Hirock„2 Orte, 2 Tage: Rockurlaub in Deutschland“. Mit diesem Motto warb das zum ersten Mal durchgeführte HiRock Festival um Besucher. Das 2-tägige Rockfestival fand am ersten Juni-Wochenende zeitgleich auf zwei unterschiedlichen Festivalgeländen in Deutschland statt, zum einen auf dem altehrwürdigen Felsen an der Loreley und zum anderen in der Max-Aicher-Arena in Inzell/Chiemgau. Somit hatte jeder potentielle Besucher im Vorfeld die Wahl zwischen Open-Air (Loreley) und Indoor (Inzell), NECKBREAKER entschied sich natürlich für die Freiluftvariante und bewies damit eine gute Nase.

Wirklich idyllisch war es in St. Goarshausen an und auf der Loreley zwar auch nur maximal am zweiten Festivaltag, im Vergleich zum vom Hochwasser geplagten Süden des Landes (den Norden und Osten wollen wir natürlich nicht vergessen), konnte das Festival wenigstens komplett durchgeführt werden. Die kleineren Unwegbarkeiten wie einige Straßensperrungen bei der An- und Abreise am Sonntag nahm man da wohlwollend in Kauf, weil man genau wusste, dass die Chiemgau Variante kein großes Vergnügen sein konnte. Dort wurde der zweite Festivaltag sicherlich vollkommen zu Recht gecancelt, nachdem im Landkreis Traunstein Katastrophenalarm ausgerufen worden war.

An der Loreley ging zum Glück alles relativ glatt über die Bühne, hier unsere Eindrücke von zwei entspannten Tagen voller Rockmusik von Bands wie TOTO, JOURNEY, WHITESNAKE, EUROPE und einigen anderen mehr. (Maik)

Samstag, 01.06.2013
FM

Nachdem wenigstens der Nieselregen aufgehört hatte, der Himmel sich aber immer noch vollständig bedeckt zeigte, war es den Briten vorbehalten, das HI ROCK zu eröffnen. Ob sie sich beim Wetter vom Vormittag wohler gefühlt hätten, weiß ich nicht, aber ihre Musik war definitiv nicht für so ein Wetter geschaffen. Da kam dann wenigstens ein wenig Sonne auf dem Felsen rüber, als die Herren mit „Tough Love" in ihr Set einstiegen.
Stadionrock vom Feinsten stand auf dem Programm, der von dem sehr guten Sound profitierte. Denn was nützen die schönsten Gesangsarrangements, wenn sie im Soundbrei untergehen. Wie schon auf der quasi Vorgängerveranstaltung „Rock the Nation" zwei Jahre zuvor waren die Klangverhältnisse die beiden Tage über vorzüglich. Und von jenen mehrstimmigen Gesängen haben Songs wie „I Belong To The Night" oder „Hot Wired" mehr als genug.

Und das wurde alles vorzüglich und spielfreudig rüber gebracht, FM schienen sich vor so einem großen Publikum wohl zu fühlen. Doch das brauchte erstmal seine Zeit, um warm zu werden, kein Wunder bei den Temperaturen. Dazu fehlte vielen Anwesenden ein Büchsenöffner, ein Hit, mit dem sie sich identifizieren können, denn ein solcher gelang den Männern von der Insel nicht. Lag vielleicht daran, dass ihr Melodic Rock bei aller Klasse doch zu standardmäßig ist, ihnen das Alleinstellungsmerkmal fehlt, um sich aus der Masse abzuheben.

Das änderte aber nichts an der vorzüglichen Vorstellung der Fünf, die ihre anfängliche Zurückhaltung auch ablegten. Vor allem der Keyboarder war es, der richtig Alarm machte und auf die Zuschauer einging, als er sich die Keyboardgitarre schnappte und als Erster die Stufen der altehrwürdigen Bühne hinab stieg. Sänger Steve Overland verharrte dagegen hinter seinem Mikro, konnte aber mit seiner sehr klaren Stimme überzeugen. Sein Axtpartner Jim Kirkpatrick steuerte viele feine Soli bei und deutete das ein oder andere Mal Bluesfeeling an.

