Dong Open Air 2011 (13.07. - 15.07.2010, Neukirchen-Vluyn) - Freitag, 14.07.

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Freitag, 15.07.2011

Am Freitag ist der Wettergott dem Dong gnädiger gesinnt. Morgens ist es noch sehr bewölkt, so daß man nicht im Zelt gekocht wird. Eigentlich kann man sogar erst gegen Morgen wirklich schlafen, da das Zelt vom Sturm so durchgerüttelt wird, daß man nachts nicht wirklich gut schlafen kann. Doch schon am späten Vormittag kommt die Sonne zum Vorschein und läßt sich auch den Tag über nicht mehr vertreiben.

 

HARASAI
Den zweiten Festivaltag eröffnen kurz vor 12:00 Uhr HARASAI aus Essen. Mit ihrem an den Göteborg-Sound angelehnten Melodic Death blasen sie dem Publikum mal so richtig die müden Ohren frei. Trotz der unfeinen Tageszeit gibt die Band alles, post, daß es eine Freude ist und macht den Auftritt für die Anwesenden zum Genuß. Leider ist das Zelt nur etwas zur Hälfte gefüllt – da haben es einige gestern Abend wohl zu wild getrieben. Pech gehabt, sie verpassen guten, soliden Death Metal, der zwar das Rad nicht neu erfindet, aber durchaus zu gefallen weiß. Neben vielen Songs vom letzten Album stellt man uns mit „Heretic Souls“ und „Psychotic Kingdom“ (sofern ich die Songtitel richtig verstanden hab’) auch zwei neue Songs des bald erscheinenden Albums vor. Insgesamt also eine Band, die durchaus Spaß gemacht hat und ein würdiger Auftakt für den zweiten Tag war und sogar einen Circle Pit mit Gitarristenbeteiligung zustande brachte.

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PAST M.D.
Mit den rockigen PAST M.D. schraubt man den Härtegrad dann etwas zurück. Erster Blickfang auf der Bühne ist der Chapman Stick, gespielt von Stefan Huth, einem Mitbegründer des Dong Open Air. Auf den ersten Blick könnte man das unförmige Teil für einen (zugegebenermaßen ziemlich häßlichen) 8-saitigen Baß halten – aber es ist ein Chapman Stick. Von dem die meisten wahrscheinlich noch nie etwas gehört haben (nein, es gibt jetzt keinen Exkurs in Instrumentenkunde. Benutzt google!). Auch PAST M.D. haben noch unter der recht frühen Urzeit zu leiden und können nicht wirklich viele Zuschauer vor die Bühne ziehen. Man zockt hauptsächlich Songs vom aktuellen Album „Circles“, wie  „Contageous“, „The Devil In Me“, „The Delivery” oder “Nevermore”. Dazu nimmt man sich mit special guest Hagen noch Verstärkung ins Boot. Der ca. 10-jährige post schon beim Betreten der Bühne mehr als manch anderer Musiker im ganzen Leben und hat sofort das Publikum auf seiner Seite. Und Gitarre spielen kann er auch schon ziemlich gut. Auch ans Mikro muß der arme Kerl und man hat manchmal das Gefühl, daß er doch etwas überfordert ist. Ansonsten wirkt er jedoch schon sehr professionell und hat sichtlich Spaß an der Sache. So sieht Nachwuchsarbeit im Pott aus. Auch musikalisch ist die Band wirklich nicht schlecht, der Vierer rockt ordentlich, wird auf Dauer dann aber doch etwas langweilig.

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ICHOR
Da sind ICHOR aus Trier sowohl musikalisch als auch optisch ein krasser Gegensatz. Als einzige Band des Festivals tritt sie mit Kriegsbemalung auf, auch wenn der eine schwarze Strich im Gesicht wirklich nur rudimentär und kaum als Corpsepaint zu bezeichnen ist. Auch ihr brutaler Death Metal holzt deutlich mehr durch die Botanik. Daß das ankommt, zeigt sich schon allein darin, daß die Band den ersten Stagediver des Tages verbuchen kann (auch wenn der noch getragen werden muß – aber der Wille zählt). Mit Songs wie “Suffocate In Ecstasy”, “Beyond The Blackgates”, “The Wreckage” oder “Among The Swarm“ weiß man durchaus zu gefallen und kann das Publikum auf seine Seite ziehen, das gerne einen Circle Pit bietet. Auch der wirkt zwar etwas verhungert, aber es ist ja auch noch früh am Tag und Hauptsache, alle hatten Spaß. Und den dürfte so ziemlich jeder der Anwesenden gehabt haben. Das einzige, was ich nicht verstehe: Wozu der Rosenkranz und warum beendet man seinen Auftritt schon fast 10 Minuten vor dem eigentlich Ende der Spielzeit?

