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UNDERTOW XX InterviewIm Schwabenland fand man sich vor genau 20 Jahren zum ersten Mal für eine Probe zusammen, um wie jede andere Band seiner Lieblingsmusik zu frönen und etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Die Seriosität und Leidenschaft führte nicht nur zur wachsenden Begeisterung der Fans, sondern auch zu einem immer größer werdenden Bekanntheitsgrad, der eines Tages sogar zur Folge hatte, dass eine der Labelanfragen zu einem angemessenen Deal führte und somit die Diskographie von UNDERTOW mit "Slope" 1997 eröffnete. Man hatte Blut geleckt und dachte nicht ans Aufhören, auch wenn man nach eigenen Aussagen keine besonderen Schritte unternahm, um weiterhin bei der Stange zu bleiben.
Heutzutage hören wir bereits den siebten Aufleger der Süddeutschen, und nach wie vor ist hier ein ordentlicher Brocken hochwertiger Musik am Start, der die stets anschwellende Zahl der Begeisterten aufs Neue begeistert und fasziniert. Nicht nur Fans, sondern auch andere Bands, Festivalveranstalter und Magazine haben die sympathischen Schwaben liebgewonnen, so dass es mir ebenso eine Ehre ist, den redefreudigen und informativen Businesskopf der Band, Basser Thomas "UnderTOM" Jentsch mit ein paar Fragen löchern zu dürfen. Und so wie man lesen kann, ist UNDERTOW immer noch im Grunde die selbe Band, die zwar neuerdings nicht mehr aus der Threeforce besteht, dafür aber aus vier musikbegeisterten Fans.

Jochen: Hi Tom, hier ist Jochen vom Neckbreaker. Danke, dass Du meine Fragen beantworten willst. Wie geht es im Hause UNDERTOW?

UnderTOM: Hi Jochen! Uns geht's dieser Tage richtig gut. Nach den Monaten des Wartens auf die ersten Reaktionen, sind wir mittlerweile richtig platt, glücklich und schon auch ein bisschen stolz wegen der ganzen super Reviews. Unsere 20-Jahre-Undertow- und –Releaseparty war am 7. Dezember auch ein voller Erfolg und mittlerweile haben wir auch die ersten Bestätigungen fürs Sommerfestival 2014 – so kanns weitergehen!

Jochen: Euer neues Album schlägt ja ein wie eine Bombe. Und das mit Recht, muss ich sagen. Meinen Glückwunsch dazu! Hattet ihr das schon im Gefühl, dass ihr hier einen Kracher abliefern werdet, als ihr es geschrieben habt?

UnderTOM: Nein, direkt beim Schreiben, war noch nicht absehbar, dass die Songs in der Summe so ein Pfund geben würden. Einer der ältesten Songs auf dem Album ist „These Boots Are Made For Stalking" und da gings mir schon recht früh so, dass ich mir dachte, dass der richtig gut geworden ist. Er nutzt auch die zweite Gitarre optimal und hat nen sehr einprägsamen Refrain. Als Album zusammen kam das Material aber an sich erst bei den Aufnahmen, bzw. so richtig dann beim Mix.


 

"Also ich brauch nur einmal das Privatfernsehen einzuschalten um extrem pissig zu werden!"

Diesen Einfluss auf die eigene Musik können sich wohl ein paar Combos auf die Fahne schreiben.


Jochen: Die überwiegende Stimmung auf "In Deepest Silence" ist wie eigentlich auf all euren Platten düster, traurig, verzweifelt und wütend. Gibt es da ein spezielles Ereignis oder sogar mehrere in Eurem Leben, dass euch – immer wieder - in diese emotionale Lage versetzt, außer das große Thema Liebe? Ihr scheint doch eigentlich ein Haufen Sonnenscheine zu sein...

UnderTOM: Also ich brauch nur einmal das Privatfernsehen einzuschalten um extrem pissig zu werden! ;) Und das Thema Liebe, bzw. im erweiterten Sinn Beziehungen an sich, ist einfach unerschöpflich. Aber Du hast ansonsten schon recht, wir lachen auch sehr gern und viel – sonnige Musik ist aber eben nicht so unser Ding. Sonne macht albern heißt es doch so schön... und: kennt jemand ne Metal-Band aus Jamaica?