So konnte man mit der Zeit doch für mehr Applaus sorgen, auch wenn am Ende nur vereinzelte Stimmen eine Zugabe forderten. An den tollen Songs wussten vor allem die Ballade „Closer To Heaven" und „Crosstwon Train", bei dem eine Mundharmonika zum Einsatz kam, überzeugen. Und „Burning My Heart Down" hätte seinerzeit mehr Erfolg bescheiden sein können, dessen Refrain sich sofort fest setzte. Mit der Coverversion des Evergreens „I Heard It Through The Grapevine", dessen Interpretation der Band gut zu Gesicht stand, endete eine sehr unterhaltsame Stunde. (Pfälzer)

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RICK SPRINGFIELD
Mit dem „Rock Of Life"-Album gab der Australier vor einem Vierteljahrhundert sein letztes von mir vernommenes Lebenszeichen ab. Ich sah ihn längst in der Ahnengalerie aus One-Hit-Wundern und gefallenen Rockstars. Umso überraschter war ich als ein Kollege im letzten Jahr „Songs For The End Of The World" reviewte. Und mit „Wide Awake" aus eben jenem Longplayer stieg der Mann in sein Set ein. Da waren die Reaktionen noch verhalten, obwohl die Band mit drei Gitarren ordentlich rockte.

Ein erstes Ausrufezeichen setzte er mit dem von Sammy Hagar komponierten „I´ve Done Everything For You", welches ein paar mehr Anwesende kennen sollten. Doch richtig kam der Gig erst mit seinem größten Hit auf dem alten Kontinent, „Celebrate Youth" wurde abgefeiert. Der Song ist anscheinend sein Lebensmotto geworden, denn anders ist es nicht zu erklären, dass man RICK SPRINGFIELD seine 63 Lenze so gar nicht ansieht. Sowohl von der Figur unter seinem schwarzen Shirt her, als auch vom Gesicht würde man zwanzig Jahre beim Schätzen daneben liegen. Damit reiht er sich in die Riege der ewig jungen Eighties-Herzensbrecher wie John Bon Jovi oder Joey Tempest ein

Auch wenn er seinen zweiten großen Europa-Hit „Love Somebody" heute nicht im Gepäck hatte, konnte er die Menge immer mehr auf seine Seite ziehen. Der immer noch-Sunnyboy unternahm als erster Ausflüge in den halbkreisförmigen Vorraum vor der Bühne und stellte sich auf die Absperrung, um gemeinsam mit den Fans zu feiern. Dabei drückte ihm eine Dame einen Strauß Rosen in die Hand. Als er wieder auf der Bühne zurück war, zog er diesen beim Schlussakkord im Townsendschen Windmühlenstil anstatt des Plektrums durch die Saiten.
Da flogen die Rosenblätter nur so umher, ein genialer Effekt. Daran schien er Gefallen gefunden zu haben, nachdem ihm ein weiterer Rosenstrauß zuflog, folgte das selbe Spiel, dann wurde der erste noch einmal richtig „abgeerntet". Einen dritten besorgte er sich gleich selbst, so dass am Ende die ganzen Stufen mit Rosenblättern übersäht waren. Mit derlei Späßen erhöhte der Mann natürlich die Aufmerksamkeit der Zuschauer, und plötzlich stiegen diese wie selbstverständlich in ein Singalong des neuen „I Hate Myself" ein.

Nun war RICK SPRINGFIELD so richtig in seinem Element und ab nun alles. Immer wieder schnappte er sich eine Gitarre, rockte wie wild, warf diese wieder seinem Roadie zu und ging mit dem Publikum auf Tuchfühlung. Das hatte nun auch richtig Freude an seinem Auftritt, zumal Songs wie „Don´t Talk To Strangers" den typischen „Das kenne ich doch"-Effekt hervor riefen.
Den „Human Touch" nahm er bei dem Titel dann ganz genau, als er über die Absperrung stieg, die Treppen im Auditorium hinauf stieg und dort alles umarmte oder abklatschte was er greifen konnte. Total verrückt, vor allem für einen 63-jährigen, sein Elan war absolut bewundernswert, jetzt schon die geilste Sau des Festivals. Von nun an gab es nur noch Party, bei der beim allseits bekannten „Jessie´s Girl" jeder mitsang. (Pfälzer)

SURVIVOR
Nachdem der alte, aber beileibe nicht alt aussehende RICK SPRINGFIELD, im weiten Rund für überraschend gute Stimmung sorgen konnte, zeigten die AOR-Helden von SURVIVOR anschließend wie man seinen Ruf demoliert. Die 1977 gegründete Rock/AOR Band schafft sicherlich das Kunststück sowohl zu den unterbewerteten als auch zu überbewerteten Bands zu gehören. Man reduziert sie gerne auf ihre beiden großen Hits „Eye Of The Tiger“ und „Burning Heart“, Insider hingegen finden auch das restliche Schaffen der von vielen Besetzungswechseln geplagten Band beachtlich. Auf dem HiRock waren neben dem SURVIVOR Urgestein Frankie Sullivan auch die beiden langjährigen Frontmänner Jimi Jamison und Dave Bickler am Start, wobei gerade letztgenannter zeigte, dass er nicht mehr auf eine Bühne gehört.