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CONTRADICTION
Und hart geht es weiter mit den Thrashern CONTRADICTION aus Wuppertal. Die Band besteht bereits seit fast einem Vierteljahrhundert und spielte vor 5 Jahren schon einmal auf dem Dong. Trotzdem kann man nicht wirklich viele Leute vor die Bühne locken. Dabei gibt sich die Band alle Mühe, ist sehr engagiert unterwegs. Insbesondere Bassist Westi post und schneidet Grimassen als gäbe es kein Morgen. Zu danken wissen das aber nur die ersten Reihen, ansonsten ist das Zelt eher lose gefüllt. Nun ja, die Band ist ja wirklich nicht schlecht. Aber auf Dauer wird es dann doch etwas zu stumpf und langweilig und nur noch die echten Fans haben Spaß.

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VOGELFREY
Mit VOGELFREY gibt es dann wieder eine absolute musikalische Kehrtwende und man findet sich bei der einzigen Folkband des diesjährigen Dong Open Airs wieder. Und nicht nur Folk, sondern auch und vor allem Mittelalter-Metal bietet man. Neben Songs wie „Belsazar“, „Feenfleisch“ oder „Schuld ist nur der Met“ kann vor allem der charismatische und sympathische Mann am Mikro, Jannick Schmidt, begeistern. Letzterer ist nicht nur ein guter Sänger und Multiinstrumentalist, sondern auch ein geschickter Entertainer mit leicht tuckigem Einschlag, der es schafft, daß sich selbst der Violinist der eigenen Band verwundert den Bart kratzt und auch Cellistin Johanna Heesch nur noch verlegen lächelnd die Schultern zucken kann. Zwar ist das Zelt nur mäßig gefüllt, doch wer da ist hat auch mächtig Spaß. Die sympathischen Hamburger können mitreißen und von Anfang bis Ende gut Stimmung machen, so daß das Publikum auch bei den Mitsingspielchen mehr als willig ist. Zudem waren VOGELFREY zwischen all den Thrash und Death Metal-Bands des heutigen Tages eine willkommene Abwechslung. Wobei man bei diesen Barden nicht nur mit Flöten zugedudelt wurde sondern es gab auch reichlich Parts um ordentlich die Haare kreisen zu lassen.

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VIRGIN SNATCH
Wieder einmal hat es eine polnische Band auf den Dongberg geschafft. VIRGIN SNATCH aus Krakau holzen mit ihrem Thrash Metal ordentlich los und auch hier gilt: Die Bassisten posen am meisten. Der Zuschauerzuspruch ist leider deutlich geringer als bei VOGELFREY, offensichtlich muß man sich von den mittelalterlichen Recken erst erholen. VIRGIN SNATCH lassen sich davon nicht beirren und ziehen einfach gnadenlos ihr Ding durch. Und treffen damit den Nerv der Anwesenden, die gerne mitgehen. Zudem unternimmt Sänger Łukasz Zieliński mehr als nur einen Ausflug ins Publikum, sehr zu dessen Freude. So macht Thrash Spaß! Wer diese Band verpaßt hat ist einfach selber schuld. Und wer auf leicht melodischen Thrash steht, sollte die Polen auf jeden Fall mal anchecken.

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BALFOR
Weiter geht es mit Metal aus osteuropäischen Landen: Mit BALFOR aus der Ukraine betritt nun die erste (und einzige „echte“) Black Metal Band die Bühne. Und sie sind richtig, richtig gut. Ich bin nur erstaunt, daß ich mit meiner Ansicht wohl zu einer Minderheit gehöre, denn das Zelt ist vielleicht zu einem Viertel gefüllt und die Band kann das Publikum nicht wirklich mitreißen. Absolut unverständlich. Kompromißlos holzt der Vierer über den Berg und gibt alles. Insbesondere der Gesang mit dem Wechsel zwischen Clean und Growls kann begeistern (ja, ich gebe zu, ich steh da drauf). Wer auf ältere DIMMU BORGIR, IMMORTAL oder allgemein melodischen Black Metal steht, sollte die Band auf jeden Fall mal antesten.