UNDERTOW Interview 1

Jochen: Was habt ihr Entscheidendes bei "In Deepest Silence" anders gemacht im Gegensatz zum Vorgänger "Don't Pray For The Ashes"? Ihr habt ja schon ein ziemlich festes Konzept für eure Songs, wenn ich das mal so sagen darf.

UnderTOM: Wir haben natürlich sehr auf unsere Ernährung geachtet. Und Meditationsübungen spielten auch ne große Rolle um eben die Leistung auch fokussiert auf den Punkt abrufen zu können. Nee, Quatsch: wir haben gar nichts anders gemacht, zumindest wär uns da nichts bewusst!

Jochen: Ihr habt euch leider von Rainer an den Drums verabschieden müssen, aber dennoch kurzfristig mit "Kuddel" einen alten Bekannten wieder an die Schießbude gesetzt. Wie kam es zu dieser "Reunion"? Habt ihr noch Kontakt zu Rainer, oder hat er sich komplett aus dem Musikerleben zurückgezogen?

UnderTOM: Ja, Rainer musste uns leider verlassen, er hat privat so viel auf dem Schirm, dass er das mit der Band nicht mehr vereinen konnte. Kuddel ist in der Endphase dann schon des öfteren mal eingesprungen, er war also schon wieder drin im Material, als Rainer dann seinen Hut genommen hat. Er war ja auch immer im erweiterten Bandumfeld geblieben, weil er ja mit Joschi zusammen noch bei Hotrod Mayhem spielt.

Jochen: Aus der altehrwürdigen 34ce wurde eine 44ce. Markus Brand heißt euer neuester Bandzugang an der 2. Gitarre. UNDERTOW waren ja schon immer sehr rifflastig und gitarrenbetont, da lag eine 2. Klampfe schon nahe. Warum habt ihr euch gerade jetzt für einen Saitenzuwachs entschieden? War es eher eine zufällige Gelegenheit oder ein lang gehegter Traum, der nun endlich mit "Brandy" umzusetzen war?

UnderTOM: Als wir die Band vor 20 Jahren gestartet haben, hatten wir zwei Gitarristen. Der zweite Mann an der Sechssaitigen ging uns dann aber irgendwann vor unserer ersten Show verloren... Über die Jahre hat Joschi immer mal wieder versucht jemand zu integrieren, es war sogar hier und da mal jemand im Proberaum, es hat aber menschlich einfach nicht gepasst. Brandy war mit einer alten Band damals sogar im Vorprogramm unserer ersten Show dabei. Als es auf Haiti diese Zerstörungen gab, haben wir in Heidenheim spontan ein Benefizfestival gespielt, wo Brandy auch mit seiner anderen Band Zebra Sun aufgetreten ist. So kamen wir ins Gespräch – und das haben wir jetzt davon: seit ein paar Monaten müssen wir das Bier durch vier teilen!!!

Jochen: Auch Album Nummer 7 klingt eindeutig nach UNDERTOW, man erkennt euren Sound schon direkt an den ersten Takten. Ihr nimmt bereits, glaub ich, seit "Milgram" bei Roger Grüninger im Studio 141 auf, der auch mittlerweile bestimmt immer gleich weiß, was ihr wollt. Ihr müsstet quasi das Studio und/oder den Produzenten wechseln, wenn ihr etwas Entscheidendes ändern wolltet. Käme das in Zukunft in Frage oder besteht ihr auf "never change a winning team"?

UnderTOM: Die Zusammenarbeit mit Roger (ich meine das hat schon mit „34CE" angefangen) hat sich über die Jahre auf jeden Fall bewährt, man weiß, was man aneinander hat, was der andere kann usw. Das heißt aber nicht unbedingt, dass wir auf immer und ewig aneinander geschmiedet sind, wenn Rick Rubin, Colin Richardson, Kurt Ballou oder Terry Date anruft, dann würden wir uns schon mal anhören, was die so zu sagen haben.