Stimmungsmäßig herrschte bei SURVIVOR über weite Strecken eher tote Hose, es schien so, dass Band und Fans nur darauf warteten, dass SURVIVOR endlich ihre beiden eingangs erwähnten Welthits spielten. Die wurden dann groß abgefeiert, wobei ich sagen muss, dass „Burning Heart“ live gut rüberkommt, „Eye Of The Tiger“ aber ziemlich versemmelt wurde. Der Rest des SURVIVOR Gigs plätscherte so vor sich hin, weder die Songs noch das zahme Bühnenacting wussten mitzureißen. Dazu passt, dass SURVIVOR dann 15 Minuten vor dem eigentlich anvisierten Ende die Bühne bereits verließen und die Rufe nach mehr hielten sich zu Recht im bescheidenen Rahmen. (Maik)

Zur Hölle mit den Hits! Die von Sullivan mitkomponierte 38 SPECIAL-Coverversion "Rockin´ Into The Night" riss einiges raus und gab mir persönlich mehr als die Boxer-Hymnen. (Pfälzer)

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TOTO
Die meisten Erwartungen hatte ich im Vorfeld in die Amerikaner mit südafrikanischen Wurzeln gesteckt. Vor allem, weil ich die Truppe schon länger nicht mehr gesehen hatte, aber auch wegen der bekannten Qualität. Und als ob sie meinen Vorschusslorbeeren Rechnung tragen müssten, legte die Formation auch sehr engagiert los. Zum Auftakt bauten sie gleich mehrer Ausschnitte von verschiedenen Songs mit ein, so dass der Eindruck entstand, man wolle gleich alles auf einmal rausballern. Und in der Tat war diese enorme Spielfreude sofort spürbar.

Dabei hatte man mit zwei Songs der Überbleibselverwertung „XX" eher in die Trickkiste gegriffen. Der Beitrag aus der Joe Williams-Ära freute mich besonders, die Power-Pop-Nummer bestach mit genialen Gesangsarrangements. Jener Frontmann der späten Achtziger, der bei der neuen Auflage mit an Bord ist, erwies sich als echter Glücksgriff. Zwar war von ihm in letzter Zeit wenig zu hören, doch anders als Dave Bickler zuvor, integrierte er sich in das Bandgefüge. Seine Stimme hat ebenfalls nichts von ihrem Charisma und ihrer unbeschwerten Melodiösität verloren.

In Unterrichtsfach Harmonielehre hat aber nicht nur er und die Backgroundsänger aufgepasst, die Instrumentalisten bekommen hier auch nur Höchstnoten. Alleine wie sich Piano und Synthesizer gegenseitig kleine Melodiefetzen zuspielten und sich dabei duellieren, ist atemberaubend. Doch auch mit Steve Lukather klappte das Zusammenspiel von David Paich, der sich nicht hinter einem Roy Bittan oder Billy Joel verstecken muss hervorragend. Nicht nur beim Titelepos ihres zweiten Albums sorgte das für Gänsehaut und offene Münder.
Dahinter saß eine Rhythmsection, welche die ebenso komplexen wie teilweise angefunkten Rhythmen perfekt dazu platzierte. Nathan East hat einfach dieses spezielle Feeling, welches TOTO-Kompositionen benötigen, wie kaum ein anderer. Und Simon Phillips ist ohnehin über alles erhaben. Sein filigranes Spiel und sein warmer, fast melodiöser Ton machen ihn zu einem der besten seines Fachs und zum einzigen gleichwertigen Ersatz für den viel zu früh verstorbenen Jeff Porcaro.

Die Herren zeigten in den zwei Stunden, was sie drauf haben, ohne es zeigen zu wollen. Da gab es keine selbstverliebten Soloeskapaden, sondern viele feine Improvisationen. Da wurde oft um das Hauptthema herum variiert, wodurch sich die Instrumentalpassagen gut in die Songs eingliederten. Da war kein Ton zu viel, alles saß so was von perfekt, man konnte sehen, wie die Musiker miteinander agierten. Da tauchte man abwechselnd in ein Meer von Harmonien oder wurde von einem detailliert bebilderten Soundwall fast erdrückt. Die Band kann alles spielen, so gab Steve Lukather nicht nur an seiner Gitarre, sondern auch bei seinem Sologesang den beseelten Blueser. Neben der Jazz-Attitüde, hart rockenden Momenten und den süßlichen Melodien ein weitere Baustein im Klanguniversum von TOTO. Und beim aktuellen Material geht man fast bis zum Progmetal.