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ARTAS
Mit der nächsten Band bin ich bisher einfach nicht warm geworden. Und das liegt noch nicht mal daran, daß es Österreicher sind. Sondern eher daran, daß ich mit dem Debüt der Band nicht viel anfangen konnte. Laut Programmheft sollen ARTAS Thrash spielen, laut Plattenfirma Modern Metal, was nach einer Umschreibung für das böse Nu Metal klingt. Aber genau dort würde ich sie am ehesten ansiedeln. Doch genauso strange wie ihre Musik sind auch ihre Bühnenklamotten, die wohl irgendwo zwischen duct tape for everyone (Instrumente eingeschlossen), Kartoffelsackapplikationen und innovativen Eigenkreationen anzusiedeln sind. Außerdem stehen wohl alle auf Tücher, die sich während des Auftritts mehr oder weniger verabschieden und man ist ein Meister im aus Versehen Flaschen umtreten. Nunja. Vor lauter Maskierung kann man die wohl einfach nicht sehen. Nebenbei spielt man die Songs der letzten beiden Alben, meist mit gemischt deutschem und englischem Text. Daneben bietet man mit „Bastardo“ auch einen Song mit spanischem Text. „Barbossa“ finde ich live genauso grauenvoll wie auf Platte, die fiesen, den Song lächerlich wirken lassenden Lalalalala-Gesänge gehen einfach gar nicht. Auch „Fick das Fett“ gefällt mir immer noch ganz und gar nicht. Stark ist dagegen das Coolio-Cover „Gangsta’s Paradise“, das live doch wesentlich besser als auf Platte rüberkommt. Auch bei den Zuschauern kommt man gut an, die Menge geht ordentlich mit. Und ich muß zugeben: Live sind ARTAS tatsächlich besser als auf Platte, aber ein Freund ihrer Kunst werde ich wohl nie werden.

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HACKNEYED
HACKNEYED sind sicher die jüngste Band des diesjährigen Dong Open Airs und auf jeden Fall der jüngste Co-Headliner in der Geschichte des Festivals. Ich kann den Status der Band zwar nicht so ganz nachvollziehen, das Dong-Publikum dagegen offenbar schon. Von Anfang an ist das Zelt gut gefüllt. Die Band präsentiert uns erstmal mit „Axe Splatter“, „Worlds Collide“ und „Ravenous“ einen flotten Dreier vom Debüt „Death Prevails“ bevor man sich mit 2 Songs von der „Burn After Reaping“ in der Bandgeschichte nach vorne kämpft. Und als Höhepunkt gibt es dann noch mit „Maculate Conception“ und „Bugging For Mercy“ zwei Songs vom im August erscheinenden neuen Album „Carnival Cadavre“. Und trotz der jungen Jahre haut man schon „Songs für’s Tütchenrauchen“ („Weed Flavoured Meat“) raus. Nun denn. Irgendwie muß man sich ja dem Alter der Bands auf gleichem musikalischem Level anpassen. Insgesamt sind HACKNEYED wirklich gut, gemessen an ihrem Alter sogar sehr gut, auf Dauer wirken sie aber doch etwas langweilig. Oder besser: unaufregend. Auch die Bühnenpräsenz ist noch ausbaufähig, wobei man den Jungs (und dem Mädel) zugute halten muß, daß das schon viel besser als noch vor 3 Jahren (als ich die Band zum ersten und bisher auch letzten Mal gesehen habe) ist. Und gemessen am jungen Alter wird das auf jeden Fall noch was. Weiter so!