Jochen: Wie sind die Aufnahmen verlaufen? Manch eine Band wünscht sich diesen brachialen Sound, ohne dafür in ein sündhaft teures Studio gehen zu müssen. Habt ihr klassisch aufgenommen oder euch auch viel aus Zeit- und Kostengründen an modernen "Erleichterungen" bedient? Hat sich was durch die "Neubesetzung" geändert? Gibt es Details oder Anekdoten zum Aufnahmeverlauf, die es zu erzählen gibt?

UnderTOM: Zunächst mal, muss man wissen, dass wir das Album nicht am Stück aufgenommen haben, dass die Aufnahmen also nicht in zwei, drei Wochen im Kasten waren. Das hat sich über Monate hingezogen, wann immer wir und Roger Grüninger das einrichten konnten. Dann haben wir das Material auch wieder Track-by-Track eingespielt, also nicht die ganze Band live im Studio, sondern jedes Instrument einzeln Part für Part. Wir haben noch nie live aufgenommen und wollten mit dem überschaubaren finanziellen Mitteln auch nichts riskieren. Durch die Neubesetzung musste Joschi natürlich weniger Gitarren einspielen. Die einprägsamste Anekdote war bestimmt Gary Meskils Besuch im Studio. Der war super freundlich, aber auch sehr konzentriert und professionell, nach ner halben Stunde war alles erledigt und wir konnten einen Ortswechsel vom Studio in ne Bar in Schwäbisch Hall vornehmen.


 

"Wir haben natürlich sehr auf unsere Ernährung geachtet. Und Meditationsübungen spielten auch ne große Rolle [...]."
UNDERTOW wissen nach 20 Jahren eben, wie das Erfolgsrezept für feine Musik lautet...


 Jochen: Wie sieht euer Zukunftsplan für die nächsten 20 Jahre aus? Wird alles im Grunde genauso laufen, oder kann euch der Erfolg der letzten Scheiben vielleicht eine Ebene höher hieven? Ihr seid leider meines Erachtens noch zu wenig präsent für euer Können und eure Leistungen. Hat das Label vielleicht schon eine Idee?

UnderTOM: Noch gesünder ernähren und wesentlich mehr Meditieren würd ich sagen! Also so weit planen wir nun wirklich nicht. Es hat auch keiner jemals daran gedacht, jemals 20 Jahre Undertow zu feiern! Ob wir in zwanzig Jahren noch auf der Bühne stehen? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen... Wir wollen uns nicht beklagen, haben viel erreicht und erlebt, das nimmt uns keiner mehr! Das Label ist halt auch kein Big Player oder Major Label, da kann man jetzt keine TV-Kampagne erwarten. Man wird sehen, ob uns der Erfolg des Albums ein Stückchen weiter nach vorne bringt, stören würde uns das natürlich nicht!

UNDERTOW Interview 2

Jochen: Ich bedanke mich zum Schluss nicht nur für das Beantworten der Fragen, sondern auch im Namen der Musikgemeinschaft für euer Schaffen in den 20 Jahren. Ihr habt nicht nur mir, sondern auch vielen anderen Musikliebhabern sehr viel Freude auf Scheibe und auf der Bühne bereitet. Dabei seid ihr euch und euren Fans immer treu geblieben und trotz wachsendem Bekanntheitsgrad immer auf dem Boden geblieben. Hierfür ziehe ich gerne meinen Hut! Ich hoffe auf eine baldige Zusammenkunft im kommenden Jahr! Die allerletzten Worte gehören Dir, Tom!

UnderTOM: Jochen, das ist ja mal ne Ansage zum Schluss; DANKE! Wir haben in den zwanzig Jahren zwei Songs geschrieben, die unsere Leidenschaft für Musik ganz gut in Worte fassen: „34CE" und jetzt auf dem neuen Album „Everember". Wir sind selbst nach all den Jahren immer noch riesige Musik-Fans und haben so viel erlebt, und zwar sowohl als Fans, als auch als Musiker und es war immer der Spaß und die Leidenschaft, die uns motiviert haben – und so halten wirs auch weiterhin!

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