Diese Vielfalt wurde in ein ebenso präzises, kristallklares Klangbild gepackt, der jede Winzigkeit zur Geltung brachte. Bei einem Festival, bei der die Soundverhältnisse bei jeder Band gut waren, setzten sie noch einen drauf. Wem das noch nicht genug war, für den lieferte auch noch die großartige, stimmungsvolle Lightshow ab. Im Gegensatz zu den übrigen Bands fuhr man noch ein paar Batterien mehr auf und unterstützte damit die Songs zusätzlich.
Von der Songsauswahl her gab es ebenfalls nichts zu bemängeln, alle Karrierephasen fanden Berücksichtigung, wobei die Klassiker „Hydra", „IV" und „The Seventh One" im Fokus standen. Doch auch von „Kingdom Of Desire gab es zwei eher selten gespielte Stücke. Im Gegensatz zum songorientierten Set des letzten Jahres setzte man auf Lieder, die sich für die dynamische, ausufernde Interpretation anbieten.

In der Hinsicht können Paich, Lukather & Co. aus den Vollen schöpfen, ein paar wenige Standards müssen sein. Die Truppe baute mehr als ihre halbe Setlist um, auch ein Zeichen ihrer Wandlungsfähigkeit. Egal was kam, die Zuschauer nahmen dankend an. Obwohl die Musiker nie den engen Kontakt suchten, wurde jede Aufforderung zur Interaktion umgehend mitgemacht. Immer wieder wurde das Publikum eingebunden und bei den Hits sang das ganze Rund mit. So gab es am Ende Ovationen und laute Zugaberufe, welche die Band gerne erwiderte. Deutschlands liebste Kinderbibel, die „Bravo" titelte vor 25 Jahren :"Die Zauberband wieder auf Tour!" Nie sollten sie so recht behalten! Und zum Glück hat sich bis heute daran nichts geändert! (Pfälzer)

Setlist TOTO:
On The Run/Child´s Anthem/Goodbye Eleonor
Goin´ Home
Hydra
Rosanna
Wings Of Time
Falling In Between
I Wan´t Hold You Back
Pamela
99
White Sister
Better World
Africa
How Many Times
Stop Loving You
Hold The Line
-------------------------------
Home Of The Brave

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Sonntag, 02.06.2013
H.E.A.T.
War es am ersten Festivaltag noch trüb, windig und kühl hoch oben auf dem Felsen, lachte einen am Sonntag fast den ganzen Tag über die Sonne an, was darüber hinwegtäuschte, dass der Rhein nun auch in Mitteldeutschland so langsam damit begonnen hatte, die ufernahen Ortschaften zu überfluten.

Oben auf der Loreley, da war die Welt noch in Ordnung, und was passte besser, um in den zweiten Tag bei strahlendem Sonnenschein hineinzukommen als die schwedische Hair-Metal Band H.e.a.t., die mit weitem Abstand die Jungspunde des HiRock-Festivals waren. In den sechs Jahren seit ihrer Bandgründung haben die Schweden allerdings bereits einiges erlebt, sie haben mit „Freedom Rock“ und dem letztjährigen „Adress The Nation“ nicht nur zwei starke Platten veröffentlicht (das gleichnamige Debüt ging 2008 ziemlich unter), sondern man durfte bereits viele bekannte Rock- und Metalgrößen supporten (EDGUY, ALICE COOPER, TOTO uvm.).

Da die Band einige Wochen zuvor dem Vernehmen nach auf dem Shout It Out Loud Festival mächtig abgeräumt hat, war man ab 15 Uhr sehr gespannt auf die nun kommende Stunde und rückblickend betrachtet muss man sagen, es war genau die richtige Entscheidung diesen Jungspunden den Opener-Posten zu geben. Die Schweden wirkten optisch wie aus einem Guss, so dass man es ihnen abnimmt, dass sie ihren stark von der Hair-Metal Szene inspirierten Hardrock mit Überzeugung verkörpern. Die Band gab vom ersten Ton an Vollgas, allen voran ihr Leadsänger Erik Grönwall fegte mit einer gehörigen Portion Energie über die Bühne, wobei man nicht leugnen kann, dass Erik seine Posen und Bewegungen von einem gewissen A.R. von G.N.R. abgekuckt hat.

