nicht rein. Er ließ zu sehr die Muskeln spielen, fand nicht den richtigen Ton und zerballerte so ziemlich jedes jazzige Break, die den Songs erst die Würze geben. In Ozzys, mit mehr Furor aufspielender Soloband mag das hinter Zakk Wylde oder Gus G. funktionieren, an dem Abend hätte es eines geschmackssicheren Drummers bedurft. Das Solo riss es zwar ein wenig heraus, er blieb aber die Achillesverse des Kollektivs.

Was er zu viel an Kraft investiert fehlte allerdings seinen Vorderleuten, denn die haben ihre besten Jahre länger hinter sich. Dass das unablässige Bangen von Butler fehlte, war noch zu verschmerzen, doch der Bewegungsradius der Drei war doch sehr eingeschränkt. Nur selten traute sich der Bassist wirklich nach vorne, während der Saitenhexer öfter mal Ausflüge nach weiter außen unternahm. Leider tauchte keiner ein einziges Mal auf der anderen Seite der Bühne auf. Auch Ozzy wirkte gehemmt und vermied es sich allzu weit von seinem Mikroständer zu entfernen.
So blieb ein Auftritt, der nur von seiner grandiosen Musik lebte, die zumindest von den Hauptprotagonisten würdig vorgetragen wurde. Kaum einer, der da nicht mitgesungen hat, das Material muss jeder Metaller wie ein Evangelium runter beten können. Doch die fünfzehn Jahre seit ich das Original zuletzt sah, lassen sich nicht weg diskutieren. Vielleicht hätte man damals weitermachen sollen, vielleicht kam die Reunion zu spät. Angesichts der Vorgeschichte und des Gesundheitszustandes, grenzt es dennoch an ein Wunder, das wir das noch erleben durften.

Setlist BLACK SABBATH:
War Pigs
Into The Void
Snowblind
Age Of Reason
Black Sabbath
Behind The Walls Of Sleep
N.I.B.
Fairies Wear Boots
Rat Salad
-Drumsolo-
Iron Man
God Is Dead?
Children Of The Grave
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Sabbath Bloody Sabbath/Paranoid

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U.D.O. (Rock Stage)
Was der Hauptact für die gesamte Metalszene ist, gilt in Deutschland für ACCEPT. Deren ehemaliger Sänger Udo Dirkschneider ist nun schon seit 25 Jahren mit seiner Soloband unterwegs. Da MEGADETH kurzfristig wegen eines familiären Trauerfalls absagen mussten, gelang es den Veranstalter umgehend mit dem "German Tank" einen adäquaten Ersatz zu verpflichten. Der hat eigentlich ein Problem, seit seine früheren Mitstreiter wieder unter alter Flagge segeln, denn im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts lebte er als alleiniger Nachlassverwalter doch recht gut. Doch das Urgestein machte aus der Not eine Tugend und erinnerte sich an viele Nummern, die er unter seinem Namen veröffentlicht hatte.

Dabei stand vor allem sein neues Album "Steelhammer" im Vordergrund, von dem er gleich sechs Stücke zum Besten gab, den schnellen Titelsong gab es direkt als Opener. Verständlich, die Scheibe war nach ein paar schwächeren endlich wieder eine Wende zum Besseren, vor allem weil es im Bandgerüst einige Umbauten gab. Mit Kasperi Heikkinen und Andrey Smirnov kamen zwei sehr junge Kräfte in die Band, die frischen Wind in die verkrusteten Strukturen brachten. Das galt auch vor allem für den Klang der Platte, die endlich wieder einer Metalscheibe gerecht wurde. Doch die Spielfreude, die da durchschien konnte der nun recht internationale Fünfer auf die Bühne rüber retten.
Von Beginn an wurde klar, dass sie ihre Chance nutzen wollten, die sich durch das unerwartete Engagement ergab, denn die Truppe war ungemein vital. Es schien fast so, als ob die beiden neuen Sechssaiter die Stammkräfte mitrissen, denn Dirkschneider war bestens aufgelegt, scherzte herum und suchte oft den engen Kontakt zum Publikum. Gerne begab er sich aber auch ins zweite Glied, um seinen jungen Hüpfern das Rampenlicht zu überlassen. Denen war bei ihren Soli einfach der Spaß daran anzusehen, doch sie demonstrierten auch oft ihr gutes Spiel miteinander. Natürlich wurde auch das gute, alte Gitarrenballett exerziert, wenn Smirnov und Heikkinen sich bei der packenden Riffarbeit mit Bassist Fitty Wienhold vor den Marshalltürmen formierten.