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ICED EARTH
Der Headliner des heutigen Abend ist etwas ganz besonderes. Nicht nur, daß es die größte Band ist, die je auf dem Dong gespielt hat. ICED EARTH befinden sich auch mit Matthew Barlow auf Abschiedstour (der Sänger wird die Band nach der Festivalsaison verlassen) und der Auftritt auf dem Dong Open Air ist eine der letzten Gelegenheiten, die Band noch einmal mit ihrem charismatischsten und prägensten Sänger zu erleben. Vor ein paar Wochen auf dem Graspop war die Band gut, solide. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was jetzt noch kommt. Mit dem Instrumental "1776" als Intro beginnt man seinen Auftritt und nach "Burning Times" spielt man zur Einstimmung mit "Declaration Day" einen neuen Song bevor man die alten Sachen auspackt. Mit "Violate" gibt es einen weiteren Klassiker der Band und spätestens bei "Watching Over Me", das vom kompletten Zelt mitgesungen wird, ist die Stimmung einfach nur noch unglaublich. Wer da keine Gänsehaut hat, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Einfach nur gut. Bei "Last December" gibt es eine kurze Ruhephase, aber schon bei "Travel In Stygian" kocht das Zelt wieder. Egal wohin man schaut, überall sieht man nur glückliche Gesichter ob der oldschooligen Setlist. Immer wieder gibt es Matt-Barlow-Sprechchöre und der Sänger, dessen Lieblingswort wohl "man" ist, bedankt sich artig. Und legt die großartigste Performance hin, die ich je von ihm gesehen habe. Da verblaßt der Rest der Band neben ihm fast, obwohl auch diese eine großartige Leistung zeigen und insbesondere Jon Schaffer, der mit seinem Undercut neue Maßstäbe in Sachen Häßlichkeit setzt, anständig post. Man setzt auf seine größten "Hits" und bringt mit "I Died For You" und "The Hunter" zwei Songs, deren Refrains komplett vom Publikum übernommen werden. Unterbrochen nur von "Jack" das eigentlich der einzige wirkliche Kritikpunkt auf der Setlist ist. Da hat "Horrorshow" doch mehr zu bieten. Doch mit solchen Kleinigkeiten wollen wir uns hier nicht aufhalten. Der Auftritt ist einfach zu ergreifend, zu großartig, zu erhaben, als daß nicht jede Kritik daran abprallen würde. Mit "Melancholy" (sooo genial!), "Pure Evil" und „Prophecy“ setzt man wieder mehr auf alte Songs. Das Zelt kocht und an sämtlichen Metallteilen schlägt sich der Schweiß der Zuschauer nieder. Es herrscht ein abartiges schwüles Klima, aber das ist scheißegal, denn ICED EARTH ziehen eine Wahnsinnsshow ab und das ist alles, was zählt. Zum Finale gibt es nach „Birth Of The Wicked“ mit "The Coming Curse" auch noch mal einen richtigen Kracher, bevor die Band von der Bühne geht. Doch so einfach läßt das Dong die Amerikaner nicht gehen und brüllt sie auf die Bühne zurück. Mit „Colors“, "My Own Saviour" und dem unvermeidbaren "Iced Earth" gibt die Band noch eine Zugabe, bevor sie endgültig die Bühne verläßt. Obwohl der Auftritt fast 2 Stunden gedauert hat, war er einfach viel zu kurz. Und - man muß es so sagen: Es war der geilste Auftritt, den ich (und viele andere auch) von ICED EARTH je gesehen habe. Man kann mit Worten nicht beschreiben, wie unglaublich diese Show war. Es hat einfach alles gestimmt: Die Band war bester Laune, Matthew Barlow ein Gott am Mikro, die Stimmung im Zelt war einfach nur großartig, es war zum heulen schön und ich hoffe wirklich, daß das Dong-Publikum dem Herrn Barlow seinen Abschied richtig, richtig schwer gemacht hat. Und vielleicht, vielleicht, vielleicht überlegt er es sich ja doch noch anders oder ist in ein paar Jahren wieder mit dabei. Dieser Auftritt war so gut, daß es fast weh tut. Besonders wenn man sich bewußt wird, daß man diese Songs wohl nie mehr in dieser Form und so genial live erleben wird. ICED FUCKING EARTH!!! Schade ist nur, daß die Band auf dem Festival keine Autogrammstunde gab, wie es sonst bei den Headlinern des Dong üblich ist.

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RANZ BÖLLNER
Nach den fulminanten ICED EARTH gibt es eine weitere Neuerung auf dem Dong Open Air; nämlich einen Rausschmeiß- und Aftershow-Party-Act (den eigentlich niemand braucht, der aber trotzdem ganz witzig ist). RANZ BÖLLNER sehen scheiße aus, spielen sexy Metal, singen Songs über ihre Schwänze und posen genau so, wie es im 80er-Jahre-Metal-Handbuch steht. Nuff Said.


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