„Lernen von den Großen“ nennt man so etwas, und da bei H.e.a.t sowohl das Stageacting als auch das Songmaterial passt, soll uns das nur Recht sein. In Sachen Setlist legte man natürlich den Schwerpunkt auf „Adress The Nation“. Von dieser Platte wurden unter anderem „Breaking The Silence“, „Living On The Run“ und „Downtown“ gespielt, aber eigentlich war es egal, ob man mit dem Songmaterial vertraut war oder nicht, die Schweden verbreiteten mächtig Laune und das war das Beste, was sie an diesem frühen Nachmittag tun konnten. (Maik)

BLACK STAR RIDERS
Wenn mir mal vor zwanzig Jahren wer orakelt hätte, wie oft ich in meinem Leben THIN LIZZY live erleben werde, hätte ich ihn einweisen lassen. Doch nun scheint die Seventies-Legende endgültig tot – es lebe BLACK STAR RIDERS. So benannte sich die Truppe kürzlich um, weil das Line-Up mittlerweile doch zu weit weg vom Original ist, um unter dem Banner Platten aufzunehmen. Da es die Herren noch einmal in den Fingern juckte, sich an neuem Material zu versuchen, war der Schritt notwendig, seit einer Woche steht „All Hell Breaks Loose" in den Regalen.

Und mit dem starken Titeltrack setzte man direkt die erste Duftmarke vom neuen Dreher. Wer nun ein Hitfeuerwerk der Jungs, von denen nur noch Scott Gorham übrig ist, erwartete sah sich getäuscht. Zwar schob man den sonst etatmäßigen Opener hinterher, doch im Verlauf bestand mehr als die Hälfte der Lieder aus neuen Sachen. Eine mutige Entscheidung, die mancherorts für Stirnfalten sorgte, aber absolut nachzuvollziehen ist. Mit den Klassikern war man nun lange genug unterwegs und eine Neuauflage des Konzerts von vor zwei Jahren wäre künstlerisch nicht das gewesen, wo die Fünf hinwollen.

Auch wenn man beim Songwriting ein wenig an den Stellschrauben gedreht hat, so ist ein Merkmal nicht von der Hand zu weisen: Der Twin-Leadgitarrensound, für den die Vorläufer einst berühmt waren, bestimmt auch die Titel der BLACK STAR RIDERS. Hier kann man sich nicht ganz aus dem Schatten lösen, aber das war auch nicht unbedingt beabsichtigt, seine Wurzeln kann man nicht verleugnen. Schon die vorab veröffentlichte Single ist voll mit solchen Passagen, die auch auf der Bühne charakteristisch rüberkommen.
Dabei stehen die neuen Songs kaum hinter den alten nach und wissen vor allem live zu gefallen. Wenn man die Herren auf der Bühne sieht, wird klar, warum ausgerechnet diese Inkarnation das Wagnis auf sich nahm. So geschlossen sah man die Truppe nach der Reunion 1999 nur selten, hier ist eine echte Band gewachsen. Damon Johnson ist der ideale Partner für Gorham, die beiden spielen sehr schön miteinander. Das könnte daran liegen, dass sich der eher unbekannte Mucker mehr zurück nimmt als der schon zu Ehren gekommene Vivian Campbell.

Die gesamte Band ist sehr homogen, was auch klanglich zum Ausdruck kommt. Die Musiker suchen immer wieder den Kontakt des Nebenmanns, um gemeinsam zu Posen und sich gegenseitig anzustacheln. Ein Marco Mendoza gibt optisch zwar die Mischung aus Rockstar und Latin Lover, lässt dies aber nicht raushängen, sondern suchte den Kontakt zum Publikum, das er eifrig mit Bassplektren fütterte.
Sein Frontmann ist mit einer ähnlichen Ausstrahlung gesegnet, kommt aber eher wie der hemdsärmelige Rocker rüber. Das macht ihn aber so kumpelhaft und sympathisch, was der Band auf der Bühne gut tut. Dabei ist er mit seinem rauen Charme eher die Antithese zum sensiblen Poeten Phil Lynott, doch es funktioniert. So manche Pose wie das hinter sich baumeln lassen der Gitarre, wenn er am Mikroständer hängt hat sich der Mann aber bei Bruce Springsteen abgeschaut.

Es war an den Publikumsreaktionen aber klar zu erkennen, wenn ein THIN LIZZY-Classic angestimmt wurde. Denn bei den neuen Liedern beschränkten sich die Fans meist aufs Zuschauen, von Partystimmung war da nicht so viel zu sehen. Das änderte sich dann wieder schlagartig, als bekanntes Material eingeschoben wurde, nach dem Doppelschlag zum Ende wurden auch die BLACK STAR RIDERS mächtig abgefeiert. Wenn sie in der Form konsequent weitermachen, dürfte den Eigenkompositionen bald nicht mehr das Schicksal zuteil werden. (Pfälzer)

Setlist BLACK STAR RIDERS:
All Hell Breaks Loose
Jailbreak
Kingdom Of The Lost
Bloodshot
Rosalie
Hoodoo Voodoo
Valley Of The Stones
Hey Judas
Massacre
Bound For Glory
Cowboy Song
The Boys Are Back In Town