Jenes Stilelement wurde noch von ACCEPT übernommen, ansonsten gab es zumindest im regulären Set nichts von der deutschen Legende zu vernehmen. Wenn man allerdings vier Stücke vom Hammerdebüt "Animal House" im Gepäck hat, kann man nicht viel verkehrt machen, obendrein gab es ein paar Titel, welche die Fans schon länger nicht mehr zu hören bekamen. Die wurden von der Spiellaune der Truppe angesteckt und feierten alles ab, was ihnen vorgesetzt wurde. So konnten U.D.O. trotz der späten Stunde noch viele Leute vor der Bühne binden, und richtig Werbung in eigener Sache machen. Bei der Zugabe ging es dann doch nicht ohne die großen Standards, ein Viererblock von Liedern, die nun wirklich jeder der Anwesenden kannte, machte den Partysack nach fast zwei Stunden endgültig zu.

Setlist U.D.O.:
Steelhammer
King Of Mean
Furure Land
Cry Of A Nation
Stranger
They Want War
Animal House
In The Darkness
Never Cross My Way
Man And Machine
Stay True
No Limits
Metal Machine
Go Back To Hell
Timebomb
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Metal Heart
Balls To The Wall
I´m A Rebel
Fast As A Shark

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THERION (Sweden Stage)
Als die letzten Verbliebenen meines Trosses dann an der Bühne ankamen, war der Auftritt der Bombastmetaller schon in vollem Gange. Auch hier hatten sich noch genügend Fans eingefunden, um den wuchtigen Klängen ihrer Landsleute zu huldigen. Mit "Invocation Of Namaah" erwischte ich schon einen guten Einstand ins Konzert, etwas von ihrem Überwerk "Theli" zieht immer. So chaotisch sich der Stilmix der Truppe anfühlt, so präsentieren sie sich auch auf der Bühne. Zum einen hat man optisch vom gothicmäßigen Outfit, über klassische Rockerklamotten, bis zum Frack von Bandchef Christofer Johnsson die komplette Palette an Bord. Auch von der Bühnenchoreographie her ist da ein ziemliches Gewimmel festzustellen, meist ist nicht unbedingt der jeweilige Leadsänger an vorderster Front, sondern auch mal auf einem Podest neben dem Drumriser zu finden.

Das ist aber absolut okay, denn bei der Truppe erwartet man einfach das Ungewöhnliche. Nicht in Ordnung war zum einzigen Mal bei dem Festival der Sound, den viel zu lauten Bass von Nalle Pahlsson bekamen die Tontechniker über die gesamte Zeit nicht in den Griff. Den Akteuren auf der Bühne war das egal, sie hatten ihren Spaß, denn vor so einer großen Menge spielen sie nicht allzu oft. Gerade bei den flotten Stücke wie "The Wild Hunt" gaben die Musiker ordentlich Gas. Hier fiel vor allem die Vater-Tochter-Achse von Linnea und Thomas Vikström positiv auf, denn die beiden bewiesen tolle Fronterqualitäten. Das junge Fräulein sprang wild herum, flirtete mit Mitmusikern und Zuschauern und mutete eher wie eine Rockgöre an, denn wie eine klassische Sängerin.
Den Part übernahm an dem Abend Sandra Laureano, die in ihrem Kleid und dem Felljäckchen die anmutige Seite repräsentierte. Bei ihrem ersten Auftritt mit der Band musste sie sich aber erst noch in das Geschehen einfinden. Dass sie dennoch zum Blickfang mutierte lag daran, dass die Verpackung immer noch sehr viel Haut hervor blitzen ließ. Und die kam bei der oben herum ziemlich umfangreichen Ausstattung sehr gut zum Vorschein. Man konnte als Mann bei dem Anblick schon mal vergessen, auf den wirklich schönen Sopran von Laureano zu achten. Noch besser als die Vokalabteilung zeigte sich die Gitarrenfront um Johnsson und Christian Vidal eingespielt, die eine dichte Riffwand erschufen.

Die machte sich vor allem bei den atmosphärischen Nummern von "Vovin" oder "Secret Of The Runes" bemerkbar, "Asgard" oder "Muspelheim" offenbarten schöne epische Momente. So hielt sich das immer müder werdende Publikum nicht mit Beifall zurück, wenn die Metalelemente dominierten, rotierte auch manche Haarpracht. Zum Abschluss gab es dann natürlich den Überhit "To Mega Therion", welcher die Essenz von THERION auf den Punkt bringt. Die Band und ihre Anhänger gaben noch einmal alles und feierten sich am Ende gegenseitig.

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Rocker antwortete auf das Thema: #13353 9 Jahre 9 Monate her
Wow, was für ein Festival! Was wäre ich gerne dabei gewesen, so wie es sich liest war es der Hammer!!!!
Was ich mich gefragt habe, ob Tony von TNT immer noch sooo hoch singen kann wie damals??

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