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EUROPE
Die Pause nach dem starken Auftritt der THIN LIZZY Nachfolgeband fiel dann mit einer guten halben Stunde ein klein wenig länger aus als angekündigt, das war aber halb so schlimm, denn so hatte man etwas mehr Zeit, sich auf das erste richtige Highlight des Tages einzustimmen. Dass der Auftritt von EUROPE gut werden würde, davon konnte man ausgehen, denn die Rahmenbedingungen passen inzwischen wieder. Die Band hat nach einigen Krisenjahren und eher mäßigen Alben wie „Start From The Dark“ und „Secret Society“ mit ihrer aktuellen formidablen Scheibe „Bag Of Bones“ wieder zu alter Stärke zurückgefunden (wenn auch deutlich blueslastiger) und die fünf Herren im besten Rockeralter scheinen auch sonst wieder als Einheit aufzutreten.
Dass EUROPE dann aber so abräumen würden, damit hätte ich nicht gerechnet, denn ähnlich wie bei SURVIVOR haben auch sie ihre zwei Hits, die jeder kennt, „Carrie“ und natürlich das nicht tot zu kriegende „The Final Countdown“, bei dem es jedes Mal ein kleines Ärgernis ist, dass diese weltbekannte Introfanfare nur vom Band kommt. EUROPE haben mit Joey Tempest aber auch einen Frontmann, der wirklich jeden mitreißen kann und auch abseits ihrer bekannten Songs, auch eine Menge Material, das sehr livetauglich ist und zum mitgehen, mitsingen und mitfeiern geeignet ist.

Die Schweden machten zum Glück nicht den Fehler, sich zu sehr auf das aktuelle Studioalbum zu konzentrieren, von „Bag Of Bones“ kamen gleich am Anfang in Folge „Riches To Rags“, „Firebox“ und „Not Supposed To Sing The Blues“ (da bahnt sich ein Klassiker an) zum Zuge, das war’s dann aber schon wieder, der Rest des Tages gehörte der Vergangenheit an. Ok, „Love Is Not The Enemy“ (vom „Secret Society“ Album“) und das vor der finalen Zugabe gespielte „Last Look At Eden“ darf man gerne noch ausklammern, besonders gefreut habe ich mich über den Debütkracher „Seven Doors Hotel“ sowie über „Sign Of The Times“, andere gingen lieber bei „Rock The Night“ und „Scream Of Anger“ steil. Viel überraschendes boten EUROPE im Laufe ihrer 75 Minuten nicht, das hier hat aber bereits ausgereicht, um am Ende eine Menge glücklicher Gesichter zu sehen. Die Latte für die folgenden WHITESNAKE lag damit nicht gerade tief. (Maik)

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WHITESNAKE
Danach ging es mit den zweiten Achtziger-Hardrock-Helden im Billing weiter. Während ja EUROPE heuer im Blueshardrock angekommen sind, hat die Karriere von WHITSNAKE dort begonnen. Doch spätestens seit dem legendären 87er Hitalbum setzten David Coverdale und seine Mannen eher auf kernige Riffarbeit. Die Nummern der Scheibe werden die Herren ewig spielen müssen, weswegen man auch direkt damit in die Vollen ging.
Die „weiße Schlange" zeigte von Beginn an die Zähne und donnerte den ersten Knaller fulminant heraus. Die beiden Gitarristen ließen ihre Äxte krachen, so dass der Felsen bebte. Kein Wunder hatte man mit der Marshall-Wand im Hintergrund den lautesten Sound des gesamten Wochenendes. Unter dem Druck litt zwar das Feeling der älteren Stücke ein wenig, aber da muss man schon länger Abstriche machen. Den sexy Swing bleibt aber erhalten, so dass der Felsen nur allzu gerne mitrockte.

Keine Abstriche hingegen musste man beim Gesang von David Coverdale machen, denn der Altmeister war bestens bei Stimme. Auch die Gerüchte um Playback-Aiftritte konnte man hier entkräften, denn „The Cov" war so oft so nahe am Geschehen, dass man ihn ohne die Anlage singen hörte. Schon als die Photographen noch unterwegs waren schritt er ständig die Reihen ab, ließ ein paar Zeilen von Zuschauern mitsingen und suchte viel die körperliche Nähe zu den Fans.
Überhaupt war das Beau-Ensemble die Band, welche am häufigsten das Halbrund vor der Bühne nutzte. Bei ihren Soli duellierten sich Doug Aldrich und Reb Beach nicht nur, sondern jagten sich auch über das Pflaster, und hatten so richtig Spaß dabei. Dennoch sind die beiden recht unterschiedlich, Beach ist eher der Spaßvogel, der den Kontakt zum Publikum sucht. Aldrich hingegen mimt den Rockstar, keine Pose ist ihm fremd und lässt sich gerne bewundern. Wenn man mit fast Fünfzig noch problemlos mit geöffnetem Oberteil auf die Bühne kommen kann, darf man sich das erlauben, die zweitgeilste Sau des Festivals.

Dahinter trohnt mit Rückkehrer Tommy Aldridge ein Puncher, der die Songs nur so nach vorne drischt. Seine Stilistik ist legendär und hat im hart rockenden Theater gefehlt, niemand gerbt so vehement die Felle. Neben dem Gewinn für die musikalische Power ist er auch optisch außergewöhnlich. Über die Becken ragen nur seine Lockenmähne und die Sticks heraus, die wild umher fliegen. Das hat etwas vom Tier aus der Muppets Show und ist immer wieder großartig anzusehen. Beim Solo setzt er noch einen drauf und bearbeitet sein Kit mit den bloßen Fäusten, völlig irre und genial zugleich.

Mit so einer energetischen Darbietung hatte man die Zuschauer die ganze Zeit an dem Eiern. Dabei war noch nicht einmal wichtig, was gespielt wurde, für alle Hits reichten die neunzig Minuten ohnehin nicht. Es gab ein paar Überraschungen im Set, während Lieder von so starken Platten wie „Slip Of The Tongue" oder Loverhunter" ebenso fehlten wie ein Tribut an die DEEP PURPLE-Vergangenheit. WHITESNAKE sind sich bewusst, dass sie in den letzten Jahren zwei bärenstarke Scheiben unters Volk gebracht haben und wollen diese auch live präsentieren. Vor allem der Titelsong des aktuellen Drehers könnte sich zum Klassiker entwickeln. Mit den ganz großen Hits am Schluss steigerte sich die Party zum Höhepunkt, dass ganze Theater hüpfte. (Pfälzer)

Setlist WHITESNAKE:
Give Me All Your Love
Ready An´Wiling
Can You Hear The Wind Blow
Don´t Break My Heart Again
Is This Love
Gambler
Love Will Set Me Free
-Gitarrensoli-
Steal Your Heart Away
-Drumsolo-
Steal Your Heart Away (Reprise)
Forevermore
Best Days/Bad Boys/Children Of The Night
Fool For Your Loving
Here I Go Again
Still Of The Night

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JOURNEY
Keine Ahnung für wen, welche der allesamt superben Bands der Höhepunkt war, eigentlich ging es einfach so weiter. Mit den zweiten AOR-Giganten an diesem Wochenende folgte der krönende Abschluss. Wo TOTO gestern mit brillantem Spiel glänzten, sind JOURNEY eine auf Hochtouren laufende Hitmaschine. Wer sonst kann so zwei Übernummern direkt am Anfang raus hauen, 99 Prozent aller Bands werden solche nie schreiben. Und wenn, dann sparen sie sich wie SURVIVOR bis zum Ende auf. Doch der Fünfer hatte genug Pfeile im Köcher, so dass das Pulver nicht direkt zu Beginn verschossen wurde.

Damit hatte man natürlich die Zuschauer sofort auf ihrer Seite, die Chöre, die durch die Arena hallten waren mit die größten des Festivals. Dabei ließen die Herren im Gegensatz zu dem Gig vor zwei Jahren die technischen Spielereien wie Videoleinwände weg und konzentrierten sich auf die Kraft ihrer Songs. Die stammten zum großen Teil aus den beiden Erfolgsalben „Frontiers" und „Escape". Vor allem Letzteres ist das Manifest des Melodic Rock schlechthin, bis auf „Lay It Down" habe ich schon mal alle Songs live gehört.
So wurde auf der Loreley alles abgefeiert, was kam. Ein ganzes Arsenal an großartigen Hymnen, die ebenso große Emotionen weckten. Egal ob aus Jugenderinnerungen, dem Rockradio oder Musikleidenschaft, die Nummern kannte hier jeder, dementsprechend war auch die Resonanz. Bei den legendären Balladen hatten selbst gestandene Männer das Wasser in den Augen. Nur hätte ich vom „Escape"- Meisterwerk gerne mal wieder „Mother, Father" gehört.

Aber JOURNEY zockten nicht einfach nur ihre Klassiker runter, sondern zelebrierten sie mit einer unglaublichen Spielfreude. Der Spaß dabei war ihnen anzusehen, vor allem Frontmann Arnel Pineda. Mit dem Mann von den Philippinen haben sie einen echten Glücksgriff gelandet. Er bildete mit seiner Agilität den unbestrittenen Mittelpunkt der Show. Ständig war er in Bewegung, war oft unten, um die vorderen Reihen abzulaufen, sprang vom Drumriser und unterstrich die Melodien mit seiner Gestik. Stimmlich ist er nicht nur in der Nähe des großen Steve Perry, er klont ihn.
Der zweite Fixpunkt, vor allem musikalisch ist Bandgründer Neal Schon. Seine gleißenden, melodischen Leads sind das Markenzeichen seiner Band. Dabei hatte er immer ein seliges Grinsen auf dem Gesicht und fühlte jeden Ton mit. Und hinten saß Dean Castronovo hinter seinem Drumkit und brauchte sich nicht hinter den Koryphäen, die bei dem Event die Kessel rührten zu verstecken. Gerade bei den wuchtigen Breaks ist sein Spiel eine Augenweide.

Das war ein würdiger Abschluss eines tollen Festivals, ganz großes Kino. Hymnen für die Ewigkeit spielerisch perfekt in Szene gesetzt, von einer begeisternden, perfekt aufeinander eingespielten Formation. Eigentlich sollte ihn den Musikern noch ein Album stecken, doch Jonathan Cain ließ verlauten, dass er lieber nur noch um den Globus touren möchte, um die Legende zu pflegen. So fand sich auch kein Titel vom starken letzten Longplayer „Eclipse" im Programm. Und wie sollte das erste HI ROCK besser zu Ende gehen als mit dem Glaubensbekenntnis des Stadionrock, welches das reguläre Set beschloss. Hier gab noch mal jeder alles, die schon angeschlagenen Stimmbänder wurden endgültig zerlegt. (Pfälzer)

Setlist JOURNEY:
World´s Apart (Seperate Ways)
Anyway You Want It
Chain Reaction
Only The Young
Stone In Love
Keep On Runing
Edge Of The Blade
Lights
-Pianosolo-
Open Arms
Escape
Dead Or Alive
-Gitarrensolo-
Wheel In The Sky
Faithfully
Be Good To Yourself
Don´t Stop Believin´
----------------------------------------
Lovin´, Touchin´, Squeezin´

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Fazit:
Keine Frage, die Zeiten, als regelmäßig 20000 Zuschauer zu Rockkonzerten auf die Loreley pilgerten und es sich zur Not auch auf den umliegenden Bäumen „gemütlich“ machten, sind längst vorbei. Trotzdem war das erste HiRock Festival Loreley ein voller Erfolg mit geschätzten 5000 bis 6000 Besuchern am ersten Tag, am deutlich besser besetzten zweiten Tag waren es noch einige mehr.

Die Bandauswahl in diesem Jahr war erste Sahne, da ließ es sich gut verschmerzen, dass Mandoki mit seinen Soulmates relativ kurzfristig ihren Auftritt abgesagt haben. Wer lieber einen Musikpreis in Empfang nimmt, als die Chance zu nutzen vor 5000 Leuten bei einem Festival zu spielen, sollte sich ein Beispiel an David Coverdale nehmen, der mit seiner Band immer noch mächtig die Rocksau rauslässt.

Mein Pfälzer Kollege und ich haben uns jedenfalls an beiden Tagen dort oben wohl gefühlt, die Kritikpunkte, die man ansprechen kann wie die schlechte Beleuchtung der Wege und des Campgrounds an der Loreley sowie die einseitige Auswahl an Essen liegen außerhalb des Veranstalters.

Sollten Wizard Promotions an gleicher Stelle im nächsten Jahr erneut ein Festival veranstalten (egal unter welchem Namen), werden wir sicherlich wieder dabei sein, Bandwünsche gibt es reichlich.

Zum Abschluss geht unser Dank an Wizard Promotions sowie an CMM Marketing. Alle Fotos vom offiziellen HiRock Fotografen Marc Hansen, freundlich zur Verfügung gestellt vom Veranstalter. (Maik)

Zum Wetter und der Seeenlandschaft auf dem Campingelände kann keiner was, aber man hätte durchaus um die Duschen ein paar Paletten mehr auslegen können. Und ich zahle gerne 20 Cent mehr für das Ticket, wenn man die Kohle in eine Reinigungskraft für die Sanitäranlagen investiert.

Ansonsten gibt es da nichts hinzuzufügen, ein Wochenende mit ausnahmslos tollen Bands, die wirklich Bock hatten. Dazu hatten alle einen guten bis sensationellen Sound und genug Spielzeit zur Verfügung statt üblicher 55-Minuten Festivalgigs. Bleibt nur zu hoffen, dass sich das HIROCK etablieren kann! (Pfälzer)

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